Norchas Mühlenkinder (Kapitel 70 und 71)   196

Spannendes · Romane/Serien

Von:    Shannon O'Hara      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 6. Januar 2013
Bei Webstories eingestellt: 6. Januar 2013
Anzahl gesehen: 2322
Seiten: 8

- LXX -

'„Andras?“'

Deutlich vernahm er den Ruf Melâns in seinem Geist. So unerwartet erreichte ihn der geistige Finger, dass ihm ein überraschter Ausruf über die Lippen glitt und er beinahe den Keramikbecher aus der Hand fallen ließ.

'„Andras, wo seid ihr?“'

Sein Blick glitt über die Gesichter der Freunde, die ihn mehr oder weniger fragend anschauten. Augenblicke später erkannte er in Callas und Baldurs Augen ein Erkennen, in Callas gar Freude.

'„Wir lagern kurz vor Xabêr. Wo bist du? Wie geht es dir?“'

Er lauschte angespannt auf ihre Antwort, nahm nur am Rande wahr, dass Calla den Gardisten über die Fähigkeit der Auxell in Kenntnis setzte.

'„Gut wäre gelogen und ich lüge nicht.“'

Er meinte gar ihr Kichern zu hören.

'„Ich fühle mich sehr schwach, aber ich habe mit Tania Gnarphat verlassen. Ich muss und will euch warnen: Doggâr ist im Gebirge und er will Calla.“'

Aufkommende Traurigkeit ließ ihn langsam zur Bestätigung nicken.

'„Er hat Calla bereits überfallen …“'

Ihr Entsetzen ließ ihn zusammenfahren. Sollte seine Schwester doch mehr für die vermeintliche Kontrahentin empfinden als sie selbst wahrhaben wollte?

'„Andras, ist dir möglich, Tania und mich zu euch zu holen? Wir erreichen bald Kredân und kämen dir entgegen.“'

Eine Welle brüderlicher Zuneigung richtete sich in seinem Inneren auf, spülte jeden Groll, den er noch vor einigen Tagen gegen sie gehegt hatte, in tiefe Abgründe und ließ lediglich herzliche Geschwisterliebe zurück. Er konnte nur ahnen, welche Überwindung es seiner stolzen Schwester gekostet haben musste, diese Bitte auszusprechen. Überwindung oder wahrhaftige Not.

'„Natürlich, ich werde mich sofort auf den Weg begeben.“'

'„Danke.“'

Ihr Dank berührte ihn wie ein sanfter Kuss, wie das zarte Streicheln über beide Wangen.



Als die fürsorgliche Umarmung des Schlafes ihn langsam entließ, richtete Doggâr mit geschlossenen Lidern seine Sinne in die Umgebung, wie er es bereits tausendfach zu jedem neuen Morgen getan hatte. Der Geruch frischer Kräuter kroch in seine Nase, belebte seine Wahrnehmung, weckte Hunger und Durst.
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Er spürte die Schwere einer dicken Wolldecke auf seinem Leib, leicht stechende Schmerzen seinen gesamten Körper durchwandern. Er vernahm das Knistern brennender Holzscheite, die leisen Atemzüge einer anwesenden und sich in seiner direkten Nähe befindlichen Person.

Er musste wieder bewusstlos geworden sein. Seit Jahren war keinem Menschen geglückt, sich seiner zu nähern, ohne dass er dies wahrgenommen hätte. Er wollte aufschrecken, die einstudierten Maßnahmen ergreifen, doch ließ eine warme Hand, gegen seine Schulter gelegt, dies nicht zu. Der sanfte Druck legte ihn zurück in das Kissen, ein leises „Scht“ beruhigte seine flatternden Nerven. Eine sanfte Stimme in seinem Inneren bestätigte die aufkeimende Beruhigung.

Plötzlich erinnerte er sich der Begebenheiten des gestrigen Tages, erinnerte sich seines Überfalls, seines Sturzes, seines Sterbens. Ein kalter Schauer ließ ihn kurz erbeben.

Das Ziel noch nicht erreicht, durfte das Sterben nicht greifen.

Er erinnerte sich des beschwerlichen Kletterns, der schwierigen und langwierigen Wanderung gen Kredân, seiner Rettung durch die Dorfbewohner. Lediglich ahnte er, sich in der Hütte seiner Mutter zu befinden und unter ihrer Fürsorge die Nacht verbracht zu haben. Allerdings wäre dies die vernünftigste Erklärung für seine Sorglosigkeit, den Schlaf zuzulassen.

Er hatte geschlafen, wahrhaftig geschlafen! Tief und traumlos. Doggâr versuchte sich zu erinnern, wann er das letzte Mal wirklich geschlafen hatte. Ergebnislos fiel er neuerlich in jene warme Umarmung.



Die aufsteigende Sonne und die mit ihr einhergehende Wärme griff bereits die weiße Pracht rund um ihren Unterschlupf an, als Andras sie von der Unterredung mit Melân in Kenntnis setzte.

„Ich werde Melân und Tania zu uns holen.“

Calla spürte in ihrem Inneren Aufbegehren sich ausdehnte.

Wie konnte er sie jetzt verlassen? Gerade jetzt, da sie seiner so sehr bedurfte wie niemals zuvor?

„Sie ist zwar noch sehr geschwächt, aber ich denke, gemeinsam mit ihr werde ich Phroner geistig erreichen können. Dann wären wir wieder in der Lage, uns abzustimmen.“

Traurigkeit legte sich erstickend auf ihren keimenden Unwillen.
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'Er hat ja Recht! Er ist ihr Bruder, länger und inniger mit ihr verbunden als mit mir. Sie benötigt seinen Beistand gerade genauso wie ich, aber ich habe noch Baldur und Uwlad an meiner Seite.'

„Dann wirst du zurück gen Kredân gehen?“

Über ihren Becherrand hinweg beobachtete sie das Nicken des Steppenreiters auf Baldurs Frage. Dieser warf an Uwlad vorbei einen Blick auf die Schneedecke.

„Ich habe vorhin schon überlegt, dass wir heute besser keinen Vorstoß Richtung Xabêr wagen. Unsere Spuren im Schnee würden jeden Dorftrottel wachrütteln, Tempelwächter aber kämpferisch auf den Plan rufen.“

Uwlads langsames Nicken verwirrte Calla noch mehr.

'Was soll dieses dumme Gerede um Spuren im Schnee? Andras wird uns verlassen, wird MICH verlassen und ihr denkt über Heimlichtuerei nach?'

„Du wirst vor morgen nicht wieder hier sein können.“

Nun erhielt Uwlad eine genickte Bestätigung des Auxell.

'Bis morgen kann viel geschehen! Vielleicht benötige ich dich gar nicht an meiner Seite, Andras.'

Mit einer fließenden Bewegung stand sie auf, reichte ihm kühl ihre Hand.

„Du solltest aufbrechen, desto eher wirst du mit den anderen zusammentreffen.“

Die hinter seinem verwunderten Blick versteckte Traurigkeit legte sich schwer auf ihre Brust, aber sie herrschte die aufsteigende Scham an, sich zurück zu ziehen und der Entschlossenheit Raum zu gewähren.

'Bilde dir nicht ein, dass ich mich dir offenbaren werde. Ich werde meinen Weg gehen, mit dir oder ohne dich!'



Zum wievielten Male stellte sie sich diese Frage?

Wütend schloss Kanda die Tür zu ihrem Zimmer in der Festungsanlage zu Fellsane hinter ihrem wuchtigen Leib. Wollte sie des Abends einschlafen, wälzte sie sich lange von einer Seite auf die andere, weil die Frage, welche Verbindung zwischen Calla und Doggâr bestand, die sie nicht erkennen konnte, ihr den Schlaf raubte. Erwachte sie morgens, stand gleich wieder diese Frage, einer Antwort harrend, mitten in ihrem Zimmer.

Was hatte Doggâr in Calla gesehen, dass sich sein Verhalten als Hauptmann dergestalt gewandelt hatte, dass er nicht mehr den wachenden und lenkenden Gesandten der Grauen Priester darstellte, sondern über jede Weisung hinweg die Härte und Grausamkeit eines Despoten in Gardeuniform auslebte?

Krampfhaft suchte Kanda sich des Moments zu erinnern, als sie damals Calla vorstellte.
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Nur langsam schälte sich das Bild aus den Nebeln der Erinnerung.

Doggâr hatte sein Zimmer verlassen, war den beiden Frauen im sonnenbeschienenen Innenhof begegnet. Calla hatte sich ein wenig hinter der dickleibigen Matrone versteckt, hielt verschüchtert ihren Kopf geneigt und wand ihre Finger ineinander.

Auch als die Vorgesetzte sie bei den Schultern nahm und vor den Hauptmann schob, sie vorzustellen, veränderte das junge Mädchen seine Haltung nicht. Doggâr hatte sie mit starrer Miene angesehen, hatte seinen Blick über ihren gesamten Körper gleiten lassen. Ihre nestelnden Finger, Zeichen ihrer Furcht und Unsicherheit, hatten für einen kurzen Moment seinen Blick aufgehalten. Er hatte ihr einen knappen Willkommensgruß gewährt und sich dann mit einer harten Wendung umgekehrt.

Wut über ihre Unfähigkeit, den entscheidenden Hinweis zu erkennen, drang gleich einem Grunzen aus Kandas Kehle.

„Es gibt einen Hinweis! Ich weiß es, spüre es genau!“



Bereits als sich die Bitte Melâns in seinem Geist geformt hatte, hatten sich in seiner Seele mehrere Mühlsteine in Bewegung gesetzt, ihn zwischen sich zu zermahlen. Andras hatte weder die scharfen Worte noch die traurigen Blicke Callas benötigt, zu erkennen, dass sie seine Entscheidung nur mit halbem Herzen tragen konnte und mit der eigenen Enttäuschung kämpfte. Wütend trat er gegen einen Stein, verfolgte dessen kollernden Lauf bis er über einen Felsgrat in die Tiefe stürzte.

Wie hätte er denn reagieren sollen? Hätte er Baldur oder Uwlad bitten sollen, seine immer noch kräftemäßig beeinträchtigte Schwester zu holen?

Kurz war der Gedanke in ihm aufgeflammt, wurde aber gleich erstickt. Diese Aufgabe hätte er den beiden Männern nicht ohne Gewissensbisse auferlegen können, hieße dies doch, zwei Tagesmärsche zusätzlich abzuleisten allein, damit seine Schwester sich der Gruppe anschließen konnte. Außerdem besaß er als Einziger der Gruppe die Fähigkeit, Melân geistig suchen zu können, sollten sie sich in der Felsenwelt des Reldoc nicht gleich begegnen.
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Dass sich die beiden Geschwister, in Unkenntnis des Geländes, tatsächlich ohne Suche begegnen würden, sollte sehr, sehr unwahrscheinlich sein. Noch im Schutz der Felsen hockend, hatte Andras diese Möglichkeit in Betracht gezogen.

Uwlad stellte als Empfangender die denkbar schlechteste Wahlmöglichkeit dar. Melân kannte den jungen Mann in der Uniform der Gardisten zu Fellsane ausschließlich in dieser Rolle. Wie hätte sie ihm vertrauen, sich ihm anschließen können?

Nein, er konnte die Begebenheiten drehen und wenden wie er wollte. Ihm allein stand die Aufgabe zu.

Hätte er ablehnen können?

Wieder trat er gegen einen Stein, verfluchte jede einzelne Sumpfmücke und ein wenig die Halsstarrigkeit seiner Schwester.



- LXXI -

Die frostige Verabschiedung von Andras hatte viel zu deutlich ihre Enttäuschung getragen. Scham brandete in ihrem Inneren auf, doch wollte Calla diese nicht zulassen. Mit wütend zusammengekniffenen Augen verfolgte sie seinen Gang zurück nach Kredân soweit ihr Blick den dunklen Rücken des Steppenreiters erhaschen konnte. Belastendes Schweigen war in die Felsennische eingezogen, ließ eine nagendere Kälte aufsteigen als die des heute sanften Windes. Als die Wärme der stärker werdenden Sonne zum Mittag die in der Nacht gefallene Schneedecke beinahe vollständig hatte abschmelzen lassen, hielten die Männer die Enge der Nische nicht mehr aus.

„Wir könnten uns vorsichtig der Tempelanlage nähern und die Gegebenheiten erkunden.“

Baldur lief bereits seit einiger Zeit unruhig innerhalb des geringen Raumes hin und her, schaute immer wieder an den Felsen vorbei.

'Die Enge der Nische, hervorgerufen durch den Raum, den meine Wut und Enttäuschung beanspruchen.'

Schmerzhaft nagten die Zweifel an ihrer Selbstachtung. Stellte ihre augenblickliche Stimmung eine Dreistigkeit dar?

Und selbst wenn dem so wäre!

Hatte nicht auch sie ein Anrecht darauf, ihre Stimmungen darstellen zu dürfen? Musste sie als dumme Küchenhilfe Zeit ihres Lebens ihre Bedürfnisse hinter denen anderer zurückstellen?

'Nein!'

Kämpferisch schloss sie ihre Hände zu Fäusten, spürte ihre Kiefer aufeinander mahlen.
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Sie spürte den fragenden Blick Uwlads, hob in einer schnellen Bewegung den Kopf und sah beiden Männern abwechselnd in die Augen.

„Dann lasst uns die Behausung der Feinde auskundschaften.“

Damit schlug sie sich mit der flachen Hand aufmunternd auf den Schenkel.



Geduckt in den Schatten, die die nächsten Felsen ihnen boten, näherten sich die drei Freunde langsam der Tempelanlage von Xabêr. Gern überließ Uwlad auch jetzt wieder dem Ferrud die Führung. Er kannte seine soldatischen Fähigkeiten, wusste sie vorteilhaft für sich und die ihm Anvertrauten im Kampf und im Feld anzuwenden, doch die Gegebenheiten in den Höhen des Reldoc wiesen ihm zu deutlich seine Grenzen. Warum sich und die anderen in Gefahr bringen nur um sich selber darzustellen? Grinsend erkannte er den versteckten Spott in seinem Gedanken.

'Ich bin nicht Doggâr! Dem Höchsten sei Dank, denn sonst läge ich jetzt tot und steif gefroren auf einer Felsnase in den Weiten des Reldoc.'



Hinter Baldur, Uwlad in ihrem Rücken wissend, duckte Calla sich immer wieder dem Beispiel des Ferrud folgend hinter Felsen. Plötzlich gewahr sie eine neue Form der Anspannung Körper und Geist in ihren Bann nehmen. Sie hörte ein fremdes Knistern in ihren Ohren, vermeinte gar, das leise Huschen einer Bergmaus vernommen zu haben. Ihre Glieder fühlten sich seltsam steif an, so dass die Bewegungen verlangsamt erschienen, ohne jedoch von der Müdigkeit der letzten Tage bewohnt zu werden. Sie meinte gar zu spüren, dass sich die Härchen in ihrem Nacken leicht aufstellten und immer wieder einen Schauer der Erwartung über ihren Leib sandten.

Ihr ganzes Sinnen und Bestreben richtete sich mit einem Mal auf ein besonderes Ziel, auf die Tempelanlage von Xabêr. Jede andere Regung, auch der Groll um Andras, verloren Raum und Gewicht. Unerwartet fuhr Baldur plötzlich zurück, als er vorsichtig eine neuerliche Felswand umrunden wollte. Sein linker Arm schwang zurück, erfasste sie und drückte sie gleich ihm gegen das harte Gestein.

„Wir sind angekommen.“

Sehr leise erreichten seine Worte ihr Ohr. Calla beobachtete, dass der Jäger in die Hocke glitt, vorsichtig um die Felskante lugte und auf Händen und Füßen in der Deckung einiger Gesteinsbrocken und dürftigem Gestrüpp weiter kroch.
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Mit heftig klopfendem Herzen tat sie es ihm gleich, erreichte ihn und spürte Momente später Uwlad an ihrer anderen Seite. Langsam richtete sie sich ein wenig auf, über den Brocken schauen zu können.

Ein fremdes Bild bot sich ihrem Blick.

Eine riesige, beinahe runde Fläche dehnte sich vor ihrem Versteck aus. Eine Erinnerung an das Sonnenfest flammte in ihr auf. Als Radh damals von dem Mühlrad sprach, von der Größe, die er durch das Zählen der Schritte ermittelt hatte, betrachtete Calla die Fläche des Festplatzes.

'Wäre die Fläche hier eben, könnte man das Sonnenfest von Fellsane hier stattfinden lassen.'

Doch die Fläche bot sich ihr nicht eben an, erinnerte sie vielmehr an einen liegenden Schild. Einen Schild, der entlang des Randes mit Mustern verziert war und dessen Mitte mit einer runden Basis spitz nach oben zulief. Dieser Schild hier glänzte metallen im Licht der sinkenden Sonne und erfüllte sie nicht mit Angst oder Schrecken sondern mit einer warmen Ergriffenheit ob seiner Erhabenheit.

Verwirrt erkannte Calla die Wandlung in ihrem Inneren.

Aufgebrochen, das Zentrum der Macht Norchas wegen seiner Irrlehren und Skrupellosigkeit zu zerbrechen, spürte sie plötzlich eine totgeglaubte Wärme und Verbundenheit sich in den Tiefen ihres Selbst ausdehnen. Plötzlich sah sie ihre Mutter vor sich, fühlte ihre warme Hand auf ihrem kindlichen Kopf, sanft über ihr Haar streichen. Plötzlich vernahm sie ihre milde Stimme, die liebevoll ihren Namen sprach. Heiße Tränen, viel zu viele Jahre hinter ehernen Schleusen zurückgehalten, brachen sich Bahn, rannen unaufhaltsam über ihre Wangen. Kein Schluchzen baute sich schmerzhaft in ihrer Brust auf, kein Brennen in der Kehle ließ sie innehalten. Lediglich die ungeweinten Tränen eines fünfjährigen Mädchens perlten klaglos über ihre Wangen.



Rasch und mit großen Schritten, die Länge seiner Beine nutzend, war Andras ausgeschritten. Die belastenden Gedanken tummelten sich zwar immer noch in Hirn und Gemüt, aber er drängte sie an den Rand. Er hatte wohl überlegt, hatte Für und Wider abgewogen und eine Entscheidung gefällt.

'Fertig!'

Entscheidungen trugen immer den scharfen Beigeschmack von Verachtung und Überheblichkeit, da eine Seite sich unzureichend wertgeschätzt fühlte.
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Darauf konnte er jetzt keine Rücksicht mehr nehmen. Die Zeit ließ sich nicht zurück drehen. Das einzig Vernünftige konnte jetzt nur noch sein, so schnell wie möglich Melân und Tania zu finden und sich mit ihnen auf den Weg gen Xabêr zu begeben.

Er hatte nie die Hoffnung gehegt, am heutigen Tag bereits zurück zu kehren und das Wissen, Calla eine Nacht mit ihren quälenden Träumen allein zu lassen, presste ihm die Luft aus der Brust und ließ sein Herz im Schrecken erstarren. Lediglich der Trost, Baldur und Uwlad in der Nähe der geliebten Frau zu wissen, legte sich lindernd auf diese Sorge.

Kurz hielt er in seinem raschen Schritt inne, lehnte sich gegen die kalte Felswand und hielt der untergehenden Sonne sein erhitztes Gesicht entgegen. Mit geschlossenen Lidern suchte er nach Melân.

'"Ich nähere mich Kredân, rieche bereits die Feuer."'

Er spürte eine warme Berührung in seinem Inneren.

'"Wir haben die ersten Hütten der Siedlung rechts von uns liegen, müssten den Ort bald umrundet haben, meint Tania."'

„Rechts.“

Mit einem leisen Nicken richtete Andras sich wieder auf, ging einige weitere Schritte, lugte vorsichtig an Felsen vorbei.

„Sehr gut, Kredân liegt links von mir.“

Die Freude ließ seine Züge im Sonnenlicht warm leuchten.

'"Nicht mehr lange, dann müssten wir uns begegnen."'



Schon aus der Entfernung erahnte Radh hinter den weiten Ackerflächen die Siedlung Seicôr. Wie ein Makel erhob sich der dunkle Palisadenzaun über dem sanften Grün der Felder, zerschnitt mit seiner Schwärze die Harmonie zum strahlend blauen, sich langsam verdunkelnden Himmel. Zerschnitt weniger mittels seiner Schwärze das Band der Sicherheit in seiner Brust als vielmehr durch die dunklen Erinnerungen. Hinter diesem Bollwerk verbarg sich der Zugang zur Höhlenanlage, die das Mühlrad enthielt. Hinter dieser hölzernen Mauer befand sich die damals in den Scharnieren aufbegehrende Metallabdeckung über dem Schacht der Toten. Irgendwo hinter dieser Linie, die wie eine Narbe das Gesicht Semâs entstellte, lagerten die Schwarzen Reiter, wartend auf einen neuerlichen Befehl, bereit, weitere Knaben zu rauben.
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Nicht die Strapazen der letzten Tage, nicht die Beschwerlichkeiten der zurückgelegten Strecke legten sich wie Mühlsteine auf seine Brust, beengten sie und nahmen ihm den Raum zum Atmen. Allein die Starre schwarzer Erinnerungen ließ ihn innehalten und krampfhaft nach Luft schnappen.
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Kommentare zur Story:

  Calla und Andras getrennt. Ich persönlich finde Melans Idee nicht so gut, den Bruder umkehren zu lassen. Da ist es nur verständlich, dass Calla traurig ist. Auch Andras wäre lieber bei ihr geblieben. Bis jetzt ist noch niemand deiner Helden gestorben, aber ich befürchte das wird bald kommen. Alle deine Protas sind mir eigentlich so ans Herz gewachsen, dass ich mich von keinem trennen mag und darum geht es mir, wie Marco es in seinem Kommi beschrieben hat. Ich bange um sie. Bei Doggar fragt man sich immerzu, wer oder was könnte der in Wahrheit sein? Ich habe schon so einige Vermutungen und werde dir später sagen, ob ich damit richtig lag oder nicht. Du kannst ja sehr überraschen. Daher bin ich gespannt, was noch so alles passieren wird.  
   Else08  -  07.01.13 19:46

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  vielen Dank :)  
   Shannon O'Hara  -  07.01.13 17:09

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  Du kannst wirklich sehr gut die Spannung halten. Noch immer weiß man nicht, was oder wer Doggar wirklich ist. Da du so viele Helden hast, bangt man noch zusätzlich um jeden einzelnen von ihnen. Und immer näher kommen sie der großen Gefahr. Wer wird überleben, wer wird siegen? Wirklich toll geschrieben.  
   Marco Polo  -  06.01.13 15:29

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Interessante Kommentare

Kommentar von "Unbekannt" zu "Violett"

schöö :-)

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