Kurzgeschichten · Trauriges

Von:    René Oberholzer      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 20. November 2017
Bei Webstories eingestellt: 20. November 2017
Anzahl gesehen: 2481
Seiten: 2

Lieber Thomas



Ich werde dich verlassen. Ich werde nichts mitnehmen, was uns gemeinsam gehört ausser unserer Katze. Ich hatte sie vor einiger Zeit in Gedanken gefragt, ob sie mit mir mitkommen würde, und sie hatte mir zugezwinkert. Du wirst dich kommenden Samstag von ihr wie auch von mir verabschieden können. Bis dahin werde ich irgendwo an der Nordsee sein, die frische Luft geniessen und meine Zukunft neu sortieren. Am Samstag werde ich meine Sachen abholen kommen, dir den Wohnungsschlüssel übergeben und dann an meinen neuen Wohnort übersiedeln. Endlich sind die Jahre vorbei, in denen ich mich fühlte, wie wenn ich zu wenig Luft bekommen würde. Unsere gemeinsame Tochter, Dein Liebling, wird bei Dir bleiben. Sie weiss noch nichts davon, aber sie wird einverstanden sein und es auch verstehen, hat sie doch die letzten Jahre mit ansehen müssen, wie wir miteinander umgegangen sind. Zudem muss sie noch die Schule zu Ende bringen, und das kann sie besser, wenn sie bei Dir wohnen bleibt. Sie ist auch schon gross genug, sie wird sich mir Dir gut zurechtfinden. Frag mich nicht, was du alles falsch gemacht hast, und versuch auch nicht, mich umzustimmen und mich von meinem Auszug abzubringen. Ich habe jahrlang alles gesagt, die Zeit der Worthülsen und falschen Versprechungen ist vorbei, jetzt kommt die Zeit der Taten. Ich wünsche Dir und unserer Tochter alles Gute. Ich werde meine Tochter noch informieren, wo ich genau wohnen werde, damit sie mich jederzeit besuchen kommen kann. Ich werde mich sicherlich noch eine Zeitlang schuldig fühlen, doch das wird sich legen, die Zeit heilt alle Wunden. Ich habe nur ein Leben, und ich darf meine restlichen Jahre, von denen ich hoffe, dass es noch einige geben wird, nicht weiterhin so verbringen. Ich möchte wieder leben, ich möchte wieder geliebt werden. Ich möchte wieder tief durchatmen und mich am Morgen beim Blick in den Spiegel gut fühlen können. Das wird noch ein wenig dauern, ich weiss, doch ich merke schon jetzt erste, kleine Veränderungen, obwohl noch kein neuer Mann in Sicht ist. Ich wünsche Dir, dass Du wieder eine Frau finden wirst, die Du begehren kannst und die besser zu Dir passt, als ich es die vergangenen 21 Jahre getan habe. Einen Wunsch habe ich noch: Könntest Du nicht meine blauen Schuhe, die ich auf dem Balkon vergessen habe, noch hineinnehmen? Ich möchte nicht, dass sie beim nächsten Regen Schaden nehmen.
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Ich weiss, das kommt alles ziemlich überraschend, aber ich hoffe, dass dieser Brief Dich endlich wachrütteln wird. Und wenn das passieren sollte, weisst Du, dass Du noch am Leben bist. Und das willst Du doch auch.



Danke für alles. Trotzdem.



Nicht mehr Deine Susanne
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Kommentar von "Marie" zu "optimistischer Pessimist"

Mir gefällt es, egal, was andere denken. Auch die berschrift lockt. Gruß marie

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