Amüsantes/Satirisches · Kurzgeschichten

Von:    Robert Zobel      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 1. November 2004
Bei Webstories eingestellt: 1. November 2004
Anzahl gesehen: 2370
Seiten: 3

Wahrlich bin ich kein Freund des Neonationalismus und ich habe auch nie irgendwelche Parolen geschrieen oder Hakenkreuze auf Schulbänke gekritzelt. Meine Freunde wähle ich nicht nach Hautfarbe und gerne schaue ich in exotische rehbraune Mädchenaugen. Meine Nachbarn dürfen nach Mekka beten, im Stadtpark darf jeder grillen und ich freue mich über die Vermischung der Kulturen, weil sich so alles Gute der Welt ballt.



Nun haben mir wunderbare Kameraden was schönes geschenkt.

Haben sie mir einfach aufgedrängt und ich wollte erst gar nicht. War aber besser es anzunehmen, denn ich wollte nicht noch mehr geschenkt bekommen. Sonst fühlt man sich ja auch blöd.



Begebenheit:



Stehe an einem Bahnhof um 05:10 und nehme einen Zug von Spornitz nach Neustadt Glewe.



Judith (ein kleiner Schmetterling mit verbrannten Flügeln) steht neben mir, trägt eine weiße Schwesterntracht mit der sie jeden Typen um seinen Verstand und seine Handynummer gebracht hat. Sie nimmt mich mit nach Hause.

Das wäre dann die zweite Nacht die ich bei ihr schlafe. Dazu muss man vielleicht sagen, dass wir keinerlei Sex hatten und haben, wir uns noch nie küssten und ein rein freundschaftliches Verhältnis pflegen.

Mit uns stehen an dieser Haltestelle 40 Jugendliche. Alles irgendwelche Dorfprominente. Sie waren wie wir vorher in einer superduper beschissenen Disco.



Da ist der Typ aufgetreten der „Ab in den Süden“ gesungen hat und alle waren lustig drauf, haben gelacht und gefeiert. Judith sah ich ständig mit einem anderen Mann und ich erlaubte ihr, dies und das mit ihnen anzustellen. Wir hatten geheime Zeichen ausgemacht. „Poppen“ bedeutete zum Beispiel ein Fingerzeig aufs eigene Geschlecht und „Nicht Poppen“ wurde mit einem Schlag auf den Kopf quittiert.

Also alle hatten riesigen Spaß. Die Meisten mit Drogen oder verliebten Augen neben sich.



Ich hingegen saß mal auf der Lautsprecherbox oder dem freien Stückchen Boden, wehrte irgendwelche Anmachen strikt ab, trank kein Alkohol und hätte mich eigentlich total vollsaufen können, weil ich mit meinem Anwalt da war, der die Disco mitverkauft hatte. Der ging übrigens dann um Zwei.



Mein Verdruss bestand aus Sorge.
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In der Disco hatte mich meine Liebe angerufen und mir gesagt, dass sie jetzt auf dem Bahnhof schlafen würde wollen. Sie trank sonst nie was und war nun total betrunken. Doch der Bahnhof war weit weg und ich meinte, sie solle unbedingt nach Hause gehen. Noch erreiche ich sie nicht und hoffe, dass sie es nach Hause geschafft hat.



Ja und dann war der Tag aus, die Party endete und der Zug würde gleich kommen. Judiths Jacke war auf einmal nicht mehr an der Garderobe und sie regte sich tierisch auf. Irgendwas erzählte sie davon, dass jetzt irgendwer bei ihr zuhause einbrechen würde und sie nur diesen einen Autoschlüssel hätte und sie ja zur Arbeit muss.



Also wieder zurück zum Bahnhof. Ich stehe da, habe keinen provozierenden Blickkontakt mit irgendwem, spreche auch nicht, Judith erzählt neben mir mit einer Frau, da laufen auf einmal drei Skinheads auf mich zu. Andere Skinheads grölen.



Ich denke zuerst, dass sie toben wollen, aber da hat mich schon einer zu Boden gerissen und tritt mit seinen geputzten Schuhen auf mich ein. Wie Pfeile rasen verschiedene Galoschen auf mich zu. Ich schütze mein Gesicht mit meinen Händen, aber dazwischen flutscht so manche Sohle. Das dauert vielleicht 15 Minuten. Wobei mir das viel vorkommt und so nicht sein kann. Die anderen Mitwarter haben nicht geklatscht, aber geholfen haben sie auch nicht.



Dann hörten sie auf, weil der Zug kam (Gott Sei Dank keine Verspätung) stiegen ein und wir hinterher. Im Zug warnte mich ein „Normaler“ ich solle nicht in Neustadt Glewe aussteigen und aufpassen, dass sie mich nicht rausziehen.

Auch Judith wurde dann angepöbelt und so fuhren wir dann weiter nach Ludwigslust. Im Spiegelbild des Zugfensters sah ich dann mein blaues Auge und mein riesiges zermatschtes Ohr.



Lustig war, dass ich keine Schmerzen hatte. Eine Woche vorher hatte ich ja schon einen Kopfschlag auf meinen Mund bekommen und auch da spürte ich nichts als reine Verwunderung, dass ich nichts spürte. Nächstes Wochenende gehe ich dann mal nicht weg. Das ist ein reine Vorsichtsmaßnahme und ich denke mir, dass es sich jetzt von Wochenende zu Wochenende gesteigert hat. Erst der Mund, nun Auge und Ohr und das nächste Mal vielleicht eine gebrochene Nase und ein zerwürgter Hals.
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Da schlag ich dem Schicksal ein Schnippchen.



Jetzt warte ich auf Judiths Anruf, aber ihr Handy wurde ja geklaut und mit dem Auto kann sie auch nicht kommen. Sie muss mir meine Sachen bringen, wenn ihre Wohnung nicht ausgeräumt ist und ich kühle mir mein blaues, lila Auge und werde nie wieder das Haus verlassen.



Ein wenig unangenehm auch, dass ich beim Kauen einen scharfen Schmerz im Kiefer spüre, meine Nase taub ist und mein Kopf überall drückt und schmerzt. Meine Lippen sind innen aufgeplatzt und mein rechtes Auge brennt wie ein Lagerfeuer.



Danke Nazis, dass ihr mir diesen Text geschenkt habt, Danke für mein Aussehen und das Ansehen von Mecklenburg. Danke für die Dummheit und Erfahrung. Danke, dass ich noch lebe und danke, dass ihr Judith nicht geschlagen habt.

Danke dass ihr so was unwichtiges wie mein Gesicht getreten habt und meinen restlichen Körper ausgelassen habt. Danke, Danke, Danke.



Was für kleine nette Rabauken. Ich mag sie. Die können ja auch nichts dafür das sie so sind. Sind halt falsch aufgewachsen und manche Dörfer und Kleinstädte scheinen ziemlich viele kaputte Sozialstrukturen zu haben. Nach Neustadt Glewe fahre ich nicht mehr. Nach Spornitz und Ludwigslust auch nicht und jedem „Normalen“ rate ich, dort wegzuziehen.



Ich möchte nichts weiteres mehr geschenkt. Danke.
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Punktestand der Geschichte:   7
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Kommentare zur Story:

  Jaja... laufen wir 'Heil Hitler' grölend durch die Strassen, singen Parolen über die gute alte Zeit vom guten alten Adolf und hauen wir ein paar 'Normale' nieder... So toll kann das Nazileben doch sein!
Eine Schande ist sowas... eine Schande für Deutschland, eine Schande auch für meine Schweiz.
Ich habe selbst ein paar Freunde, die sich eher rechts halten, doch mit wirklichen Neonazis lasst mich bloss in Frieden! Genauso mit Linksautonomen und ihrer roten Front... Alles Bullshit!
Schöner Text, wenn auch ein wenig seltsam. Erstens weil René recht hat, es sieht wirklich aus wie ein Entwurf. Und zweitens: Waren die Jungs von der Hitlerjugend einfach betrunken oder was? Wieso haben sie gerade dich geschlagen?  
Aves  -  03.11.04 21:45

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  Unabhängig vom Inhalt (den ich berührend finde und der mich zornig macht) finde ich ihn in dieser Form verschwendet. Ich glaube wirklich, dass du ein bissl abstand zum erlebnis finden solltest und dann diesen text nochmal durchlesen. Mehr als ein entwurf kann das nicht sein. Polemisch gesagt: ich seh keinen stil sondern lose aneinanderreihung. Keine dichte. Keine spannung.
Das ist meine meinung. Hoff es bringt dir was, weil ich dir nicht irgdwie blöd kommen will bei einer persönlichen sache ... (ich bewerte es auch nicht)  
René Bauer  -  01.11.04 15:20

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