Kurzgeschichten · Erinnerungen

Von:    Kajolee      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 15. Januar 2005
Bei Webstories eingestellt: 15. Januar 2005
Anzahl gesehen: 2294
Seiten: 3

Mitten in der Nacht klingelt das Telefon. Ich hasse es, wenn es nachts klingelt. Blitzschnell fallen mir alle möglichen Katastrophen ein und dann ist es oft nur ein ‚falsch verbunden’. Langsam hebe ich den Hörer an mein Ohr.

„Huhuhu“, heult mir eine Stimme entgegen. „Lisa, bist du da?“

Es ist meine beste Freundin Anne. „Jaaa…“, antworte ich gedehnt.

„Ach, Lisa. Es ist ja so schrecklich“, schnieft sie in den Hörer.

„Was um Gottes Willen ist denn passiert, Kleines?“

„Oliver hat mir meinen Verlobungsring weggenommen!“ jammert sie und bricht in Tränen aus.

Ich bin verblüfft. Die beiden sind ein Herz und eine Seele, das Traumpaar schlechthin.

„Was um alles in der Welt ist denn gewesen, Anne?“

„Er hat mir einen Heiratsantrag gemacht“, schluchzt sie.

Ach, du meine Güte! Ich lache still in mich hinein und antworte barsch: „Und deshalb holst du mich mitten in der Nacht aus dem Bett? Spinnst du?“

„Ach, Lisa. Das ist es ja gar nicht. Er hat Flugtickets für morgen nach Schottland.“

Sie klingt verzweifelt. „Dort wollen wir heiraten.“

Nachdenklich fahre ich mit den Fingern durch mein zerzaustes Haar.

„Und du hast ein Problem damit? Ich meine, schließlich liebst du ihn von ganzem Herzen. Er ist romantisch, sieht verdammt gut aus und hat Humor. Das schätzt du doch so an ihm. Willst du ihn denn nicht heiraten?“

Doch so langsam dämmert es mir, worum es bei diesem nächtlichen Anruf geht.

„Aber, Lisa! Wie kann ich heiraten, ohne dass du dabei bist? Du sollst doch meine Trauzeugin sein. Wie soll das ohne dich gehen?“ Ihre Stimme klingt trotzig und verzweifelt zugleich. Ich wusste es. Jetzt muss ich mir was einfallen lassen. „Nun, wenn aber Oliver so etwas Romantisches wie eine Blitzhochzeit geplant hat, musst du doch wahnsinnig glücklich sein und es spielt überhaupt keine Rolle, ob ich dabei bin oder nicht. Schließlich heiratest du ihn, meine Anwesenheit ist nicht wichtig.“

„Das denkst du doch nicht wirklich, oder?“ kommt ihre Antwort leise zwischen zwei Schluchzern. „Wir haben uns als kleine Mädchen das Versprechen gegeben, dem anderen immer beizustehen und alles gemeinsam zu bewältigen. Bisher haben wir das auch immer so gehalten.
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Ich brauche dich jetzt!“

Ich kriege ein schlechtes Gewissen. „Ja, stimmt. Aber wenn es doch jetzt nicht geht? Wie denkt denn Oliver darüber? Hast du ihm gesagt, dass du mich dabei haben willst?“

„Nein. Er schläft. Er weiß nicht, dass ich telefoniere. Ich weiß auch nicht, wie ich ihm das erklären soll.“ Wieder fängt sie an zu weinen.

So langsam geht mir das auf die Nerven. „Beruhige dich doch endlich! Wir werden schon eine Lösung finden. Aber dafür musst du aufhören zu heulen, okay?“

„Ja-a. Ach, Lisa. Wenn ich dich nicht hätte! Du bist immer die Stärkere von uns beiden gewesen und behältst in jeder Situation einen klaren Kopf. Und ich verliere immer gleich die Nerven.“

„Lass gut sein, Anne. Wir müssen jetzt überlegen, wie wir das Problem lösen. Aber eigentlich ist es ganz einfach – du fährst ohne mich.“

„Was? Nein, das will ich nicht!“

Ich sehe sie bildlich vor mir, wie sie ihren braunen Wuschelkopf schüttelt.

„Doch, Anne. Sei kein Baby! Denk doch auch mal an deinen zukünftigen Mann. Oliver wird sehr enttäuscht sein, wenn du ihm sagst, dass du mich dabei haben willst. Er wird sich nicht als wichtigste Person in deinem Leben fühlen. Das wird ihn sehr kränken. Hast du daran schon mal gedacht?“

Stille. Anne denkt tatsächlich darüber nach.

„Nun, ja. Vielleicht magst du ja Recht haben. Aber er weiß doch auch, wie wichtig du mir bist. Mit dieser Aktion versucht er nur, mich auszutricksen!“

„Bist du denn blöd, oder was? Er liebt dich und will dich heiraten! Er denkt nicht im Entferntesten an tricksen und so. Du spinnst doch völlig!“

„Nein. Es ist ihm schon lange ein Dorn im Auge, dass wir uns so gut verstehen.“

„Oh, Gott! Anne! Meistens ist ein Mann ein bisschen eifersüchtig auf die beste Freundin seiner Frau. Aber überlege doch mal – es ist jetzt deine Chance Oliver zu zeigen, wie wichtig er dir ist! Das ist jetzt wirklich d i e Gelegenheit für dich!“

Jetzt klingt meine Stimme fast verzweifelt. Kriegt sie das nicht in ihren Kopf?

„Ich weiß nicht, Lisa. Meinst du wirklich?“

„Ja, meine ich wirklich. Punkt.“

„Hm.“

„Was ist jetzt? Alles klar, oder was?“

„Ja-a.
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„Na?“

„Okay. Du hast Recht. Ich fliege ohne dich.“

Gott sei Dank! Erleichtert atme ich auf. „Dann, meine Süße, wünsche ich euch jetzt das Aller- Allerbeste und genießt diese einmaligen Tage, die vor euch liegen! In Gedanken bin ich bei euch. Ich umarme dich ganz fest und freue mich wahnsinnig für dich. Und ich will einen detaillierten Bericht und Photos von der Hochzeit, ist das klar?“

„Ja, sicher“, schluchzt sie wieder los. „Und trotzdem wäre es mit dir viel schöner.“

„Geh jetzt ins Bett und schlafe!“ schimpfe ich und lege schnell auf. Grinsend ziehe ich vorsichtshalber den Stecker aus der Dose, während mein Blick auf meine gepackte Reisetasche fällt…
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Punktestand der Geschichte:   58
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Kommentare zur Story:

  Sorry, aber meine Maus hakte...
Kicher - jetzt habe ich aber genügend Kommentare geschrieben!  
Kajolee  -  20.01.05 22:34

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  Danke euch beiden!
Hat mir viel Freude gemacht, diese Geschichte zu schreiben, vor allem, weil mir das Ende von Anfang an im Kopfe schwebte...!
Eine "Freundin" bat mich übrigens, diese Geschichte weiter zu schreiben. Mal sehen...  
Kajolee  -  20.01.05 22:31

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  Danke euch beiden! Ja, die Geschichte zu schreiben, hat mir sehr viel Spass gemacht. Ich konnte mich gut in beide Personen hinein versetzen und freute mich schon beim Schreiben auf das Ende - denn das war von vornherein so geplant!
Komisch, eine "Freundin" hat mich auch schon gebeten, die Geschichte weiter zu schreiben...  
Kajolee  -  20.01.05 22:30

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  Danke euch beiden! Ja, die Geschichte zu schreiben, hat mir sehr viel Spass gemacht. Ich konnte mich gut in beide Personen hinein versetzen und freute mich schon beim Schreiben auf das Ende - denn das war von vornherein so geplant!
Komisch, eine "Freundin" hat mich auch schon gebeten, die Geschichte weiter zu schreiben...  
Kajolee  -  20.01.05 22:30

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  Danke euch beiden! Ja, die Geschichte zu schreiben, hat mir sehr viel Spass gemacht. Ich konnte mich gut in beide Personen hinein versetzen und freute mich schon beim Schreiben auf das Ende - denn das war von vornherein so geplant!
Komisch, eine "Freundin" hat mich auch schon gebeten, die Geschichte weiter zu schreiben...  
Kajolee  -  20.01.05 22:30

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  Danke euch beiden! Ja, die Geschichte zu schreiben, hat mir sehr viel Spass gemacht. Ich konnte mich gut in beide Personen hinein versetzen und freute mich schon beim Schreiben auf das Ende - denn das war von vornherein so geplant!
Komisch, eine "Freundin" hat mich auch schon gebeten, die Geschichte weiter zu schreiben...  
Kajolee  -  20.01.05 22:30

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  Danke euch beiden! Ja, die Geschichte zu schreiben, hat mir sehr viel Spass gemacht. Ich konnte mich gut in beide Personen hinein versetzen und freute mich schon beim Schreiben auf das Ende - denn das war von vornherein so geplant!
Komisch, eine "Freundin" hat mich auch schon gebeten, die Geschichte weiter zu schreiben...  
Kajolee  -  20.01.05 22:30

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  Klasse! Besonders das Ende. Ich hatte mich beim Lesen schon gewundert, was an der Geschichte so amüsant sein soll.
Das macht Lust auf mehr.  
Chris Stone  -  19.01.05 17:32

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  Schön geschrieben und mit einem sehr überraschenden und lustigen Schluss! Super.  
Lena N.  -  17.01.05 13:47

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