Kurzgeschichten · Schauriges

Von:    Ron Holiday      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 27. Februar 2024
Bei Webstories eingestellt: 27. Februar 2024
Anzahl gesehen: 850
Seiten: 3

Kapitel 1



Ttog mi Lemmih (Sohn der Mutter Settog) war schwer verärgert. Schon wieder hatte er, wegen einer Lappalie Hausarrest von seiner Brutmutter erhalten. Viel lieber wäre er draußen unterwegs mit seinen Spielkameraden gewesen, welche gerade dabei waren, einen alten lichtschnellen Antigravitationsgleiter zusammenzubasteln.

Missmutig begab er sich, wie von Mutter Settog befohlen, in seine Wohnhöhle zu seinem RLG (Reality-Live-Generator), einem quantenmechanischen Kleincomputer, welcher auch nicht gerade auf dem neusten Stand der Technik war und rief mittels einer seiner 8 Handlungstentakel aus Langeweile das Impsons Programm auf.

Mittels dieses Simulator-Programms hatte er sich in den letzten Jahren eine virtuelle, automatisierte, autarke holografische Welt programmiert und geschaffen, in der es alles gab, was er sich in seinen Fantasien so ausgedacht hatte. Er musste nur die SETH (Simultan-emotionelle-Transmitter-Haube) aufsetzen und schon versank er in einer ganz anderen Welt, welche auf einem technischen Standard war, welcher Jahrtausende zurücklag.



Es war die Welt seines Volkes.



Die Welt der Renarret.



Er war stolz darauf ein virtuelles Volk, auf der Grundlage von ihm selbst definierter Naturgesetze, erschaffen zu haben, was inzwischen über 8.000.000.000 scheinbare Lebewesen zählte und dank dem Programmautomatismus kamen jährlich 78.000.000 neue Pseudo-Lebewesen hinzu, wenn man die Zeitrechnung dieser Lebewesen zugrunde legte.



Jeden dieser zweigeschlechtlichen Avatare hatte er mit einer eigenen Persönlichkeit ausgestattet, mit individuellen charakterlichen Fehlern und Stärken und jeder Avatar hatte ein differenziertes virtuelles Genom, welches sich von Generation zu Generation selbstständig modifizierte.



Dann und wann hatte Ttog mi Lemmih in den automatisierten Evolutionsprozess eingegriffen und Sprungstellen eingebaut, damit die körperliche und technische Evolution des Quantenvolkes einen kleinen Stoß bekam und die Sache für ihn nicht zu langweilig wurde.

So sorgte er dafür, dass dort plötzlich positive oder negative Führerpersönlichkeiten, Wissenschaftler, Dichter und Denker auf die virtuelle Welt kamen, welche die Geschichte der kulturellen Evolution des Volkes der Renarret veränderten und in neue Richtungen fortentwickelten.
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Plötzlich, aus Langeweile, kam ihm eine Idee.



Wie wäre es, wenn er dem Programm den Befehl gäbe, die logische Basis des Kausalitätsprinzip zu verlassen und irreale, bisweilen abstrakt chaotische Entwicklungen zuzulassen?



Gedacht, getan!



Ttog mi Lemmih durchstöberte seine Dateien, um einen geeigneten Platz für den Ausgang seines Experiments zu finden und entschied sich schließlich für die „Catacombe dei Cappuccini".





Kapitel 2



Toni Morelli hatte mal wieder Nachtdienst in den „Catacombe dei Cappuccini“ in Palermo.



Wie immer in solchen gruftigen Nächten machte er, nur mit einer starken Stabtaschenlampe bewaffnet, alle 2 Stunden einen Rundgang in dieser Nekropole mit hunderten von Toten, welche man in einer Reihe, in der Vergangenheit aus Platzmangel, einfach an den Wänden aufgehängt hatte und überprüfte, ob alles in Ordnung war.

Regelmäßig blieb er zum Schluss seines Rundgangs am gläsernen Sarg der Rosalia L. stehen und schaute ehrfürchtig hinein. Jedes Mal bekam er eine Gänsehaut, wenn er allein des Nachts, diesen so gruselig gut erhalten Leichnam betrachtete, welcher nur zu schlafen schien. So auch in dieser Nacht des 06.12.2020.



Am Sarg der Rosalia L. angekommen gefror ihm fast das Blut in den Adern.



Der Sarg war geöffnet.



Das Kind war weg.



Morelli blickte sich vorsichtig um und leuchtete mit seiner Taschenlampe die Gänge ab. Zunächst ging er von Grabräubern aus und er hatte in diesen Sekunden nur den Wunsch, dass diese nicht auch noch bewaffnet waren.

Als er sich, den wandernden Kegelschein der Taschenlampe folgend, möglichst leise in Richtung Ausgang bewegte, um über das dort befindliche Nottelefon die Polizei anzurufen, brach ihm der Angstschweiß aus, als er erkannte, dass überall an den Wänden plötzlich kahle Stellen waren. An Stellen, wo vorher die Verblichenen seit Jahrhunderten friedlich gehangen hatten. Ihm wurde klar, dass dies mit Grabräuberei nichts mehr zu tun hatte.

Toni erreichte mit rasendem Herzen das Nottelefon und informierte die Polizei.





Kapitel 3



Alberto Piccoli versah in der Nacht des 06.
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12.2020 seinen üblichen schlecht bezahlten Dienst am Drive-In-Schalter eines Schnellrestaurants, welches eine amerikanische Fast-Food-Kette in Palermo voller Optimismus neu aufgemacht hatte.



Es war so gegen 02:00 nachts, als das übliche Signal ertönte, dass jemand mit seinem Wagen an der Position der Bestellannahme stand.



Alberto konnte die Stelle der Bestellannahme optisch nicht einsehen, weil einen Tag vorher jemand die Überwachungskamera geklaut hatte und fragte über die Gegensprechanlage, was der Gast wünschte.

Als Antwort kam, in einem seltsamen altertümlichen Dialekt gesprochen, die knappe Antwort: „Was zu essen!“

„Schon wieder so ein Witzbold“, dachte Alberto und fragte noch einmal nach: „Wollen Sie vielleicht einen Hamburger oder einen Cheeseburger, oder darf es etwas anderes sein?“

Als Antwort hörte er, in einem gruselig tiefen Tonfall, den Kunden antworten: „Hunger! Viel Hunger!

„Ja, wenn Sie Hunger haben, dann sind Sie ja bei uns richtig“, entgegnete Piccoli in die Sprechanlage, „wie viel Hunger haben Sie denn? Reichen 2 Burger aus?“

„Mehr Burger!“, sagte der Kunde.

„Ja, wie viele Burger wollen Sie denn?“, fragte Alberto genervt.

„100 Burger! Mindestens!“, kam als Antwort vom noch unsichtbaren Kunden.

„100 Burger? Das ist doch wohl nicht Ihr Ernst? Also verar...... kann ich mich selbst. Planen Sie eine Mitternachtsfete mit Freunden, oder warum haben Sie so viel Hunger?“, forschte Piccoli nun im aggressiveren Tonfall zurück.

„Keine Fehde! Hab seit langer Zeit nichts mehr gegessen“, kam es vom noch unsichtbaren Gast zurück.

„Treten Sie doch bitte einmal an Schalter 2 vor, damit ich Sie sehen kann“, raunzte Alberto in die Sprechanlage, wohl wissend, dass ihm gleich die Hutschnur platzen würde, wenn das so weiter ging.

„Besser nicht“, kam es zurück.

„Warum nicht, haben Sie Angst vor mir?“, fragte Piccoli zurück.

„Keine Angst, aber ich sehe nicht mehr gut aus“, antwortete die Stimme des Unsichtbaren.

„Das ist mir doch egal, wie Sie aussehen, was meinen Sie eigentlich, was ich hier nachts schon alles an Elend zu Gesicht bekommen habe? Haufenweise halb gescheite Halbtote, die hier ständig Cheeseburger, aber ohne Cheese bestellen“, schrie Piccoli wütend in die Sprechanlage.
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„Nur Halbtote?“, kam es im traurigen Tonfall fragend vom Unbekannten zurück.



ENDE
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Interessante Kommentare

Kommentar von "Nausicaä" zu "frühling z2"

einfach toll, dieses frühlingsgedicht. du findest in deinen gedichten häufig ganz eigene, besondere bilder. wunderschön, ohne kitschig zu sein.

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