Poetisches · Amüsantes/Satirisches

Von:    Rolf-Peter Wille      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 4. Dezember 2002
Bei Webstories eingestellt: 4. Dezember 2002
Anzahl gesehen: 4925
Seiten: 2

Dein Spiegelbild in meinen Schuhen





Geliebtes Kind, mein kleiner Schuheputzer:

So hurtig hast Du eifrig stets gedienert!

Wie reizend hat Dein Lappen sie gewienert,

Die eklen Stiefel dieser eitlen Stutzer!



Wie leicht fliegt Dir der Lappen, oh wie locker

Reibt Deine Hand die Schwärze auf den Schuh!

Und ich? Ich schlummere in süßer Ruh?

Und döse sanft und dämlich auf dem Hocker.



Komm ich des abends, leicht beschwipst nach Haus,

So zieh ich mir die schicken Schuhe aus,

Beschaue sie mir schmunzelnd unterm Licht:



Wie hast Du mir die Stiefel stolz verziert!

Schwarz schimmert aus dem Schuh Dein Angesicht,

Sein Lächeln - ach, von Schuhcreme so verschmiert.





Dein Mund ist meine Sonne





Dein Mund ist meine Sonne und mein All -

Besonders, ja besonders wenn er schweigt.

Und wenn des nachts der volle Mond sich zeigt,

Dein Sonnenmund bringt ihn gewiß zu Fall.



Er ist Dir nur ein ekler Käseball,

Der edle Stern, der ewig fällt und steigt.

Selbst wenn ein Gott sich stumm vor ihm verneigt,

In Deinem Mund ist er ein leerer Schall.



Doch läßt er, wenn er schweigt, sich zärtlich küssen,

Verspritzt er sonst auch giftig Ironie.

Wenn Du ihn unterbrichst, den Redeschwall,



Dann scheint Dein Mund als Mond der Phantasie.

Oh darum lieb ich Deinen Mund, den süßen.

Er ist für mich das ganze Weltenall.









Mein Glückwunsch, Otto!





Ich hab's gehört! Gehört hab ich's, mein Otto!

Das Glück scheint Dir ja heut recht hold gesonnen.

Gewonnen hast Du! Ja, Du hast gewonnen

Neunhundertfünfzigtausend Mark im Lotto!



Mein Glückwunsch, Otto! Ja, da gratulier ich.

Jetzt sei mir aber bitte hübsch bescheiden.

Nicht immer will das Glück den Otto leiden.
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Drum hör nur, Otto, sei nicht gar so gierig!



Das Unglück kommt. Es nah'n sich die Gefahren.

Die Macht des Schicksals ist uns nicht geheuer.

Und bist Du alt, nach ein paar kurzen Jahren,



Dann hast Du nichts mehr bei der hohen Steuer.

So gib's nur mir. Ich werd's Dir aufbewahren.

Ich grüß Dich als Dein alter Freund, Dein treuer.











Kampf der Rüssel





Wie lieblich schmeckt das Blut der Elefanten!

Welch süßer Blütensaft für eine Mücke!

Drum sticht sie mit der wohlbekannten Tücke

Sowohl die plumpen als auch die galanten.



Zwar schlägt der Elefant mit dem markanten,

Gewandten Nasenrüssel manche Lücke

Gewaltig in die Luft, daß es ihm glücke,

Den Mückenflug zu hemmen, den rasanten.



Doch leider muß ihm dieses meist mißlingen,

Denn Mücken sind ja oft im allgemeinen

Zu klein geraten, und vor allen Dingen:



Wie will ein solcher Kampf gerecht erscheinen?

Es kann kein Elefantenrüssel ringen

Mit einem Mückenrüssel, diesem feinen.









Das Kakerlakenei





Im Zwielicht zuckt das zappelnde Insekt.

Wie ein Roboter schwenkt es die Antennen

Nach rechts, nach links, nach rechts. Schon will es rennen

Im Zickzack: So hat's meine Hand geneckt.



Jedoch die Hand, die alte Spinne, faßt

Die Kakerlake. In dem schwarzen Kerker

Schabt sie, knistert sie wie ein Berserker.

Ach, die Hand - befreit sich von der Last.



Ihr Ei, das wirft sie ab. Jetzt kann sie laufen.

Nun, das ist schäbig, doch mir einerlei.

Dann darf sich meine Hand einmal verschnaufen



Von dieser eklen Schabenknisterei.

Du siehst: Es läßt die Freiheit sich erkaufen

Mit einem einz'gen Kakerlakenei.
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Vorsicht Minotaurus! Bitte nicht lesen!





Verwirrt bist Du, verirrt im Labyrinth

Des Schreckens, der Verzerrung: Welch ein Wesen

Zieht sich schleppend durch die Verse? Lesen

Läßt's sich weder langsam noch geschwind.



Ach, sei gewarnt, geneigter Leser: Hier

In dem Gedichte haust ein alter Saurus;

Ein Sohn des Minos, das Gesicht vom Taurus,

Ist er halb Mensch, zur Hälfte auch ein Stier.



Gleich hat er Dich! Gleich hat er Dich im Nacken!

Gleich werden Dich die scharfen Hörner packen,

Und Du wirst niemals das Dilemma lösen:



Willst Du dies dämliche Gedicht denn lesen?

Jetzt hilft Dir nichts, selbst wenn ich Dich noch rette:

Du liest es hier - das Ende vom Sonette.









Rolf-Peter Wille
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Kommentare zur Story:

  Das nenne ich Reimkunst. Perfekte Sonette. Haben mich sehr zum Schmunzeln gebracht, hehe.  
   doska  -  19.03.09 10:33

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  teilweise finde ich, machen die Witze zwischendrin die Stimmung etwas kaputt. Aber Teils sind es sehr schöne verse.  
pascal  -  17.12.02 22:26

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Interessante Kommentare

Kommentar von "weltuntergang" zu "Abschied nehmen"

Schweres und schönes Gedicht. Gefällt mir sehr total. Ganz liebe Grüße

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Kommentar von "Francis Dille" zu "Die Belfast Mission - Kapitel 08"

Da hab ich mich bestimmt nur vertippt.

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