Fantastisches · Kurzgeschichten

Von:    Stephanie Wolfmayer      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 14. Mai 2001
Bei Webstories eingestellt: 14. Mai 2001
Anzahl gesehen: 2569
Seiten: 3

Ich habe meinen Vater nie kennengelernt. Meine Mutter erzählte mir nur, dass er sie verlassen hatte als er erfuhr, dass sie ein Kind bekommt.

Ich war sauer auf ihn, weil er sich nicht auf mich freute, weil er meine Mutter einfach so alleine gelassen hatte, während sie mit mir schwanger war. Deswegen habe ich nie über meinen Vater gesprochen. Auch, weil es für meine Mutter offensichtlich unangenehm war darüber zu reden. So hielt ich mich, was meinen Vater betraf, immer im Hintergrund. Bis ich vor einiger Zeit Aufklärung bekommen habe...



Ich fuhr oft mit dem Autobus. Sei es in die Arbeit, oder irgendwo anders hin. Und seit ich denken kann, fuhr immer dieser Mann mit. Ganz gleich zu welcher Uhrzeit ich unterwegs war. Egal, ob ich erst spät in der Nacht nach Hause gefahren bin, oder einfach nur in der Gegend herumfuhr. Er war da.

Schon seit ich ein kleines Kind war und noch mit meiner Mutter unterwegs war, seit damals war er immer mit mir im gleichen Bus.

Er blieb mir deshalb so gut im Gedächtnis, weil er immer eine große, dunkelgrüne Tasche bei sich trug. Diese hatte er auch jedes mal bei sich. Manchmal machte ich mir Gedanken über diesen mittlerweile älter gewordenen, grauhaarigen Mann, der immer traurig zu sein schien. Doch ich versuchte ihn manchmal auch zu ignorieren, weil er mir zeitweise Angst machte, gerade so, als ob er mich verfolgen würde. Doch er stieg nie bei meiner Station ein, oder aus. Er war schon immer im Bus, wenn ich eingestiegen bin, und er fuhr auch immer weiter. Ich hatte keine Ahnung wo er genau wohnte, oder ob er überhaupt irgendwo gewohnt hat.

Sehr merkwürdig war auch der Blick, mit dem er mich von Zeit zu Zeit ansah.

Manchmal habe ich überlegt ob ich ihn einfach mal ansprechen sollte, aber ich entschied mich ihn einfach seine Runden mit dem Bus drehen zu lassen, er wird schon seine Gründe haben...

Ich habe bisher niemandem von dem alten Mann erzählt, weil ich es nicht erwähnenswert hielt, aber eines Tages geschah etwas, das mir sehr zu denken gab.



Es war ein heißer Freitag im Hochsommer und ich war gerade wieder auf dem Weg von der Arbeit nach Hause. Als ich bei meiner Bushaltestelle ankam und einsteigen wollte tauchte wieder dieser Mann auf und meinte mit tiefer, leiser und ziemlich heiserer Stimme: „Warte auf den nächsten Bus.
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Steig nicht hier ein.“

Ich wusste nicht was ich denken soll und wollte einsteigen, weil ich dachte, er wäre verrückt geworden. Doch er hielt mich am Arm zurück und sah mich wieder mit diesem merkwürdigen Blick an. „Was meinen Sie? Warum soll ich nicht einsteigen? Ich möchte nach Hause.“ Er hielt meinen Arm noch fester, doch ich versuchte mich nicht zu wehren. Er war alt und hätte mir nicht viel antun können. Dann fuhr der Bus los. Ich war leicht verärgert, weil ich jetzt wieder zehn Minuten warten musste bis der nächste kam, aber ich konnte es eh nicht ändern. Er ließ meinen Arm los und ging weg.

Wenige Minuten später hörte ich Sirenen eines Einsatzfahrzeuges, das ganz in der Nähe sein musste. Als ich mich umsah bemerkte ich, dass es irgendwo brennen musste. Am Himmel sah man eine riesige schwarze Rauchwolke. „Dort muss ein Unfall passiert sein“, dachte ich mir. Und da es nicht sehr weit von meiner Haltestelle entfernt war beschloss ich, mal nachschauen zu gehen, was dort los ist. Als ich an der Unfallstelle angekommen bin lief es mir eiskalt den Rücken hinunter. Ich stand mit weit offenem Mund da und konnte nicht glauben, was da vorsich ging. Mein Bus, der Bus mit dem ich nach Hause gefahren wäre, wenn mich dieser Mann nicht aufgehalten hätte, lag quer über der Fahrbahn, drei Autos waren in den Unfall verwickelt. Der Bus brannte lichterloh, die drei anderen Fahrzeuge waren komplett zerstört. Die Rettung und die Feuerwehr waren schon da und versuchten zu retten, was zu retten ist, doch es bestand nicht viel Hoffnung, noch jemand Lebenden aus dem Wrack zu bergen.

Ich war geschockt. Abgetrennte Körperteile lagen auf der Straße, einige Leichen wurden schon abtransportiert.

Per Handy rief ich meine Mutter an und ersuchte sie, mich abzuholen, weil etwas passiert war. Sie kam sofort und ich versuchte ihr zu berichten was ich gesehen habe.

So erzählte ich ihr auch von diesem alten Mann, der mir durch seine Warnung das Leben gerettet hat. Meine Mutter fing an zu weinen und erzählte mir die Geschichte von meinem Vater, der sie nicht wirklich verlassen hat. Mein Opa war Busfahrer und nahm meinen Vater nach Dienstschluss mit dem Autobus mit nach Hause. Doch sie hatten einen Unfall und verloren dadurch ihr Leben. Die Polizei vermutete, dass der Grund des Unfalles Ablenkung war.
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Diese Annahme ergab sich aus dem einzigen Anhaltspunkt, der geöffnet neben meinem Opa und meinem toten Vater lag; Eine große, dunkelgrüne Tasche.

Von diesem Tage an habe ich den alten Mann mit seiner Tasche nie wieder gesehen...


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Punktestand der Geschichte:   189
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Kommentare zur Story:

  Echt gute Geschichte.Oder besser gesagt:Echt gutes erlebnis.Wie auch immer...  
Michael Merten  -  30.01.04 19:59

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  Das Mysterim eines Verstorbenen, der "erdgebunden" bleibt, weil er noch eine "Mission" zu erfüllten hat (in Deiner Geschichte die Rettung der Tochter) und dann erlöst ist und nie wieder gesehen wird, ist tatsächlich uralt. Aber meinen Vorschreibern kann ich insofern nicht zustimmen, als die Thematik auch immer wieder aktuell ist. Auch heute noch geschehen Wunder - noch nie X-Faktor gesehen, liebe Kritiker?!
Außerdem: Auch die "Geheimagenten"-Geschichte ist schon sooooo was von ausgelutscht. Was aber die Filmemacher nicht davon abhält, auch jetzt mit "James Bond Teil Nr. 229" und "Triple X" wieder Kassenschlager zu produzieren, die Millionen einspielen werden. Manchen Themen bleiben eben ewig neu, auch wenn sie schon alt sind.
So ist es nun einmal. Unsere Welt ist alt, es hat alles schon einmal gegeben. Da immer wieder drauf hinzuweisen, finde ich reichlich überflüssig.

Recht geben muss ich den Kritikern allerdings, was Rechtschreibung, Interpunktion und Satzbau betrifft. Da ist noch einiges auszubügeln.

Insgesamt hat mir die Geschichte allerdings gefallen, deshalb 4 Punkte.  
Gwenhwyfar  -  27.11.02 14:00

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  Schöne Geschichte. Ich liebe diese Sorte, hätte sie aber gerne ein wenig länger und ausführlicher gehabt. Trotzdem vier Punkte.  
Stefan Steinmetz  -  28.02.02 17:43

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  Na ja, also ich weiß nicht so recht....nicht schlecht geschrieben, nicht schlecht gedacht, aber sowas ähnlich hört man doch ständig wieder....kann mir vorstellen, daß einige Leute sowas ähnliches erzählen, die vielleicht, damals am 11. September nicht in eines der Flugzeuge gestiegen sind....es kommt öfter vor, als man denkt, daß Menschen sowas vorausahnen...ich verstehe Deine Motivation, diese Story zu schreiben...ein bißchen unheimlich, obwohl das eigentlich erst bei dem letzten Satz rüberkommt....an sich kann ich mit der Story wenig anfangen....klingt ein wenig zu bekannt....
Wenn Du solche Mystery Sachen liebst, versuch Deine eigene Geschichte zu schreiben, Dir selbst was "neues" auszudenken..klar ist nicht leicht, Geschichten wiederholen sich oftmals...aber bringt mehr rein, umschreibe mehr, damit man in die Geschichte "eintauchen" kann, so liest man einfach nur drüber...
Gruß
  
Merit-Amun  -  05.01.02 13:23

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  Ich sage es ungern: Aber ohne bessere Beschreibungen und mit derUmgangssprache klingt diese Geschichte wie deine Anderen: Kindlich naiv und ohne Spannung.  
SabineB  -  05.07.01 17:09

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  Hallo Stephanie!

Ok, nun zu deiner nächsten Geschichte.
BTW: hast Du eigentlich auch schon zu meinen Geschichten etwas geschrieben? Egal!

Ich habe mir jetzt schon zwei Werke von Dir angesehen und mir drängt sich der Verdacht auf, daß Du ein "kleiner Mystik-Freak" bist. ;-)
Vom Kern her ist dieses Thema ja nicht neu, auch wenn Du es wirklich gut umgesetzt hast. Der einzige Unterschied zu anderen besteht darin, daß es hierbei um einen Bus geht. ( Ich kenne einige Vatianten, bei denen ein Flugzeugunglück eine tragende Rolle spielt. Wie gesagt, nicht sehr originell.

Wenn ich jetzt etwas von Dialekten verstehen würde, könnte ich dir auf anhieb sagen, woher Du kommst, denn "... in die Arbeit fahren", sagt man nur in einem ganz bestimmten Teil Deutschlands. (ich weiß nur nicht mehr in welchem) ;-)Das ist an und für sich nichts schlimmes, doch könnte es von einigen Lesern, die nicht aus deiner Ecke kommen, als störend empfunden werden.

Ferner ist mir aufgefallen, daß Du von dem Mann im Bus sprichst und ich mir schon fast ein Bild von ihm gemacht habe, als Du erwähnst, daß er traurig aussieht und alt ist. Das hat mein Bild von dem Mann über den Haufen geworfen. Das hättest Du imho früher bringen müssen.

Als nächstes sind mir einige, na sagen wir mal „unschöne“ Satzbauweisen ins Auge gesprungen:
[...] Wenige Minuten später hörte ich die Sirenen eines Einsatzfahrzeugs, daß ganz in der Nähe sein mußte. [...]
IMHO wäre hier besser:
„Wenige Minuten später hörte ich ganz in der Nähe die Sirenen eines Einsatzfahrzeugs.“ Klingt irgendwie besser, oder?

[...] bemerkte ich, daß es irgendwo brennen mußte. [...]
IMHO wäre besser:
„... bemerkte, daß es irgendwo brannte.“ Was hälst Du davon?

Solche Dinger findet man immer wieder und meines
Erachtens klingen sie einfach ein bißchen zu kompliziert. J

So, das war’s. Jetzt kannst Du mir zwar vorhalten, daß ich zu pingelig bin, aber das ist meine Meinung und die wolltest Du doch hören.

Viele Grüße

Olaf
  
Olaf  -  02.07.01 22:02

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  Schöne Geschichte und gut geschrieben  
Lea  -  23.06.01 18:53

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  Eine gute Geschichte mit einem gewissen "Gänsehaut-Effekt". Sehr schön geschrieben!  
Gudrun  -  20.05.01 19:06

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  Alle Achtung!  
esmias  -  14.05.01 21:11

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  Eine sehr ergreifende Geschichte, gut durchdacht und einfach geschrieben. Schön zu verstehen. Beim Lesen spürt man, wie man zum nachdenken angeregt wird, dass finde ich gut. Nur weiter so!!!  
Marco Frohberger  -  14.05.01 15:56

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