Romane/Serien · Nachdenkliches

Von:    Tintentod      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 10. Oktober 2011
Bei Webstories eingestellt: 10. Oktober 2011
Anzahl gesehen: 2726
Seiten: 8

Diese Story ist Teil einer Reihe.

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   Teil einer Reihe


Ein "Klappentext", ein Inhaltsverzeichnis mit Verknüpfungen zu allen Einzelteilen, sowie weitere interessante Informationen zur Reihe befinden sich in der "Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht":

  Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht      Was ist das?


5

In der Nacht träumte er von José und Ticks. Sie hatten etwas, von dem Rick nicht wissen wollte, was es war, in einen Teppich gerollt und sie trugen ihn in den Kofferraum, den Rick aufgesperrt hatte. Den Wagen hatte er frisch besorgt, das wusste er in dem Traum, und er wusste auch, dass es seine Aufgabe sein würde, den Teppich irgendwo zu entsorgen. Vorzugsweise auf irgendeiner Müllhalde in New Jersey.

José machte einen nervösen Eindruck, redete unablässig auf Ticks ein, der gar nicht erst versuchte, ihn zu beruhigen. Er nickte nur und verschwand. Rick war mit José allein, und obwohl er sich niemals von ihm bedroht gefühlt hatte (Angst hatte er öfters gehabt, aber das war etwas anderes), wünschte er sich, er könne sich einfach umdrehen und davonlaufen. Aber nicht einmal in seinem Traum konnte er es.

„Hast du gesehen, was ich mit Kerlen mache, die mich verraten?“, fragte José und Rick nickte stumm. Er konnte sich an eine solche Unterhaltung erinnern und fragte sich im Traum, ob es sich wiederholte, oder ob er nur träumte.

„Vergiss es nicht, Ricky. Der einzige Unterschied, den ich zwischen Feinden und Freunden mache, ist die Art und Weise, wie ich sie aus dem Weg räume. Bei Freunden sorge ich dafür, dass es schnell und schmerzlos ist.“

Josés Stimme hallte in seinen Ohren nach, dann trat José auf ihn zu, hielt ihn an der Schulter und sagte: „Komm schon, Junge. Fahr den Teppich weg und erinnere mich morgen daran, dass ich dir Geld gebe.“

Rick zuckte im Schlaf zusammen, warf sich ruckartig auf die andere Seite und schlief dann ruhig weiter.

Am Morgen hatte er keine Gelegenheit, über diesen undeutlichen Traum, an die Erinnerung an José oder an Ticks Anruf, nachzudenken. Er musste Ben zur Fähre fahren, der sich in den Kopf gesetzt hatte, mit Sophie über das Frühstück zu diskutieren, dann tauchte Yassi auf, die ebenfalls nichts essen oder ihren Kakao trinken wollte, herumjammerte und sich schließlich auf dem Küchenfußboden erbrach. Ben nutzte das Chaos, um ohne Frühstück nach draußen zu verschwinden und Rick konnte es ihm nicht verdenken, dass er nach dem Anblick der flüssigen Kinderkotze kein Frühstück mehr wollte. Sophie brachte Yassi ins Bett zurück, rannte dann nach einem Eimer.
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„Rick?“, rief sie, „wenn es ihr nicht besser geht, rufe ich dich an und dann musst du mir was aus dem Drugstore bringen. Es ist bestimmt nur das viele Eis von gestern, aber man weiß es ja nicht.“

Sie flüsterte mit Yassi, versuchte sie zu trösten und wischte ihr mit einem feuchten Handtuch das Gesicht und den Mund ab.

Vor dem Haus setzte Rick Ben auf die Shadow und fuhr ihn zur Fähre. Ben zappelte die ganze Zeit vor Begeisterung, bis Rick am Seitenstreifen anhielt und ihn anraunzte, wenn er nicht still säße, würde er ihn zu Fuß gehen lassen. Er wusste, dass Ben sich einfach nur freute, dass er auf der Shadow mitfahren durfte, aber das war kein Grund, sich während der Fahrt herunterfallen zu lassen. Rick hätte den Nova nehmen können, aber er hatte gedacht, dass Sophie im Notfall besser den Wagen zu Hause behielt, wenn sie Yassi zum Arzt bringen musste.

Henry DeAnne, MD, war zwar nicht das ganze Jahr auf der Insel, aber wenn er da war, hatte er selten etwas dagegen, eine schnelle Diagnose zu stellen oder eine Erstversorgung vorzunehmen.

Von der Tankstelle rief er schnell zu Hause an und Sophie sagte, dass Yassi noch immer schlief.

„Ich hätte dich daran gehindert, Ben auf dem Motorrad mitzunehmen“, sagte sie, „du weißt genau, dass ich es nicht will.“

Rick ging nicht darauf ein, er drehte sich zur Fensterfront herum, wo er hinter der schmierigen Glasscheibe eine Bewegung gesehen hatte und dem wartenden Kunden zuwinken wollte, aber dort war niemand. Er murmelte ins Telefon, dass er sich bessern würde, und legte auf. Eigentlich hätte es ihn nicht seltsam vorkommen sollen, denn es passierte ihm ab und zu; nicht mehr so häufig wie früher, aber noch immer häufig genug, um sich daran gewöhnen zu können. Aber diesmal schien es anders. Er fühlte sich nicht gut dabei. Beobachtet? Bedroht?

In seinem Kopf tauchten alte Bilder auf, die ihn vollkommen gefangen nahmen und er für einen Außenstehenden wie ein hirnloser Idiot aussehen musste. Es war keines der alten Flashbacks, die in den letzten Jahren immer seltener geworden waren, er erinnerte sich plötzlich an Dinge, die er längst verdrängt hatte, aber er hatte keine Ahnung, wodurch es ausgelöst worden war.

Mascots Schwester Flea, die er nach Mascots Tod in New Mexico besucht, und die ihm so viel über die Geheimnisse der Familie und der Mescaleros erzählt hatte, tauchte in seinen Erinnerungen auf.
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Er sah sie vor sich, hörte ihre Stimme und erinnerte sich daran, dass er diese Dinge niemals von ihr gehört hätte, wenn Mascot nicht gestorben wäre. Hatte er ihr das gesagt? Vermutlich. Und vermutlich hatte sie darüber gelacht, obwohl es so traurig und furchtbar ehrlich gewesen war.

Er hatte Monate in New Mexico verbracht. Er hatte sich unter der Sonne und in dieser Gegend sehr wohl gefühlt. Und trotzdem war er von dort wieder verschwunden. Die Erinnerung an Mascot war zu stark gewesen.

Blut, dachte Rick. Sein Leben hatte eine dramatische Wendung genommen. Blut auf Mascots Hemd, das bis in den Hosenbund hinunterlief. Dicke Blutspritzer auf Josés weißen Ärmeln.



Im Laufe des Tages vergaß er sein seltsames Gefühl und verwandelte sich wieder in den meist gut gelaunten Tankstellenpächter der Insel. Zu Hause war Yassi wieder wohlauf, nachdem sie den halben Tag geschlafen hatte, aber Sophie wollte sie mit einem angegriffenen Magen nicht an den Strand lassen, deshalb saßen sie auf Campingstühlen im Garten und genossen die letzten warmen Sonnenstrahlen.

Rick dachte später, Ben könnte in dieser nachdenklichen Phase gewesen sein, weil Yassi den Morgen krank gewesen war, aber er war sich nicht sicher. Ben stellte häufig seltsame Fragen, und manchmal wiederholte er sie, obwohl Sophie alles tat, um sie ihm einleuchtend zu erklären.

„Dad?“, fragte er, ohne von seinem Kaninchen aufzusehen, das er sich in den Schoß gesetzt hatte und sich bemühte, ihm das Fell auszustreicheln.

„Was ist los?“

„Dad, warum hast du diese Bilder auf den Armen und da auf dem Rücken?“

Sophie wandte den Kopf und blieb mühsam ernst, wartete geduldig auf Ricks neue Antwort auf diese alte Frage. Seit er alt genug war, stellte Ben diese Frage, wurde nie müde, irgendeine Antwort darauf zu bekommen.

„Das ist eine wirklich lange Geschichte“, begann Rick, „es fing alles damit an, dass ich in dieser Hafenbar inmitten von besoffenen Seeleuten eingeschlafen bin. Dabei muss irgendeiner dieser Kerle auf mich abgefärbt haben.“

„Wären die dann nicht spiegelverkehrt?“, meinte Sophie und Rick antwortete: „Vielleicht sind sie das ja.
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Ben sah von seinem Kaninchen auf. Er zeigte einen kindlichen kritischen Gesichtsausdruck, der bewies, dass er mit dieser Antwort nicht zufrieden war.

„Aber weshalb sind die alle doppelt?“

Das Kaninchen hatte plötzlich entschieden, dass die Streichelei genug sei und sprang von Bens Schoß, er beeilte sich, es wieder einzufangen und in den Stall zurückzusetzen, bevor Carlos es erwischte.

„Doppelt?“, fragte Sophie, „was meinst du mit doppelt?“

Ben war abgelenkt mit seinem Kaninchen und antwortete nicht auf die Frage. Rick zuckte nur mit den Schultern. Sophie hätte es auch verstanden, wenn er es ihr erklärt hätte, aber das tat er nicht. Sie hätten wieder einmal darüber gerätselt, wie Ben Dinge ansprach, von denen er nichts wissen konnte.

Natürlich sind die Tattoos doppelt, dachte Rick, weil Mascot die Gleichen hatte.



Am frühen Abend, als sie die Kinder bereits ins Bett gesteckt hatten, verschwand das Fernsehbild in einem Schneegestöber, und als Sophie aufstand, um den Apparat auszuschalten, hörten sie das ferne Grollen des ersten Donners. Ein Gewitter war aufgezogen. Es dauerte fast eine halbe Stunde, bevor der Regen einsetzte und sie die hintere Tür festklemmten, damit sie im aufkommenden Wind nicht in den Angeln schlug.

„Oh“, machte Sophie, „warte.“ Sie schob die Tür einen Spalt auf und rief: „Komm endlich rein, du Dummkopf!“

Der Kater sauste zwischen ihre Beine hindurch in die Waschküche und sprang auf das Regal, in dem Sophie Waschpulver und Reiniger aufbewahrte.

„Ich kann’s nicht leiden, wenn das Vieh nachts durchs Haus schleicht“, sagte Rick, „ich weiß nie, ob er nicht irgendwo hinkackt.“

Wie es zu erwarten war, verschlief Yassi das Gewitter, aber Ben tauchte schon bald in ihrem Schlafzimmer auf, hatte seine Bettdecke hinter sich hergezogen und fragte, ob er bei ihnen schlafen könne.

„Carlos hat auch keine Angst“, behauptete Rick und Ben antwortete: „Carlos ist unter mein Bett gekrochen und kommt nicht mehr raus.“

„Da schläft er häufig, das merkst du nur nicht immer.“

Ohne, dass Ben noch mehr sagen oder betteln musste, machte Rick eine Kopfbewegung und machte eine Lücke zwischen sich und Sophie frei.
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Ben kroch zwischen sie, zog sich die Decke über den Kopf und drückte sich an Sophie. Er schlief schnell ein und wurde nicht wieder wach, obwohl das nächtliche Gewitter noch zwei Stunden lang über der Insel tobte.



Tage später, als das Wetter nach dem Gewitter wieder besser wurde, brachte Ben die Zwillinge der Gardeners zum Spielen mit nach Hause. Die Scanlons und die Gardeners wechselten sich häufig ab, die Jungs von der Fähre abzuholen, obwohl Helena Gardener nie wirklich damit einverstanden war, wenn ihre Jungs in dem Nova mitfuhren, besonders nicht, wenn Rick am Steuer saß.

Kenny und Charlie spielten gerne am Strand und im Haus, sie waren jedes Mal beeindruckt, dass sie im Haus herumtoben und die Kaninchen mit reinbringen durften.

„Unsere Mum würde das nie erlauben“, sagte Kenny, „sie sagt immer, sie bekommt Kopfschmerzen davon, wenn wir laut sind.“

„Die bekomme ich auch“, sagte Sophie, „aber nicht von eurem Krach.“

Als sie keine Lust mehr hatten, das Haus auf den Kopf zu stellen, schnappten sie sich ihre Räder und fuhren zu dritt in den Hafen, verfolgt von Carlos, der vor ihnen ankam, weil er die Schleichwege kannte. Sophie ahnte, was kommen würde, sobald Ben genug davon hatte, mit seinem kleinen Kinderfahrrad hinter den Gardener-Jungs herzufahren.

„Ich will ein neues Rad“, sagte Ben, „ich kann mit dem alten Ding nicht mehr fahren. Ich stoße dauernd mit den Knien an den Lenker und es hat nicht mal eine Gangschaltung.“ Er sagte nicht, dass er plante, mit dem Rad morgens zur Fähre zu fahren und in Port Clyde in den Schulbus zu steigen. Obwohl er wusste, dass die Zwillinge dazu niemals die Erlaubnis bekommen würden, hoffte er, seine Eltern würden anders reagieren.

Sophie hätte ihm sofort ein neues Rad gekauft, aber das Geld reichte dazu nicht.

„Schreib es auf deine Weihnachtsliste“, sagte sie, obwohl sie wusste, dass dort schon viele Dinge standen, die Ben sich von Herzen wünschte, und es war noch nicht einmal der Sommer vorbei.

Ben war mit der Antwort so unglücklich, wie er nur sein konnte. Im Winter konnte er das Rad nicht benutzen, wenn er überhaupt eines bekam, und dann würde er bis zum Frühling warten müssen.
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Ich werde Dad fragen, dachte er, ich will nur ein neues Rad und sonst nichts. Sie können das Geschenk einfach vorverlegen und es zum Winter wieder einpacken.

Dann aber dachte er darüber nicht mehr nach, denn er verbrachte den restlichen Nachmittag mit den Zwillingen. Sie versuchten, ein neues Kaninchenhaus zu bauen, Rick hatte Holzreste besorgt und die lagen seit Wochen hinter dem Schuppen herum. Die Jungs hatten Spaß, rissen sich Splitter ein, schlugen sich die Daumen blau, als sie mit dem kleinen Hammer nicht die Nägelköpfe trafen, aber darüber schütteten sie sich aus vor Lachen. Selbst das Asthmaspray kam den ganzen Tag nicht zum Einsatz. Charlie schien seine Krankheit vergessen zu haben.

„Das nächste Mal bei uns“, sagte Kenny, als sein Vater sie am Abend abholte. Er warf einen fragenden Blick zu seinem Vater, der lächelte und nickte, aber genau wusste, dass er das nicht zu entscheiden hatte.

„Ben möchte ein neues Rad“, sagte Sophie am Abend, „ich kann Dad fragen, ob er etwas Geld vorstreckt. Ich habe Ben gesagt, er soll bis Weihnachten warten, aber …“

„Was soll er im Winter mit dem Rad? Er lässt es vor dem Haus liegen, und ich fahre aus Versehen drüber, weil ich es in dem Schnee nicht sehen kann.“

Es war nicht das erste Mal, dass so Spielzeug der Kinder „verschwand“.

„Frag ihn ruhig“, sagte Rick, „ich hab kein Problem damit.“



Obwohl Helena Gardener nicht glücklich darüber war und ihr geordnetes Haus schon in Schutt und Asche sah, erlaubte sie, dass Ben von Samstag auf Sonntag bei den Zwillingen übernachtete.

Ben war bepackt mit seinem Schlafsack und lauter unnützem Zeug in seiner Sporttasche, und er wurde fast hysterisch vor Ungeduld, als Sophie ihm immer wieder sagte, er solle sich benehmen und keinen Unsinn machen.

„Ich weiß ich weiß ich weiß“, rief er und stampfte mit dem Fuß auf.

Rick fuhr ihn mit dem Nova rüber, und schon vor dem Gartentor kamen Kenny und Charlie angerannt und blieben brav auf der Seite der alten Schrottkarre stehen, bis Rick und Ben ausgestiegen waren. Die Jungs trugen identische Jogginganzüge und sahen ein wenig so aus, als seien sie aus einem Zirkus davongelaufen.

„Hey, ihr Racker“, sagte Rick.
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Er war zwar einige Male am Haus der Gardeners vorbeigefahren, aber er hatte selbst, wenn er die Zwillinge von der Fähre zu Hause abgesetzt hatte, nie einen näheren Blick auf das Haus geworfen. Das holte er jetzt nach. Er drückte Ben den Schlafsack in den Arm und wartete mit der schweren Tasche, bis entweder Paul oder Helena sich blicken ließen.

Der Vorgarten war gepflegt und man sah nicht einen Stängel Unkraut in dem Golfplatzrasen. An den makellosen Gehwegplatten, die zum Hauseingang führten, schienen die Ränder mit der Nagelschere gestutzt worden zu sein. Nichts in dem großen Vorgarten ließ darauf schließen, dass hier Kinder lebten.

Und vermutlich hatten die Gardeners auch keine Sorgen wegen rostiger Wasserleitungen, Löcher im Dach oder dass ihnen das Geld für die Betankung des Gennys fehlte.

Die Jungs wollten zelten und Ben war der Überzeugung, dass sie im Garten übernachten würden.

„Wo habt ihr das Zelt aufgebaut?“, fragte er und stürmte zum Haus, bevor Rick sich von ihm verabschieden konnte. Paul Gardener erschien in der Tür, Ben stürmte an ihm vorbei und war verschwunden. Die Zwillinge folgten ihm.

„Er soll sich ja ordentlich aufführen“, sagte Rick, „sonst kann er was erleben, wenn er wieder zu Hause ist.“

Paul fragte, ob er noch einen Moment hineinkommen wolle, aber Rick sagte, er müsse wieder nach Hause. Als er schon wieder in den Nova steigen wollte, erschien Ben in der Tür, drückte sich an Paul vorbei und schrie: „Dad! Das musst du dir ansehen!“

Verdammt, dachte Rick, grinste Paul entgegen und machte eine Geste, dass er es eigentlich eilig habe und nur ganz schnell nachsehen wolle, was sein Sohn ihm unbedingt zeigen wollte.

Paul grinste zurück, weil er wusste, was es war.

Im stilvoll eingerichteten Wohnzimmer, das etwa so groß war wie das Strandhaus der Scanlons, stand als Raumteiler ein riesiges Meerwasseraquarium. Es überragte Ben um etwa zwanzig Zentimeter, er stand mit aufgerissenen Augen davor, folgte den Bewegungen der Fische mit langsamen Kopfbewegungen.

„Haben die Namen?“, rief Ben den starrenden Fischen entgegen, die elegant an ihm vorbeizogen. Rick dachte, er meinte, ob sie den Fischen Namen gegeben hatten, und war froh, dass er darauf nicht geantwortet hatte, als Paul antwortete: „Das sind Doktorfische.
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„Warum heißen die Doktorfische?“

„Ben, ich muss los. Wooley wartet im Hafen auf mich. Benimm dich, Okay?“

Ben atmete feucht gegen die Glasscheibe des Aquariums, seine Handflächen hinterließen Schlieren und er nickte nur abwesend.

„Wenn er dir auf den Geist geht“, sagte Rick an Paul gewandt, „schick ihn nach Hause.“

Er hätte selbst gern gehört, weshalb Doktorfische Doktorfische hießen und wie man auf die Idee kam, sich ein so unglaublich großes Aquarium ins Haus zu stellen, während das Haus auf einer Insel stand, aber er fürchtete, Helena könnte auftauchen und ihm in ihrer freundlichen falschen Art auf die Nerven gehen.



Wooley wartete im Porthole am Hafen, hockte dort an der Bar und blätterte in einem Comic. Er machte sich nicht einmal die Mühe zu behaupten, eines seiner Kinder hätte es in seinem Wagen vergessen. Lieber hätte er ein Bier nach dem anderen getrunken, aber um diese Uhrzeit gab es noch keinen Alkohol. Wenn ihm die Wartezeit zu lange wurde, wanderte er zu seinem Kutter hinüber, wo er an heißen Tagen einen Sixpack an der Ankerkette im Wasser hängen hatte.

Als Rick das Porthole betrat, sah Wooley ihm entgegen und zeigte mit dem Daumen zum Münztelefon hinüber. Unter der Theke tauchte Oliver Poisson auf, Eigentümer und Bartender des Portholes. Er war ein sehr schlanker großer Mann im besten Alter und bildete sich eine Menge darauf ein, dass er das Porthole seit Jahren über die Runden brachte, obwohl eigentlich das Porthole ihn über die Runden bringen sollte. Und er ärgerte sich ständig darüber, wenn Rick ihn „Stan“ nannte.

„Ich kann nichts dafür, wenn du einen Nachnamen hast, den ich nicht aussprechen kann“, sagte Rick jedes Mal, „und bei Oliver muss ich immer an Stanley denken.“

„Am Telefon hängt eine Nachricht für dich“, sagte er, obwohl Rick das schon durch Wooleys Daumen begriffen hatte. Wenn die Insulaner ihn an der Tankstelle nicht erreichten, hinterließen sie ihm hier die Nachricht.

Kiss my bender, dachte Rick, als er sah, von wem die Nachricht war.
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Punktestand der Geschichte:   275
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Kommentare zur Story:

  Lebendig und hautnah beschreibst du die Probleme eines ehemaligen Kleinkriminellen, der versucht sich ein einigermaßen "normales" Leben aufzubauen. Spannend, da man nicht weiß, ob ihn die Vergangenheit - in diesem Fall in Form von Jose und seinen Kumpanen - nicht doch noch einholen wird.  
   Dieter Halle  -  13.10.11 16:52

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  Das ist es eben was ich an deiner Story so schätze, die Authentizität. Es ist alles derart lebensecht beschrieben, bis ins kleinste Detaille, das man gar nicht anders kann, als mit deiner kleinen Familie mitzuleben. Ricks kriminelle Vergangenheit lässt ihm leider keine Ruhe. Die Spannung wächst.  
   Petra  -  12.10.11 21:59

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  Wieder sehr flüssig und gut geschrieben. Und es wird spannend, obwohl eigentlich nur Alltägliches passiert. Man befürchtet nämlich, dass die Ruhe und Sorglosigkeit der kleinen Familie sehr bald empfindlich gestört werden könnte.  
   Jochen  -  11.10.11 17:57

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Interessante Kommentare

Kommentar von "Sabine Müller" zu "verkaufte Seele"

Hallo, sehr berührend. Gefällt mir gut, auch wenn es sehr traurig ist. Gruß Sabine

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