Ich sitze ziemlich arglos in meinem Büro und forsche nach dem Inhalt meiner Nase, als das Telefon klingelt.



Nun ist es so, daß ja durchaus die Möglichkeit besteht, daß ein Kunde am Hörrohr ist und mir ein Anliegen mitteilen möchte, das mir Geld einbringt. Also hebe ich ab.



Die Stimme am anderen Ende der Leitung klingt ein wenig traurig. "Spreche ich mit Herrn ThiloS"? Ja, tut sie.



"Mein Name ist Susanne Bichler von den vereinigten Blindenwerkstätten" sie klingt verzweifelt "wir haben im Moment Auftragsprobleme und wir haben uns gefragt, ob Sie uns vielleicht etwas abnehmen würden, um unseren Blinden zu

helfen" und ich bilde mir ein, ich höre einen kleinen Schluchzer.



Nun habe ich ja grundsätzlich nichts gegen Blinde. Zumal, wenn sie Bürsten basteln und Abtrockentücher weben. Oder beim Grand-Prix singen. Aber ich lehne es aus meinem tiefsten Inneren heraus ab, mir ein schlechtes Gewissen machen zu lassen, wenn ich den armen Blinden nichts abkaufe.



"Ja" sage ich "und? Zu welcher Antwort sind Sie gekommen?"



Die verzweifelte Blindenproduktverhökerin am anderen Ende stutzt. "Wie meinen Sie das?"



"Naja, Sie haben sich doch gefragt, ob ich etwas abnehme, um den Blinden zu helfen. Und jetzt interessiert es mich, zu welcher Antwort Sie gekommen sind....."



Da, jetzt kann ich sie lächeln hören. Es ist so einfach, Menschen glücklich zu machen.



"Hehe, haben Sie denn unsere Produkte schonmal gesehen?"



"Hehe" gebe ich zurück "haben SIE sie denn schonmal gesehen?"



Sie kichert. Dann wird Frau Bichler aber wieder verbindlich. "Wir wären schon dankbar, wenn Sie eine Kleinigkeit abnehmen würden, Sie würden den

Blinden damit helfen."



"Was nutzt es den Blinden, wenn ich eine Diät mache?" frage ich, aber Susanne übergeht meine Frage. "Wissen Sie, wir dürfen nämlich nur noch Auftragsarbeiten machen" sie klingt wieder betrübt "...und wenn wir nicht genug Aufträge haben...." jetzt wird der Ton traurig und sie senkt die

Stimme ".
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....dann müssen wir unseren Betrieb schliessen....." jetzt klingt sie verzweifelt ".....und die Blinden stehen wieder auf der Strasse...."



"UND SIE DRECKSACK SIND SCHULD" gellt es in meinem Gewissen.....



"Das ist ja FURCHTBAR" sage ich, tief berührt "was MACHEN DENN DIE ARMEN BLINDEN DANN?"



"Tja" kleiner Schluchzer "die stehen dann wieder auf der Strasse..."



Vor meinem geistigen Auge sehe ich hunderte von Blinden mit hunderten von Blindenhunden und hunderten von Blindenstecken, die ein Schild um den Hals tragen "ThiloS ist schuld, ThiloS ist schuld"



Ich bin aufrichtig mitverzweifelt: "Ja, können die denn nicht arbeiten gehen? Die könnten doch, zum Beispiel, für die Bundeswehr in Kroatien Minen suchen.... wegen dem Tastsinn und so......"



Auerha. Jetzt wird Susi sauer: "Sagen Sie, Herr ThiloS, wollen Sie mich auf den Arm nehmen?"



"Ach wissen Sie" entgegne ich "Humor ist das Einzige, was mit geblieben ist...." ich senke die Stimme "nachher kommt der Gerichtsvollzieher, um bei mir zu pfänden..." ich schlucke hörbar "....mein Auto ist jetzt 8 Jahre alt und total kaputt, ich brauche einen neuen Motor..." kleines Schluchzen

".....und letzte Woche......" großer Schluchzer ".....und letzte

Woche....." ich schniefe hörbar "....wurde mein Hund Hasso von einem Bierlaster überfahren...." ich putze mir geräuschvoll die Nase ".......ich bin alleine.....keiner kann mich leiden...." lautes Röcheln "....ich bin so froh, daß Sie angerufen haben.....haben Sie ein paar Minuten Zeit? Ich

könnte Ihnen von meinen Verwandten Sachen erzählen, SACHEN, das glauben Sie nicht, wie gemein die sind...."



"Ahja" Susanne klingt jetzt ganz geschäftsmässig und ein wenig kalt "... sie wollen den Blinden also NICHTS abnehmen.....(Sie SAU)"



"Ach, ich würde ja.....aber die Blinden wollen ja auch nur Geld.....alle wollen nur Geld....nur Sie, Sie hören mir zu.
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.....nicht auflegen....."



KLACK - Tüüüt



Schade. Ich hatte mir jetzt noch so eine nette Geschichte über krebskranke, einbeinige Waisenkinder, die keine Spielsachen haben und ihren Lebensunterhalt in den Eisenminen verdienen müssen zurechtgelegt.



Vielleicht beim nächsten Anruf
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