Kurzgeschichten · Schauriges · Winter/Weihnachten/Silvester

Von:    Nora Buchberger      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 12. Januar 2003
Bei Webstories eingestellt: 12. Januar 2003
Anzahl gesehen: 2108
Seiten: 2

Die tiefwinterliche Kälte schnitt selbst durch seine dicken Handschuhe, so daß er die Fäuste schaudernd auch noch in die Taschen des Mantels vergrub. Im fahlen Mondlicht sah er seinen eigenen Atem vor sich schweben, und die dunklen Tannen verschwammen in regelmäßigen Abständen vor seinen Augen. Er war nervös; das war er immer, wenn er im Dunkeln durch den Wald gehen mußte. Er hatte auch kaum einen Blick für die Schönheit des Himmels über ihm, der in dieser frostigen, gläsernen Nacht alle Sterne enthüllte.

Immer wieder hatte er das vage Gefühl, verfolgt zu werden. "Reiß dich zusammen, aus diesem Alter solltest du längst heraus sein!" Die Selbstzurechtweisung bewirkte das Gegenteil von dem, was er erhofft hatte: der zu laute Klang seiner Stimmer erschreckte ihn. Unvermittelt sah er wieder den Zeitungsartikel vor sich. Sein Herz polterte einen unruhigen Rhythmus, als er sich die Geschichte ins Gedächtnis zurückrief. Von vier unaufgeklärten Morden war die Rede, vier hoffnungsvolle junge Menschen, brutal aus dem Leben gerissen. Die Polizei mit nur einem Anhaltspunkt: Mordhelfer war scheinbar jedesmal des Menschen bester Freund, ein Hund. Boxer wahrscheinlich, oder Bulldogge; die Gerichtsmediziner waren sich noch nicht sicher. Er schluckte. Wenn er an seine Frau und die zwei Kinder zuhause dachte, saß ihm ein Kloß im Hals. Eigentlich unverantwortlich, sie alleine zurückzulassen. Wieviele Verrückte mochten in dieser Gegend noch beheimatet sein? Er hatte seine Arbeit diesmal zwar so schnell wie möglich erledigt, trotzdem verspürte er den Drang zu laufen, um früher zu Hause zu sein. Angeblich verfolgte die Polizei auch schon einige Verdächtige, aber bestimmt war das nur so daher gesagt, um die Bevölkerung zu beruhigen. Er schluckte wieder krampfhaft.

Erneut das paranoide Gefühl, nicht alleine zu sein. Er beschleunigte seine Schritte. Die Morde passierten immer am selben Wochentag; zwischen den selben Tagen, um genau zu sein. Sonntag - Montag, Sonntag - Montag... Morgen war wiederum Wochenbeginn.

Er sah seine Frau vor sich, das dunkle, von Wald umgebene Haus, vermeinte Schatten im Rücken zu spüren... Wenn er nur schon da wäre! Er rannte jetzt fast. Die letzte Biegung, vor ihm das Haus. Ein kurzer Schreckenslaut entkam seinen Lippen, und von einem Augenblick zum nächsten drohte sein Herzschlag zu stocken, bevor er mit zehnfachem Tempo wieder einsetzte.

Was er befürchtet hatte, war scheinbar eingetreten.
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Die Vorderfront des Hauses war in kaltes, kreisendes, blaues Licht getaucht. Das Schnarren der Funkgeräte drang bis hierher, Lichtkegel irrten durch den Garten. Es kam ihm vor, als hätte er eine Ewigkeit auf dieses Szenario gestarrt, unfähig sich zu bewegen. Kraftlos murmelte er den Namen seiner Kinder, seiner Frau; er ahnte daß er sie wahrscheinlich nie mehr sehen würde können. Doch er wußte was zu tun war. "Nein, das lasse ich nicht zu, uns können sie nichts anhaben, niemals!" Seine Stimme schnappte hysterisch über, statt beruhigend zu wirken.

Sein Begleiter aber verstand ihn. Die treuen braunen Augen blickten ihn an, als er den schweren Kopf zu ihm drehte, und ein schwaches Grollen löste sich wie zur Bestätigung aus seiner bluttriefenden Schnauze. Das Gesicht zu einer grinsenden Maske erstarrt und mit dem glitzernden Blick eines Verrückten, verschwand er wieder im Schatten der Bäume und ließ seine Familie mit den Fragen der Fahnder alleine. Der Hund folgte ihm lautlos, noch bevor der Scheinwerfer der Polizei die beiden entdecken konnte.
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Punktestand der Geschichte:   31
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Kommentare zur Story:

  Nun les ich gerade in dem Kommentar von Dir, das die Familie nicht gekillt wurde.
Wenn die also nicht tot sind, was ist dann passiert?
Für eine Storie mit dem Ende was ich daraus erkannt habe, reicht die Länge.Die Geschichte ist Klasse.
SOLLTE JEDOCH ETWAS ANDERES PASSIERT SEIN, DANN HAST DU IN GROSSEN RÄTSELN GESCHRIEBEN UND ES BEDARF EINER AUFKLÄRUNG, ZUMINDEST FÜR DIE LESER DIE EIN BRETT VOR DEM KOPF HABEN.
DIE AUFKÄRUNG SOLLTE IN EINER ÜBERARBEITETEN UND LÄNGEREN VERSION DIESER STORIE STATTFINDEN:
Evtl. erklärst Du mal im Forum wie es gemeint ist.
Erklärungen unter den Geschichten sind sicher nicht so gut. Man klick ja nicht immer wieder die gleiche Storie an.  
Wolzenburg  -  15.01.03 08:03

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  Oft merkt man ja schon sehr früh was los ist, doch Du hast es verstanden die Auflösung heraus zu zögern.
Es hätte mich noch gefreut wenn die Polizei diesen Irrsinnigen geschnappt und den Köter erschossen hätte.
Trotzdem eine tolle Geschichte
4 Punkte  
Wolzenburg  -  15.01.03 07:51

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  Schon merkwürdig, was manche Menschen als "ihre Arbeit" bezeichnen. Inwiefern "arbeitet" der Killer? Was steckt dahinter? Welche "Mission" sieht er für sich? Wer sind die anderen "Verrückten", vor denen er seine Familie glaubt schützen zu müssen? Weshalb bezeichnet er in Gedanken seine eigenen Taten als "brutal aus dem Leben reißen"?
Die Familie lebt - noch? Ich denke, sie wird auch daran glauben müssen. Schon, um sie dem Zugriff "der Verrückten" (anderen?) zu entziehen.
Grauslich.
5 Pte.  
Gwenhwyfar  -  14.01.03 10:09

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  Gut. An einigen Stellen könnte es noch klarer sein, noch verwobener. Vielleicht ein paar zweideutige Rückblenden oder so ...?
Trotzdem gut zu lesen. Ich mag diese Art von Geschichten.  
Middel  -  12.01.03 21:20

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  Gut geschrieben, am Anfang hat man wirklich noch Mitleid mit diesem armen vom Schicksal geschlagenen Familienvater. Aber dann wendet sich das Blatt, als er seine wahre Seele zeigt.
5 Punkte  
Destiny  -  12.01.03 18:06

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  Fast richtig; seine Familie lebt aber noch.
Ich weiß daß das Ende ein wenig unklar ist. Aber wenn man selber weiß, wie es gemeint ist, ist es sehr schwer, den Punkt zu finden, an dem der Leser zwar noch ein wenig denken muß, aber trotzdem auf die "Lösung" kommen kann.

Ich hab ein paar kleine Änderungen gemacht; ich hoffe das es jetzt klarer ist.
Danke jedenfalls!  
Nora  -  12.01.03 14:46

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  Richtig verstanden? er ist der Mörder mit dem Hund und hat die eigene Familie ungebracht? Fühlte er sich deswegen verfolgt?
Ich mag Geschichten zum Nachdenken, aber etwas klarer sollte es zum Schluss sein, nur ein Hauch klarer. Sonst finde ich es sehr gut  
pascal gut  -  12.01.03 14:17

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Interessante Kommentare

Kommentar von "Nausicaä" zu "frühling z2"

einfach toll, dieses frühlingsgedicht. du findest in deinen gedichten häufig ganz eigene, besondere bilder. wunderschön, ohne kitschig zu sein.

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Kommentar von "rosmarin" zu "Die Belfast Mission - Kapitel 08"

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