Kurzgeschichten · Nachdenkliches

Von:    Siebensteins Traum      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 29. April 2020
Bei Webstories eingestellt: 29. April 2020
Anzahl gesehen: 2399
Seiten: 3

„Macht“ scheint mir ein ziemlich abgenutzter Begriff zu sein. Irgendwie scheint jeder eine Vorstellung davon zu haben, was es denn tatsächlich ist, ohne es aber, fragt man noch einmal genauer nach, präzise definieren zu können.



Was ist Macht? Was könnte dem Menschen so wichtig sein, dass er dafür einen eigenen Begriff erfunden hat, den man dann aber bei genauerem Hinsehen meist nur schwer eingrenzen kann?



Prinzipiell ist Macht wohl etwas, das immer entsteht, wenn es in einer menschlichen Beziehung in Bezug darauf, wer etwas über andere hinweg bestimmen kann, zu einem Ungleichgewicht kommt. Es ist wohl die Grundlage des Prinzips der „Herrschaft und Knechtschaft“.



Wie kann aber so etwas in einer Gesellschaft überhaupt eine Legitimation besitzen?

Der Herrscher, das heißt derjenige, der über jemanden oder über viele andere bestimmt, setzt sich dem Druck aus, diese Position den Beherrschten gegenüber zu legitimieren. Verliert er diese Legitimation, so ist seine Position prinzipiell gefährdet. Denn Macht scheint immer auch Begehrlichkeiten zu wecken. Vor allem bei Menschen mit einer ganz bestimmten charakterlichen Akzentuierung, die man gemeinhin auch als „die dunkle Triade“ bezeichnet.



Dies ist ein Indiz dafür, dass es bei der Ausübung von Macht sehr oft sehr wahrscheinlich um etwas ganz anderes geht, als bloß um das Gemeinwohl. Viel eher scheint es dabei sehr oft um die Erfüllung von Bedürfnissen eines einzelnen Individuums zu gehen, das für sich in der Gesellschaft nach einer Nische sucht, die es ihm ermöglicht, mit der eigenen, eigentlich sehr problematischen, charakterlichen Akzentuierung doch noch irgendwie klar zu kommen.



Das macht das Prinzip Macht sehr anfällig für Missbrauch. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, dieses konfuse Etwas so genau wie möglich zu analysieren, und auf dieser Grundlage ein System zu erdenken, das es vermag, die Auswirkung der Macht auf die Gemeinschaft derart zu gestalten, dass sie nach Möglichkeit nicht von einem Individuum missbraucht werden kann.



Machtteilung scheint hierbei das Zauberwort zu sein.



Dennoch wird es auch bei einer Teilung der Macht immer Positionen geben, die einem Individuum mehr Machtausübung ermöglichen, als es bei anderen der Fall ist, weshalb auch hierbei das Prinzip der Herrschaft und Knechtschaft aufrechterhalten bleibt.
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Deshalb muss ein System so aufgebaut sein, dass es nach Möglichkeit viele unterschiedliche Instanzen enthält, die alle auf einem sehr eingegrenzten Gebiet ein Fachwissen besitzen und dadurch immer nur unter ganz bestimmten Umständen, und vor allem immer nur zeitlich begrenzt, in einem System Dominanz erlangen können, wie etwa derzeit das RKI. Vor allem die zeitliche Begrenzung scheint mir hierbei relevant zu sein. Denn hat ein Individuum oder eine Gruppe in einer Gesellschaft einmal Macht erlangt, so neigt es oder sie sehr stark dazu, diese Macht zu erhalten, auch dann noch, wenn die Legitimation hierzu gar nicht mehr gegeben ist.



Es ist wohl eine spezifisch menschliche Eigenschaft, über sich und die Welt und den eigenen Platz darin nachzudenken. Und sehr wahrscheinlich haben Menschen schon immer Viehzucht betrieben, das heißt mit Hilfe von Zuchtwahl ganz gezielt ihre Tiere über Generationen hinweg zu einem bestimmten Nutzen hin verändert. So auch die Botaniker in Bezug auf die Pflanzen. Dies macht den gedanklichen Sprung bezüglich dieser Möglichkeiten hin zu einem natürlichen Prozess zu einem relativ kleinen Sprung. Und deshalb ist es sicherlich nicht auszuschließen, dass diesen Sprung irgendein Mensch auf der Welt auch schon vor Darwin vollzogen hat.



Doch weshalb hat sich dieser, eigentlich doch sehr naheliegende, Gedanke in den meisten Gesellschaften der Welt erst derart spät durchsetzen können, und in manchen Gesellschaften selbst heute noch nicht?

Sehr wahrscheinlich deshalb, weil das, was sich gesellschaftlich als Konsens durchsetzt, nicht unbedingt das sein muss, das auch in Bezug auf einem unabhängigen Prinzip der Wahrheit die größte Legitimation besitzt. Viel mehr steht dieser Konsens immer in direkter Abhängigkeit zu der Legitimation irgendeines Machtanspruchs in einer Gesellschaft, egal ob es sich dabei nun um ein politisches, um ein religiöses oder sonst irgendwie geartetes System handelt. Jedes dieser Systeme hat ein eigenes Interesse daran, dass in deren Einflussgebiet ein ganz bestimmter gesellschaftlicher Konsens vorherrscht, der zu nichts anderem dient, als den eigenen Machtanspruch zu legitimieren.



Das Problem hierbei ist nun aber, dass ein Individuum, das unter einem bestimmten Machtanspruch aufgewachsen ist und in diesem lebt, sein ganzes Leben lang auf dieses Prinzip hin domestiziert worden ist.
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Wie sollte es dann aber später, wenn es schließlich geistige Reife erlangt hat, das heißt, wenn es theoretisch dazu fähig geworden ist, sich und sein Leben zu reflektieren, dies ohne diesen Einfluss tun können? Wie könnte es wohl, wenn dies nötig ist, einen Standpunkt einnehmen, der von der vorherigen Beeinflussung unabhängig ist? Wie sollte es in solch einem Falle dazu fähig sein, die Dinge so zu sehen, wie sie sind, und zwar von der geistigen Schablone, die zuvor ganz gezielt zum Nutzen einer Minderheit anerzogen worden ist, unabhängig?



Vielleicht ist dies die tatsächliche Aufgabe, vor der wir in unserem Leben stehen. Vielleicht ist es eine lebenslange Aufgabe, die stets mit einem ungewissen Ausgang behaftet ist.



Nur eines scheint mir hierbei sicher zu sein: Die dunkle Triade wird in unserem Leben wohl immer eine Rolle spielen. Sie hat, einem unsichtbaren Schatten gleich, der unser ganzes Leben lang über uns liegt, ihre dunkle Hand schon früh über unsere Wiege, und später dann, als wir erwachsen wurden, sanft auf unsere Schulter gelegt. Und das meistens, ohne dass wir es wirklich mitbekommen haben.
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Kommentare zur Story:

  Ein intelligenter Artikel, aber es es gibt gewiss auch Ausnahmen. Zum Beispiel Menschen (siehe Gandhi oder Tolstoy) denen einfach Macht gegeben wird, obwohl sie die überhaupt nicht hatten haben wollen, die aber erkennen müssen, dass wenn sie SELBST diese Macht nicht zum Guten nutzen, von anderen Personen ausgehend weit aus Schlimmeres geschehen wird.  
   Harald Schmiede  -  29.04.20 17:09

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