DENN DER TOD KOMMT NUR ZWEIMAL   0

Romane/Serien · Schauriges

Von:    Ingo Löchel      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 29. Mai 2001
Bei Webstories eingestellt: 29. Mai 2001
Anzahl gesehen: 3152
Kapitel: 0, Seiten: 0

Diese Story ist die Beschreibung und Inhaltsverzeichnis einer Reihe.

Verfügbarkeit:    Die Einzelteile der Reihe werden nach und nach bei Webstories veröffentlicht.

PROLOG



Die junge Frau schaute auf die gegenüberliegende Straßenseite und bemerkte den fremden Mann, der sie, an einer Straßenlaterne gelehnt, mit seinen stechend braunen Augen beobachtete.

Der Mann trug trotz der großen Hitze, die momentan die Stadt in ihren eisernen Griff hielt, ein dunkelblaues Sportsacco, eine helle Leinenhose und ein hellblaues Hemd sowie dazu passende braune Lederschuhe und eine rotblaue Krawatte, die am Kragen fest geschlossen war. Nicht eine einzige Schweißperle war auf der Stirn des Fremden zu entdecken.

‘Wer ist der Kerl?’, dachte die Frau. Vielleicht ein geheimer Verehrer, der ihr nachstellte? Ein Perverser?

Sie schluckte. Wie sollte sie sich verhalten?

Immer wieder blickte sie zu den Fremden herüber, der sie plötzlich anlächelte. Es war ein undefinierbares Lächeln, das die Frau noch mehr irritierte, aber aus irgendeinen Grund oder Drang heraus erwiderte sie das Lächeln des Mannes.

Plötzlich hörte sie hinter sich eine Stimme und drehte sich abrupt herum. Renate erkannte eine alte Schulfreundin, die sie schon Jahre nicht mehr gesehen hatte. Froh um diese kleine Ablenkung unterhielt sie sich einige Zeit angeregt mit der Frau, um Neuigkeiten, Klatsch und Tratsch auszutauschen.

Nachdem sich die Schulfreundin von ihr verabschiedet hatte, wandte sich die junge Frau wieder zu dem geheimnisvollen Fremden. Doch der war verschwunden.



*******



Renate haßte diesen dunklen und einsamen Park dessen Bäume riesige Schatten auf den Boden warfen. Sie fröstelte trotz der angenehmen Temperaturen und böse Vorahnungen ergriffen von ihr Besitz. Aber sie verscheuchte schnell diese düsteren Gedanken, denn schließlich war es der kürzeste und schnellste Weg nach Hause.

Sie seufzte und massierte ihre Schläfen. Die Arbeit hing ihr langsam zum Hals herraus und war einfach zum kotzen. Aber schließlich mußte das Geld zum Leben ja irgendwie verdient werden.

Die junge Frau gab sich einen Ruck und machte sich auf den Weg durch den stillen und dunklen Park. Nichts rührte sich in der Grünanlage. Selbst der leichte Wind, der noch vor kurzen aufgekommen war, war verstummt. Eine bedrückende Stille lastete wie eine Smogglocke über diesen Ort.

Den Schatten, der ihr lautlos folgte, bemerkte Renate gar nicht. Als die junge Frau die Hälfte ihres Weges hinter sich gebracht hatte, hörte sie plötzlich hastige Schritte und ein unregelmäßiges Keuchen.
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Sie ging abrupt schneller. Ihr Herz klopfte wie wild.

‘Vielleicht hätte ich doch lieber den Umweg gehen sollen’ dachte sie.

Und plötzlich schoß der Schatten an ihr vorbei. Der Frau blieb fast das Herz stehen. Doch da war der Jogger schon an ihr vorbei! Der Mann stieß so etwas wie eine Entschuldigung zwischen seinen Zähnen hervor und lief ungestört weiter.

‘Idiot’, dachte sie und blieb erst einmal für einige Minuten stehen, um sich von dem Schreck zu erholen. Renate atmete einige Male tief durch um sich wieder zu beruhigen und ging schließlich langsam weiter.



*



Renate hatte das Ende des Parks fast erreicht. Erleichtert sah sie die hell erleuchtete Straße vor sich liegen, ein krasser Gegensatz zu den düsteren Park, und nahm dabei das leise rascheln, das aus einem der naheliegenden Gebüsche kam gar nicht richtig wahr.

Bevor sie jedoch darauf richtig reagieren konnte, wurde sie schon nach hinten gerissen und auf den Boden geworfen. Der Aufprall stieß ihr die gesamte Luft aus den Lungen und verhinderte so ihre Schreie. Gierige Hände grapschten unter ihre Kleidung und über ihren Körper.

„Halte deinen Mund, du kleine Schlampe“, vernahm sie eine Stimme nahe an ihrem Ohr, „dann passiert dir auch nichts!“

Sie sah auf schaute in das widerlich grinsende Gesicht ihres Peinigers, der ihr mehrmals ins Gesicht schlug und so jeglichen Widerstand der Frau im Kein erstickte. Bevor sie das Bewußtsein verlor sah sich noch ein Messer im fahlen Licht des auftauchenden Mondes aufblitzen.



*



Renate, die durch einen Schrei aus ihrer Bewußtlosigkeit erwachte, öffnete die Augen und erkannte nur schemenhaft ihren Peiniger, der wimmernd am Boden lag. Eine andere Gestalt, dessen Schatten sich über ihren versuchten Vergewaltiger zusammenzuballen schien, stand drohend vor dem Mann.

„Man begegnet mir nur zweimal, Peter“, hörte sie den Fremden sagen. Dann vernahm sie einen dumpfen Schlag und den Aufprall eines Körpers. Die Frau zuckte zusammen und versuchte aufzustehen, aber ihre Knie versagten ihr den Dienst.

Mit zwei Schritten war der Fremde plötzlich bei ihr und zog sie sanft hoch. Kurz spürte sie bei der kurzen Berührung eine eigenartige Kälte, die von ihrem Retter ausging und ihre Haut in eine Gänsehaut verwandelte.
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„Es ist alles in Ordnung, Renate“, sagte der Fremde mit beruhigender Stimme.

Die junge Frau schaute auf. Irgendwie kam ihr das Gesicht des Fremden bekannt vor. Sie konnte sich aber nicht erinnern, wo sie den Mann schon einmal gesehen hatte.

„Woher kennen sie denn meinen Namen?“

Der Fremde lächelte und sah Renate lange Zeit stumm an. Schließlich sagte er: „ICH WEISS ALLES ÜBER DICH! Du heißt Renate Rudnick. Geboren am 10.11.1973 in Hamburg. 1,64 m groß. Gewicht 45 Kilo. Von Beruf ...“

„Das genügt“, unterbrach sie ihn. „Was wollen sie von mir?“

Der Fremde schaute sie eindringlich an. Seine Augen schienen sie regelrecht zu sezieren.

„Deine Zeit ist noch nicht gekommen, Renate. In 60 Jahren sehen wir uns wieder. Nutze die Zeit und mache etwas sinnvolles aus deinem Leben!“

„In 60 Jahren? Wer verdammt noch mal sind sie?“

„Hast du es nicht gespürt?“, fragte sie der Fremde.

Sie stutze.

„Was gespürt?

Der Fremde sah sie wieder einige Sekunden lang stumm an.

„Die eigenartige Kälte?“, erwiderte sie schließlich.

Der Fremde nickte.

„Genau, Renate. Schau auf diesen Körper!“, befahl er und deutete mit seinem rechten Zeigefinger auf die Leiche des Täters, die nur wenige Meter von ihnen entfernt auf den Boden lag.

„Seine Zeit war um. Er hat sich durch seine Tagen sein eigenes Grab geschaufelt. Du wirst dagegen Leben, Renate. LEBEN! Verstehst du?“

Die junge Frau nickte verwirrt.

„Aber wieso? Er hätte mich doch bestimmt getötet.“

„Wahrscheinlich“, antwortete der Fremde. „Es war eben ein dummer Zufall, daß er dir begegnet ist. Es hätte auch jede andere Frau treffen können. Übrigens, wenn wir schon dabei sind“, sagte er und sah sie streng an, „welcher Teufel hat dich eigentlich geritten, um diese späte Stunde noch durch diesen düsteren Park zu gehen? Du müßtest es doch eigentlich besser wissen, wie gefährlich solche Orte Nachts sind oder hast du leichtsinnigerweise gedacht, mir passiert ja nichts?“

Renate schluckte.

„Man sollte sein Glück nie zu sehr strapazieren. Aber nun geh!“

Renate erwiderte nichts und befolgte wie in Trance seinem Befehl.
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Die Gedanken schwirrten ihr nur so durch den Kopf. Sie drehte sich um und ging.

„In 60 Jahre, Renate. Und denke daran. Der TOD kommt nur zweimal!“



*



Als die Frau verschwunden war, ging der Fremde zu der am Boden liegende Leiche und hob sie mit einer schieren Leichtigkeit auf, als bestände sie aus Watte.

„Du warst ein böser Mensch, Peter. Deine Seele wird dafür bezahlen und leiden, daß verspreche ich dir!“

Sanft legte er den toten Körper wieder zurück. Die Verletzungen an der Leiche waren verschwunden. Nichts deutete mehr auf ein Verbrechen hin. Die Polizei wurde demgemäß auf Herzinfakt schließen.

Der geheimnisvolle Mann grinste wissend. Unterdessen verschwand das am Boden liegende Messer in seinem blauen Sacco.

„Ein nettes, aber gefährliches Spielzeug“, hörten ihn die Bäume im Park sagen. Schließlich verschwand er wieder so lautlos wie er gekommen war. Nichts deutete mehr auf seine Anwesenheit hin.



*



EPILOG



Am anderen Morgen blätterte Renate aufgeregt in der Tageszeitung herum. Aber nichts berichtete von einem Mord im Park. Sie runzelte die Stirn. Wie war das möglich?

Schließlich fand sie in der Zeitung einige Zeilen über einen Toten im Park, der wohl an einem Herzinfakt gestorben war. Spuren von Fremdeinwirkung waren nicht entdeckt worden.

Die junge Frau legte die Tageszeitung beiseite und starrte einige Minuten lang stumm auf die gegenüberliegende Wand. Dann ließ sie die Zeitung auf den Tisch liegen und machte sich fertig für die Arbeit.





1993 by Ingo Löchel




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Kommentare zur Story:

  wirklich gelungene schreibe. gefällt mir sehr gut. vor allem die idee mit der merkwürdigen kälte hat was...
grüße
snowy B.  
snowy b.  -  23.06.03 06:45

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  Sehr gut geschrieben! Aber mir persönlich hätte es besser gefallen, wenn die Geschichte bereits nach den Worten "Der TOD kommt nur zweimal" geendet hätte.  
Metevelis  -  16.02.03 17:09

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  auch hier gilt "Diese story gefiel mir besonders, durch die klasse darstellung des "TOD"... des weiteren siehe auch mein comment zu RAVENSTONE"

*gg* sorry, aber ich bin begeistert :)  
*Becci*  -  08.01.03 23:21

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  Begegnung mit Gevatter Hein, dem Kerl mit dem Stundenglas...Nur wenige trauen sich an dieses schwierige Thema heran. Nicht schlecht, Herr Specht.  
Stefan Steinmetz  -  20.03.02 17:50

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Hallo, besonders die letzte strophe gefällt mir. Wäre das leben nur schön und man hätte alles, wäre man auch nicht glücklich. lg Holger

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