Die Geschichte Coupés - Teil 5   16

Romane/Serien · Romantisches

Von:    Julia D.      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 12. Juni 2002
Bei Webstories eingestellt: 12. Juni 2002
Anzahl gesehen: 2301
Seiten: 10

Diese Story ist Teil einer Reihe.

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   Teil einer Reihe


Ein "Klappentext", ein Inhaltsverzeichnis mit Verknüpfungen zu allen Einzelteilen, sowie weitere interessante Informationen zur Reihe befinden sich in der "Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht":

  Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht      Was ist das?


Anna lief schnellen Schrittes den Gang entlang. Sie wollte Erik nicht sehen, zu tief war sie getroffen worden. ?Anna!?, rief man hinter ihr. Sie blieb nicht stehen. ?Anna!?, klang erneut der Ruf den Gang entlang. Sie hörte laute Schritte hinter sich, die immer näher kamen, letzt endlich sogar in ein Rennen endeten. Unsanft wurde sie am Arm gefasst und festgehalten. ?Anna!?, sagte jemand strafend. Es war Erik, der mit einem ernst verkniffenen Gesicht sie anstarrte.

Anna versuchte sich aus seinem Griff zu lösen, bewirkte jedoch nur, dass er ihn umso fester drückte. ?Anna, lasst mich mit Euch reden.?, versuchte er sie zu zähmen.

Sie ließ locker, starrte ihn an. ?Worüber wollt Ihr mit mir reden, Erik von Gauen?? Er seufzte.

?Über uns. Über Euch und mich. Ich kann es nicht einfach so belassen. Ich will es nicht dabei belassen. Dafür seid Ihr mir zu wichtig.? Sein Blick spiegelte Trauer wieder.

Er war ihr doch auch wichtig. Sie lächelte zart und strich ihm mit ihrer freien Hand durch sein Gesicht. ?Oh Erik?, hauchte sie leise. ?wenn Ihr wüsstet wie wichtig Ihr mir seit. Aber es geht einfach nicht. Wir dürfen nicht.?

Er hatte die Augen geschlossen, genoss ihre weiche Berührung, wie ihre zarte Hand sein Gesicht streichelte. Sie roch so gut, betäubte seine Sinne. Er ließ sie los und sprach: ?Nein, ich will nicht. Bitte geht nicht. Bleibt bei mir, Anna, bitte.?

Sie stieß ein kurzes leises Lachen aus und holte tief Luft. ?Ihr wisst dass es unmöglich ist. Ihr und meine Schwester seit einander versprochen und ich liebe sie zu sehr um ihr Herz zu brechen.? Anna wich einen Schritt zurück, als Erik ihre Hand griff. Seine Augen glänzten, unterdrückten die Trauer in ihm um ihr nicht vollkommen zu entfallen.

?Anna, ich liebe Euch.? Er zog sie an sich. ?Ihr müsst mir glauben. Ihr und sonst keine seit es welche ich begehre. Ich liebe Euch mit jedem Teil meines Körpers. Ohne Euch kann und will ich nicht mehr sein. Bitte geht nicht!?

Sie sah ihn an. Sie wollte nicht gehen, bei Gott, dass wollte sie nicht. Doch sie musste. Es blieb ihr keine Wahl. Sie trat vor und küsste Erik. Tränen liefen über ihre Wange als sie sagte: ?Lebewohl Erik.? Sanft entzog sie sich seiner Hand und lief schnell davon. Erik blieb zurück.

Sein Herz schlug wie wild in seiner Brust, schien sie fast aufzusprengen.
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So schnell er konnte rannte er in sein Gemach, schmiss die Tür hinter sich zu und starrte in den Raum. Angelehnt an der Tür konnte er schließlich seiner Trauer nicht mehr Stand halten. Er sackte in sich zusammen und weinte das erste Mal in seinem jungen Leben.



Der Leibwächter trat in den Raum. Sein Herr hatte nach ihm schicken lassen. Er erschrak fast, als er den einst so hochmutigen Knaben schlaff und regungslos an seinem Fenster vorfand. Er hatte seine Arme auf den Rücken verschränkt und starrte ins Leere.

?Mein Herr??, fragte er höflich.

?Auf den Tisch liegt ein Brief?, begann der Fürstensohn leise ohne sich umzudrehen. ?Nimm ihn an dich und bringe ihn zu der Prinzessin Anna von Coupé. Es ist äußerst wichtig, dass sie ihn erhält.? Er hob die Hand, noch bevor sein Diener etwas erwidern konnte. ?Tut, was ich Euch aufgetragen habe. Ich dulde keine Widerreden.?

Der dunkle Mann trat vor und nahm den Brief an sich, verbeugte sich kurz und tat was ihm aufgetragen wurde. Er lief schnell, zog mit dem Fluss seiner Gedanken gleich. Was war zu tun? Den Brief abgeben? Er glitt schnell um die Ecke und wäre beinahe in einen Mann mit, für einen Bediensteten, guter Kleidung rein gerannt. Er schaffte eine scharfe Kurve und drehte sich seitlich. Er murmelte was leise vor sich hin als er weiter seines Weges zog. ?Entschuldigt mein Herr.?, sagte der Diener noch rasch, bevor er den dunklen Mann um die nächste Biegung verschwinden sah.

Der Leibwächter trat in die Küche. Er schob sich an dem Ofen vorbei und verharrte plötzlich. Er drehte den Brief in seinen großen Händen, starrte ihn so intensiv an, als könne er die Zeilen lesen, die sich in dem Umschlag verbargen. Seine Stirn legte sich in Falten, als er sich endlich zu einer Entscheidung kam. Er hatte die Chance eine Katastrophe zu verhindern, Prinzessin Anna durfte dieser Brief niemals erreichen. Er warf den Brief achtlos in einem Karren mit Müll. Er stach zwischen dem alten Gemüse hervor wie eine Magd unter Königen. Er griff hastig nach ein paar Salatblättern, die sauber sortiert auf der Ablage lagen und legte sie sorgfältig über den Brief. Er betrachtete kurz sein Werk, sah dann verstohlen zur Seite und bahnte sich zügig den Weg aus der Küche hinaus.
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Lisa war eine einfach Bedienstete. Sie zählte gerade fünfzehn Lenzen, arbeitet aber fleißig und gut. Sie gehorchte und tat was ihr befohlen wurde. Seit sieben Monaten durfte sie nun schon hier am Schloss arbeiten und leben. Eine gute Stelle die viel Geld brachte. Regelmäßig schickte sie ihren Lohn zu ihrer Familie. Seit ihr Vater starb, verwaltete ihre Mutter und ihre sechs Geschwistern den Hof. Es war schwierig, aber nicht unmöglich. Das Geld war ihrer Mutter eine große Hilfe und Lisa, als Drittgeborene, fühlte sich verpflichtet ihr zu helfen.

Sie wischte sich eine Strähne aus dem Gesicht und fegte weiter. Es war anstrengend, dass war ihr von Anfang an klar gewesen, aber sie dankte Gott für diese Stelle. Und so lange sie ihre Aufgaben sorgfältig erfüllte, konnte sie weiterhin hier arbeiten.

?Ey du da!?, rief eine tiefe Männerstimme. Lisa blickte auf. Es war einer der Köche der auf sie zeigte. ?Komm mal her.?, befahl er ihr und Lisa gehorchte sofort. Sie lehnte den Besen an die Wand und wischte sich die Finger an ihrer dreckigen Schürze ab. Sie trat an den dicken Mann heran und vollführte einen wackligen Knicks vor ihm. Ihr Blick blieb gesenkt und ruhte auf dem frisch von ihr gefegten Boden.

?Siehst du den Karren da drüben??, fragte er grollend. Lisa sah kurz auf und nickte stumm während sie den Blick wieder senkte. Der dicke Koch stützte sich die Arme in die Seite und sprach laut weiter. ?In ihm sind die Reste. Das Gemüse fängt an zu Schimmeln und das Fleisch lockt die Fliegen an.? Er machte eine kurze Pause. ?Bringe ihn in den Hinterhof und suche raus was man den Schweinen geben kann. Den Rest kannst du wegschmeißen.? Er drehte sich um, sah den Knicks von Lisa gar nicht mehr und widmete seine Aufmerksamkeit wieder dem Essen.

Sie fasste die Griffe und zog den Karren hoch. Er war schwerer als er aussah. Mit ganzer Kraft bugsierte sie ihn durch die Küche, schob ihn einen kleinen Gang entlang hinaus in den Hof. Sie hatte Schwierigkeiten das Gleichgewicht zu halten, schob ihn noch schneller voran um ihr Ziel näher zu kommen. Der Karren schwenkte bedenklich zur Seite, währe auch fast umgefallen hätte sie ihn nicht runtergelassen. Sie schnaufte ein wenig hob ihn wieder an und brachte ihn schließlich sicher zum Schweinestall.

Lisa stellte sich neben den Müllhaufen und begann zu sortieren.
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Sie hatte gerade die ersten frischen Salatblätter angehoben und zu den Schweinen ins Gehege geschmissen, als sie einen Brief erblickte. Erst zögerte sie, sah sich Hilfe suchend um. Sie rieb sich ihre Hände an ihrer Schürze ein wenig sauber und griff schließlich nach dem Umschlag. Sie drehte ihn in der Hand, sah sich die Rückseite an und studierte das Siegel. Es war nicht königlich, wie sie es erkennen konnte. Sie hielt den Umschlag ins Licht und versuchte den Inhalt zu erkennen. Was nütze es ihr ihn zusehen? Sie konnte doch nicht lesen.

Aber sie kannte jemand der ihr helfen konnte. Kenny, der Stallbursche. Er hatte einen Freund, der ihm dann und wann etwas vorlass. In der Pause würde sie ihm Kenny geben. Er war schlau und würde wissen was zu tun ist. Lisa steckte sich den Brief vorsichtig in die Schürze und wandte sich wieder dem Sortieren zu. Bis zur Mittagspause musste sie sich noch gedulden. Jetzt hieß es arbeiten.



Der Leibwächter trat wieder in den Raum. ?Ich habe ihn ihr gegeben.? Der Fürstensohn hatte sich noch nicht bewegt, stand noch genau so da wie vorher. Er nickte. ?Der König bat mich ihn zu begleiten. Er möchte mit mir jagen.?, erklärte er.

Sein Leibwächter stockte. Es wirkte fast so als ob er nicht mit einbezogen sei. ?Ihr wisst, dass mir Euer Vater aufgetragen hat Euch immer zu begleiten. Zu viele Neider gibt es, die nach Euren Leben trachten. Immerhin sollt ihr des Königs Nachfolger werden.?

Erik drehte sich um. ?Ich weiß.? Er sah seinen Wächter an. ?Schickt die Zofen hinein. Sie sollen mir beim Einkleiden helfen. In fünfundvierzig Minuten treffen wir uns mit dem König.? Der dunkle Mann verbeugte sich und tat wie ihm geheißen.



?Kenny!?, flüsterte Lisa leise dem großen Jungen neben ihr zu. Er warf sich sein wirres Haar aus seinem Gesicht und blickte das kleine blonde Mädchen von der Seite an. ?Schau, was ich heute gefunden habe.? Sie zog den Brief hervor und hielt ihn dem Stallburschen unter dem Tisch hin.

Seine Augen weiteten sich und er griff langsam nach ihm. ?Wo??, fragte er heißer.

?Zwischen dem Müll. Er muss irgendwie dort hin gelangt sein.? Nervös rutschte sie auf der Bank hin und her.
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?Was sollen wir nun tun? Mag sein, er ist äußerst wichtig. Hier schau mal!? Sie drehte den Brief in seiner Hand und tippte auf das Wachssiegel. ?Er ist nicht von einem Schlossbewohner geschrieben worden.? Der Junge nickte.

?Sehr seltsam. Keine Anschrift, kein Name, noch nicht mal ein Absender.? Er sah Lisa an und hielt ihr den Umschlag hin. ?Fühl einmal. Es ist festes Papier. Das haben nur Adlige.? Lisa berührte leicht den Brief, tastete ihn vorsichtig ab und sagte dann: ?Ich dachte du könntest ihm deinem Freund geben. Er kann doch lesen und ist gebildet. Vielleicht kennt er das Siegel??

?Ich werde ihn fragen.? Kenny steckte den Brief in seinen Hosenbund und beugte sich wieder über seine Suppe. Ein Brief im Müll. Und dann auch noch in der Küche. Er muss einem Bediensteten runter gefallen sein oder lag unter einem Stück Fleisch und wurde weg geschmissen. Mag sein es ist vielleicht ein geheimer Ort zweier Liebenden, die ihn so in Kontakt bleiben.

Den Rest der Pause nutzen beide um zu essen. Die kurze Zeit wollten sie nicht mit reden vergeuden. Nach der Pause sprang er auf und lief zügig zum Stall, als ihm schon sein Herr entgegen kam. ?Kenny komm doch mal her. Ich habe eine Aufgabe für dich!?, erklärte er laut. Der junge Bursch wurde aufmerksam. Obwohl er Stahlbursche war, hatte er nicht viel mit dem eigentlichen Pferden zu tun. In diesem Schloss ritt so selten einer mit dem Pferd oder der Kutsche aus, wie Rosen im Winter blühten. Jeden Tag putze er die Sättel die schon mit einer dicken Staubschicht bedeckt waren oder mistete den Stall aus. Manchmal half er beim füttern der Tiere. Fast vierhundert Pferde besaß der König und noch nie hatte er ihn auf eines der Tiere gesehen. Fünfzig waren am Nord-Stall, wo er arbeitete, jeweils fünfzig am Ost-, West- und Süd-Teil, und die restlichen zweihundert in den Gauen und Dörfern um das Schloss herum. Kenny kümmerte sich zwar nur um die ersten zehn Tiere, besuchte aber manchmal seine Freunde und schlenderte die langen Stallgassen und die Boxen entlang. Hier und da sah er Bedienstete die die Pferde longierten und bewegten. Es waren schöne Tiere, richtig prachtvoll wie er fand. Seine Familie könnte viel Geld mit einen von diesen Hengsten als Zuchttier machen.

?Hör zu.?, begann sein Gegenüber. ?Der König wird heute ausreiten begleitet von drei Wachen und zwei Gästen.
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? Kennys Augen weiteten sich. Vielleicht würde einer der Wachen ihn als Knappen einstellen wenn er sorgsam genug arbeitete? Sein Herr zeigte zum Stall. ?Deine Aufgabe ist es die beiden Gastpferde und das Pferd des Königs zu satteln. Sie stehen in deinen Boxen.?

Kenny war verblüfft. Gastpferde hatten sie seit kurzem, dass war wahr, aber des Königs Pferd? Welches war es überhaupt? Seine Stirn legte sich in Falten. ?Entschuldigt meine törichte Frage Herr, aber welches Pferd ist das des Königs??

Als Antwort kam ein tiefer Seufzer der wohl sagen sollte ?Womit habe ich das verdient.? Dann schüttelte sein Herr den Kopf und sagte barsch: ?Kartell, du Narr. Das Pferd des Königs heißt Kartell. Und nun ab! Es bleibt dir nicht mehr viel Zeit. Striegel sie und sattle auf und trödle nicht!? Damit ließ der den Jungen zurück.

Schon immer war Kenny ein eifriger Junge. Von je her war er fleißig und sorgsam gewesen. Aber heute würde er noch mehr arbeiten, das Pferd noch sauberer striegeln, die Mähne noch weicher kämmen und den Sattel so fest schnüren, das der König sich vorkäme wie auf einer weichen Wolke. Sein königlicher Hintern sollte sich nach dem Sattel sehnen.

Der Junge trabte los und machte sich an seine Arbeit. Sein Gesicht war verbissen und kleine Schweißtropfen zeichneten sich auf seiner Stirn ab. Als er Kartell anblickte war das schwarze Tier noch schwärzer, die wellige Mähne noch luftiger und der Sattel lag perfekter als perfekt auf dem Rücken. Schnell legte er das Zaunzeug an führte das Pferd hinaus in den Hof. Mit ein paar Handgriffen hatte er die Zügel festgebunden und rannte erneut in den Stall. Die Gastpferde waren genauso schnell fertig wie zuvor Kartell.

Kenny führte die Tiere die Stallgasse entlang als er einen Mann mit einer großen Narbe vor sich sah. Er war in einem der Ställe gewesen und sprang vor Kenny hinaus. In seiner Eile hatte er ihn nicht kommen hören. Der Junge wich einen Schritt zurück, wurde von der weißen Stute an seiner rechten Hand hoch gerissen, was das andere Pferd ebenfalls aufschrecken ließ. Es scheute, hätte den Knaben beinnahe umgerissen, wenn dieser nicht sein ganzes Gewicht in die Zügel gehangen hätte. Das alles hatte nur einen kurzen Augenblick gedauert dann wurden die Tiere wieder ruhig, schnaubten freundlich und warteten ab was weiter geschehen würde.
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Allein Kennys Herzklopfen blieb unruhig.

?Verzeiht Herr. Ich habe euch nicht kommen sehen.?, entschuldigte sich Kenny schnell.

Der Mann trat vor, strich der Stute über die Blässe und sah dann finster auf den Jungen runter. Er war Adelig, dass erkannte er sofort. Seine Kleidung war aus teuerem Stoff, bestickt mit den verschiedensten Mustern. Mit großen Augen starrte Kenny auf das große Schwert, welches ordentlich poliert in seiner Scheide steckte.

Der Mann bemerkte die neugierigen Blicke des Jungen und zog sein Schwert langsam heraus. Der Stallbursche folgte wie hypnotisiert mit den Augen der langen Klinge. ?Es gefällt dir, nicht war Junge??, sagte der finstere Mann tief. ?Ja Herr.?, beantworte er rasch. Der Griff schimmerte golden und in der Klinge spiegelte sich der Stall wieder. Kleine Diamanten in den verschiedensten Farben steckten in dem Gold.

Der Mann richtet die Spitze auf Kenny, ließ das wenige Licht im Stall spiegeln. Er blendete ihn kurz und warf es hoch. Der Junge sprang instinktiv zurück und beobachtete staunend wie das Schwert mit der Spitze in dem Holz des Stallbodens landete. ?Zieh es raus.?, forderte er ihn auf.

Kenny gehorchte. Obwohl er es kaum abwarten konnte den Griff zu berühren, hätte er es auch getan wenn er Angst gehabt hätte. Ein Befehl war ein Befehl und Angst kannte ein großer Held nicht. Er ließ die Zügel los. Umfasste den Griff mit beiden Händen und zog kräftig daran. Er schafft es nicht, die Klinge mehr als zehn Zentimeter über den Boden zu halten. Dann sank es wieder runter und die Spitze balancierte auf dem alten Bretterboden. Kenny atmete laut aus. Er hatte schon einmal ein Schwer in der Hand gehalten. Es war schwer gewesen, aber nicht so wie dieses.

Das Narbengesicht lachte herzhaft auf und nahm Kenny den Griff aus der Hand. Er steckte das Schwert zurück in die Scheide und sah ernst den Jungen an. Aus seinem Mund drang ein lautes ?Ha!? unterstrichen mit einem kleinen Seufzer. Dann ging er. Während er ging dröhnte er laut. ?Der Stahl ist der beste und härteste im ganzem Königreich, geschmiedet von Elfen im Zauberwald. Und der Griff besteht aus puren Gold? er blieb stehen und drehte sich um ?geschenkt und gefertigt von den Kobolden am Ende des Regenbogens.
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Und jeder dieser kleinem Diamanten ist aus dem Magen eines Drachens den ich mit diesem Schwert erschlug.? Dann ging er.

Kenny schluckte schwer. Ein seltsamer Kauz, dieses Narbengesicht. Endlich war es soweit. Dieser komische Kerl war verschwunden und er, Kenny Barack, würde endlich den König vom ganz Nahen sehen. Endlich würden sich seine Träume erfüllen. Ein wenig nervös war er schon, obwohl er sonst ein ganz mutiges Kerlchen war. Schnell glitten seine Augen über die drei Pferde, sahen sich alles noch einmal sorgfältig an. Perfekt.

?Bursche!?, rief ihm sein Herr entgegen. ?Beeilung! Der König ist im Anmarsch! Bist du fertig, sag Junge, sind die Pferde bereit?? Er stand kurz vor Kenny und sagte böse mit erhobenen Finger: ?Sollte ein Detail falsch sein, so Gnade dir Gott. Ich werde dich zurück an deinen Hof schicken, wo du und deine Familie in Armut leben werden.? Der Junge nickte zustimmend.

Sein Herr sah sich den Sattel des Königs an, fummelte hier und da an den Schnallen und prüfte die Sauberkeit. Er griff mit seiner Hand in die Satteltasche und zog ein Stück Stroh wieder hinaus. Wütend drehte er sich um Griff mit seiner Hand nach Kennys Ohr und zog feste dran. Der Junge quietschte kurz, verkniff sich aber weitere Laute.

?Lasst ab von dem Knaben.?, erklang eine tiefe Stimme von hinten. Der Mann drehte sich um und starrte erschrocken auf. ?Mein König!?, stotterte er. Er ließ das hochrote Ohr los und verbeugte sich tief.

Der Stallbursche rieb sich sein schmerzendes Ohr und schmollte mehr oder weniger vor sich hin. Sofort bekam er einen Schlag in den Nacken. ?Verbeuge dich, du Narr!?, vernahm er. Er tat wie ihm geheißen. Der König trat vor den Jungen sah ihn intensiv an. ?Bursche, du hast deine Arbeit sehr gut gemacht. Du bist fleißig und flink. Zudem sehe ich in dir eine große Zukunft. Ich bin gewiss, dass du einst ein großer Ritter wirst. Bleibe nur deinem König treu und diene ihm weiterhin so gehorsam.?

Der Junge sah auf, starrte in das Antlitz des alten Mannes. Eingefallene Augen und viele kleine Falten kennzeichneten sein Gesicht. ?Ich danke Euch, mein König.? Er verbeugte sich tief.

?Wohl dann.? Der König ließ sich von einer seiner Wachen helfen beim aufsitzen. ?Ah!?, rief er auf. ?Meine Begleitung trifft ein.
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Welch ein schöner Tag zum Jagen, nicht wahr Erik?? Das war Kennys Stichwort. Er fasste die Zügel der beiden Gastpferde und führte sie weiter in den Hof hinein. Ein groß gewachsener Mann mit edler Bekleidung schritt auf dem Hof. Er nahm dem Stallburschen ruppig die Zügel aus der Hand, schwang sein Bein über den Sattel und ließ sich in den Sattel sinken. Er schenkte Kenny keine weitere Beachtung.

Unweigerlich sah Kenny auf des Mannes Bekleidung und erblickte das Zeichen. Er kannte es. Es war das Siegel auf dem Brief. Er war sich ganz sicher. Er zog den Umschlag heraus und verglich schnell die beiden Muster. Eindeutig, es war das gleiche.

Ihm wurden die anderen Zügel aus der Hand genommen. Schnell versteckte er sein Geheimnis hinter seinem Rücken. Als er aufsah, hatte der Mann mit der Narbe sich schon auf das Pferd geschwungen. Dreckig lächelte er ihn an. ?Sag Knabe, was hast du dort hinter deinem Rücken versteckt??

Kennys Puls schlug schneller. ?Nichts Herr.?, sagte er schnell und wich einen Schritt zurück. ?Komm her. Ich will es mir genauer ansehen.? Der Mann hielt ihm die Hand entgegen, hoffte so Vertrauens erweckend zu wirken. Der Junge zögerte kurz. Dann zog er vorsichtig seine Hand nach vorne streckte ihn dem Mann hin. Ungehorsam wurde schwer bestraft.

Gerade als der Mann zufassen wollte erklang eine Stimme von hinten. ?Wenn Ihr für mein Leben sorgen wollt, dann kommt nun!? Es war der Mann, von dem eindeutig der Brief stammte. Er, der König und sein Geleit, waren schon vom Hof geritten. Das Narbengesicht sah auf. Er warf dem Jungen einen kurzen Blick zu und trieb dann sein Pferd an, um seinen Herren noch einzuholen.

Kenny atmete auf. Sein Herr war rasch verschwunden. Der Junge warf ein paar verstohlende Blicke umher und rannte dann so schnell ihn seine Füße trugen ins Schloss. Er brauchte nicht lange suchen, als er seinen alten Freund fand.

Seit Jahren war er schon ein treuer Diener des Königs. Seine Weißheit übertraf sein Alter um einiges und hätte Kenny den weißesten Mann wählen müssen, so hätte er ihn genommen. ?Ach Kenny!? sprach der alte Mann zart lächelnd. ?Was hast du es so eilig? Willst du wissen wie die Geschichte ausgeht? So warte bis zum Abend. Übe dich in Geduld.?

Schnaufend stützte er seine Arme auf seine Beine auf.
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?Nein. Nicht die Geschichte trägt mich so schnell hier her.? Er kramte an seinem Hosenbund. Die grauen Augen des Mannes sahen ihm gespannt zu. ?Schaut! Eine Freundin fand dies zwischen dem Müll. Das Siegel?? er atmete tief ein und sagte beim ausstoßen der Luft ?Das Siegel ist sehr merkwürdig. Ich weiß nicht woher es stammt. Sagt, könnt Ihr was damit anfangen??

Der Alte nahm den Brief in die Hand studierte ihn einige Zeit und sagte dann: ?Wahrhaftig ist es nicht des Königs Siegel.? Er kniff die Augen zusammen und frage: ?Im Müll sagst du?? Der Junge nickte. ?Wisst ihr von wem es stammt??

?Ich habe eine Vermutung, gedenke allerdings es noch einem Freund zu zeigen. Und nun Bursche, kehr geschwind zu deinem Stall zurück. Wenn man dich hier sieht, kannst du deine Mutter von mir Grüßen. Rasch!? Er scheuchte den Jungen los und setzte seinen Weg schmunzelnd zu seinem Freund fort.
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Punktestand der Geschichte:   16
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Kommentare zur Story:

  Herrje... das schlittert irgendwie alles auf eine riesengroße katastropfe zu. Ich kann nur hoffen, du hast am Ende Mitleid mit deinen Protagonisten.  
Maegumi  -  12.07.02 13:14

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  Wieder ein tollerTeil einer tollen Geschichte. Einfach suuuper ich warte auf mehr !!!  
Jingizu  -  08.07.02 19:36

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  Auf diesen Teil mussten wir lange warten, aber es hat sich gelohnt. Wie bei dir üblich, denkst du nicht im Traum dran, irgendwelche Handlungsfäden zu entwirren, sondern du lieferst neue Komplikationen und erhöhst so gekonnt die Spannung.
Natürlich geifert man auf den nächsten Teil.
Weiter so!  
Stefan Steinmetz  -  13.06.02 16:11

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  Super super super.... schreib weiter... ich moechte unbedingt wissen wie es weiter geht..... klasse geschrieben... ich hoffe nur, der Knabe und die Magd bekommen keinen Aerger.  
werwoelfin  -  12.06.02 23:53

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  Spannend und gefühlvoll geschrieben, wie immer. Die Sprach- und Verhaltensweiße der Menschen lässt einen glauben, wirklich im Mittelalter zu sein. Hmmm... ich bin mir sicher, daß dieser Brief noch Ärger machen wird.
5 Points  
Destiny  -  12.06.02 20:19

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Kommentar von "Sabine Müller" zu "verkaufte Seele"

Hallo, sehr berührend. Gefällt mir gut, auch wenn es sehr traurig ist. Gruß Sabine

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