Ist der Weihnachtsmann ein Bodhisattva?   70

Romane/Serien · Winter/Weihnachten/Silvester · Erinnerungen

Von:    Kajolee      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 22. Dezember 2004
Bei Webstories eingestellt: 22. Dezember 2004
Anzahl gesehen: 2221
Seiten: 8

Pema und Dorji sind die Patenkinder meiner Cousine Laura. Seit fünf Jahren unterstützt Laura die tibetischen Waisen, die sie bei einem kurzen Aufenthalt in Lhasa, der Hauptstadt Tibets, kennen gelernt hat. Seit fünf Jahren betteln die Kinder darum, einmal in die Heimat ihrer „älteren Schwester“ fahren zu dürfen.

Dieses Jahr ist es endlich so weit. Und es Adventszeit. Laura überlegt fieberhaft, wie sie den zehnjährigen Zwillingen die Vorweihnachtszeit näher bringen soll. Als wenn ihr sechswöchiger Aufenthalt in Bad Zwischenahn nicht schon aufregend genug sein würde!



Bereits auf dem Flughafen in Bremen, wo die Kinder schließlich deutschen Boden betreten, kommen die ersten Fragen auf.

„Atchalaa“, fragt die erstaunte Pema gleich zu Anfang, „Atchalaa, warum hat der Mann eine Glocke in der Hand? Ist er ein Bettelmönch?“

Entgeistert schaut Laura in die Richtung, in die Pema mit ausgestrecktem Arm zeigt.

„Was? Wo?“ Dann sieht sie den Nikolaus vor dem Lufthansa Schalter.

„Ach, so“, murmelt sie, „das fängt ja gut an.“

„Nun“, versucht sie zu erklären. „Das ist kein Bettelmönch. Das ist, äh, der Weihnachtsmann, der den Kindern kleine Geschenke macht, die von hier ab-fliegen.“

Sofort merkt sie, dass sie einen Fehler gemacht hat.

„Warum kriegen nur die Kinder, die abfliegen, ein Geschenk. Warum wir nicht?“ Dorji ist empört. Es interessiert ihn erst einmal gar nicht, warum dieser komische Mann in den roten weiten Hosen, der roten Jacke und mit dem langen weißen Bart überhaupt Geschenke verteilt. Darin sind sich wohl alle Kinder dieser Welt einig – wenn es Geschenke gibt, dann darf niemand leer ausgehen!

„Wir können ihn ja mal fragen, ob ihr auch ein Geschenk bekommt“, schlägt sie schnell vor. Schlagartig erhellen sich die verärgerten Gesichter der Geschwister. Eifrig schnallt sich Dorji den kleinen Rucksack auf und hilft seiner Schwester mit der schweren Reisetasche. Ehe Laura sich’s versieht, streben die kleinen Tibeter auf den Nikolaus zu.

„Eh, Moment mal! Wartet auf mich!“ ruft sie hinterher, doch sie haben nur noch Augen und Ohren für den Geschenke verteilenden Mann am Ende der Halle.



Seufzend schultert sich Laura die restlichen Taschen und eilt ihren gar nicht so verschüchterten und ängstlichen Patenkindern hinterher.
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Eigentlich hatte sie befürchtet oder besser – erwartet, dass die Kinder erst einmal alles Neue mit Vorsicht und mit Abstand betrachten würden. Nun, dem scheint nicht so zu sein. Stattdessen laufen sie zielstrebig auf einen völlig fremden Mann zu, der Geschenke an Kinder verteilt. Sie muss grinsen. Das gefällt ihr.



Als sie eine Minute später am Schalter ankommt, muss sie unwillkürlich lachen.

„Ein Bild für die Götter!“ erzählt sie mir später. „Du hättest das sehen sollen. Wie sie da standen, in ihren exotischen tibetischen Kleidern. Mit ihren runden, geröteten Gesichtern und den selbstbewussten braunen Augen, die dem Nikolaus forsch ins Gesicht sehen, anstatt schüchtern oder aufgeregt zu sein.“



Es stehen noch zwei Kinder vor dem Nikolaus. Ein kleiner Junge, vielleicht sechs Jahre alt, und ein kleines Mädchen, das an seiner Hand hängt. Sie muss so um die drei Jahre alt sein, ihr Gesichtsaudruck schwankt zwischen Ehrfurcht und ängstlicher Erwartung. Der Junge spielt den großen, erfahrenen Bruder.

„Wir waren zuerst da. Ihr müsst warten.“

Pema und Dorji schauen den Jungen erstaunt an. Worauf denn warten?

Da keine Reaktion kommt, macht der Junge noch einen Schritt auf den Nikolaus zu und sagt ein kurzes, schnell gelerntes Gedicht auf. Zufrieden schaut er auf seine kleine Schwester hinunter – er hat keine Fehler gemacht.

Plötzlich ruft der Nikolaus ein dröhnendes: „Ho! Ho! Ho!“ und sagt zu dem grinsenden Jungen: „Das hast du aber gut gemacht. Dafür sollst du ein Geschenk bekommen. Und für das kleine Mädchen gibt es auch eins!“

Damit greift er in seinen großen, braunen Sack und holt zwei kleine Pakete hervor. Pema und Dorji sperren ungläubig die Augen auf – ist der Sack etwa voll mit Geschenken? Was mag sich darin alles verbergen? Sie sind begeistert.



Die beiden fremden Kinder eilen mit ihren Paketen davon. Pema ist sich nicht sicher, was sie jetzt tun soll. Sie kann kein Gedicht aufsagen, jedenfalls nicht so, dass der Nikolaus das verstehen würde. Oder vielleicht doch?

„Verrückte Wolke, verrückter Wind. Morgens in den Bergen, abends in der Stadt.
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Ihr fragt, was das heißt? Der rechte Moment ist da für Tanz und Gesang. Wartet nicht auf mich!“

Es herrscht gespannte Stille. Laura versucht krampfhaft, nicht zu kichern. Das Lachen steckt ihr im Hals, verzweifelt kämpft sie dagegen an. Der Nikolaus starrt mit strengem Blick auf die Kinder herunter, die erwartungsvoll vor ihm stehen. Laura spürt, dass er jetzt auch viel lieber lachen möchte. Schließlich kann sie sich nicht mehr zurückhalten. Prustend versucht sie ihm zu erklären, was es mit dem „Gedicht“ von Pema auf sich hat.

„Das ist ein Vers von einem tibetischen Dichter“, kriegt sie zwischen zwei Lachanfällen heraus. „Das ist das einzige Gedicht, das sie auf Deutsch gelernt haben.“

Der Nikolaus lächelt verschmitzt in seinen Rauschebart, zwinkert den verdutzten Kindern fröhlich zu und greift langsam in den Geschenkesack.

„Na, dafür habt ihr aber eine Belohnung verdient. Wollen doch mal sehen, was ich hier für euch drin habe.“



Aufgeregt sperrt Dorji den Mund weit auf. Vorsichtshalber lässt er die Reisetasche schon mal los und kriegt dafür ein verärgertes „Kutchi!“ von seiner Schwester zu hören. Doch das interessiert ihn nicht. Gebannt starrt er auf die kleinen Pakete, die der Nikolaus jetzt in seinen Händen hält.

Pema lässt jetzt ebenfalls den Griff der Reisetasche los und nimmt bedächtig das ihr dar gebotene Päckchen entgegen. Dorji hingegen grabscht ungeduldig nach seinem Geschenk und grinst überglücklich vor sich hin. Na, der Aufenthalt in diesem Land beginnt ja richtig gut, denkt er zufrieden. Wie es wohl weiter geht?

Pema bedankt sich artig erst mit einem tibetischen “T’otch’äh!“ und einem hastig hinterher geschobenen „Danke!“. Dorji nickt zustimmend und dreht sich fragend nach Laura um. Darf er das Paket jetzt öffnen?



„Danke, lieber Nikolaus. Ich glaube, die Kinder haben soeben die lange, ermüdende Flugreise vergessen und freuen sich jetzt auf das Auspacken.“

Laura ist heilfroh, dass der Mann so gut mitgespielt hat.

„Das werden wir gleich im Auto erledigen, was meint ihr?“ wendet sie sich an Pema und Dorji. Die gucken erst ein wenig enttäuscht, nicken dann aber zustimmend. So machen sich die Drei auf den Weg ins Parkhaus.
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Kaum dass Laura ihr blaues Golf Cabrio auf die Autobahn gelenkt hat, drängeln die Kinder und wollen endlich ihr Geschenk aufmachen.

„Nur zu! Ich bin auch gespannt, was darin ist.“

Zeitgleich zupfen sie an den roten Bändern und entknoten sie mit viel Sorgfalt. Sie kämen niemals auf den Gedanken, alles einfach aufzureißen. Laura muss unwillkürlich lächeln, als sie die ernsten Gesichter im Rückspiegel betrachtet.

Sie haben noch immer nicht gefragt, warum der Nikolaus Geschenke an Kinder verteilt. Sie ist gespannt, wann das kommen wird.

Pema hat als erste das bunte Papier auseinander gefaltet und wartet geduldig, bis auch ihr Bruder so weit ist. Es kommen zwei grüne Schachteln hervor. Die Deckel sind noch einmal mit Klebestreifen zugeklebt und nervös fummeln sie daran herum. Schließlich heben sie die Deckel hoch. Laura kann nicht hinsehen, sie muss auf den Verkehr achten. Es bleibt still hinter ihr.

„Nun? Was ist denn drin? Wollt ihr es mir nicht sagen?“

Sie hört die beiden miteinander auf tibetisch tuscheln. Sie scheinen sich nicht einig zu sein. Jetzt wird Laura unruhig. Was ist denn nun in den Schachteln?

Pema ergreift schließlich das Wort.

„Hm, es sind, hm, Statuen. Sie sehen aus wie Frauen mit Flügeln, wie sie große Vögel haben.“

Schnell wirft Laura einen Blick nach hinten. Pema hat ihre Schachtel ein wenig nach vorn geneigt, so dass sie die ‚Statuen’ kurz sehen kann.

„Ach, das sind Engel. Himmlische Wesen. Helfer Gottes.“

Und wieder spürt sie im gleichen Moment, dass sie einen Fehler gemacht hat.

„Himmlische Wesen? In Schachteln eingesperrt?“ Dorji ist entsetzt und seine Stimme klingt eine Oktave höher.

„Sie werden zornig werden – wir müssen sie sofort herausholen!“

Pema und Dorji fassen die Engelsfiguren mit spitzen Fingern an den Flügeln an, ziehen sie vorsichtig heraus und stellen sie mit ernster Miene auf ihre Hand-flächen. Dann flüstern sie wieder miteinander, nicken und flüstern wieder. Laura weiß nicht, ob sie lachen oder ernst bleiben soll. Auf jeden Fall sollte sie jetzt etwas sagen.



„Wisst ihr, äh, das sind nur Abbilder.
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Das sind nicht wirkliche Wesen. Die Figuren stellen nur welche dar. Sie sind nicht, hm, lebendig.“ Sie fragt sich, ob die Kinder sie verstehen. Und schon schämt sie sich, als Dorji vorwurfsvoll antwortet:

„Natürlich sind sie nicht lebendig. Aber sie sind Bilder von göttlichen Wesen. Man muss sie ehren. Vielleicht wohnt ein Geist in ihnen.“

Pema ergänzt mit belehrendem Tonfall:

„Man darf sie nicht einsperren! Wie sollen sie uns helfen, wenn wir sie einsperren?“

Laura hört das typische Schnalzen, das Tibeter machen, wenn sie etwas für unerhört halten. Sie hat sich gerade gründlich blamiert. Jetzt ist der richtige Moment, um über Weihnachten und die christliche Religion zu sprechen. Aber wie anfangen?



Doch wieder kommen die Kinder ihr zuvor.

„Warum hat der, hm, Nikolaus, uns die, hm, Engel geschenkt? Brauchen wir die zum Schutz, weil wir fremd in deinem Land sind?“

Jetzt versucht sie, in einfachen Worten Weihnachten zu erklären. Sie weiß, dass die beiden in der Schule von der christlichen Religion und Jesus gehört haben. Sie weiß nur nicht, ob sie es nachvollziehen können.

„Also. Am 24. Dezember wurde Jesus Christus geboren. Wir feiern jedes Jahr diesen Tag – das ist Weihnachten. So wie eure Götter auch verehrt werden, an bestimmten Tagen und so – versteht ihr?“

Laura sieht im Rückspiegel, wie die beiden nicken. Gut. Weiter.

„Tja, und der Nikolaus ist ein heiliger Mann gewesen. Der Schutzpatron für Schiffer, Kaufleute und auch Schüler. Und an seinem Festtag, also heute, werden die Kinder beschenkt.“

„Und warum hat uns der Heilige die Engel geschenkt?“ Pema ist noch nicht zufrieden.

„Äh, das ist Zufall. Also, ich meine, das hat keine besondere Bedeutung. Wir stellen uns zu Weihnachten gern Engelsfiguren in die Wohnung. Das gehört dazu, denn Engel haben die Geburt Christi angekündigt.“

Jetzt sehen sich die Kinder die Figuren etwas kritischer an. Dorji rümpft nachdenklich die Nase. Pema dreht ihre Hand hin und her, betrachtet die Engelsfigur von allen Seiten.

„Das heißt also“, fragt sie in Gedanken versunken, „dass diese Figuren nicht verehrt werden müssen? Sie sind nicht heilig?“

Sie sind enttäuscht - Laura spürt es deutlich.
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Sie tun ihr leid. Wie kann sie es wieder gut machen?

„Na, ich würde sagen, dass sie ja so etwas wie göttliche Wesen darstellen. Sie sind vielleicht nicht heilig, so wie ihr es versteht, aber sie beschützen auch die Menschen. Vielleicht war es ja doch beabsichtigt vom Nikolaus, dass er euch für euren Aufenthalt in Deutschland zwei Engel geschenkt hat. Wer weiß das schon so genau?“

„Ich denke, es war kein Zufall. Wir werden dieses Geschenk ehren.“

Dorji beendet das Thema mit dieser Feststellung und Laura ist erleichtert.



„Und warum hast du den Nikolaus zuerst Weihnachtsmann genannt?“

Mist. Pema entgeht aber auch nichts!

„Als die drei Heiligen Könige aus dem Morgenland zur Geburt Jesu gingen, hatten sie Geschenke dabei – Weihrauch, äh, Gewürze und so. Und zu Weihnachten, also am 24. Dezember, beschenken wir uns alle. Es ist ein Brauch geworden.“

„Dann kommt der Nikolaus also zu Weihnachten noch einmal?“

Es ist wieder Dorji, der den praktischen Nutzen sofort erkennt. Noch mehr Geschenke!

„Kriegen wir dann auch Gewürze?“ fragt Pema vorsichtig.

Laura kann sich vorstellen, dass die Kinder nicht unbedingt so etwas geschenkt haben wollen. Zu Hause wäre es nützlich, aber hier? Sie wissen, dass es hier mehr zu kaufen gibt, als man wirklich braucht.

„Also, der Nikolaus und der Weihnachtsmann sind zwei verschiedene Leute. Äh, der Weihnachtsmann ist nicht wirklich ein Mensch gewesen oder ein echter Heiliger.“

Verdammt, wie soll sie ihnen erklären, was der Coca-Cola Weihnachtsmann damit zu tun hat?

„Wenn er kein Mensch war“, überlegt Pema laut, „ist er dann ein Bodhisattva?“

Laura gibt komische Geräusche von sich, die Kinder sehen sich erstaunt an.

Was ist mir ihrer großen Schwester?

„Atchalaa? Hab ich was Falsches gesagt?“

„Nei – n. Schon gut. Hab mich nur verschluckt.“ Laura kämpft noch immer mit dem Lachen, das ihr in der Kehle steckt. Der Weihnachtsmann – ein Erleuchtungswesen!

„Nein, er ist kein Boddhisattva.“ Dennoch stimmt sie der Gedanke fröhlich. Warum eigentlich nicht? Schließlich bleibt ein Bodhisattva so lange auf der Welt, bis alle anderen Wesen auch erleuchtet sind.
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Er leistet tätige Hilfe auf vielfältige Art und Weise. Irgendwie hat das ja auch mit dem Weihnachtsgedanken zu tun. Aber nichts mit dem Weihnachtsmann als solches.



„Der Weihnachtsmann ist nur eine Art Symbol. Er hat kein, äh, natürliches Vorbild. Er ist eben nur derjenige, der die Geschenke bringt. Also – eigentlich repräsentiert er die Heiligen Drei Könige.“

Ups. Jetzt hat sie wieder einen Fehler gemacht.

„Du hast gesagt, dass er kein Mensch war. Jetzt soll er so sein, wie die Könige, die dem Christus die Geschenke gebracht haben!“

Dorji fällt seiner Schwester ins Wort: „Aber ein Mann kann doch keine drei Leute auf einmal sein!“

„Kinder, bitte! Ich versuche es noch einmal, okay? Gebt mir eine Chance, ja?“

Laura ist nervös, sie will den beiden nichts vormachen. Dafür stecken sie zu tief in ihrem Glauben an lebendige Geisterwesen und Götter.

„Der Weihnachtsmann sieht aus wie der Nikolaus, den ihr am Flughafen gesehen habt. Mit den roten Sachen an und dem weißen Bart und so. Aber er hat nicht direkt was mit ihm zu tun. Dieser Weihnachtsmann ist eine Erfindung von…“, hier stockt sie. Soll sie die Wahrheit sagen? Ach, was. Die Kinder sind alt genug und vor allem ziemlich clever.

„…den Leuten von Coca-Cola. Sie haben sich damals einfach den Heiligen Nikolaus als Vorbild genommen und dann diesen Weihnachtsmann geschaffen, der den Leuten ihre Cola schmackhaft machen soll. Ein Werbegag, nichts weiter.“

Prüfend schaut sie in den Rückspiegel. Die Kinder starren sie an. Sie bleiben stumm, warten auf weitere Erklärungen. Sie verstehen es noch nicht.

„Die Leute fanden damals den Weihnachtsmann so toll, dass sie ihn einfach übernahmen für den Brauch, die Geschenke zu bringen. Äh. Versteht ihr?“

„Wer bringt denn nun die Geschenke?“ fragt Pema ärgerlich. Sie mag es nicht, wenn sie etwas nicht begreift.



„Eigentlich machen das die Familienmitglieder. Sie kaufen etwas Schönes für ihre Lieben und legen es dann unter den Weihnachtsbaum. Aber den Kindern sagt man, dass der Weihnachtsmann die Geschenke gebracht hat.“

„Warum?“

Das war klar. Die Frage musste kommen, nachdem sie alles nur noch komplizierter gemacht hat.
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Sollte sie ihnen erklären, dass die Eltern gern jemanden vorschieben, der ihre Kinder belohnt oder bestraft, je nachdem, wie sie sich im vergangenen Jahr benommen haben? Oder dass die Westler einfach auf diese Werbung reingefallen sind und einen Brauch daraus gemacht haben und glauben, dass es schon immer so war?

Früher ist man in die Kirche gegangen, hat dann ein Festmahl genossen und nichts war mit Geschenken. Die gab es tatsächlich nur zu Nikolaus – Nüsse, Früchte oder Socken.

„Ach, wisst ihr. Können wir das später ausdiskutieren? Wir sind gleich da und ihr habt noch gar nicht rausgeguckt und mir gesagt, wie euch es hier gefällt.“

Sie weiß, dass sie damit nicht durchkommt. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Doch für den Moment scheint ihr Plan aufzugehen.



„Okay. Wir sind ja noch lange hier.“ Dorji schaut müde aus seinem Fenster.

Auch Pema scheint nicht mehr interessiert zu sein und betrachtet die Land-schaft. Als sie die Autobahn verlassen und auf die Landstraße nach Bad Zwischenahn einbiegen, stellt Pema beiläufig fest:

„Ihr habt komische Bräuche. Ihr belügt an einem heiligen Festtag eure Kinder und tut so, als wenn ein Heiliger, der gar nicht existiert, die Geschenke gebracht hat. Ihr entehrt die Heiligen Drei Könige damit und auch euren Gott. Und trotzdem freut ihr euch alle darüber.“

Laura holt einmal tief Luft und fügt sich ihrem Schicksal:

„Es begab sich zu einer Zeit, dass drei Königen ein Engel erschien…“
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Punktestand der Geschichte:   70
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Kommentare zur Story:

  Hallo, Stefan! Danke für Dein Lob! Ja, Du hast Recht, es ist schwierig, Patenkinder nach Deutschland zu holen. Aber manchmal geht es. Selten. Ich habe Bekannte in Nepal, daher weiß ich, wie vor allem die asiatischen Kinder über unsere Kultur denken - sie sind äußerst tolerant - aber eben auch sehr wißbegierig! Es hat mir großen Spaß gemacht, eigene Erfahrungen mit ein wenig Vorstellungskraft zu verweben!  
Kajolee  -  06.01.05 20:13

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  Aaaalsooo...ich habe selbst ein Patenkind in der Dritten Welt (Brasilien) und weiß ganz genau, das die nie und nimmer nach Deutschland kommen dürfen. Aber darum ging es dir ja gar nicht, gell?
Ich musste die ganze Zeit beim Lesen schmunzeln und einige Male sogar schallend lachen. Die beiden Mikroben waren zum Schießen komisch, einfach deshalb, weil sie todernst die Wahrheit sagten.
Wie fremd muss unsere "Kultur" (ist es denn eine?) anderen Menschen sein? Vor allem weil wir arroganten Westler es gewohnt sind, dass sich die ganze Welt uns anpasst.
Cooler Schrieb.
Alle Fünfe dafür.  
Stefan Steinmetz  -  04.01.05 19:54

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Interessante Kommentare

Kommentar von "Nausicaä" zu "frühling z2"

einfach toll, dieses frühlingsgedicht. du findest in deinen gedichten häufig ganz eigene, besondere bilder. wunderschön, ohne kitschig zu sein.

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Kommentar von "rosmarin" zu "Die Belfast Mission - Kapitel 02"

Eine höchst interessante Geschichte. Und ganz toll geschrieben. Ich bin gespannt, wie es weiter geht. Gruß von

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