Kurzgeschichten · Romantisches

Von:    René Oberholzer      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 5. Juli 2022
Bei Webstories eingestellt: 5. Juli 2022
Anzahl gesehen: 1820
Seiten: 3

Die Sonne scheint in den letzten Zügen. Eine Hauswand leuchtet weissrötlich. Am Horizont erstreckt sich eine weisse Aura, darüber liegt ein hellblauer Himmel. Eine Kulisse für einen Heimatfilm. Mit einer jungen Frau, die mit dem Zimmermann verheiratet ist, der ab und zu auf die Jagd geht, und einem jungen Mann, der seit kurzem im Tal lebt und den Frauen die Augen verdreht. Am Dorffest wird getanzt, der junge Mann macht eine gute Figur, der Zimmermann, der an seinem Bier nippt, schaut zu und redet mit einem anderen Mann über Geschäfte.



Einen Tag später ist nichts mehr von der leuchtenden Hauswand zu sehen, Regen setzt schon am Morgen ein. Nebel hängt in den oberen Regionen, da wo die Berge beginnen. Vorbei das Dorffest, an dem alle so richtig aufgetankt haben, vorbei die Sonne, die das ganze Tal erleuchtet hat. Der junge Mann steht in der Bäckerei, kauft ein Brot. Die junge Frau betritt zur gleichen Zeit, es ist ein Zufall, ebenfalls die Bäckerei, die beiden kommen ins Gespräch. "Gut tanzen Sie", sagt die junge Frau. "Danke, und Sie haben ein schönes Trachtenkleid." "Danke." Ein paar Worte werden noch gewechselt, der junge Mann geht die Strasse hinunter, die junge Frau die Strasse hinauf.



Einige Tage später treffen sie sich, es ist wieder ein Zufall, im Dorfladen. Er füllt seinen Korb mit Bananen, sie mit Äpfeln. Als sie nebeneinanderstehen, sagt er leise hinter einem Gestell: "Ich habe von Ihnen geträumt." Die junge Frau schaut ihn an, sagt nichts, geht zur Kasse, verlässt den Laden. Der junge Mann geht zur Kasse, zahlt, verlässt den Laden, geht die Strasse hinunter. Zwei Tage später liegt ein Zettel in seinem Briefkasten. "Um 20 Uhr bei der Brücke am unteren Dorfende. Gehen Sie über die Brücke, bis sie zu einer Baumgruppe kommen. Gehen Sie in die Baumgruppe hinein. Ich werde dort sein."



Ihr Mann hat am selben Abend Gemeinderatssitzung, einige Männer und Frauen aus dem Dorf sind im Rössli-Saal versammelt. Die Wolken haben sich aufgelöst, ein schöner Sommerabend macht sich daran, langsam zu Ende zu gehen. Der junge Mann erscheint bei der Baumgruppe, tritt hinein. Anna steht da. "Ich wollte wissen, warum Sie von mir geträumt haben", sagt sie. Der junge Mann stottert: "So genau kann ich das auch nicht sagen.
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" "Und was machen wir jetzt?", fragt die junge Frau. "In einem Heimatfilm würden wir uns jetzt küssen", sagt der junge Mann. "Wir sind aber nicht in einem Heimatfilm", sagt die junge Frau. "Ich zeige Ihnen eine Hütte nicht weit von hier." Der junge Mann folgt ihr. Nach einigen Minuten sind sie dort. Die junge Frau nimmt einen Schlüssel hervor. "Ich habe eine Taschenlampe dabei, wir dürfen nur wenig Licht machen", sagt sie. "Folgen Sie mir." Sie betreten die Hütte. Auf der linken Seite hat es ein Bett, auf der rechten Seite einen Tisch. "Diese Hütte benutzen manchmal die Jäger, wenn sie das Wild erlegt haben." Die junge Frau legt sich aufs Bett und gibt dem jungen Mann zu verstehen, dass er sich zu ihr legen solle. "Umarmen Sie mich", sagt sie. Der junge Mann folgt ihrer Anweisung, umarmt sie und fährt ihr über Kopf und Haar.



"Eine Viertelstunde, dann müssen wir wieder gehen", sagt sie. Die beiden liegen in ihren Kleidern Arm in Arm im Bett. Eine Viertelstunde später verlassen sie die Hütte, gehen zur Baumgruppe zurück. "Warten Sie noch eine Weile hier, man soll uns nicht zusammen sehen, ich gehe jetzt auf einem kleinen Umweg nach Hause." Der junge Mann setzt sich in der Baumgruppe auf den Boden und wartet noch eine Stunde, bis er sich schliesslich auf den Weg nach Hause macht.



In den kommenden Wochen findet der junge Mann unregelmässig immer wieder kleine Zettel mit Orten und Zeitpunkten in seinem Briefkasten. Und wenn sich die beiden tagsüber im Dorf per Zufall treffen, tun sie so, als ob sie sich nur oberflächlich kennen würden, keine Umarmungen, keine Zärtlichkeiten, nichts.



In einem Heimatfilm würde man jetzt vermuten, dass der Mann der jungen Frau einst hinter die Affäre kommen und ausrasten und die junge Frau schlagen würde. Oder der Mann der jungen Frau wäre in einen Wilderer-Skandal verwickelt und das Schicksal würde es so wollen, dass der Mann einen Berg hinunterfallen würde, in einen reissenden Wildbach hinein. Nichts von beidem passiert.



Der junge Mann packt eines Tages seine Sachen und verlässt das Tal. Die junge Frau bleibt mit ihrem Mann, den sie nicht liebt, zurück. Manchmal, wenn ihr Mann unterwegs ist, geht sie alleine zur Jägerhütte, legt sich aufs Bett und stellt sich vor, der junge Mann würde sie, wenn auch nur kurz, von hinten umarmen und ihr übers Haar streichen.
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wenn ihr Mann unterwegs ist, geht sie alleine zur Jägerhütte, legt sich aufs Bett und stellt sich vor, der junge Mann würde sie, wenn auch nur kurz, von hinten umarmen und ihr übers Haar streichen.
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Kommentar von "Lisa" zu "Endlich aufgewacht..."

Ich habe keine Probleme damit, den Text zu verstehen. Mir gefällt er gut, denn wenn man aufwacht, ist das immer etwas Positives. Gruß Lisa

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