Die Klänge von Rikki`s *Suteki da Ne* im Hintergrund, sehe ich mir alte Fotos an, Fotos aus meiner Kindheit.
Lange ist es noch nicht her, als ich mich neben meine Freunde zum ersten Mal zum Klassenfoto aufstellte, gerade mal 10 Jahre. Ein Hauch im großen Wind der Zeit.
Und doch, irgendwie habe ich kaum Erinnerungen. Nach und nach ging alles verloren, erst die Stimmen meiner Freunde, dann langsam die Gesichter, am Ende die Namen und ihre gesamte Existenz. Wie sie wohl heute sein mögen? Ob sie sich auch so verändert haben wie ich, auch ihre Erinnerung verblasst ist?
Ich weiß nur noch so Kleinigkeiten: wie wir damals über den Schulhof gerannt sind, unsere Lieblingsserien nachgespielt haben, im Schullandheim Nächte durchgemacht haben und uns Gruselgeschichten erzählt haben, alle Lieder unserer Musikgruppen auswendig konnten und im Chor mitsangen.
Das vermisse ich irgendwo. Doch heute bin ich älter, reifer, verantwortungsbewusster. Ich renne über keine Schulhöfe, ich schüttel nur den Kopf und ärger mich, wenn die Kleineren an der Schule an mir vorbeihetzen. Ich spiele keine Szenen aus alten Kinderserien nach, ich schaue sie mir auch nicht an, es entspricht nicht meinem Alter. Gruselgeschichten erschrecken mich nicht mehr, ich finde sie eher lustig und infantil. Ich singe auch nicht laut Lieder mit, ich summe vor mich hin, wenn ich ein Lied mag, aber ich schweige.
Erwachsen, erhaben über diese Dinge, weiß ich heute, dass ich wieder Kind sein will. Ohne die Nachrichten, die ich jeden Abend gucke und die mir zeigen, was die Welt wirklich ist, ohne Angst zu haben, den Erwartungen anderer nicht zu entsprechen, ohne diese Gedanken, die ich gerade niederschreibe.
Als Kind ist die Welt doch so schön, so groß. Es gibt keinen Krieg, keine Angst vor dem Versagen, keine Furcht vor dem Tag, an dem man erkennt, wie man sich verändert hat und was man alles vermisst. Als Kind ist man frei, man kann alles machen, wenn man nur dran glaubt und das Leben scheint einen tief in sich einzusaugen, einem alles Bunte und schöne zeigen zu wollen. Nur hat sich mit der Zeit das Bunte in grau, das Schöne in Sorgen verwandelt. Ich wusste nur nicht, wie schön diese Zeit ist, hab sie nicht genossen, sondern darauf gewartet, erwachsen zu werden. War eben Kind.
Das Lied verklingt langsam, während ich mich frage, was eigentlich mit mir geschehen ist in all der Zeit.
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Oh ja, stimmt, ich wurde erwachsener.
[*Suteki da ne* ist das Titellied zu Final Fantasy X, einem Rollenspiel für Playstation 2. Es gehört zu meinen aktuellen Lieblingsliedern, da ich den leicht melancholischen und verträumten Klang sehr mag; Rikki ist eine japanische Künstlerin und vereint in ihrem Lied sowohl typisch fernöstliche Elemente und westlichen Klang. Text und Übersetzung: http://www.animelyrics.com/game/finalfantasyx/sutekidane.htm ]
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