SchlangenWesen oder TrittBrettFahrt   19

Fantastisches · Kurzgeschichten

Von:    Soleijan      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 20. Juni 2004
Bei Webstories eingestellt: 20. Juni 2004
Anzahl gesehen: 1857
Seiten: 2

Bevor ich mich in dunkler Stunde müßig von meinem letzten Kumpel verabschieden musste, um schließlich meine Reise anzutreten, war sie schon bei mir.



Erst war sie nur Utensil, unter vielerlei anderen, die des Abschieds Brauches halber mitgegeben werden. Ein Objekt das, unter vielerlei anderen, die als Erinnerung an die verlassenen Lieben, die liebend zuhause zuwarten, dienen sollte. Doch das schien sie nicht zu sein, wie sich schon nach kürzester Zeit herausstellen sollte.



Es handelte sich bei diesem Abschiedsgeschenk, das keines gewesen sein konnte, da es unmöglich war sich zu entsinnen, wer einem ein solches hätte mitgeben sollen, um eine knallgrüne Schlange aus Plüsch, signalfarben und unsagbar flauschig, kitschig beinahe, jedenfalls kindisch.



Was dann auf hoher See geschah war jenseits aller Vorstellungskraft, schier absurd, als dieses Wesen zum Leben erwachte, mit einem Mal sich an meinen Körper schmiegte, weich und sanft, wie nie zuvor erlebt, an den Rundungen meiner Körperlichkeit entlang fließt, als wäre sie zeitlebens nie anderen Orts gewesen und ich nie ohne. Wie Flüssigkeit mit Eigensinn passt sie sich jeder Stelle meines Körpers, jeder Einbuchtung, jedem Überhang optimal an und führte mich in Geborgenheit und Wohlbefinden, wie ich es mir bis dahin nicht mal zu erträumen wagte, ganz und gar umschlungen, eingehüllt.



Mir war dann plötzlich als wäre ich nicht mehr in mir selbst und ich beobachtete diese Zusammenführung aus anderen Augen. Als mein eigener Kapitän stieg ich einige Stufen hinab und sah überrascht dieses Bündel aus Signalgrün, Plüsch und Haut. Und als Kapitän erkenne ich mich selbst darin, eingepackt, umfangen und muss mit Schrecken feststellen, dass sich in mir kein Leben mehr rührt ? ein weiterer Matrose tot, doch das ist dem Kapitän einerlei, denn das Schiff als die große Maschine funktioniert und wird auch ohne dieses eine fehlende Zahnrädchen weiter in See stechen. Wieder zurück in meiner eigenen Perspektive sehe ich den Kapitän die Stufen hinauf verschwinden, bin wieder in mir selbst und wach, lebendig aber ganz und gar umschlungen, eingehüllt.



Von ihr.



Doch sie ist nun plötzlich nicht mehr weder Plüsch noch eine Schlange und signalfarben, vielmehr ist sie Mensch, Mädchen um genau zu sein und alles was an ihr Schlangendasein erinnert ist ihre gespaltene Zunge, die mich lockt, verführt.
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Bei genauerem Hinsehen erkenne ich, dass ihre Augen tot sind, kein Tor zur Seele, nur so tief wie Spiegel, 7 mm Glasscheiben und Aluminium dahinter. Leblose Reflektoren.



Und wir sind nicht mehr allein, neben uns liegen noch mehr Matrosen, ein ganzes Lager aus Körpern die sich kreuz und quer stapeln und wie es scheint alle darauf warten sich die Zeit von ihr vertreiben zu lassen. Und sie schmiegt sich wieder quer über mich, halb auf den nächsten und sieht mich direkt an, ausdruckslose Augen. Sie spricht mit ihrer gespaltenen Zunge, sie habe mich zwar erdrosselt, mir jede Luft genommen, mir das Leben entzogen, doch was solle sie tun, es wäre ihre Wesenart und ich habe mich nicht gewehrt, ganz im Gegenteil. Sie bräuchte das Schiff um dahin zu kommen, wo sie hin wolle und ihr Weg sei noch weit. Ein Monolog, frontaler Vortrag, weder Widerwort noch Zuspruch erwünscht geschweige denn ermöglicht. Ich versuche gar nicht erst irgendwas zu sagen, da ich weiß, dass ich längst keine Stimme mehr hab. Ein Blitzen in den Spiegelaugen des Schlangenweibs, sie blinzelt mir überlegen und gebieterisch zu und ergibt sich des nächst anliegenden Matrosen Gunst. In mir steigt plötzlich eine Entscheidung hoch, die unmittelbar Gewissheit wird, dass ich nun nicht mehr grübeln werde, ihr diese Überfahrt ermöglichen, ja sogar unterstützen möchte wo ich kann und alles vergesse was zuvor geschah. Das fällt auch gar nicht schwer, war sie doch nun anderer Gestalt, nicht dieses schlangenzüngige Mädchen hatte mich einst erdrosselt, mögen auch ihre Augen signalfarben blitzen können, sondern dieses Schlangending aus Plüsch war es doch gewesen. Rede ich mir ein, dass es ein grünes Ding war, leblos aber unsagbar weich, welches mir das Leben nahm, sehe ich doch weit und breit nichts, was einer solchen Beschreibung gerecht werden würde.



Ich stellte eine Forderung im Geiste an sie, im Gegenzug zur sicheren Reise und meiner gesamten Lebenskraft, solle sie nie aufhören, mich zu verführen. Vergessen hatte ich die anderen Matrosen.



Nie träumte ich so unzweideutig?



Sie ist bestimmt dort angekommen, was jedoch mit mir nichts mehr zu tun hatte.
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Sie ist bestimmt dort angekommen, was jedoch mit mir nichts mehr zu tun hatte.
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Hallo, besonders die letzte strophe gefällt mir. Wäre das leben nur schön und man hätte alles, wäre man auch nicht glücklich. lg Holger

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Da hab ich mich bestimmt nur vertippt.

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