Poetisches · Amüsantes/Satirisches · Frühling/Ostern

Von:    doska      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 2. Mai 2017
Bei Webstories eingestellt: 2. Mai 2017
Anzahl gesehen: 1975
Seiten: 3

Ich lieg` in meinem Bett hier

betäubt von Bier und Wein

und das gefällt recht nett mir

drum schlaf` ich einfach ein.



Da seh` ich einen Weiher

vor einem kleinen Haus.

Dort spielt ein Sänger Leier.

Er sieht so traurig aus.



Sein Söhnlein nämlich schmachtet

in einem Burgverlies.

Ihm nach dem Leben trachtet

der Graf, der ihn verstieß



in jene feste Mauern,

sie sind so steil und dicht,

wo viele Wachen lauern.

Entweichen kann er nicht!



Des Sängers Sohn dort fastet

bei Wasser und bei Brot,

des Sängers Sohn dort rastet,

schon Morgen ist er tot!



Nun möcht` wohl jeder wissen:

"Wie kam er dort hinein?"

Er wollt` ein Mädlein küssen,

des Grafen Töchterlein!



Und ist er auch gefangen

aus diesem schnöden Grund

und wird er auch gehangen,

er denkt an ihren Mund.



Sein Vater sitzt am Weiher,

sein Herz vor Gram zerbricht.

Er spielt auf seiner Leier,

als er die Worte spricht:



"Ich hasse jenen Grafen,

der mir mein Söhnlein stahl!

Ich hasse diese Strafen,

ich wünsch` ihm meine Qual!



Der Sänger ist so traurig,

er ist so lieb und gut.

Ich find` die Strafe schaurig

gerat` sogar in Wut!



Ich seh` den blauen Himmel

in diesem schlimmen Traum

und einen edlen Schimmel

gebunden an dem Baum.



Der Sänger geht zum Weiher,

er lässt mir keine Ruh`,

er winkt mir mit der Leier

und lächelt dann mir zu.



Da gibt`s für mich kein Halten,

ich springe in den Traum,

lass meine Kräfte walten,

bewege mich zum Baum,



entknote eine Leine

und schwing` mich auf das Ross,

schon bringen dessen Beine

mich auf den Weg zum Schloss.



Ich sehe mit Entzücken,

mein Pferd trabt voller Kraft,

von dessen schmalen Rücken

die schöne Traumlandschaft.
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Ich reite über Auen,

vorbei an Fluss und Wald,

kann nicht zurück mehr schauen,

mein Zelter macht nicht Halt.



Doch dann mit einem Male

stürmt er auf einen Berg

und nun hinab zum Tale.

Da kommt zu mir ein Zwerg.



"Steig ab!" ruft dieser leise.

"So züg´le doch dein Tier.

Ich komm von einer Reise,

ich komm zu helfen dir!"



Er kramt in seinem Täschchen

und holt dann bald hervor

ein kleines, blaues Fläschchen

und wispert mir ins Ohr:



"Wenn ich von dieser Flasche,

und das nur bei Gefahr,

ein kleines Schlücklein nasche

wächst mir ein Flügelpaar.



Doch zu viel trinke nimmer!

Denk` bitte stets daran,

sonst bleibest du für immer

ein schöner, weißer Schwan.



Hier - jene Flasche nehme

und trag` sie mit dir fort,

doch niemand andrem gebe.

Ich will kein Dankeswort!"



Schon war der Zwerg verschwunden,

wie er gekommen war.

Das Fläschchen wird mir munden.

Ich find` das wunderbar!



So reit` ich schließlich weiter,

vorbei an Wald und Flur

und fühl` mich froh und heiter,

bewundre die Natur.



Es dauert gar nicht lange,

da sehe ich das Schloss

und mir ist kaum noch bange,

drum zügle ich mein Ross.



"Heda! Muss ich hier stehen?"

ruf` keck zum Tor ich rauf.

"Heda! Sonst werd` ich gehen,

macht Ihr nicht endlich auf!"



"Was schreist du da für Sachen!

Du altes Großmaul, du!"

Das rufen mir die Wachen

hoch überm Tore zu.



"Auch wenn man es nicht glaubet,

so darf man heut` herein,

weil unser Graf erlaubet

beim Richten bei zu sein."



Kaum hab` ich das vernommen,

da lässt man mich schon ein.

Zwei Knechte sind gekommen,

ich laufe hinterdrein.
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Dort in dem Hof steh`n Leute,

sie flüstern ringsherum:

"Des Sängers Söhnlein heute

bringt unser Graf gleich um."



Ich sehe ein paar Schwalben,

sie fliegen her und hin

und unter einem Galgen

endeck` ich schließlich ... ihn!



Ich seh´ die hohen Mauern,

erblick´ auch sein Gesicht,

die Menschen, wie sie lauern,

doch weinen tut er nicht!



Und unter einer Weide,

mit langem Engelshaar,

steht sie im weißen Kleide

so schön und wunderbar.



Die Augen voller Tränen,

gar bleich der zarte Mund.

Ich brauch´s nicht zu erwähnen,

ich kam zur richt´gen Stund.



"Ich komme, keine Bange!"

schrei ich jetzt laut hinaus.

"Es dauert gar nicht lange,

haltet nur tapfer aus."



Und während mich die Menge

erstaunet blicket an,

zwäng` ich mich durch die Enge.

Ich tue gut daran!



Schon hat jemand gepfiffen,

die Wache jagt gleich los,

und hat mich fast ergriffen,

die Menge schützt mich bloß.



Und während ich so dränge,

hol` ich den Trank heraus.

Ich trink` wohl eine Menge,

die halbe Flasche aus.



Wann wachsen mir die Federn?

Ich warte sehr darauf.

Kein Schreien und kein Zetern

bringt mich zum Himmel rauf!



Vor meinem Paar nun steh´ ich,

doch bin ich gar kein Schwan.

Ich warte wohl vergeblich,

dass ich jetzt fliegen kann.



Erblicke nur die Wachen,

die an den Zinnen steh`n.

Ich seh` sie heftig lachen,

den Grafen zu mir geh`n.



Will dieser mich erhaschen?

Es bleibt mir keine Wahl,

muss noch ein Schlückchen naschen,

mir ist das jetzt egal!



Da scheint es zu gelingen.

Mir wird so leicht und warm,

ich habe weiße Schwingen,

doch leider keinen Arm.
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Ich blick` auf meine Beine,

das sind sie leider nicht.

Ich flieg` von ganz alleine,

doch Schuhe trag` ich nicht!



Ich habe Vogelbeine

und einen Hals vom Schwan,

auch Federn hab` ich feine,

womit ich fliegen kann.



Ich ruf` zu mir mein Pärchen:

"Kommt, eilet schnell herbei,

Man krümmt euch nicht ein Härchen,

weil ich Euch jetzt befrei`!"



Sie sehen mit Entzücken

mein weißes Flügelpaar.

"Nehmt Platz auf meinem Rücken,

das geht jetzt wunderbar."



Ich fühle ihre Beine,

ich spüre ihr Gewicht.

Ich trag` sie ganz alleine

als Schwan ins helle Licht!



Und all die Menschen staunen.

Wer hätte das gedacht.

Ich hör` ein lautes Raunen:

"Wie wurde das gemacht?"



Ich bin jetzt sehr in Eile

und flieg` so schnell ich kann.

Schon sausen viele Pfeile.

Es fängt zu regnen an.



Dann legt es los mit Krachen,

es donnert über mir.

Ich muss noch schneller machen,

komm sonst nicht fort von hier.



Ich fliege wacklig weiter

hoch über Berg und Tal,

da stimmt mich plötzlich heiter

der erste Sonnenstrahl.



Ich breite meine Flügel

in heller Sonne aus

und trage über Hügel

das schöne Paar nach Haus.



Es schließt in seine Arme

ein Vater seinen Sohn,

als Tochter eine Dame,

das hat er nun davon.



Nun sind sie endlich glücklich

und man bemerkt mich kaum,

drum flieg` ich unverzüglich

hinaus aus meinem Traum.



Halt` beide Augen offen,

so weit, wie ich nur kann,

da sehe ich betroffen,

dass ich noch bin ein Schwan!



Trotz all der vielen Kissen,

erkennt man`s sonnenklar.

Zwar will ich`s gar nicht wissen,

doch es ist leider wahr!



Entdeck´ ich weiße Schwingen

je rechts und links von mir.
Seite 4 von 5       


‚Ich durft´ nicht so viel trinken!’

Das denke ich jetzt mir.



Ein Schwan zu sein für immer,

das hab` ich jetzt zum Dank.

Das war vielleicht ein schlimmer,

ein böser Zaubertrank!



Die Flügel könnt` ich missen.

Ich werf` mich hin und her.

Da sind`s nur weiße Kissen

und keine Flügel mehr!



Wie soll ich das beschreiben.

Ich lachte über mich.

Man braucht` kein Schwan zu bleiben.

Das ändert meistens sich.



Doch eines daraus lerne,

denn das ist wirklich wahr:

Ein wenig Schnaps trink` gerne,

zu viel birgt nur Gefahr!
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Kommentare zur Story:

  Hallo Wolfgang, ich danke dir sehr für den lieben Kommentar und dein aufmerksames Lesen. Vielleicht fällt mir ja etwas Besseres für die betreffende Strophe ein. Mal sehen. Ob ich das illustriere? ....Hmmm....!
Viele Grüße und besseres Wetter uns allen wünscht  
   doska  -  04.05.17 21:07

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  Eine nette kleine Traumgeschichte, sogar mit einer Art "Moral" am Ende gekrönt. Es gefällt mir sehr, wie exakt, metrisch sauber und von den Reimen her einfallsreich Du Deine Strophen formst. (Einzige Ausnahme vielleicht: "Hier - jene Flasche nehme ...", denn es muss "nimm" heißen und reimt sich auch nicht auf das folgende "gebe".)
Insgesamt eine lesenswerte Geschichte, die vielleicht noch spritzige Illustrationen verdiente. Mit Freude und Gewinn gelesen vom freundlich grüßenden  
   Wolfgang Reuter  -  02.05.17 21:55

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