Nicht Angst,

sondern Mitgefühl und Verständnis empfinden -

für die Frau mit den blauen Haaren,

die in der dunklen Strasse nach Zigaretten fragt.

Unwahrheiten und Lebensgeschichte aussortieren.

Ungläubiges Erstaunen - sie errät meine Herkunft.

Die Erkenntnis, dass ich nichts ausser blinden Vorurteilen

gegen Menschen wie diese Frau gehegt habe.

Verstecktes Wissen unter blauen Haaren.

Von der Psychiatrie in Osttirol

In die Nervenklinik in Rankweil gebracht.

Ein Kind geboren im Landeskrankenhaus Feldkirch.

Weiter nach Innsbruck - Psychiatrische Abteilung der Uni-Klinik.

Soviel Leid und Fragen, die sich stellen,

in einer kurzen Erzählung.

Ein Spaziergang unter dem verdunkelten blauen Himmel der Nach t-

bedeutsame Nacht.

Ihr Stolz: mein Kind, Jakob.

Hat er auch blaue Haare?

Das Grübeln über die Entstehungsgeschichte dieses Babys -

sie lässt meine Angst vor dieser Frau verschwinden.

Nachdenken über Ordnung, System, Sinnfragen der Menschheit.

Wer schläft mit dieser verwirrten, psychisch kranken Frau?

Wer nutzt ihre Krankheit aus?

War es Vergewaltigung? Oder Missbrauch in der Familie?

Eine kranke Frau, die alles schon erlebt hat,

die Kunstgeschichte studiert hat,

schon in Spanien, Frankreich, England war-

überall.

Egal, was ich von mir vorlüge:

Sie hat dasselbe schon mal gemacht.

Anschluss finden, gleiches tun,

was Menschen ausserhalb ihrer blauen Welt tun.

Die Menschen ohne blauen Haare.

Ich fühle mich nicht wohl.

Mit meiner Lüge, meiner unbegründeten Angst im Rücken.

Bin ich zu feige, einer Frau, die beschützt werden muss,

meinen wahren Namen zu sagen?

Der Gedanke an das Schicksal dieser Frau begleitet mich, vorbei

an Menschen, mit Furcht und Abstossung in ihrem Blick, bis nach Hause.



Hoffentlich kommt sie gut nach Hause,

die Frau mit den blauen Haaren.