Aktuelles und Alltägliches · Kurzgeschichten

Von:    lieblicheloewin      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 24. April 2002
Bei Webstories eingestellt: 24. April 2002
Anzahl gesehen: 2791
Seiten: 2

Der Bus mit dem ich jeden Morgen zur Arbeit fahre, ist voll von Menschen. Sie drängeln sich in den Bus, schieben sich an einem vorbei zu den wenigen noch freien Sitzplätzen. Viel von ihnen erschlagen einem mit ihren Krückstöcken oder stechen einem mit ihren Schirmen in die Augen. Die fettleibigen Körper quetschen sich in die Bänke und geben vor Erschöpfung röchelnde Atemzüge von sich.

Die Kombination der halb erstickenden Atemversuche, der Lautstärke des Motor und dem Gequatsche meiner Mitfahrer ist unerträglich. Der Motor des Busses poltert laut und verbreitet den Gestank von Benzin. Die Atemversuche meiner Mitstreiter lösen Angst in mir aus. Sie erinnern mich an meinen Leistungen als Sanitäter und diese Gedanken sind furchteinflößend. Die Leute im Bus stehen kurz vor dem Abgang in die andere Welt und es macht mich nicht gerade glücklich, zu wissen, das dieser Abgang gerade zu der Zeit stattfindet, in der ich im Bus sitze. Und ich kann nicht helfen.



Wenn sie wieder zu Atem gekommen sind und der Sauerstoffgehalt sich wieder reguliert hat, geht auch schon das Gesabbel los. Enkelin Laura hat Masern, Tante Elsbeth ist gestorben und die dicke Frau vor mir hat ein schweres Leben. Sie ist von Rheuma, Gicht und anderen Krankheiten geplagt. Sie erzählt ihrer Nachbarin und dem Rest im Bus gleich mit, von ihrer Tablettensammlung, von den 20 Salben für ihre Hände, Füße und ihren Rücken. Die Schwiegertochter, von der Frau in dem selbstgestrickten gelben Pullover, ist schon zum fünften Mal schwanger und sie wird auch dieses Kind durch alle Krankheiten bekommen, die in der Familie so stark vertreten sind. Ich kenne jetzt auch die Lebensgeschichten von Frau Schleifer, Herrn Otto Mann und der kleinen Masern geplagten Laura.



Am schlimmsten ist der unangenehmen Duft im Bus. Die Verwandschaft von Tante Elsbeth kommt wahrscheinlich gerade aus der Verbrennungsanlage des Bestattungsunternehmen. Die Salben, der dicken Frau, sind in ihrer Mischung, nicht zu überriechen. Es müffelt nach Tod, Haferflocken mit Kleie und den Rückständen der Korega Tabs.

Ich glaube morgen nehme ich mir die Gasmaske mit, die Gerüche lösen schmerzhafte Stiche in meinen Schläfen und unter meiner Schädeldecke aus.

Das Geplapper dringt in meine Ohren und hallt in meinem Kopf, ohne Sinn und verstand bleibt es dort hängen und verkriecht sich in mein Hirn.
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Auf nimmer Wiedersehen! Und sollte ich es vergessen, morgen fahre ich wieder mit dem Bus.



Zur gleichen Zeit am gleichen Ort.


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Punktestand der Geschichte:   272
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Kommentare zur Story:

  Stellvertretend für die gesamte Menschheit möchte ich mich bei Dir dafür entschuldigen, dass man Dir die Erde nicht alleine überläßt. Es wäre Dir zu gönnen.

Gruß

Gabi Mast
www.vonGabi.de
mitteldick, mittelalt, begeisterte Busfahrerin und auch berufstätig.  
Gabi Mast  -  22.04.04 17:45

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  Gwenhwyfar, Du bist ja ein richtiger Seniorenphobiker! Mein Vater hat immer gesagt: Wer nicht alt werden will, muß sich jung aufhängen. Aber ich weiß nicht... Die Geschichte find ich schwach. Daß sie unter der Rubrik Amüsantes gelandet ist, kann ich nicht nachvollziehen. Sie ist weder amüsant noch satirisch. Sie ist auch nicht wirklich böse, dann könnt ich sie als satirischen Versuch verstehen, sie ist nur das Geplapper eines Übelgelaunten, der einen Sündenbock sucht, wofür auch immer. Aber wenn der Erzähler beim nächsten Mal sich die Mühe geben würde, den Anderen beim Busfahren zuzuhören, wer weiß, vielleicht findet er dann eine richtig gute Geschichte...  
Schunk  -  09.11.02 12:29

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  Nee, das tun sie nicht, lieber Vorredner. Aber dafür quetschen sie sich bei Wind und Wetter in jede Bahn, in jeden Bus - vorzugsweise zur Hauptverkehrszeit, wenn diejenigen, die ihnen ihr bequemes Leben ermöglichen, müde und kaputt von der Arbeit kommen. Und müssen dann natürlich sitzen. Sind ja so müde, die Armen. Vom Rückensalben, Friedhofslatschen und Tratsch erzählen. Und man muss auch nicht glauben, dass die Omas und Opis es nötig hätten, sich mit der Bedienung des Ticketautomaten vertraut zu machen oder gar passendes Kleindgeld mit sich zu führen. Nein, da sind wir anderen verpflichtet, in die Bresche zu springen und zu helfen. Haben ja sonst nix zu tun.
Zum Dank wird dann laut über die Unhöflichkeit aller Menschen, die jünger als siebzig, lamentiert. Und über Rücksichtslosigkeit diskutiert, die für die Alten immer nur eine Einbahnstraße in ihre eigene Richtung ist.
Sehr gut beobachtet, schön bissig, das Ganze.
5 Punkte.  
Gwenhwyfar  -  05.07.02 12:12

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  Auch mich nervt es wenn im Bus die Krankengeschichte eines Menschen zu hören ist,überlaut natürlich.
Mich nervt es aber auch wenn überlaute Schüler irgendeinen unwichtigen Scheiss erzählen.Aber so ist es nun mal,jeder findet seine Geschichte muss erzählt werden.Da muss man eben durch.
Gut beobachtet hast Du das ganze und in meiner Meinung nach lustigen Worten wiedergegeben.Was mich jedoch stört ist der besondere Hinweis am Anfang der Geschichte auf die ALTEN und DICKEN/FETTEN Menschen.Denn ein alter oder ein dicker,oder ein alter dicker Mensch,ist immer noch ein Mensch der genau so das Recht hat Bus zu fahren und für fremde Ohren total langweilige Geschichten zu erzählen.Wie jeder andere auch.Ach ja,diese Typen malen nicht die Sitze voll,schneiden keine Löcher in die Polsterung und stützen sich auch nicht mit schmutzigen Strassenschuhen an den Sitzen ab.  
Wolzenburg  -  28.04.02 07:41

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