Wie fühlt es sich an tot zu sein?   28

Trauriges · Kurzgeschichten

Von:    Shiva      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 5. Dezember 2001
Bei Webstories eingestellt: 5. Dezember 2001
Anzahl gesehen: 2698
Seiten: 3

Seit Anbeginn der Zeit , als diese Schwermut über mich gekommen war und sich auf mich legte, schwer wie ein Mantel der aus Blei ist, und dunkel, als sei er aus Fäden gewebt, aus denen auch die Finsternis gemacht ist , merkte ich ,wie ich an Wert für euch verlor. Ich sah, dass es mein Lachen ist, welches ihr sehen wolltet, mein Klagen war für euch nicht Interessant genug, um gehört zu werden. Was war eigentlich interessant für euch? Wenn mir wieder was einfiel, mit dem ich euch zum Lachen bringen könnte?

Jetzt denke ich, dass euer Verhalten jämmerlich war, damals dachte ich, dass ich meine Tränen wohl besser schlucken würde, um euch und wohl auch mir besser zu gefallen. Lange ausgehalten habe ich das sowieso nicht, und später nahm ich sehr wohl die Einsamkeit in Kauf, diese Einsamkeit, vor der ihr immer weglaufen werdet, sicher versteckt hinter eurem Bier,geschützt durch euer nichtssagendes Gerede in eurer Gruppe. Ich erinnere mich, dass ich wohl mal ziemlich traurig war, als ich euch von einem anderen Tisch aus beobachtete, weil ich dachte, dass ich auch so verdammt einfach leben wollte. Dass ich wünschte, ebenso wegrennen zu können, aber das ging einfach nicht, dazu war diese Melancholie zu aufdringlich.

Aber nicht euch will ich beschuldigen, nein, ihr seid nur ein kleiner Teil,der den Grund ausmacht warum es heute so ist wie es ist.



Ich weiss nicht, ob es jemand kennt, aber ich glaube schon. Mit "es" meine ich dieses verdammt verhasste Wissen, wie es ist, Todgeweiht zu sein. Ich denke, dass ich Todgeweiht bin, weil ich eben diesen Mantel tragen musste, den ich eingehend beschrieb. Ich glaube, dass all diese, die ich damals getroffen hab, auf diesem sehr steinigen Weg, durch Therapien und Psychiatrien, Todgeweihte sind.

Ich nenne es eben so, ein Arzt würde es Depressiv nennen. Dabei war ich gar nicht immer depressiv, es gab wirklich Momente , als ich lachen musste. Und zwar dann, wenn ich wieder irgendwelche Tabletten bekam, die dieses Depressive wegbekommen sollten. Haja, wie hab ich innerlich gelacht, über dieses Zeug. Sehr wohl können sie den Moment verbessern, aber die Vergangenheit auslöschen, das können sie nicht, niemals. Und das ist ja genau der Punkt der mir all diese Zeit so wehgetan hat, der mir die Energie raubte, in der Gegenwart zu leben. Mein Kopf war niemals mit dem gefüllt , was ich sah , sondern mit dem was die Melancholie mir befohl zu sehen.
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Verdammt hässliche Bilder aus einer verdammt hässlichen Zeit...und den Tod. Ich hab ihn dauernd gesehen, nicht so, als würde er mich verfolgen, sondern wie einen guten Freund , der dann kam, wenn man ihn am meisten brauchte. Ich sah ihn in meine Gedanken kommen und sagen, dass ich zu ihm kommen solle, weil , auf seiner Seite, da wäre alles besser. Und nein, es hat mich niemals belastet, ich habe mich niemals verfolgt gefühlt, sondern ich war froh darum, weil er war da. Er war einfach immer da und wollte mir helfen, und das witzige daran ist ja, dass ich wusste, er würde mich begleiten bis ans Ende meines Lebens, und ha, ironischerweise tat er das ja auch. Aber dieses ständige dasein, ist ja das , was man sich von einem Freund wünscht. Freunde kommen und gehen aber, aber dieser T.O.D der würde bleiben.

Dieser verdammte Strudel der Gedanken war ja nichtmal alles was mich so beschäftigte. Es war die Belastung von aussen so stark. Ich hatte irgendwie dauernd das Gefühl, mich rechtfertigen zu müssen. Das war ja auch nicht so schlimm, ich meine, es ist nicht hart, sich für was zu rechtfertigen, für das man sich nicht schämt, aber auf der anderen Seite kam dann immer wieder der Gedanke, besser gesagt das Wissen, dass ich einfach anders bin, wie soviele andere Durchschnittsmenschen... und das habe ich gehasst. Ich habe sie beneidet, dass sie soviel mehr lachen konnten wie ich, ich habe sie beneidet, dass sie dieses schwarze Loch nicht kannten, in welches man fällt, um niemehr wieder zu landen. Ich habe es nicht verstanden, wie ich mir das verdient habe, wo ich doch genauso immer mein bestes gegeben habe. Ich wollte das alles niemals, und ich hab alles getan um diese Depression wegzukriegen. Mensch, jeglichen Glauben an einen Gott habe ich weggeworfen, weil ich mich dann wohl noch mehr gehasst hätte, weil ich mir dann sicher gewesen wäre, dass er mir dieses Schiksal zugeteilt hat, weil ich irgendwas in meinem Leben gewaltig verbockt habe, und .. weil er ja allmächtig ist wird er wohl recht gehabt haben.

Meine Güte, schon alleine für dieses verworrene Gefasel hasse ich mich, und ich denke, dass es jeder andere auch tun sollte. Bade ich eigentlich in Selbstmitleid?

Egal, heute ist heute, und darum ist alles egal, es ist alles vorbei, ganz einfach vorbei.
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Heute bin ich mir klargeworden, das wohl alles auf der Welt seinen Preis hat, also auch , wenn es darum geht, meinem Freund dem Tod wirklich zu folgen. Ich Trottel hab einfach zu lange gehofft , dass ich einfach mal umkippe, und dann ist es vorbei. Denkste.. aber wie billig ist der Preis, wenn es nur Mut ist. Wie teuer ist der Preis des Lebens indes? Leiden, leiden, leiden ...das ist viel schmerzhafter.

Mein Freund der Tod ist auch nur schmerzhaft wenn man lebt. Das klingt jetzt widersprüchlich, hm? Ist es aber nicht, denn ich weiss, dass man den Tod auch erfahren kann, wenn man lebt. Das kennt ein sicher jeder, wenn man merkt,wie ein Teil von einem stirbt. Man könnte jetzt auch sagen, dass dies beweist, dass der Tod kein Freund ist, aber nein, das beweist gar nix, weil das ist nicht die Schuld des Todes, denn das verlieren tut nicht weh, nur wenn man merkt , wie es langsam immer mehr vergeht. Und das ist die Schuld dieser schon so oft benannten Krankheit, die mit D. beginnt.

Nunja, genug nachgedacht, ich freue mich jetzt , jetzt bin ich frei, bereit und sicher. Ausserdem noch glücklich. Und darum werde ich hier an dieser Stelle aufhören, nur mehr rein gedanklich mich bei den wenigen Leuten bedanken, die wissen, dass ich das tun musste, weil sie mich verstehen, und einen wenigen anderen dafür, dass sie mir zeigen wollten, dass sie mich lieben, und dass sie es akzeptierten, dass ich sie liebe, und ja, es tut mir sehr leid, dass ich einfach zu kaputt war für dieses ganze Leben, und jetzt, jetzt sehe ich nicht mehr nach unten, sondern während ich springe werde ich meine Sinne darauf fixieren, wie das alles ist, weil ich will wissen.

Dann werde ich endlich wissen, was ich schon so lange wissen wollte: Wie es sich anfühlt, tot zu sein.
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Punktestand der Geschichte:   28
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Kommentare zur Story:

  Ach, ich kann Dir alles so gut nachfühlen, nur den Grad des Glücks: den habe ich noch nicht erreicht.  
anonym  -  27.09.08 08:50

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  schön geschrieben, ich traue mich zu sagen, daß ich froh bin zu wissen, daß du es wohl geschafft hast, den mantel wieder abzulegen,
so schwer die erinnerungen auch sein mögen...
und du lachst doch so schön, auch ohne tabletten -> "muahaha" ;-)  
jan  -  01.09.04 22:38

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  Deine Story geht mir total nahe. Der Tod ist ein interessantes, wen auch schwieriges Thema und du hast es gut bewältigt. Manchmal gefiel mir deine wortstellung nicht, da bin ich dann etwas gestolpert, aber das hat der Inhalt wieder wétt gemacht.
Klasse.  
SMith  -  30.06.03 14:43

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  du schreibst, als würdest du von mir schreiben. auch ich habe versucht, den tod näher zu kommen. mich würde es freuen, wenn du es noch schaffst, meine geschichte zu lesen: ach liebster tod, so nimm mich zu dir! mir "hilft" es sehr, sachen niederzuschreiben. ich hoffe dass es für dich nicht zu spät ist, aber wenn, dann kommt der tod zu dir, und du brauchst keinemfalls zu ihm kommen!würd mich freuen, wenn du meine srory lesen würdest und auch mal in meine hp schauen würdest!

peace!

www.trauerweide.likesmusic.de

wait&blee_girl
trauerweide  
trauerweide  -  09.12.01 04:23

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