Erika, das Waschbär-Mädchen   463

Poetisches · Für Kinder

Von:    Wolfgang Reuter      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 6. Januar 2010
Bei Webstories eingestellt: 6. Januar 2010
Anzahl gesehen: 19410
Seiten: 3

(Ein Migranten-Märchen für Kinder)





Warst du schon mal im Zoo und hast

die Waschbärn dort gesehen?

Die sind so süß – man möchte fast

nur noch bei ihnen stehen.



Gibt’s was zu fressen, packen sie,

bevor sie es vernaschen,

erst einmal zu, um irgendwie

ihr Futter abzuwaschen.







Ich mag die Waschbärn wirklich sehr,

obwohl ich längst kapiere:

Ein Waschbär ist kein Kuschelbär.

Es sind halt wilde Tiere.



Sie stammen aus Amerika,

die drollig-muntren Bärchen. -

Vom Waschbär-Mädchen Erika

erzähl ich jetzt ein Märchen.







Ein Waschbärkind war samt Mama

im Tierpark ausgebrochen.

Als dies der Wärter merkte, da

warn sie längst weggekrochen.



Sie schlichen planlos durch die Stadt

und landeten am Hafen,

wo's beiden gut gefallen hat;

hier konnte man gut schlafen.







Denn Waschbärn lieben Schlaf so sehr,

den sie bei Tag sich gönnen,

damit sie nachts dann um so mehr

nach Futter suchen können.



Und so ein Hafen ist sehr schön

zum Schlafen eingerichtet,

weil Kisten und Kartons rumstehn,

in Reihen aufgeschichtet.







Bald konnte Tochter Erika

in eine Kiste hüpfen.

Und kurz darauf sah man Mama

in eine andre schlüpfen.



Doch dann passierte es: Ein Mann

bepackte einen Wagen

mit Kisten. Und sogleich begann

er, Mamas wegzutragen.







Und eh sich Erika versah,

war schon der Mann verschwunden.

Wie sie auch suchte: Die Mama

hat sie nicht mehr gefunden.



Da weinte sie gar bitterlich

und konnte es nicht fassen:

Die Mama weg – sie fühlte sich

so einsam und verlassen.
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Doch plötzlich glitt ganz zärtlich ihr

'ne Pfote übern Rücken.

„Bist du's, Mama?“ - Ein fremdes Tier

stand da mit sanften Blicken.



„Was weinst du denn so bitterlich?

Ist dir ein Leid geschehen?“

Der Fuchs gestand: „Ein Tier wie dich

hab ich noch nie gesehen!“







„Ich bin der Waschbär Erika,

hab die Mama verloren.

Ich stamme aus Amerika,

bin aber hier geboren.“



„Komm mit!“, sprach da der Fuchs zu ihr,

„schön, dass wir zwei uns trafen.

In meinem Fuchsbau zeig ich dir

ein Plätzchen, um zu schlafen.“







Gesagt – getan. Klein-Erika

stieg in die Fuchsbau-Röhren

und schlief den ganzen Tag lang da.

Kannst du sie schnarchen hören?



Doch abends war sie dann hellwach

und wollte schnell verschwinden,

weshalb sie zu dem Füchslein sprach:

„Ich muss jetzt Mama finden.“







Sie lief davon, in einen Wald,

fand Pilze dort und Beeren,

nur Mama nicht, weshalb sie bald

beschloss, zurückzukehren.



Da rollte aus dem Unterholz

ein Stachelball, ein kleiner:

„Ich bin ein Igel!“, sprach er stolz,

„und was bist du für einer?“









„Ich bin der Waschbär Erika,

hab die Mama verloren.

Ich stamme aus Amerika,

bin aber hier geboren.“



Der Igel sprach: „Es wird schon hell

ich schlaf so gern am Tage.“

„Ich auch!“, rief Erika da schnell,

„doch wo – das ist die Frage.“







So suchten beide Tiere dann

nach einem Tag-Verstecke,

wo ungestört man schlafen kann

in einer dunklen Ecke.



Die Sonne ging schon langsam auf,

es wurde immer heller.
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„Komm mit“, so sprach der Igel, „lauf

mit mir in diesen Keller!“







Den ganzen Tag verschlief man da,

von niemandem gesehen.

Doch abends wollte Erika

erneut auf Suche gehen.



„Ich danke dir. Ich muss jetzt los.

Ich such doch schon seit Tagen

nach der Mama. Wo steckt sie bloß?

Das kann mir niemand sagen.“







Schon tippelte sie durch den Wald

und suchte was zu fressen.

Vor Hunger hatte sie schon bald

die Mama fast vergessen.



Die Nacht war frostig. Erika

fand ein paar Haselnüsse.

Doch als sie hoch zum Himmel sah,

begannen Regengüsse.







Dann zuckten Blitze hin und her

und sie begann zu zittern;

denn Waschbärn fürchten sich so sehr

vor nächtlichen Gewittern.



Ein Vogel schrie: „Komm her, nur hier

ist Schutz für dich! Komm näher!

Hab keine Angst, komm her zu mir,

ich bin ein Eichelhäher.“











„Ich bin der Waschbär Erika,

hab die Mama verloren.

Ich stamme aus Amerika,

bin aber hier geboren.“



„Wenn du ein Bär bist, kannst du doch

zu mir nach oben steigen.

Ein Buntspecht hackte hier ein Loch

im Stamm, verdeckt von Zweigen.“







Klein-Erika stieg auf den Baum.

Sie konnte sehr gut klettern.

Hier fand sie Schutz – man glaubt es kaum – :

vor Sturm- und Regenwettern.



Schön war die Höhle – warm und weich.

Doch plötzlich schrille Schreie:

„Zu Hilfe – ich ertrinke gleich!“

Schnell huschte sie ins Freie.







Der Eichelhäher krächzte: „Ach -

ein Unglücksfall, ein schlimmer!

Der Igel fiel in einen Bach

und ist ein schlechter Schwimmer!“



Da sprang der Fuchs ins Wasser schnell,

um in den kalten Fluten

den Freund zu retten.
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– Dessen Fell

voll Stacheln ließ ihn bluten.







Denn jeder Igel ist nun mal

vom Stachelkleid umgeben.

So litt das Füchslein Schmerz und Qual

im Kampf um Igels Leben.



So sehr der Fuchs sich mühte, bald

war seine Kraft zu Ende.

Des Igels Pfoten böten Halt.

„Ach – hätte ich doch Hände!“







Dies hörte Erika. Ratz-batz

sah man sie sich entscheiden:

Sie sprang mit einem Riesensatz

ins Wasser zu den beiden.



„Ich komme“, rief sie, „haltet aus!

Ich helf euch auf die Beine.

Ich hol euch aus dem Wasser raus,

lass euch doch nicht alleine.“











Sie griff mit ihrer linken Hand

nach Igels Arm. Das klappte.

So zog sie schwimmend ihn an Land,

derweil nach Luft der schnappte.



Dann sprang sie in den Bach zurück,

sah dort das Füchslein schnaufen.

„Ich halt dich fest, schwimm mit ein Stück -

ich lass Dich nicht ersaufen!“







Doch was war das? - Beim Fuchs war längst

ein Retter angekommen.

Manchmal kommt schneller, als du denkst,

ein Helfer angeschwommen.



Bald lag der Fuchs am Ufer da.

Wer legte ihn dort nieder? -

„Mama!“, schrie plötzlich Erika.

„Ich hab die Mama wieder!“







Was brach da für ein Jubel los,

ein Jauchzen, Kreischen, Lachen!

Die Freude war so riesengroß,

trotz Blitz und Donner-Krachen.



„Wir bleiben Freunde!“ schrie zuletzt

der Fuchs im Sturm-Gebrause.

„Und Erika gehört ab jetzt

zu uns, ist hier zu Hause!“





http://www.
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wolfgang-reuter.com, 10. 09. 2008
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Punktestand der Geschichte:   463
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Kommentare zur Story:

  Ich bin begeistert! Wie menschig tierlich manche
Waldbewohner doch sein können!  
   Crazy Diamond  -  21.07.18 14:40

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  Hallo, grüner Kartenspender!
Für die 300. Karte bedanke ich mich besonders herzlich. Und wenn Du mir mitteilst, wer Du bist, schicke ich Dir gratis ein Exemplar des Buches "Erika, das Waschbär-Mädchen". Ganz heißen Dank von  
   Wolfgang Reuter  -  08.08.17 10:54

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  Hallo Wolfgang,
meinen Namen hast du wirklich mit einem tollen Vers mit klasse Reim gewürdigt!
LG. Michael  
   Michael Brushwood  -  27.01.13 18:00

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  Ganz herzlichen Dank, Michael + Michael!
Euch zu Ehren bekommt mein nächstes Tierchen vielleicht den Namen Michael, etwa so:

Ein Mehlwurm namens Michael,
der lebte einst im Weizenmehl;
denn Weizen essen fand er schick,
doch machte ihn das ziemlich dick.
….. usw. .........

Und als Moral ermahne ich die Kinder dann, mehr Graubrot zu essen. Oder so?!
Liebe Grüße von  
   Wolfgang Reuter  -  26.01.13 15:11

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  Eine sehr schöne Geschichte, mit der du uns mit dem Leben eines Waschbären in dazu passender Gedichtform vertraut gemacht hast und auch das Foto von diesem putzigen Gesellen, der sich nun auch in unseren Breiten so richtig gemütlich gemacht hat, finde ich total süß.
LG. Michael  
   Michael Brushwood  -  26.01.13 10:27

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  Lieber Wolfgang, ich wusste ja bereits von deiner Reim- und Dichtkunst, aber diese Tierfabel ist das süßeste Gedicht, dass ich seit langem gelesen habe. Flüssig, ohne Hänger und ohne Stolpersteine, dafür treffend geschrieben. Zumal als Beispiel einer humanen Lebensmöglichkeit für uns Menschen. Sowas macht Freude! Aufrichtiges Kompliment!  
   Michael Kuss  -  26.01.13 00:39

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  Danke, Jingizu  
   Wolfgang Reuter  -  23.10.12 10:28

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  Gratulation, die Geschichte hat es auch verdient.  
   Jingizu  -  22.10.12 18:45

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  Jetzt liegt "Erika, das Waschbär-Mädchen" als Ausmal-Buch bereit mit wunderschönen Bildern von Kerstin Arndt. Näheres unter www.wolfgang-reuter.com - Mein 3. Buch  
   Wolfgang Reuter  -  22.10.12 17:54

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  Es ist mal wieder Zeit, für Eure netten Worte zu danken. Jetzt ist es schon 164 Tage her, dass ich meine „Erika, das Waschbär-Mädchen“ bei WebStories ins Netz gestellt habe. Dass Ihr mir dafür indessen schon 200 grüne Karten zuerkannt habt, ist für mich eine große Freude und ein ansehnliches Jubiläum. Einen Verlag aber habe ich für das geplante Bilderbuch „zum Ausmalen und Aufsagen“ bis heute noch immer nicht überzeugen können. Vielleicht klappts ja bis zum 300er-Jubiläum?  
   Wolfgang Reuter  -  19.06.10 16:08

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  Gefällt auch mir einfach wunderschönnnnnnnnnnnnn.......  
   Kette  -  01.06.10 09:32

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  Das ist aber auch ein goldiges Gedicht.  
   Else08  -  18.02.10 13:36

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  !!! Juchuuhh!!! 101 grüne Karten! Danke, danke, danke ...  
   Wolfgang Reuter  -  08.02.10 12:19

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  Genau heute vor einem Monat habe ich meine „Erika“ bei WebStories veröffentlicht.
Das hat mir seitdem 92 grüne Karten eingebracht –
und damit den deutlichen Spitzenrang unter den „Kindergeschichten“.

Ich danke allen Kartenspendern und freundlichen Kommentatoren.
Ihr habt mir neuen Mut gemacht im Kampf um die Gnade eines Verlages.
Sollte es je gelingen, das Bilderbuch vom Waschbär-Mädchen Erika herauszubringen,
werde ich es hier mitteilen. Ihr seid wirklich alle sehr lieb zu mir. Nochmals: Danke!  
   Wolfgang Reuter  -  06.02.10 10:46

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  Ein wunderschönes Gedicht. Und sicher nicht nur für Kinder.  
   Tintenkleckschen  -  18.01.10 20:19

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  Herzlichen Dank an alle für die anfeuernden Kommentare und die 44 grünen Karten innerhalb von 10 Tagen!  
   Wolfgang Reuter  -  17.01.10 10:37

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  das ist so eine schöne gedichte-geschichte... da fällt es einem viel einfacher zu leben. ;))
lieben gruß  
   Ingrid Alias I  -  13.01.10 15:36

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  Ein wirklich gelungenes Gedicht,hat mir gut gefallen.  
   Peterpan  -  12.01.10 08:14

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  Einfach hinreißend.  
   Evi Apfel  -  08.01.10 22:00

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  Ach, ist das ein süßes und wunderschönes Geschichtengedicht und das Foto dazu - einfach drollig. Schön auch, dass du die Kinder aufmerksam machst, dass so ein Waschbär leider kein Knuddeltier ist. Ich denke mal, dass er kräftig zubeißen kann. Ein klasse Gedicht auch für jung gebliebene Erwachsene.  
   Petra  -  08.01.10 15:58

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  Hallo, Ihr drei!
Herzlichen Dank für die guten Bewertungen.
Von Jochen fühle ich mich "erwischt"; denn der Text ist wirklich fast "filmisch" gemeint.
Er liegt seit reichlich einem Jahr in der Schublade,
weil ihn kein Verlag (Ihr kennt das sicher?) haben wollte.
Jetzt sitzt eine befreundete Garfikerin dran und versucht,
daraus das beabsichtigte Bilderbuch zum Vorlesen zu machen.
Aber wer's verlegen wird - keine Ahnung ....  
   Wolfgang Reuter  -  07.01.10 13:24

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  Ich kann mich nur Doskas und Rosmarins Worten anschließen. Das hast du super hingekriegt. Ich habe dabei einen ganzen Film vor meinen Augen gesehen. Spitzenmäßig.  
   Jochen  -  07.01.10 11:21

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  Hallo Wolfgang, da ist dir ja wiedermal ein Hit geglückt. Humorvoll, spannend und natürlich klasse gereimt, machst du mit diesem Märchengedicht Kindern klar, dass es ganz egal ist woher man kommt und wie man aussieht, die Hauptsache ist, alle halten fest zusammen.  
   doska  -  06.01.10 22:47

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  ach, ist das ein wunderschönes gedicht.
grüß dich  
   rosmarin  -  06.01.10 18:11

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