Schauriges · Kurzgeschichten

Von:    ThiloS      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 4. April 2002
Bei Webstories eingestellt: 4. April 2002
Anzahl gesehen: 3101
Seiten: 2

Würde irgendjemand Stephan fragen, wie er sich selbst sieht, dann würde Stephan "eigentlich ganz normal" sagen.



Er ist dreißig Jahre alt, unverheiratet und Sachbearbeiter bei der örtlichen Sparkasse. Da genehmigt er mit seiner gestreiften Krawatte, der Fielmann-Brille und dem flaumigen Oberlippenbärtchen Kleinkredite für verzweifelte Rentnerinnen, Erstübgebrauchtwagen für Führerscheinanfänger und Überziehungskredite für abgeschmierte LKW-Fahrer, die mit Geld nicht umgehen können.



Mit der ein oder anderen Rentnerin macht Stephan auch schon mal einen Scherz oder erzählt einen Witz und drückt schokoladenverschmierten Kindern ein "KNAX"-Heftchen für die läppischen 6 Euro fuffzich aus dem Sparschwein in die speiseeisverklebte Hand.



Das ist Stephan von neun bis fünf.



Danach steigt er in den gebrauchten Corsa, fährt nach Hause zu seiner Mutter, die im ein leckeres Abendbrot macht, guckt noch ein bischen RTL2, wartet auf den ein- oder anderen Softporno auf Vox, masturbiert kurz und schläft dann mit verklebter Unterhose ein.



Aber da ist noch etwas anderes.



Etwas, an das sich Stephan erinnert. Dunkel erinnert.



Dann wacht er nachts auf, schweißgebadet mit einer lächerlichen dünnen Erektion und starrt mit großen Augen in die Dunkelheit.



Und er lauscht dem Nachhall der Schreie in seinem Kopf.



Er hatte das nicht gewollt, DAS nicht. Es war nicht seine Absicht. Aber sie hatte so laut geschrien. SO LAUT. Was hätte er tun sollen? Was? Sie wollte nicht aufhören zu schreien....



Am Anfang hat sie ihm nur leid getan, wie sie da so stand im Regen. Neben ihrem kaputten Auto. Nass bis auf die Haut. Natürlich hat er sie mitgenommen.



Im Auto hat sie ihm dann erzählt. Von ihrem Ex-Mann, der sie geschlagen hat. Von ihrem Onkel, der sie missbraucht hat, als sie ein Kind war. Und das Kleid klebte an ihrem Körper. Und dann hat Stephan einen Steifen gekriegt, das ist doch normal, oder? Und sie hat ihr ganzes Leben ausgebreitet, erzählt, wie hart sie arbeiten muss, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Und dass sie es "für Geld" macht.
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Mit all den stinkigen Typen, die ihre Ehefrauen betrügen und während sie erzählt und erzählt hat, hat Stephan nachgerechnet, was er noch im Portemonnaie hat.



Und irgendwie ist er dann auf den Waldweg abgebogen und sie hat gefragt, was das jetzt werden soll und er hatte so einen großen Ständer und dann hat sie gegrinst und gemeint, er sei nicht ihr Typ und dann wollte er sie küssen und dann hat sie gelacht, SIE HAT GELACHT, DIE NUTTE und dann hat Stephan sie geschlagen. Einmal. Ganz kurz. Mitten ins Gesicht. Da war sie überrascht und hat wieder gelacht, WIEDER GELACHT und dann hat er zugeschlagen und er hatte dieses RIESENROHR und er hat sie geschlagen, GESCHLAGEN, bis sie geschrien hat, vor Schmerzen und als sie schrie, DA HAT SIE NICHT MEHR GELACHT, DIE VERDAMMTE SCHLAMPE, NICHT MEHR GELACHT und er hat zugeschlagen und zugeschlagen und zugeschlagen und zugeschlagen und sie hat geblutet und geschrien und er HATTE DAS ROHR und dann sollte sie aufhören zu schreien und sie hat trotzdem weiter geschrien und war verheult, verrotzt und verblutet und sie hat geschrien und dann hat er sie gewürgt und feste zugedrückt und da ist es ihm gekommen, ES IST IHM GEKOMMEN, während sie ihr dreckiges verficktes kleines Leben unter seinen Händen ausgehaucht hat.......



Irgendwo hat er den blutenden Körper aus dem Auto in den Fluss geschmissen, ENTSORGT, weggeworfen, weil sie nichts mehr wert war, ihr Körper nicht mehr wert war.



Und Stephan hat sich im Fluss die Hände gewaschen, ist nach Hause gefahren, hat bei seiner Mutter zu Abend gegessen und dann noch ein wenig RTLII geguckt, die ganzen kleinen Schlampen angeguckt mit ihren aufgepumpten Titten. Und dann ist er eingeschlafen. Und hat weiter geträumt.



Und um neun Uhr wieder in die Bank. Da genehmigte er mit seiner gestreiften Krawatte, der Fielmann-Brille und dem flaumigen Oberlippenbärtchen Kleinkredite für verzweifelte Rentnerinnen, Erstübgebrauchtwagen für Führerscheinanfänger und Überziehungskredite für abgeschmierte LKW-Fahrer, die mit Geld nicht umgehen können.



Die Stephans sind unter uns.


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Kommentare zur Story:

  hart
und gut
leider  
cronos  -  27.10.04 21:35

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  beängstigend  
pet  -  27.10.04 20:45

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  uff... kriegt man direkt Gänsehaut, wenn man sowas liest. Super Story, alle 5 Punkte!!!  
scribbler  -  17.12.03 14:28

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  Hallo Thilo,
sorry, ich schon wieder,
Die Geschichte ist
ganz gut geschrieben; Warum hast Du keinen Song draus gemacht? Ich habe die lustigen Deiner Sachen zuerst gelesen und war doch etwas erstaunt jetzt.
Das Komische liegt Dir mehr, finde ich.
Es kann natürlich auch sein, dass ich mich von
meiner heiteren Seite dazu habe überreden lassen. Ganz egal. Ich will mehr von Dir lesen.
Dein treuer Freund  
Stephan F Punkt  -  27.11.03 23:33

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  Das war mal ne ganz andere Story.Man ist gebannt,weil man ja weiß das es solche Menschen gibt  
Bina  -  04.03.03 23:13

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  Uuuuh! Mein Bankmensch ist Mitte dreißig, unverheiratet und fährt einen gebrauchten Golf. Ob er noch bei Muttern lebt, weiß ich nicht... *g*

Aber im Ernst: Sie sind wirklich mitten unter uns und man sieht es ihnen nicht an. Nein! Das ist das Erschreckende. Immer wieder die gleichen Aussagen: "Waaasß DER? Aber der war doch so ein netter, harmloser..."
Schaurig gute Story.
Alle Fünfe!  
Stefan Steinmetz  -  14.01.03 23:18

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