Eine Liebeserklärung an unbekannt   37

Nachdenkliches · Kurzgeschichten

Von:    Kyrhia Schindler      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 26. November 2001
Bei Webstories eingestellt: 26. November 2001
Anzahl gesehen: 2973
Seiten: 3

Ich muss dir erzählen, was ich empfinde! Muss dir sagen, wie sehr ich deine Nähe genossen habe. Meine Gedanken überschlagen sich, machen Purzelbäume. Jeder will als Erster auf dem Blatt ankommen. Ich dränge sie zurück! Rufe sie zur Ordnung! Ich brauche einen Anfang, obwohl ich das Ende schon im Herzen trage.

Deine Mail hat Wunden gerissen! Deine Abschiedsworte habe ich im Alkohol ertränkt.



? Sag mir warum? Warum beendet jemand etwas, was wunderschön war und noch nicht einmal richtig begonnen hat??, fragte ich meine Freundin und nippte an meinem fünften Cocktail.

?Wer versteht schon die Männer??, antwortete sie. ? Ich kann es nicht! Prost Chris!?

Unsere Gläser klirrten heftig, als wir sie aufeinander schlugen. Es trafen uns erstaunte Blicke und dies hatte zur Folge, dass wir in sinnloses Gelächter ausbrachen.

Die Bar war gut besucht und wir flirteten hemmungslos. Dich, und das was du mir angetan hattest, wollte ich vergessen.

Du könntest mir nicht gerecht werden, stand in deiner Mail. Du kannst dich nicht so bemühen, wie es mir zukommt, weil dich deine Probleme auffressen. Woher willst du wissen was mir gerecht wird, woher willst du wissen, ob mir deine Bemühungen nicht genug waren?

Wurde mir diese Bar gerecht? Der Alkohol oder die Männer, die uns zur Spätvorstellung ins Kino einluden?

Egal! Alles egal! Du warst nicht da, wolltest nicht da sein. Alles war mir recht nur nicht denken, nur nicht an dich denken. Dieser Vorsatz schlug fehl!



Der Film fing an und ich nahm die Stimmen der beiden Männer und meiner Freundin, wie aus weiter Entfernung wahr. Ich gab eine Privatvorstellung, nur für mich, mein Film, meine Gedanken und meine Erinnerungen.

Unser erstes Treffen! Das wunderschöne chinesische Restaurant. Ich mit Gabel und du mit Stäbchen. Es machte mir höllischen Spaß, dich permanent zu beobachten. Hoffte, du würdest dein weißes Shirt mit glitschiger Ente bekleckern.

? Hey Chris, schau mir nicht ständig beim Essen zu.?

Du hast gelacht und mich mit einer einzigen Erbse zwischen deinen Stäbchen Schach Matt gesetzt. Ich hatte mir gewünscht, wir könnten uns bis in alle Ewigkeiten gegenüber sitzen und chinesisch Essen. Mir gefielen deine Bewegungen, deine Geschicklichkeit. Du warst mir fremd und doch glaubte ich, dich zu kennen.



Du schlugst vor, auf dem hoch über der Stadt thronenden Schloss, spazieren zu gehen.
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Es war sehr kalt, doch ich fühlte es nicht.

Erinnerst du dich an den verzauberten Garten?

? Chris komm, dort unten scheint ein Durchgang in den alten Schlosshof zu sein?.

Ich folgte dir und wir standen vor einem alten schmiedeeisernen Gitter. Wir schauten durch die Stäbe! Ein traumhafter Anblick: Der alte Baum! Die zerfallene kleine Mauer! Der Mondschein, welcher den Garten zur Hälfte in ein bläuliches Licht tauchte.

? Ist das nicht wunderschön Nick??

Ich schaute dich nicht an, als ich dir diese Frage stellte.

? Ja das ist es! Als wäre die Zeit stehen geblieben.?

Dein Atem streifte mein Ohr und deine Gedanken hätten meine sein können. Ich war mir deiner Nähe so bewusst!



Kurz darauf standen wir in einer großen Astgabel eines gewaltigen Baumes, die in Bodennähe gewachsen war. Du direkt hinter mir. Dein Körper berührte meinen Rücken.

? Hörst du wie der Baum spricht? Hörst du ihn reden Chris??

Ich legte mein Ohr auf einen der Äste und ich hörte ihn reden. Er sagte mir, du seiest etwas ganz Besonderes. Ich lache noch heute, wenn ich daran denke, wie du mich einen kleinen Hügel hochgezogen und wieder heruntergezogen hast, nur damit wir näher an den Schlossmauern waren. Meine Schuhe eigneten sich nicht gerade für Hügelbesteigungen und ich hätte mir leicht den Knöchel verstauchen können, doch ich wollte dicht bei dir sein und an deinen herrlichen Träumereien Teil haben.



Als wir in dieser gewaltigen Nische saßen und durch einen uralten Rundbogen auf die unzähligen Lichter der unter uns liegenden Stadt sahen, dachte ich, nicht mehr in dieser Welt zu sein. Du sagtest kein Wort und ich blickte verstohlen zu dir hinüber.

Er genießt es! Er genießt es genau wie ich, war alles was ich dachte. Weißt du eigentlich wie glücklich ich war? Ich wollte nicht mehr zurück, wollte die Zeit und dich festhalten.



Das zweite Treffen! Die Sehnsucht nach dir und dem was wir erlebt hatten, machte mich, in den Tagen dazwischen, fast wahnsinnig. Es war schön dich wieder zu sehen.

Ich wünschte deine Lippen auf meinen zu fühlen, deine Hände auf meinem Körper und dein Herz an meiner Brust schlagen zu spüren. Meine Wünsche gingen in Erfüllung!

? Chris sehen wir uns wieder??

Du warst außer Atem und, anstatt dir zu antworten, küsste ich dich, wieder und immer wieder.
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Ich küsste dich auf der Heimfahrt, obwohl du längst nicht mehr da warst. Ich küsste dich in meinen Träumen, die ganze Nacht lang.

Du kannst mir nicht gerecht werden! Glaubst du das noch immer?

Du kannst mir vieles nehmen, du hast mir viel genommen, nur eines werde ich dir nie zurückgeben: Zwei wunderschöne Nächte, voller Erinnerungen an uns.



? Chris! Chris!? Meine Freundin tippte mir auf die Schulter. ? Der Film ist aus, lass uns mit den Beiden noch was trinken gehen.?

Ich nickte geistesabwesend! Das Filmband war gerissen und machte hässliche Geräusche, als es von der Spule sprang.


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Punktestand der Geschichte:   37
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Kommentare zur Story:

  Liebe K.,

kaum jemand kann sich den Unterschied vorstellen, ein Gefühl aus dem Herzen des Erzählers zu spüren, anstatt es vom Kopf in den Verstand gesetzt zu bekommen.

Ich maße mir nicht an zu behaupten, ich empfände die Geschichte nach, wie sie erzähl ist. Dafür ist sie zu schön erzählt und der Schmerz ist nur hässlich. Vor allem dann, wenn seine Schwester, die Freude, geht...

Den Schmerz kenne ich gut, du hast ihm das schönste Gewand gegeben, das er je tragen kann.

A.  
Xenos  -  15.03.06 21:27

   Zustimmungen: 5     Zustimmen

  WOW! mehr sag ich nicht!,oder doch: 5 Punkte  
Steffi_Maus  -  13.05.04 21:17

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  kommt mir bekannt vor, sehr bekannt... fremdsein und doch das gefühl, sich zu kennen... mail an unbekannt... bei mir war es vor kurzem die letzte...

schreibtechnisch gesehen hast du das sehr schön angegangen, den zeit und ortswechsel (anfangs denkt man sie schreibt einen brief in dem sie von dem abend erzählt, dabei ist sie noch im kino und schreibt den brief in gedanken) ist dir gelungen...

prota=autor...?  
*Becci*  -  15.04.03 02:12

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  Biin baff was soll ich gross sagen? Ich schliesse mich den anderen an, superschoen und traurig zugleich geschrieben, gefuehl pur und es trifft wirklich mitten ins Herz.  
werwoelfin  -  06.05.02 23:20

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  Wunderschön. Gefühle gut rübergebracht. 5 Punkte von mir.  
Gudrun  -  14.04.02 15:39

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  Traurig schöne Geschichte, wie sie leider nur zu oft im echten Leben vorkommt. Man kann wunderbar mit der Schreiberin mitempfinden. Klasse geschrieben! Fünf Punkte!  
Stefan Steinmetz  -  01.03.02 19:34

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  Wunderschön und wunderschade, bei diesen Zeilen möchte ich er sein  
mike  -  27.11.01 15:04

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  Gefühl pur! Wow  
peter  -  26.11.01 14:46

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  Das trifft ins Herz! Mir kullerten Tränen echt! Es ist sehr ergreifend!Der Unbekannte ist zu beneiden  
Space  -  26.11.01 14:33

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Interessante Kommentare

Kommentar von "Simone Cyrus" zu "Zertreten"

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Kommentar von "axel" zu "Die Belfast Mission - Kapitel 08"

Toll recherchiert oder boxt du selber? Jedenfalls war das Ganze wieder sehr spannend und lebensnah. Ich staune immer wieder über deinen lebendigen Schreibstil. Ein mitreißender Roman.

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