Zeit und Tag und Fleisch und Nacht   20

Nachdenkliches · Poetisches · Experimentelles

Von:    Jürgen Hellweg      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 10. September 2010
Bei Webstories eingestellt: 10. September 2010
Anzahl gesehen: 2045
Seiten: < 1

Der kleine Junge lehnte lässig an der Kaufhausmauer.

Drei Mädchen kicherten, als er eine Katze mit seinen

klobigen Stiefeln in eine andere Ecke schleuderte.

Das spitze Jaulen wurde gefolgt von jämmerlichem Kreischen. Ein Motorradfahrer erwischte das Tier noch mit dem Hinterreifen. Die Kinder lachten jetzt nicht mehr, vollgespritzt mit dem Blut der verendeten Kreatur.

Ich sah den Jungen später an einen Baum gestützt, wie er mit einer Kreuzspinne philosophierte.

Dauernd hörte ich das Klagen anderer Katzen, die verlernt hatten, wie sie Mäuse fangen könnten.



Dieser Sommer war wie ein Vampir, Heiß und Blutrünstig.

Der Herbst kam, und psychologische Traumgebilde in Form von bunten Blättern stürmten dem Grund entgegen.

Der Winter deckte wieder all die bösen Erinnerungen und Lügen mit seinem weißen Fell zu.

Dieser Alchemist aus meinen Gedanken Gebirgen, ein Wanderer der Jahreszeiten, weinte bitterlich, denn ihm war gewiss, das der Frühling resigniert hatte, und nun sich weigerte, auf zu wachen.



Meine Zeit der Reifung wurde immer wieder verhindert.

Keine Blume wuchs und die Bäume ertranken in ihren Geistergebilden.

Niemand wusste, wie es weitergehen sollte.

Dann passierte ein Unglück.

Der Schnee im Mai blieb liegen.

Und die Zivilisation lag brach.

Viele Menschen wurden am Tag Ohnmächtig. Unfähig sich zu bewegen, erstarrten sie zu Eissäulen.

Der Orkan kam eines Nachts.

Und das passierte mehrmals, in Momenten, die keiner

erfinden kann.

Nur mit Lumpen bekleidet, schlurften einige Überlebende in die Einkaufshallen, wo aber auch keine

Heizung funktionierte.

Verfaulte Lichtschimmer raubten uns die Zeit. Immer wieder brachten sie es fertig, den Tag zur Sekunde umzubauen.

Wie Seife glitt die Zeit an unseren Körpern herunter.



Wie Seife glitt die Zeit an unseren Gedanken herunter.
Punktestand der Geschichte:   20
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Kommentare zur Story:

  Danke dir Doska, tja so sind nun einmal die Menschen, wissen einfach nicht, wann es gut oder schlecht ist.
Die schrecklichen Bilder sprudeln manchmal aus mir raus, kann ich nichts gegen machen, das befreit aber!
vielen Dank nohmal und liebe Grüße  
   Jürgen Hellweg  -  12.09.10 21:56

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  Das arme Katzentier und dann diese Menschen wie sie zu Eissäulen erstarren. Das sind alles schreckliche Bilder. Wiedermal gruselige Gedankenfetzen. Aber du findest schöne Worte für die verschiedenen Jahreszeiten. Auch, dass die Zeit wie Seife davon glitscht, ist treffend beschrieben.  
   doska  -  12.09.10 21:35

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  Och, wieder was Trauriges. Aber der Herbst lässt einen wirklich so ein bisserl traurig werden. Weiß auch nicht woran das liegt.  
   Petra  -  11.09.10 22:10

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  Was ich aus deinem Text herauslese ist, dass dich der Herbst daran erinnert, dass schon wieder ein Jahr bald herum ist. Ich finde auch, je älter man wird, umso schneller scheint einem das Leben davon zu sausen. Traurige Gedanken, aber auf der anderen Seite beschreibst du ja auch die schönen fallenden Blätter und den weißen Fellteppich (übrigens eine tolle Wortschöpfung für den Schnee) der danach folgt.  
   Jochen  -  11.09.10 21:47

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  Dankeschön Pia, jetzt,wenn die ersten herbstgefühle kommen, ist bei mir auch wieder Weltuntergangsstimmung, allerdings schreibe ich mir das dann weg von der Seele, und fühle mich besser...
beste grüße...  
   Jürgen Hellweg  -  10.09.10 22:14

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  Hi Jürgen,
oh ja, der Untergang kommt nicht mit einem Knall, sondern schleichend wie die Jahreszeiten - mit einem Wimmern.

Deine Texte lesen sich in meinem Kopf immer in ganz grellen Farben.

Liebe Grüße Dubliner Tinte ;0)  
   Pia Dublin  -  10.09.10 21:49

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