Nachdenkliches · Kurzgeschichten

Von:    Laura      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 24. April 2005
Bei Webstories eingestellt: 24. April 2005
Anzahl gesehen: 2464
Seiten: 2

Die Straßen waren verlassen, dreckig und trostlos. Blinkende Reklametafeln, tropfende Klimaanlagen. Irgendwo ein Telefon, das durch das offene Fenster einer leeren Wohnung schrillte. Einsam durch die Nacht.

Es hatte geregnet; die Straßen waren noch immer nass und voller Pfützen die ölig glänzten. Ihre Schritte machten kein Geräusch auf dem Asphalt. Nur das leise Schaben ihrer Hosenbeine war zu hören. Gleichmäßig, bei jedem Schritt.

Wie spät es wohl war? Vielleicht ging schon bald die Sonne wieder auf?

Sie hatte es nicht eilig. Man erwartete sie nicht und deshalb musste sie sich auch nicht beeilen.

Aus einer Seitenstraße erklang ein Scheppern und der Schrei einer Katze. Weiteres Gepolter und dann rauschte ein grauer Schemen an ihre vorbei und verschwand in der Dunkelheit.

Sie zog die Schultern hoch und vergrub die Hände noch tiefer in ihren Manteltaschen; spürte die glatte Scheide des Schwertes an ihrer Seite, strich durch den Stoff ihrer Tasche über das fein gearbeitete Leder und setzte ihren Weg fort.

Sie würde ihn treffen wenn die Zeit gekommen war. Das Schicksal, sein Schicksal führte sie zu ihm und nichts würde das verhindern können. Wenn sie ihn heute nicht traf, dann morgen, oder am Tag drauf. Es spielte keine Rolle.

Das Licht der Straßenlaternen spiegelte sich in den Pfützen vor den Stufen, die zur U-Bahn hinunter führten. Sie hielt einen Moment inne, als würde sie lauschen, dann nickte sie unmerklich und stieg die Treppen hinunter zur Untergrundbahn. Die kleinen Läden, die eiligen Reisenden Zeitschriften und Bonbons verkauften, waren nun geschlossen und graue Rollläden starrten auf die leeren Gänge hinaus.

Als sie den Bahnsteig betrat kündigte ein Windstoß und das entfernte Dröhnen von Bremsen das Nahen der Bahn an. Sie sah dem Zug entgegen und der Wind trieb ihr Tränen in die Augen, doch erst im letzten Moment wandte sie den Blick ab und trat, die Augen auf den Boden geheftet, näher an die Plattform heran. Eine Abteiltür öffnete sich auf ihre Berührung hin mit einem Zischen. Erst jetzt hob sie den Kopf wieder und stieg ein.

Eine entfernte Lautsprecherstimme, ein Klacken und wieder das Zischen als die Tür geschlossen wurde.

Auf der Bank links von ihr saß ein junges Liebespaar, ineinander verschlungen, ein Wesen mit zwei Köpfen und ohne Gesicht.
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Ein Stück weiter rechts saß ein Mann, er saß mit dem Rücken zu ihr, doch in der Spiegelung der Fenster konnte sie sehen, dass er die Augen geschlossen hatte. Als sie sich auf die Bank ihm gegenüber setzte schlug er die Augen auf.

Für eine Weile sprach niemand von ihnen. Dann rumpelte der Zug in einen weiteren Bahnhof und sie hörte wie das Pärchen kichernd das Abteil verließ. Als der Zug wieder ins Dunkel der Schächte eintauchte flackerte das Licht für einen Moment.

„Ich hatte mich schon gefragt wann du wohl auftauchen würdest.“ sagte er, als das Licht wieder normal brannte.

„Hattest du Zweifel dass ich kommen würde?“

„Nein.“

Seit sie sich gesetzt hatte, hatten sie nicht den Blick voneinander abgewandt.

„Es tut gut zu wissen, dass die Warterei nun ein Ende hat“, meinte er und strich sich eine Strähne seines dunklen Haares aus der Stirn. Er sah müde aus. Ausgezehrt. Doch sie erkannte auch seine Erleichterung.

Nach einem letzten prüfenden Blick in seine Augen stand sie auf. Ihre Hand glitt an ihre Seite, zu dem Schwert in seiner ledernen Scheide. Ruhte einen Moment auf dem schmucklosen Griff und öffnete schließlich den Gurt, der es an ihrer Seite hielt. Sie schlang die Enden des Gurtes um die Scheide bevor sie es ihm reichte.

„Du weißt was es bedeutet wenn du das Schwert von mir annimmst?!“

„Ja.“

Er zögerte ein Augenblick, doch dann nahm seine Hand das Schwert entgegen.

„Mögen die Alten dir beistehen.“



Seine Hände strichen über die lederne Scheide und den Griff, spürten die Prägung des Leders nach. Er war so vertieft in das Schwert, dass er gar nicht bemerkte wie der Zug in einen Bahnhof einfuhr. Sie nutzte die Gelegenheit um zu gehen und sah dem Zug nach, wie er im Tunnel verschwand. Dann drehte sie sich um und ging die Treppen hinauf zur Oberfläche. Frische Luft schlug ihr entgegen und am Himmel zeigte sich das erste morgendliche Grau. Sie fühlte sich einsam ohne das Schwert, nackt und schutzlos. Doch es würde sicher nicht lange dauern bis es zu ihr zurückkehrte. Es dauerte nie lange. Und dann würde sie es auch schon bald wieder jemand anderen bringen müssen.
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Jemand, dessen Schicksal sie zu ihm führte.

Sie und das Schwert waren eins. Schicksalsbringer.
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Punktestand der Geschichte:   33
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Kommentare zur Story:

  Hey Laura http://www.webstories.cc/img/6.gif ich war auch da *grins* ich denke und hoffe, dass ich´s bald schaffe. Gruss und Kuss, Mike R.  
Mike  -  10.05.05 14:35

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  hallo, laura, das mit den fehlern ist ja auch nicht schlimm, grins auch.
ich verstehe schon so dunkel, was du mit deiner geschichte sagen willst. der überbringer des schwertes ist das schicksa und bedarf deswegen keines weiteren namens. ja, sehr mystisch. ich gebe dir großherzig vier punkte. lol.
lg
rosmarinl  
rosmarin  -  06.05.05 16:35

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  Hallo,
ja ich merke schon diese Geschichte ist scheinbar "offener" geschrieben als ich dachte, aber zu einem großen Teil ist das auch so von mir beabsichtigt. Ich denke rosmarin kommt der Idee schon sehr nahe, doch ich denke nicht, dass jeder der Bote sein könnte. Es ist ja gerade so, dass nur der Empfänger wechselt. Doch es erklärt auch in gewisser Weise warum beide Parteien keine Namen haben. Er, weil er nur einer von vielen ist und als Einzelner keine wirkliche Rolle spielt. Sie, weil es schätze ich auch keinen Grund gibt sie weiter zu charakterisieren. Sie ist da. Sie bringt das Schwert. Wenn sie zu ihm kommt, erkennt er sie sofort, ohne dass sie auch nur ein Wort sagt. Sie braucht keinen Namen um sie zu "kennen". Außerdem würde sie dazu zu spezifisch werden. Sie ist ein "Werkzeug" des Schicksals und in dieser Funktion namenlos.

Und was die "vergessenen" Kommafehler angeht... *grins* ja... das ist halt nicht so meine Stärke ;-)  
Laura  -  06.05.05 15:11

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  oder ist der text so zu verstehen, dass jeder von uns der schicksalbringer sein könnte und das schwert immer weiter reicht? ist dieses das symbol des schicksals? und, wenn ja, welcher art? du siehst, es bleiben viele , eigentlich alle, fragen offen. nun hast du mich aber sehr neugierig gemacht.
lg
rosmarin  
rosmarin  -  05.05.05 19:16

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  ja, laura, stimmt, die story ist gut geschrieben, bis auf die vielen "vergessenen" kommatafehler. aber nun möchte ich doch zu gern wissen, wer die sie und er sind. warum hast du ihnen keine namen gegeben? es könnte doch wohl nicht jeder sein?
lg
rosmarin  
Unbekannt  -  05.05.05 19:10

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  Ich schließe mich NewWolz und Drachenlord an.
Auch ich hatte "Es kann nur einen geben!" im Kopf.
Und dann lässt du den Leser alleine. Man hat keine Ahnung, worum es geht. Schade.  
Chris Stone  -  02.05.05 17:54

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  Erstmal was lustiges, so habe ich es empfunden. Du schriebst: =Eine Abteiltür hielt genau vor ihr= Kam die Tür alleine, ohne den Zug?
So nun zu dem Rest. Die Szenerie einer dunklen, regnerischen Nacht hast du wunderbar düster beschrieben, kommt prima rüber. Man möchte sich hinter einem warmen Ofen verkriechen. Ich vermutete eine Unsterbliche die auf ihren Gegner wartet um ihm die Rübe abzuschlagen.
Doch was ist sie denn wirklich? Die Sensenfrau?
Ein Todesbote des Himmels? Die Frage bleibt offen. Für die klasse Szeneriebeschreibung gebe ich dir aber 4 Punkte.  
NewWolz  -  29.04.05 08:02

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  Hmm, sehr schön geschrieben, alles deutet am Anfang auf einen Showdown o.ä. hin, aber dann endet es ohne Erklärung. Hier kann ich dir leider nicht folgen, da mir die Aussage der geschichte verborgen bleibt. Für den guten Schreibstil hast du fünf Punkte verdient, aber für das plötzliche, mir nicht einleuchtende Ende ziehe ich zwei wieder ab.  
Drachenlord  -  27.04.05 13:09

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