„Einen Killer?“, wiederholte er überrascht, aber nicht schockiert. Er kannte sie so gut, dass er wusste, wie sehr sie Gewalt verabscheute. Er wusste, dass es ihr sehr ernst sein musste. Niemals würde sie jemanden „grundlos“ sterben lassen wollen, aus einer Laune heraus.
„Ja, es geht nicht anders, ich weis mir keinen Rat mehr“, erwiderte sie, während ihre braunen Augen ihn traurig und verzweifelt anschauten.
„Süße, was um Himmels Willen ist denn passiert?“, fragte er sie, er stand auf und schüttete sich noch einen Bacardi ein. Er nahm ihr Glas und füllte es ebenfalls noch mal. Er reichte es ihr und sah sie fragend an.
Sie begann ihre Erzählung damit, dass es ihr und den Kindern im Prinzip sehr gut gehe. Nur der Vater der Zwillinge, würde versuchen ihr das Leben schwer zu machen. Sie berichtete davon, wie er sich mit Raffinesse um jegliche Unterhaltszahlungen drücken würde, im Prinzip aber über ein stattliches Vermögen verfügt. Mit welch billigen Ausreden er es umgeht, jegliche Verantwortung zu tragen, obwohl sie es ihm wirklich einfach gestalten würde, den Kontakt zu seinen Kindern zu halten. Sie berichtete, wie sehr er sie tyrannisiert und versucht sie auf billigste Weise zu erpressen, dass sie zu ihm zurückkehrt, nur unter dieser Bedingung würde er sich um seine Kinder kümmern wollen. Anderenfalls würde er sich später irgendwann in das Leben seiner Kinder schleichen, sich als „bester Freund und Kumpel“ profilieren wollen und ihren Kindern erzählen wollen, dass sie – die arme unschuldige – die Wurzel allen Übels sei und er das arme unschuldige Opfer. Dabei würde er sicherlich nicht wirklich die üblen Diskussionen erwähnen, die sie wegen jedem Dreck mit ihm führen musste, seine krankhafte Eifersucht würde er ebenfalls unter den Tisch fallen lassen. Sie war überzeugt davon, dass er es schaffen würde, alles so widerzugeben, dass sie tatsächliche als die Böse dastehen würde, die ihren Kindern den Vater genommen hat. Er – das arme Schaf, wird sich als absolut bemitleidenswert profilieren und mit seiner gutmütigen „Kumpelmasche“ sicherlich schnell die Kinder beeindrucken können. Sie erzählte Toni, wie sehr sie fürchtete, dass ihre Kinder das glauben würden, dass sie vielleicht nicht in der Lage sein werden, die Wahrheit zu sehen! Toni nickte zustimmend und schwieg.
Seite 1 von 5
Er liess sie einfach ausreden, im Zuhören war er schon immer gut gewesen. Sie erzählte ihm von dem bitterbösen E-Mail-Kontakt den sie noch hegten, dass er ohnehin ein ums andere Mal bereits gedroht hatte, sich vor einen Zug werfen, alles nur um ihr zu Beweisen, wie sehr er sie liebte und wie sinnlos sein Leben ohne sie wäre.
„Du hast ihn nie wirklich geliebt?“, fragte Toni.
„Nein, niemals – nicht eine Sekunde lang, dafür hat er sich selbst immer zu lächerlich gemacht! Ich konnte ihn nie ernst nehmen!“, sagte sie traurig.
Sie erzählte weiter, wie sehr sie sich bemüht ihren Kindern ein schönes Leben zu bieten – auch ohne Vater. Aber das sie es nicht einsieht, dass er all das eines Tages kaputt machen wird und nur dafür lebt er noch – für diese Rache. Außerdem würde ihren Kindern ja auch ein stattliches Vermögen zukommen, wenn der Vater sich vorzeitig aus dem Leben verabschiedet. Aufgrund ihrer finanziell eher angespannten Situation, eine ungemeine Erleichterung. Sie könnte ihren Job an den Nagel hängen und könnte sich ganz drauf konzentrieren, ihren Kindern ein traumhaftes Leben zu bieten.
Sie erzählte Toni, dass er ohnehin niemals begeistert war, dass sie Zwillinge bekamen. Wie sehr sie ihn damals für seine Sprüche zu hassen begann. Wie oft er ihr einsuggestieren wollte, dass einen 2 Babys umbringen werden. Und wie sie dann in der Schwangerschaft den Entschluss fasste, dass sie es sicherlich schaffen wird und ohne ihn sogar noch besser. 3 Kinder, dass hätte sie nicht geschafft, nein und nichts anderes war der Vater in ihren Augen. Ein kleines Kind, das meint, dass er mit seiner Sturheit und krankhaften Eifersucht irgendwas erreichen konnte. Zur Kröhnung ihres Streits hatte sie ihm vorgeworfen, dass wenn er gemeinsam mit seinen Kindern erwachsen werden wolle, er langsam damit beginnen müsse, denn sonst würde er den Anschluss verlieren.
Toni lachte: „So schlimm?“
„Schlimmer!“, erwiderte sie und schwieg dann.
Toni begann zu überlegen, man sah wie sehr er sein Gehirn anstrengte und schließlich sagte er: „ Mach dir keine Gedanken mehr, es wird erledigt.“
Ein kleines erleichtertes Lächeln huschte über ihr Gesicht.
Seite 2 von 5
Sie stand auf und bediente sich ein weiteres Mal an dem Bacardi. Während sie ihr Glas füllte, schaute sie zu Toni rüber und sagte: „Danke!“ Toni schaute besorgt zu ihr rüber: „Na, fahren kannst dann wohl heut nicht mehr!“
„Können kann ich vieles, aber nein, ich fahre heut net mehr!“
Eine Stunde war inzwischen vergangen und es klopfte wieder an der Tür.
Toni gab sein übliches „Jaha!“ von sich und im selben Atemzug ging auch schon die Tür auf und der Drache kam wieder rein.
„Du kommst mir grade Recht!“, sagte Toni kühl.
Nina kombinierte scharf und bevor Toni eine Erklärung beginnen konnte, fiel sie ihm ins Wort: „Nicht der!“
Toni sah sie an und erwiderte: „Er ist der Beste auf diesem Gebiet, man könnte sagen, es liegt ihm im Blut andere zu killen!“
„Ja, er war schon immer verdammt gut dadrin, anderen weh zu tun!“ erwiderte sie bitter.
Der Drache stand ca. 3 Meter von ihnen entfernt, warum er sich nicht setzte, war ihr wirklich ein Rätsel.
„Redet ihr eigentlich über mich?“ fragte er schliesslich, obwohl er die Antwort genau kannte.
„Jo,“ erwiderte Toni knapp, „aber ich denke, ihr habt da erst mal was zu klären, was immer das sein mag! Ich geh mal nach vorn und schau nach dem Rechten!“
Toni stand auf und verliess eiligen Schrittes den Raum.
„Na prima,“ entfuhr es ihr.
„Was ist prima?“ fragte der Drache grinsend.
„Es war schon immer mein Traum mit Dir noch mal allein in einem Raum zu sein!“ erwiderte sie ironisch.
Der Drache ignorierte die Ironie in ihrer Stimme komplett und antwortete grinsend: „Das kann ich mir denken!“
„Weißt du was, wo uns das Schicksal hier noch mal zusammgeführt hat, da nutz ich doch gleich mal die Chance und sagt dir etwas: DU kotzt mich an! Ich wünschte du wärst mir egal, aber das bist du nicht, ich hasse Dich!!“
Das dämliche grinsen in seinem Gesicht wirkte wie eingefroren, diese Worte trafen ihn. Man sah förmlich wie jedes einzelne dieser Worte in seinem Gehirn ankam und ihn wie kleine Dartspitzen trafen.
Seite 3 von 5
„Warum sagst du das?“ fragte er sie.
„Weil es so ist!“
„Nina, du hasst mich nicht!“
„Ach nein, tue ich nicht?“ ihr Blick funkelte Böse.
„Dann verrat mir doch mal, was genau ich getan habe? Ich war immer ehrlich!“
„Ehrlich?? Ehrlich?? DU hast uns einen beschissenen Traum vorgegaukelt und dann hast du mich allein gelassen und alles was übrig geblieben ist, war diese verdammte Traum! Das hast du getan!“
„Ich habe nur die Möglichkeiten aufgezeigt, die es für uns geben würde!“ sagte er allen ernstes.
„Du glaubst das wirklich, oder?“ fragte sie ihn und sie musste sich verdammt zusammenreissen, es hätte ihr keine Mühe gekostet jetzt Tränen fliessen zu lassen, aber ihre Schwäche sollte er niemals sehen.
„Es tut mir wirklich leid!“ sagte er und schaute ihr dabei tief in die Augen.
„Leid? Leid? Mir tut es auch leid, dass ich dich jemals kennengelernt habe!“ sie war wütend, dass er wieder einmal versuchte, als doch so gelassen und nett da zu stehen.
„Das führt doch zu nichts!“ sagte er schließlich.
„Eben, es führte nie zu irgendwas!“
„Was ist dein Problem?? Drück dich doch einmal klar aus!“
Sie schwieg, sie hasste es schon immer, wenn er irgendwelche Dinge aus ihr herausquetschen wollte. Dann wurde sie stur und sie konnte verdammt stur sein und eisern schweigen, wenn sie wollte. Sie hätte diese Unterhaltung noch stundenlang fortsetzen können, ohne dass sie irgendwas wirklich gesagt hätte.
„Es ist dein Stolz, dein verdammter Stolz! Nicht mehr und nicht weniger“ sagte er plötzlich in die Stille hinein und lächelte.
„Bitte?“
„Du hasst mich dafür, dass ich nicht eine deiner „Spielfiguren“ war, dass ich nicht so funktionierte wie du wolltest! Und ich habe dir immer gesagt, dass man mich nicht manipulieren kann.“
Sie schluckte. Er hatte verdammt Recht mit diesen Worten, im Prinzip war er ihr egal, sie hasste ihn dafür, dass er ihr nie willenlos ergeben war, sondern er immer er selbst blieb. Es war ihr dämlicher Stolz, der es nicht ertragen konnte, dass sie ihn nicht „beherrschen“ konnte. Hätte sie es gekonnt, es wäre ihr schnell langweilig geworden.
Seite 4 von 5
r schnell langweilig geworden.
Seite 5 von 5