Nachdenkliches · Kurzgeschichten · Zum Weiterschreiben

Von:    tratus von Klueck      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 5. November 2009
Bei Webstories eingestellt: 5. November 2009
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1253. quer zwei, bring eins hervor.



so sollen die mächte in dieser einen nacht, vollmond ists, noch einmal beschworen werden, dich anzurufen. wie lange wir uns in diesem netz, einer den andern, festzuhalten vermögen, ist niemandem nahe zu bringen, der von den mächten nichts weiß, nichts von ihnen versteht, noch glauben mag, daß sie existieren, auf diese andere art, diese art des doppelt seins.

nicht, daß ich immer noch daran festhielte, in dir meinen widergänger gefunden zu haben, seiest du nun weib oder mann. dies ist nicht der grund, dich gefangen zu halten. es geschieht mit uns, ohne daß wir uns recht dagegen wehren könnten, nicht wahr? geradezu, als hätten die mächte selbst an uns gefallen gefunden, uns auserwählt, dieses fesselspiel mit uns zu spielen, bis wir begriffen hätten, aus welcher welt, mit welchem gesicht wir uns da einander zuwendeten.



und weißt du noch, wie es begann? erinnerst du dich, im sicheren vernichten jeglicher zeit, noch an den moment des umgekehrt werdens? als du da vor mir hingst, die füße im himmel?

als du, die arme über den kopf gehoben, versuchtest, ein bild zu schaffen von einem sein, das jenseits, hinter unserem normalen denken, einen so vollkommen schlüssigen beweis für die anderswelt lieferte?

was mühe ich mich, ganz sicher erinnerst du dich! es gibt kein entkommen, war man jemals hier drin, wird man nicht wieder herausfinden. und findet man doch heraus, wird dennoch etwas hier drinnen gefangen gehalten, etwas unoffenbarbares, das gleichermaßen schaurig und lästig, wie lustvoll und kostbar ist. und es läßt nicht los. ist eingepflanzt wie ein zweites herz, das neben dem eigenen, lebendig pulsierenden, ein eigenständiges dasein führt. babum babum. ständig daran erinnernd, wie man die gassen entlangging, die sonst menschenleer waren. geschaffen für unstete geister wie uns. und daran, wie wir nunmehr nur noch die straßen nutzen, die überquellen von herdentieren mit hörnern, von geräderten und verlorenen, von vergessenen und selbstvergessenen. aufgehoben sein, und an höhe verlieren. nach und nach nur. daß das vergessen uns nicht ein brandzeichen aufdrücke, das uns erkennbar mache in der herde.



doch laß uns nun zur tat schreiten.
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wie ich sehen muß, sitzest du noch immer an der orgel.

leierst jeden tag das gleiche lied. ich fasse es nicht, überrascht es dich etwa, mich hier wiederzufinden? ich sehe in deinem gesicht ein erstaunen, das dir nicht gut steht. ich hätte dich für klüger gehalten! was mußt du auch deine hintertüren jeden tag, oder doch fast jeden, offen halten? liebling, wer keinen besuch erwartet, der schließe die tür! neugiertiere finden ihre wege. auch wenn sie lange pirschen! ich las es in einem buch, das - so heilig wie oft zitiert - von mir große verehrung findet. was ich nun zu unternehmen gedenke? sei nicht so einfältig, spiel die orgel, spiel noch einmal die sonate, spiele sie so kraftvoll, wie deine seele es vermag. spiele sie, als sei es das letzte, was du in deinem leben der welt schenken wolltest und könntest. und spiele sie laut! ich werde hier stehen bleiben, das versichere ich dir, bis du geendet hast, bis deine sehnsucht nach der gleichen seele mit dem letzten ton verklungen, bis deine feigheit sich mit dem fuß von den pedalen hebt, bis auch deine finger kein register mehr zu ziehen vermögen - ich bleibe hier stehen.



doch wenn du geendet haben wirst, wenn die sonate nur noch dem herrn gehört, und keinem menschlichen ohr mehr, werde ich mich dir zuwenden. werde dich an der seele nehmen, daß du dich fühlst wie an der hand genommen durch ein kind. und durch einen letzten ton, ein fis vielleicht, oder ein es, wirst du endlich nach hause kommen können. nach hause. in mein reich. in unser reich.



zögere es nur hinaus: spiel eine reprise, die da nicht hineingehört, eine variation, die dir eben einfiel - es wird mir lust bereiten. denn ist es nicht gerade dies, was die anderswelt nährt, sie geradezu neu erschafft? auch gassen können den hauer wiedererkennen, haben sie ihn nur oft genug gehört. und noch immer steht angebunden das tier. und noch immer die marmelade vor ihm. nein, schweig! sag nichts! störe njcht das spiel der mächte durch ein unbedachtes wort. spiel! wer spielt, heißt es, sei am leben. wer aufhört zu spielen verliert die zeit.



als bruder jakob nun geendet hatte, wandte er sich seiner kirche zu. sie war leer. denn diebe hatten sich den lärm zunutze gemacht und alle seelen daraus gestohlen.
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Kommentare zur Story:

  Also, ich glaube eher, dass von den zwei Seelen , die wir in der Brust haben , die Rede ist. Und der Mensch ruhig damit beginnen sollte, das Leben als solches mehr in Frage zu stellen.  
   Jochen  -  06.11.09 21:49

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  Nun ja, dieser Text besteht fast nur aus Metaphern. Und daher ist es recht schwer, trotz der eleganten, federleichten Sätze, den wirklichen Sinn darin zu erkennen. Ich würde sagen, der Pastor(oder Priester) sitzt an der Orgel und der Teufel tritt in dessen Kirche ein. Jener spricht über eine Anderwelt, nicht aber über die Hölle. Vielleicht meint er ja, dass die Erde die Hölle ist und stellt hier Fragen über den Sinn des "seins" ? Aber so ganz schlüssig bin ich mir darin nicht. Vielleicht liest ja jemand noch etwas anderes heraus. Nachdenkeswert ist dein Text auf jeden Fall und darum grün für dich.  
   doska  -  05.11.09 15:45

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