Romane/Serien · Fantastisches · Frühling/Ostern

Von:    Autorenteam SV Willemsen      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 11. März 2001
Bei Webstories eingestellt: 11. März 2001
Anzahl gesehen: 3220
Seiten: 22

Immer wieder gibt es Berichte, Geschichten, Erzählungen, Legenden und Sagen über die

Vergangenheit.

Es gibt Dinge, die man beweisen, erklären, und wissenschaftlich belegen kann. Es gibt aber auch

Dinge, die bis heute unerklärlich sind. Über sie gibt es nur Vermutungen oder Spekulationen. Eines

dieser unerklärten Phänomene ist die Walpurgisnacht. In dieser Nacht beherrschen die Hexen den

Blocksberg.

In einer Überlieferung heißt es, dass die Römer in der Nacht zum 1. Mai plötzlich vom strategisch

wichtigen Berg verschwunden waren. Ebenso die deutsche Wehrmacht, die den Berg 1941

kampflos geräumt hatte.

Für all das gibt es bis heute weder eine Erklärung, noch eine schriftliche Dokumentation. Aber es

gibt ihn heute immer noch, den BLOCKSBERG.



Am Fuße des Blocksberges gibt es das kleine Dorf Xantos. Wenn man sich das Dorf so anschaut

könnte man glauben, dass die Zeit seit über hundert Jahren stehen geblieben ist. Alte

Fachwerkhäuser, Rieddächer, enge Straßen aus Kopfsteinpflaster. Ab und zu verirrt sich auch mal

ein Reisebus nach Xantos. Die Touristen aus der Großstadt bewundern dann die alten Häuser.

Anschließend gönnen sie sich eine kleine Erfrischung bei "den Elfen", dem Gasthof im Dorf. Bei

dieser Gelegenheit erzählt der Wirt, Herr Hora, eine kurze Geschichte über den Blocksberg. Und

je gruseliger die Geschichte klingt, desto mehr Trinkgeld geben die Touristen.

Hora rechnete gerade die Tageseinnahme zusammen, als seine Frau Gerda aus der Küche kam.

"Und?" fragte sie neugierig.

Hora schüttelte enttäuscht den Kopf. "Ich muss mir unbedingt etwas anderes, schrecklicheres

ausdenken."

"Eine Belebung unseres Dorfes würde uns sicherlich gut tun," bemerkte einer der einheimischen

Gäste.
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"Wir müssten eine Attraktion haben," überlegte Hora. "Ein Spukschloss, Ritterspiele, Disneyland."



"Wir könnten doch unser Dorffest mit den Touristen feiern. Schließlich wollen sie was erleben,"

schlug Gerda vor.

Hora schüttelte nur den Kopf. "Du kannst doch keine fremden Leute zu unserem Hexenfest

einladen."

"Die Leute aus der Stadt sind so blöd, die merken das überhaupt nicht," lachte einer der Gäste.

"Die halten das für eine Attraktion!"

Alle lachten herzhaft über diese spontane Idee. Man entschloss sich, eine Dorfabstimmung darüber

zu machen. Und die Mehrheit solle dann entscheiden.

Am nächsten Abend trafen sich die Bewohner des Dorfes in der Gaststätte. Wie bei jedem

Vorschlag gab es auch hier unterschiedliche Meinungen.

"Wenn jemand unser Fest durchschaut, werden Wissenschaftler, Biologen, das Militär und

schlechte Menschen in unser Dorf kommen. Wir werden zu Versuchskaninchen. Das Geheimnis

der Fliegerei wird keins mehr bleiben. Was das für Folgen haben kann, möchte ich nicht

aussprechen," sagte Frieda, eine der ältesten Frauen des Dorfes. Ihre Argumente fanden

besonders bei den älteren Damen großen Anklang.

Die jüngeren Damen waren eher für ein gemeinsames Fest. Es müsste aber bis ins kleinste Detail

organisiert werden, damit niemand verdacht schöpft. Eine professionelle Show eben. So könnte

man auch die leere Dorfkasse wieder auffüllen. Das würde einen riesen Spaß geben. "Hunderte

von Jahren waren wir unter uns, und konnten das Geheimnis hüten.
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Es gab nur Legenden und

Gerüchte über den Blocksberg. Wenn ein normaler Mensch hinter das Geheimnis kommt,

verlieren wir unsere Heimat," gab Theresa zu bedenken. Sie war die älteste Frau im Dorf.

Niemand wusste genau, wie alt sie eigentlich war. Einige sprachen von 80, andere sogar von 107

Jahren. Was Theresa sagte, wurde von allen akzeptiert. Sie war eine kluge Frau.

"Andererseits....," lächelte sie. "Andererseits käme wieder Leben in unser Dorf. Wir könnten mal

wieder ganz offiziell über den Blocksberg fliegen, ohne Einschränkung der Flughöhe. Kapriolen

und alles was dazu gehört," schwärmte sie. "So wie früher, als ich noch jung war." Alle lachten und

kicherten, so dass eine Abstimmung nicht mehr notwendig war. Der Vorschlag war

angenommen!!!

Für diesen Anlass wollten die Damen auch das alte Hexenbuch wieder ausgraben, um bei den

Vorbereitungen nichts dem Zufall zu überlassen. Alles sollte perfekt sein.

Und noch am gleichen Abend begann Hora mit dem Dorfältesten das Grab von Anton Rabe zu

öffnen. Das Grab, in dem das Hexenbuch vor vielen Jahren vergraben wurde.

"Der Boden ist steinig und gefroren," fluchte Hora. "Ich komme kaum mit dem Spaten in die

Erde."

"Möchtest du einen Eispickel?" fragte der Dorfälteste, als er seine Pfeife stopfte.

"Wenn du mir helfen würdest, ginge es schneller."

"Geht nicht, mein Rücken. - Du musst dich beeilen, die Sonne geht bald auf. Das Buch muss vor

Sonnenaufgang aus der Kiste sein, sonst verliert es seine Zauberkraft."

Doch so sehr Hora sich auch bemühte, die Zeit würde nicht reichen. Völlig entkräftet schnappte er

nach Luft.
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"Ich kann nicht mehr."

"Soll ich mal die Elfen fragen?"

Hora nickte. "Das ist eine gute Idee. Warum bist du nicht schon eher darauf gekommen?"

"Ich dachte, das Graben würde dir Spaß machen."

Also schloss der Dorfälteste seine Augen und konzentrierte sich. Bereits nach kurzer Zeit

erschienen unzählige Lichtpunkte am Horizont. Jedes dieser kleinen Lichter nahm einen Erdkrümel

aus dem Grab. In Windeseile wuchs der Erdhaufen und die goldene Kiste kam zum Vorschein.

Doch die Sonne hatte bereits den Horizont überschritten, als Hora das Buch aus der Kiste nahm.

"Ich hoffe, es war nicht zu spät," sagte der Dorfälteste besorgt.

In den darauffolgenden Tagen begannen die Frauen des Dorfes mit den Vorbereitungen. Frau

Schön und Frau Schick waren für die Speisen zuständig. Sie fanden im Hexenbuch einen

originalen Hexenschmaus aus dem Mittelalter. Ebenso einen alten Hexentrank, den Frau Schussel

und Frieda brauen wollten. Handzettel drucken, Werbung in der Zeitung und dem lokalen Radio

gehörte zu Theresas Aufgaben. Die Männer waren für die Stände, Tische und Stühle auf dem

Festplatz zuständig.

Mit einem großen Einkaufszettel fuhren die Damen in die Stadt, um die ungewöhnlichen Zutaten zu

besorgen. Zielstrebig gingen sie in die erste Apotheke, die sie fanden. "Guten Tag die Damen.

Kann ich helfen?" fragte der Apotheker freundlich.

Frieda holte den Zettel aus der Tasche. "Wir brauchen Knoblauchzehen, schwarzen Paprika,

getrocknete Froschaugen, 500 Gramm Mückenbeine, 10 Hinterbeine von trächtigen Ratten,

männliche Kreuzspinnen in Spiritus eingelegt, 6 Barthaare einer schwarzen Katze, und 1 Kilo

Schwefel."

Bei den letzten Worten hörten Sie einen dumpfen Aufprall.
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Der Apotheker war ohnmächtig zu

Boden gefallen. Etwas ratlos schauten die Damen hinter die Theke.

"Ob er sich verletzt hat?" fragte Theresa.

Doch Frieda winkte ab. "Ich glaube nicht. Last uns lieber verschwinden, bevor jemand kommt und

dumme Fragen stellt."



In einem Restaurant saßen unsere Damen bei einer Tasse Tee und überlegten, wie sie an die

Zutaten kommen könnten.

"Ich gehe nicht noch einmal in eine Apotheke. Wenn diese Kerle andauernd umfallen, fallen wir

auf. Wir müssen uns trennen. Jeder besorgt ein paar Teile," schlug Frieda vor.

Alle waren einverstanden und machten sich sofort auf den Weg.

Knoblauchzehen, schwarzer Paprika und Schwefel zu besorgen, war relativ einfach.

Getrocknete Froschaugen fand Frau Schussel in einem orientalischen Delikatessenladen. Diese

waren zwar tiefgefroren, aber das würde ja wohl nichts ausmachen.

Frau Schön nahm an einer Führung durch das hiesige Versuchslabor teil.

"Unsere Versuche führen wir an Hasen oder trächtigen Ratten durch, da die Reaktionen identisch

sind mit denen eines blinden Ferkels. - In unserem nächsten Raum befinden sich blaue Goldfische,

die wir für einen japanischen Großkonzern züchten...."

An dieser Stelle verließ Frau Schön unbemerkt die Gruppe.



In einem Tropenhaus fand Frau Schick verschiedene Arten von Mücken und Spinnen. Auf der

Hinweistafel wurde genau beschrieben, wie man Männchen und Weibchen unterscheiden kann.

Doch bei diesem wirren Treiben war es äußerst schwierig. Also beschloss sie, gleich die ganze

Kiste mitzunehmen.

"He, hallo! Wo wollen sie mit der Kiste hin?" rief einer der Tierpfleger, der Frau Schick

beobachtet hatte.
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"Der Tierarzt schickt mich. Die Spinnen sollen geimpft werden. Außerdem muss ich sie zählen,

eine Art Volkszählung. Eins, zwei, drei,......."



Am späten Nachmittag trafen sich die Damen am Auto, um den Heimweg anzutreten. Voller Stolz

hakten sie die benötigten Zutaten ab.

"Leider musste ich die Mücken zurück lassen," entschuldigte sich Frau Schick. "Der Tierpfleger

wurde schon misstrauisch, als ich die Spinnen mitnahm."

Aber Mücken gab es ja auch am heimischen See, bemerkte Frieda zuversichtlich. Fehlten jetzt nur

noch die Barthaare einer schwarzen Katze.

In diesem Augenblick fiel in einer Seitenstrasse ein Mülleimer um. Neugierig schauten unsere

Damen um die Ecke. Sie sahen, wie eine schwarze Katze in den Abfällen stöberte. Vorsichtig

näherten sie sich. "Komm mein kleines Kätzchen, komm.........."



Am Abend waren die Frauen damit beschäftigt, 500 Gramm Mückenbeine zu sammeln. Mit

Fliegendraht und Fliegenklatsche sammelten sie mühsam eine Mücke nach der anderen. Danach

wurden die Beine mit einer Lupe, Messer und Pinzette sorgfältig vom Rumpf getrennt.

"Warum können wir nicht die ganze Mücke in den Topf werfen?" wollte Frau Schön wissen. "Das

geht schneller."

Aber Frida winkte ab. "Der Rumpf einer einzigen Mücke kann das ganze Essen verderben."

"Stand in dem Hexenbuch nichts einfacheres, Erbsensuppe oder so?" In diesem Moment schlug

Frau Schussel wieder mit der Fliegenklatsche zu. "Habt ihr gesehen? Das waren drei auf einen

Streich!"

"Habt ihr die Spinnen schon in Spiritus eingelegt?" wollte Frieda wissen.
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Die Damen nickten. Leider konnten sie die weiblichen und männlichen Spinnen nicht

unterscheiden. "Ob das schlimm ist?"

Frieda überlegte. Sie nahm das Hexenbuch und blätterte nach.

"Hier steht nur was von männlichen Spinnen. Von Risiken und Nebenwirkungen steht hier nichts.

Wahrscheinlich verändert sich nur die Farbe der Suppe." Frieda hatte beim Lesen die Brille

vergessen. Sonst hätte sie die Schattierungen unter dem Text bemerkt. Ein Teil der Zeilen wurde

vernichtet, als das Buch nicht rechtzeitig aus der goldenen Kiste geborgen werden konnte. Aber

davon bemerkte im Moment niemand etwas.

Die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren. Der Festplatz war geschmückt, Zeitung und Radio

berichteten ausführlich. Alles lief reibungslos. Zu reibungslos, wie Hora skeptisch bemerkte. Doch

Theresa winkte ab. "Wenn Hexen hexen, geht nichts schief."



Am Nachmittag des 31. April kam sogar ein Übertragungswagen des hiesigen Radiosenders zum

Blocksberg, um live über den Hexentanz in der Walpurgisnacht zu berichten. Der Reporter

schaute sich ein wenig um. Roter, grüner, gelber und schwarzer Rauch stieg aus den Kaminen auf.



"Tolle Atmosphäre!" freute sich der Reporter. Es schien eine spannende Reportage zu werden. Er

ging zum Gasthof, wo er mit einer Lokalrunde versuchte, mit den Dorfbewohnern ins Gespräch zu

kommen. Vielleicht hatte er ja Glück, und er dürfte mal einen Blick hinter die Kulissen werfen.

Hora bemerkte dies.

"Der Pressefritze gefällt mir nicht."

Doch Frau Schick beruhigte ihn. Sie werde den ganzen Abend bei ihm bleiben. So konnte sie die

Fragen gleich beantworten und ihm einen Bären aufbinden.
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"Und wenn er zu neugierig wird,

verwandele ich ihn in ein Kaninchen."

Hora lachte. "Vergiss die Möhren nicht."

Frau Schick begleitete den Reporter und zeigte ihm das Dorf. Dabei erzählte sie etwas über die

Geschichte, den Bewohnern, und die Legende des Blocksberges.

"Aber Frau Schick. Das können sie den Touristen erzählen. Ich glaube weder an Ufos, noch an

fliegende Hexen in der Walpurgisnacht." Danach ging er in den Übertragungswagen, um die

technischen Geräte zu überprüfen. Schließlich sollte bei der Übertragung nichts schief gehen.

Gegen 18.00 Uhr trafen die ersten Busse mit den Touristen ein. Neugierig fotografierten und

filmten sie die Umgebung.

"Ich begrüße sie alle recht herzlich zur Walpurgisnacht hier am Blocksberg," begrüßte Frieda die

Gäste. Sie hatte extra ein Kleid aus dem Mittelalter angezogen, so, wie eine alte Hexe eben

aussah. "Folgen sie nun der Beschilderung. Das Fest findet auf dem Gipfel des Berges statt. Ich

erwarte sie dann oben."

Etwas schwerfällig liefen die Touristen den steinigen Weg hinauf. Kurz darauf sahen sie in einiger

Entfernung, wie eine Hexe auf ihrem Besen den Berg hinauf flog.

"Mach mal schnell ein Foto!" forderte eine Frau ihren Mann auf. Doch unsere Hexe war schon

vorbei, als die Kamera schussbereit war.

Weitere Gäste trafen ein. Ein Pfarrer, der mit erhobenem Kreuz den Blocksberg bestieg. Eine

Motorradgruppe, und ein mysteriöser Mann im Lodenmantel.

Frau Schussel begleitete die nächste Gruppe hinauf.

"Das Böse ist nahe. Kinder Gottes seit auf der Hut!" sagte der Pfarrer immer wieder.

Die Motorradfahrer lachten nur.
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"He Opi, hast du was geraucht?" Sie hatten ebenfalls den Ritt auf

dem Besen beobachtet, und freutet sich schon auf einen "coolen Ritt mit Oma", wie sie es

nannten.

Unbeeindruckt vom Reden des Pfarrers und vom Ritt auf dem Besen lief der mysteriöse Mann

voraus. Frau Schussel bemerkte das. Sie informierte Theresa sofort, als sie den Gipfel erreichten.



Das Fest war im vollen Gange. Alle amüsierten sich bei Musik, Tanz und Lagerfeuer, als Frau

Schön aufgeregt zu Frieda kam. "Irgendetwas stimmt mit der Suppe nicht! Die Froschaugen

schwimmen oben."

"Dann hole sie doch mit einem Löffel heraus," flüsterte Frieda.

"Aber dann haben wir ein nächstes Problem."

Frieda ging mit, um nach dem Rechten zu sehen.

"Die Suppe sieht ekelig aus," sagte Frau Schick. Sie konnte kaum in den Topf schauen. Vorsichtig

nahm sie ein Froschauge heraus. Dann warf sie es auf den Boden. Es gab eine Stichflamme und

gelber Rauch stieg auf. Einige Gäste bemerkten das und applaudierten begeistert.

"Und jetzt?" wollte Frau Schick wissen.

In diesem Augenblick kam Theresa zum Stand. "Habt ihr auch weibliche Spinnen in Spiritus

gelegt?"

Die Damen zuckten nur mit den Schultern. "Wir haben den Unterschied nicht bemerkt."

Schnell schüttete Theresa braunes Pulver aus einem kleinen Fläschchen in die Suppe. Danach

versanken die Froschaugen. Auch ein weiterer Test mit dem Knalleffekt verlief negativ.

"Was war das?" wollte Frieda wissen.

"Getrocknetes Rumkonzentrat. Aufgelöst hätte es fast 10 Liter ergeben."

"Wird die Suppe dadurch nicht zu stark?"

"Die Froschaugen binden den Geschmack.
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Die Wirkung bleibt, ihr werdet es schon sehen,"

kicherte Theresa. "Aber aufgepasst! Wenn jemand auf ein Froschauge beisst, kann er Feuer

spucken," warnte sie noch.

Theresa ging wieder. Dabei lief sie an diesem mysteriösen Mann vorbei. Sie blieb stehen, drehte

sich kurz um und überlegte. Dieser Mann hatte eine gewisse Ausstrahlung. Doch Theresa wusste

nicht so recht, was sie davon halten sollte. Der Mann stand nur da und starrte auf das Feuer. Dann

ging sie weiter.

Der Hexenschmaus war eröffnet. Alle nahmen von der köstlichen Suppe, so dass die Wirkung des

Rumkonzentrates nicht lange auf sich warten ließ. Sogar der Pfarrer tanzte Samba mit einer

leichtbekleideten Frau.

Pünktlich zum Essen war auch der Reporter anwesend. Nach einer kleinen Stärkung begann er mit

seiner Übertragung.

"Guten Abend liebe Radiofreunde," sagte er mit angetrunkener Stimme. "Ich melde mich live vom

Blocksberg, wo heute der große Hexentanz stattfindet. Dazu gehört natürlich auch ein

Hexenschmaus, den ich jetzt für sie probieren werde."

Frau Schick, die dem Reporter keinen Meter von der Seite wich bemerkte, dass ein "Klos" auf

dem Löffel lag. Doch bevor sie ihn entfernen konnte, hatte der Reporter das Froschauge bereits

zerkaut. Seine Augen erstarrten, die Gesichtsfarbe wechselte mehrfach. Frau Schick schafft es

gerade noch zur Seite zu springen, als eine Stichflamme aus seinem Mund kam. Das Mikrofon

schmolz dahin. Sofort gab es für diese gelungene Showeinlage einen riesigen Applaus von unseren

Gästen.

"Und nun zu einer weiteren Attraktion des heutigen Abend: Der Tanz der Elfen!"

Theresa hob den Zauberstab.
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Die Spitze begann zu leuchten und die Elfen tanzten am Himmel.



Einige Kilometer entfernt campierte eine berüchtigte Rockergruppe. Sie sahen die Lichtpunkte am

Himmel.

"He Boss, sind das Sternschnuppen?" wollte einer von ihnen wissen.

Der Anführer, ein großer kräftiger Mann mit Glatze und Vollbart, überlegte. Dann fiel ihm die

Werbung im Radio ein.

"Das muss dieser Hexenrummel sein," lächelte er. "Kommt Jungs, wir gehen Hexen jagen!"



Beim Abendessen waren die Gäste beeindruckt von der ganzen Atmosphäre. Selbst der Pfarrer

sprach nicht mehr vom Bösen, sondern vom Lichterspiel der Engel am Sternenhimmel. Wobei

seine Aussprache bereits sehr undeutlich war.

Doch die gute Stimmung wurde plötzlich unterbrochen, als die Rocker den Blocksberg erreichten.

Mit hoher Geschwindigkeit fuhren sie zwischen die Stände, Tische und Bänke. Kurz darauf

standen sich Motorradfahrer und Rocker gegenüber. Die Situation schien sich zuzuspitzen. Aber

für unsere Gäste war das nur eine weitere Attraktion der Walpurgisnacht. Theresa erkannte den

Ernst der Lage und musste schnell handeln.

"Meine Damen, der Hexentanz beginnt. Auf die Besen!"

Kichernd und kreischend nahmen sie ihren Besen und starteten in den sternenklaren Himmel. Den

übrigen Gästen gefiel das abwechselungsreiche Angebot. Fäuste, Elfen und Besen flogen durch die

Luft. Alles sah sehr realistisch aus.

Bei ihrer ersten Angriffswelle sah Frieda, wie einer der Rocker ein Messer zog. Schnell setzte sie

zum Sturzflug an, bevor er damit jemanden verletzen konnte. Mit einem kleinen Zauberspruch

verwandelte sie die gefährliche Waffe in ein harmloses Würstchen.
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Der Rocker stand wie

versteinert da. Diese Gelegenheit nutzte sie, um den Mann einmal kräftig in den Hintern zu treten.

Und auch die anderen Rocker bekamen einen spürbaren Dämpfer für ihr rüpelhaftes Benehmen.



In einem Armeestützpunkt stellte der diensthabende Offizier ungewöhnliche Luftaktivitäten fest. Er

wollte gerade die Luftabwehr alarmieren, als ein weiterer Offizier die Radarstation betrat.

"Das muss der Blocksberg sein," lächelte er. "Heute ist doch Walpurgisnacht. Da fliegen die

Hexen auf ihren Besen über den Blocksberg. - Kennst du die Legende nicht?"

Der Mann schaute sprachlos auf den Radarschirm.

"Das war gerade ein Scherz! Das Fest ist angemeldet. Irgend so ein Spektakel mit Lasershow und

so," beruhigte der Offizier seinen Kameraden.



Die Schlacht, wie Frieda es nannte, war im vollen Gange. Explosionen, Lichteffekte und tollkühne

Flugmanöver.

Aus einer sicheren Deckung heraus fotografierte unser Reporter alles, was sich bewegte. "Das

werden tolle Fotos, das glaubt mir keiner," sagte er immer wieder.

Erst eine Explosion in seiner Nähe beendete die Fotoserie. Er flog durch die Luft und landete in

einiger Entfernung direkt neben dem Dorfältesten, der das Geschehen in Ruhe beobachtete. Dabei

rauchte er gemütlich seine Pfeife und schüttelte nur mit dem Kopf, als der Reporter neben ihm

landete. Schnell legte er seine Hand auf die Kamera. Dabei verwandelte sie sich in

sekundenschnelle in ein Lebkuchenherz.



Die Rocker verließen fluchtartig den Blocksberg, während unsere Gäste eine Welle der

Begeisterung nach der anderen starteten.

Frieda landete neben dem Lagerfeuer und verbeugte sich. "Ich hoffe, es hat ihnen gefallen.
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Wir

sind nun am Ende unserer Show. Ich hoffe, es hat ihnen gefallen und wünsche einen angenehmen

Heimweg."

Mit einen kräftigen Applaus verließen die Touristen den Berg, um den Heimweg anzutreten.

Unsere Damen atmeten tief durch. Sie waren froh, dass der Hexentanz trotz der Komplikationen

ein gutes Ende gefunden hatte.

"Es hat sogar Spaß gemacht," bemerkte Frieda. "Ohne die schweren Jungs wäre es fast langweilig

gewesen."

Sie lachten und diskutierten noch über einzelne Kunststücke, die sie am Himmel geflogen hatten.

"Hallo meine Damen, Entschuldigung!" unterbrach der Reporter das Gespräch. "Ich hätte da noch

einige Fragen." Er sah müde aus. Außerdem hatte er Kopfschmerzen und sich den Mund

verbrannt.

"Sie hätten die Suppe nicht so hastig essen sollen. Nehmen sie eine Kopfschmerztablette und

lutschen ein großes Eis," gab Frau Schön ihm als guten Rat.

Der Reporter nahm dankend an. "Und wo ist meine Kamera?" Dabei zeigte er auf das

Lebkuchenherz.

Theresa lächelte nur. "Sie hängt um ihren Hals!"

Völlig sprachlos drehte sich der Reporter um. Dann verließ auch er den Blocksberg.

"So, und nun ist Feierabend!" rief Frieda. "Die Elfen räumen auf, damit wir endlich ins Bett

kommen."

Doch am Lagerfeuer stand noch immer dieser mysteriöse Mann.

"Wer ist das?" wollte Frau Schick wissen.

Aber niemand kannte ihn.

In diesem Moment hörte der Dorfälteste auf, mit seinem Stuhl zu schaukeln. Die Elfen verblassten,

und der Mond verschwand hinter den Wolken.
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Eine gespenstische Stille herrschte plötzlich auf

dem Blocksberg. Langsam ging Theresa auf den Mann zu. "Guten Abend - Merlin. Wir haben uns

lange nicht mehr gesehen."

Unsere Damen erstarrten, als sie den Namen hörten. Es war der größte Zauberer aller Zeiten. Es

gab eine Menge Geschichten über ihn, die man sich schon vor vielen hundert Jahren erzählte.

Jetzt erinnerte sich auch Frieda. "Ich bin ihm mal begegnet, damals, als ich noch ein kleines

Mädchen war. Er hat sich überhaupt nicht verändert, so als ob die Zeit stehen geblieben wäre."

"Und, hat dir unser kleiner Tanz gefallen?" wollte Theresa wissen.

Merlin nickte zufrieden. "Obwohl unsere kleine Frieda immer noch keine sanfte Landung

beherrscht."

"Ach Merlin," winkte Frieda ab. "Ich bin alt und eingerostet. Das hier ist unsere Zukunft!"

Dabei zeigte sie auf Frau Schick, Frau Schön, und Frau Schussel.

"Es hat mir Freude gemacht, ihnen beim Hexentanz zu zuschauen. Obwohl sie ihren Flugstiel noch

verbessern könnten. Sie müssten öfters fliegen. Übung macht den Meister!"

"Die Zeiten haben sich geändert," bemerkte Frau Schick. "Früher konnte man bei Vollmond nach

Lust und Laune fliegen. Heute ist dies durch eine moderne Flugüberwachung unmöglich. Es war

schon schwierig genug, für heute eine Genehmigung zu bekommen."

Merlin lächelte. "Was würdet ihr davon halten, bei jedem Vollmond einen Hexentanz zu

veranstalten?"

Theresa sah ihn an. Sie kannte diesen Ausdruck in seinen Augen. "Wo ist der Haken?"

"Nun ja. Auch an mir ist das moderne Leben nicht spurlos vorüber gegangen. Wenn man es

deutlich ausdrücken will muss ich zugeben, dass ich völlig pleite bin.
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Seit David Copperfield will

keiner mehr meine veralterten Tricks sehen. - Wir werden den Hexentanz zu einer weltberühmten

Attraktion machen und ich werde....."

"Wie viel?" unterbrach Theresa ihn. "Sicherlich hast du schon durchgerechnet, was bei diesem

Unternehmen zu verdienen ist. Wie hoch soll dein Anteil werden?"

Merlin lächelte verlegen. "50 -50. Schließlich habe ich die Verantwortung und die meiste Arbeit.

Ihr braucht ja nur ein bisschen fliegen."

"Merlin du bist ein Halsabschneider! Wir sollen uns die 50 % teilen, während du die dicke Kohle

scheffelst ." Frau Schussel war außer sich.

Und nach einer lautstarken Diskussion zogen sich unsere Damen erst einmal zurück.

"Wir werden eine Nacht darüber schlafen und uns morgen entscheiden," sagte Frieda.









Walpurgisnacht II



.... und sie reiten wieder







Es dauerte nur wenige Wochen, da waren die Hexen vom Blocksberg in aller Munde. Zeitungen,

Radio- und Fernsehsender berichteten von der "Walpurgisnacht on Tour". Die Zuschauer waren

begeistert von der atemberaubenden Vorstellung der Hexen, die mit ihren Tricks das Gefühl des

Fliegens vermittelten.

"Ich durfte eine Runde mitfliegen," erzählte ein Zuschauer begeistert vor der Fernsehkamera. "Ich

habe wirklich geglaubt, dass wir über das Gelände fliegen."



Auch unser Reporter vom Blocksberg verfolgte neugierig die Presseberichte.

Nach dem Fernsehinterview sah er sich noch einmal die Fotos an, die er in der Nacht zum 1.
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Mai

machte. Aber es war kein brauchbares Bild dabei, welches er beim Hexentanz geschossen hatte.

Und das machte ihn nachdenklich. "Da stimmt was nicht! Diese Hexen haben etwas zu

verbergen."

Er sah im Veranstaltungskalender nach, wo die nächsten Vorstellungen stattfinden würden.

"München! Nächsten Monat fliegen sie in München auf dem Oktoberfest, und ich werde

mitfliegen."



Hamburg, Berlin, Dresden, Frankfurt. So lauteten die Stationen, wo unsere Hexen ihre Flugkünste

den begeisterten Zuschauern vorführten. Und obwohl es sehr anstrengend war, den 16- Stunden-

Tag zu meistern, hatten unsere Damen immer noch riesigen Spaß. Zwar war es nicht am

heimischen Blocksberg, aber der klare Sternenhimmel war überall gleich schön. Leider musste die

Vorstellung heute in Frankfurt ausfallen, da Nebel über dem Fluggelände lag. Die Sicht war

stellenweise unter 50 Meter. Zu gefährlich, wie Merlin sagte.

"Endlich mal ein freier Abend," freute sich Theresa.

Doch Merlin winkte ab. "Ich habe kurzfristig umdisponiert. Wir dürfen 10 Minuten bei Siegfried

und Roy in Las Vegas fliegen! Start ist in 2 Stunden."

Frieda überlegte. "Was heißt jetzt: Start in 2 Stunden?"

"Die Show fängt genau in 119 Minuten an, und wir werden sie eröffnen."

Aber alleine der Flug würde mehrere Stunden dauern. Wie sollten sie das nur schaffen? Fragend

sahen unsere Damen Merlin an.

"Ich wäre wohl nicht der größte Zauberer, wenn diese Kleinigkeit ein Problem darstellen würde. -

Wenn meine Hexen mir nun folgen würden, die weißen Tiger warten schon."

Sie stiegen in den Aufzug, und Merlin berührte nur kurz die Tasten.
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Als die Tür sich öffnete,

standen sie direkt hinter der Bühne von Siegfried und Roy.

"Guten Abend meine Damen," begrüßte Siegfried sie.

Völlig sprachlos sahen sich die Hexen vom Blocksberg um. So viel Technik auf einmal hatten sie

noch nie gesehen.

"Ich werde ihnen gleich einen Techniker schicken, mit dem sie ihre Show durchsprechen können,"

sagte der berühmte Magier aus Deutschland. Dann verabschiedete er sich. Schließlich musste auch

er sich für den heutigen Abend vorbereiten.

"Ich brauche keinen Techniker," murmelte Frieda. Dabei streichelte sie liebevoll ihren Besen. "Ich

habe meine Technik immer bei mir."

Frau Schussel war eigentlich etwas enttäuscht über so viel Elektronik. "Optische Täuschungen,

technische Raffinessen und Illusionen. Ja können die denn gar nichts alleine?"

Theresa interessierte sich sehr für die weißen Tiger. Sie schmuste förmlich mit den Katzen. Als sie

sich unbeobachtet fühlte, setzte sie kurz ihren Zauberstab an, und innerhalb von Sekunden

verwandelten sich die Raubkatzen in Schmusekatzen. Doch bevor Theresa die niedlichen

Kätzchen auf den Arm nehmen konnte, verschwanden diese durch die Gitter des Käfigs.

"Hups!" sagte sie verlegen. "Ich hoffe nur, dass der Zauberspruch kein Verfallsdatum hat."



Unsere "Hexen from Germany" zeigten einen kurzen Auszug aus ihrem Programm. Nicht nur die

Zuschauer, nein auch Siegfried und Roy waren vom Hexentanz begeistert.

"Das müssen wir unbedingt wiederholen!" sagten die beiden Magier.

Natürlich waren unsere Damen anschließend die Ehrengäste des heutigen Abends.
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Und nach der

Show zeigten Siegfried und Roy den Gästen aus Deutschland noch Las Vegas bei Nacht, bevor es

ins Hotel ging.

Immer noch begeistert von der Welt des Reichtums stiegen unsere Damen in den goldverzierten

Fahrstuhl des Hotels. Doch als sich die Tür öffnete, waren sie zurück in Frankfurt.

"Mensch Merlin," sagten sie enttäuscht. "Wir hätten wenigstens die Nacht in diesem

Nobelschuppen verbringen können."

Doch Merlin winkte ab. "Für die Übernachtung hätten wir fast ein ganzes Jahr fliegen müssen.

Vielleicht ein anderes Mal."





Die Vorbereitungen in München liefen auf Hochtouren. Blockhäuser wurden aufgebaut, Techniker

für die Spezialeffekte brachten ihre Sprengsätze in Stellung. Unsere Hexen schauten sich die

Umgebung an, um die Flugbahnen zu bestimmen.

"Heute um 10.00 Uhr haben wir einen Pressetermin," erklärte Merlin. "Anschließend Empfang

beim Oberbürgermeister und Eintragung ins goldene Buch. Am Nachmittag Autogrammstunde in

einem Kaufhaus, danach Besuch einer Tagesstätte für Behinderte Kinder. Dann 2 Stunden Pause,

bevor wir im Schutze der Dunkelheit mit den Elfen einige Probeflüge durchführen werden."

Frieda und Theresa sahen sich nur an. "Ich dachte, es sollte eine lockere, lustige Tour werden.

Spaß haben und etwas Geld dabei verdienen," stöhnte Frieda. "Und was ist daraus geworden?

Stress und keine ruhige Minute."

"Ich bin froh, dass es vorläufig die letzte Show ist," sagte Frau Schick erleichtert. "Endlich wieder

im eigenen Bett schlafen."

"Und gerade bei der letzten Show ist Ärger schon vorprogrammiert," ergänzte Frau Schussel.
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Sie

zeigte auf einen Mann, der mit Sonnenbrille, Hut und hochgezogenem Kragen seines dunklen

Ledermantels versuchte, unauffällig die Lage zu erkunden. Aber gerade diese Kombination seines

Erscheinens machte den völlig unauffälligen zum auffälligsten Mann weit und breit.

"Ist das nicht unser kleiner neugieriger Reporter?" Theresa hatte zwar ihre Brille nicht auf, aber

diese Gestalt erkannte sie trotzdem.

Frieda nickte. "Jetzt wo du es sagst, rieche ich ihn auch. Der Geruch eines Stallhasen liegt mir in

der Nase. Ich hätte es gleich machen sollen, gleich am ersten Abend."

"Aufgeschoben ist nicht aufgehoben," grinste Frau Schön.

Unsere Hexen sahen sich nur an und kicherten. Dabei durchsuchte Frieda bereits ihre Taschen.

Sie hatte noch etwas von ihrem "Hasenpulver" , und überließ Frau Schick das Tütchen. "Geh ihm

nach, und puste es ihm ins Gesicht. Es dauert nicht lange, dann wird er Hunger auf Möhren

haben."

Und während Frau Schick dem Reporter nachstellte, losten die anderen bereits, wer den Hasen

schlachten durfte.

Merlin hatte von dem all nichts mitbekommen. Er musste schließlich dafür sorgen, dass die Show

reibungslos über die Bühne ging.

Ungeduldig warteten die Damen darauf, dass Frau Schick mit einem Hasen auf dem Arm zurück

kehrte. Aber blankes Entsetzen stand ihr im Gesicht, als sie wieder um die Ecke kam.

"Was ist passiert?"

"Ich kann nichts dafür," entschuldigte sie sich. "Es muss am Pulver liegen."

Ungeduldig versuchten die Damen etwas genaueres von Frau Schick zu erfahren. Doch ihr fehlten

einfach die Worte.
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"Schaut es euch doch selber an, gleich dort drüben." Frau Schick zeigte zu einem Gemüsestand.

Der Reporter stand da, und kaufte gerade 1 Kilo Möhren. Die Blätter vom Salat durfte er gratis

mitnehmen. Als er sich umdrehte, trauten die Hexen vom Blocksberg ihren Augen nicht. Kein

Zweifel, es war der Reporter. Sonnenbrille, Hut, Ledermantel mit hochgestelltem Kragen. Aber

sein Gesicht? Er hatte das Gesicht eines Hasen, und die langen Ohren hatten sich schon durch den

Hut gebohrt.

"Er hat es noch nicht einmal bemerkt." Frau Schön schüttelte nur mit dem Kopf.

Der Gemüsehändler war begeistert und winkte dem Mann mit der Hasenmaske noch hinterher. Er

glaubte an ein tolles Kostüm, welches zur Show am heutigen Abend gehörte.

"Hallo meine Damen!" rief Merlin. "Wo bleibt ihr denn? Ab ins Hotel, umziehen und ab zum

Pressetermin."

Zuerst wollte Theresa ihm das kleine Missgeschick erklären. Aber dann entschloss sie sich, besser

nichts zu sagen. "Unser Merlin würde sich nur darüber aufregen."

"Und was machen wir nun mit diesem - tierischen Mensch?" fragte Frau Schussel. "Ich hoffe nur,

seine Frau hat Verständnis für sein neues Outfit."



Der Konferenzsaal des Hotels war gefüllt mit Reportern aus dem In- und Ausland. Die

Atmosphäre wurde etwas unruhig, als sich jeder im Saal kurz umschaute und mit seinem Nachbarn

tuschelte. Auch Merlins erster Blick fiel auf den Mann mit dem Hasenkopf. "Wer war das?" fragte

er leise.

"Frau Schick, sie hat falsch geblasen," kicherte Frieda.

"Stimmt nicht! Es muss am Pulver gelegen haben."

Merlin wurde nervös. "Mensch Frieda.
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Hasenpulver hat nur eine begrenzte Haltbarkeit. Danach

hat es Nebenwirkungen. Das hättest du wissen müssen!"

"Und nun?"

"Er muss weg, bevor jemand dumme Fragen stellt!" - Bitte meine Herren der Presse, stellen sie

nun ihre Fragen," fuhr Merlin fort.



Die Reporter hatten eine Menge Fragen. Und Merlin verstand es, auf jede Frage eine Antwort zu

geben, ohne ein Geheimnis zu verraten. Bei dieser Gelegenheit konnte Frau Schussel unbemerkt

die Konferenz verlassen.

"Der Oberbürgermeister wartet schon," versuchte Merlin die Pressekonferenz zu beenden. "Wenn

sie keine Fragen mehr haben...."

Doch eine Frage hatten die Reporter doch noch. "Wer ist der geheimnisvolle Mann mit dem

Hasenkopf?!"

"Welcher Mann?" wollte Merlin wissen.

Alle drehten sich um. Frau Schussel saß dort mit einem Hasen auf dem Schoß und kraulte ihm

liebevoll die Ohren.

Die Reporter applaudierten begeistert für diese kleine Unterhaltung.



In der Garderobe angekommen, mussten alle erst einmal tief durchatmen.

"Puhh, das war knapp. Wie hast du ihn so schnell in einen Hasen verwandelt?" wollte Theresa

wissen.

"Hab ich gar nicht. Den Hasen habe ich mir beim Kleintierzuchtverein ausgeliehen. Die Ausstellung

ist gleich nebenan."

"Und wo ist dann dieser Reporter?" Merlin befürchtete schon die nächste Katastrophe.

"Der steckt im Wandschrank, gleich hinter dir."

Vorsichtig öffnete Merlin den Schrank. Der Mann saß da, an Beinen und Armen gefesselt, den

Mund zugeklebt, schlafend.

"Hallo Herr Hase," versuchte Frieda ihn zu wecken.
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"Was hast du ihm gegeben, damit er so

friedlich schläft?"

"Einen Blumentopf. Freiwillig ist er schließlich nicht mitgekommen. Ich hatte sowieso das Gefühl,

als ob er immer noch keine Ahnung hat, was mit ihm passiert ist." Irgendwie hatte Frau Schussel

Mitleid mit ihm.

"Wie kommst du darauf?"

"Er hat beim Zimmerservice einen großen Salatteller bestellt."



Merlin fand, dass dem armen Mann nun endlich geholfen werden musste. Aber ganz so einfach

war die Angelegenheit nicht. Hasenpulver war ein sehr hartnäckiges und zähes Zaubermittel, das

bis zu 66 Stunden anhalten konnte. Also beschloss Merlin, eine Elfe zum Blocksberg zu schicken,

damit Hora mit dem alten Hexenbuch dem Spuk ein Ende bereiten würde. "Ich hoffe nur, dass die

Angelegenheit bis heute Abend aus der Welt geschafft ist. Bis dahin werden wir unser Programm

so durchziehen, wie bisher. Und keine Extratouren mehr!"

Unsere Damen versprachen, nichts mehr ohne die Genehmigung ihres Managers zu machen.

Frau Schick verlor beim Losen, und musste deshalb in der Garderobe bleiben. Schließlich konnten

sie den Reporter nicht alleine lassen. Merlin wollte kein weiteres Risiko eingehen, auch wenn es

noch so gering war. Also machte es sich Frau Schick vor dem Fernseher gemütlich. Doch es

dauerte nicht lange, als die ersten Klopfzeichen aus dem Schrank zu hören waren. Vorsichtig

öffnete sie die Tür. Der Reporter versuchte mit aller Kraft sich zu befreien, doch es gelang ihm

nicht.

"Mmmm, mmmm, mmmm," versuchte er sich zu verständigen.

Frau Schick atmete tief durch. Sie hatte Mitleid mit dem armen Mann.

"Also gut, Reporterchen. Ich werde versuchen, dir diese schwierige Situation zu erklären.
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Aber du

musst genau das tun, was ich dir sage. Ansonsten gibt es einen weiteren Blumentopf auf deine

langen Ohren."

"Mmm mmm," sagte er und nickte.





Frau Schick packte ihn und setzte ihn auf einen Stuhl. Dann holte sie aus dem Bad einen Spiegel.

"Ich werde dir nun zeigen, dass du ohne mich aufgeschmissen bist. Nur ich kann dir helfen. Hast

du das verstanden?"

Der Reporter nickte.

Also hielt sie ihm den Spiegel direkt vor die Nase. Er schaute kurz hin, verdrehte die Augen, und

fiel ohnmächtig zur Seite.

Während dieser Zeit erreichte die kleine Elfe völlig erschöpft den Blocksberg. Hora zögerte nicht

lange. Er nahm das Hexenbuch und fuhr sofort mit seinem alten Auto los. Stinkender, gelber

Rauch kam aus dem Auspuff. Trotzdem erreichte das Gefährt bereits nach wenigen Minuten eine

hohe Geschwindigkeit. Um bei dieser Gelegenheit nicht geblitzt zu werden, flog unsere kleine Elfe

voraus und überprüfte den Weg nach Radarfallen. An einem "Starenkasten" bemerkte sie die

Kamera. Schnell flog sie vor die Linse und steckte die Zunge aus, als Hora das Gerät passierte.



"Hallo! Hallo, Reporterchen!" versuchte Frau Schick den ohnmächtigen Mann zu wecken. Nur

langsam kam dieser wieder zu sich.

"Mmmm, mmmm," flehte er sie an.

"Aber du musst mir versprechen nicht zu schreien, wenn ich den Knebel entferne. Ansonsten...."

Dabei zeigte sie auf den Blumentopf, den sie griffbereit neben sich hatte. "Bitte nicht! In meinem

Kopf hämmert und klopft es schon genug. - Was haben sie mit mir gemacht?"

"Es tut mir leid, es war ein versehen.
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Wenn du nicht so neugierig gewesen wärst, wäre das alles

nicht passiert. Aber ich kann dich beruhigen, wir arbeiten dran."

Der Reporter seufzte sich und tastete sein Gesicht ab. "Kann ich den Spiegel noch einmal haben?"



Ihm war zum Heulen, als er sein spitzes, behaartes Gesicht betrachtete. Und dann noch diese

langen Ohren.

Frau Schick versuchte ihn zu trösten. Schließlich hätte es ja auch schlimmer kommen können. "Ein

Frosch oder ein Schwein wäre wohl schlimmer gewesen. Ich finde sogar, dass dir diese langen

Ohren gut stehen."

"Finden sie?" Der Reporter dachte nach. Er kannte nun das Geheimnis der Frauen, die sich

"Hexen vom Blocksberg" nannten. Er wusste wer sie waren, was sie machten.

"Was haben sie mit mir vor?"

Frau Schick zuckte mit den Schultern. "Merlin wird sich bestimmt etwas ausdenken."

"Ich würde gerne bei ihrer Show mitmachen!" sagte er begeistert. "Als Entschädigung für meine

Verunstaltung, meine Schmerzen. Ich werde live vom Besen aus 200 Metern Höhe die Show

kommentieren. Als Gegenleistung werde ich ihr kleines Geheimnis für mich behalten."



Vor dem Hotel fuhr gerade das stinkende Auto des Herrn Hora vor, als auch Merlin mit unseren

Hexen das Haus betreten wollten.

"Und?" fragte Merlin gespannt.

Hora winkte ab. "Es fehlen einige Zeilen. Es muss passiert sein, als wir das Buch aus der Kiste

geholt haben und die Sonne schon am Horizont stand."

Allen war nun klar, dass der Reporter die nächsten Tage das Zimmer nicht verlassen durfte. Doch

als sie den Vorschlag von Frau Schick hörten, waren sie trotz einiger Bedenken einverstanden.

Der Hexentanz konnte also beginnen!

Tausende von Zuschauern waren gekommen.
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Sie alle waren von der einmaligen Show begeistert.

Loopings, Schleifen, Tiefflüge, und alles auf einem Besen. Unser Reporter meldete sich live aus

200 Metern Höhe und interviewte sogar die Reiterin. Oder hieß es doch Pilotin?



Alle hatten einen riesigen Spaß an diesem sternenklaren Abend auf dem Oktoberfest. Sie

beschlossen, diese alte Tradition des Hexentanzes auch in Zukunft fortzusetzen. Aber nur noch am

Blocksberg in der Walpurgisnacht, wie Merlin betonte. Dieser ganze Stress und Ärger war nichts

mehr für einen alten Mann wie ihn. Mit einer Hand auf dem Rücken versprachen es unsere Damen

auch hoch und heilig.

Doch wer weis !!!

Wenn ihr also in einer sternenklaren Nacht einmal eine Sternschnuppe seht, die Richtung Norden

fliegt, könnte es auch eine Hexe sein. Hört genau hin, eine Hexe erkennt man an ihrem lauten

Kichern.
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Kommentare zur Story:

  Hallo Autoren-Team...
kommt von Euch auch noch mal wieder eine neue Geschichte rein??

Die hier ist vielleicht ganz nett für Kinder, dafür aber vielleicht teilweise etwas zu schwer verständlich.
Sind aber auch keine großartigen Fehler drin. Ich sag, die Geschichte ist gut, 4 Points!  
Dr. Ell  -  11.02.04 23:30

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  Die Ideen sind einfach zu oberflächlich. Ganz nett für zwischendurch, aber so richtig fesselnd war es nicht. Es fehlte Tiefe und wenigstens ein wenig literarischer Wert. Kann mich nur Takisis anschließen.

Mittel.  
Redfrettchen  -  30.11.03 09:20

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  Hm...
ich tue mich etwas schwer mit einem KOmmentar, da fuer mich doch recht grosse Unterschiede zwischen den beiden Teilen bestehen. Waehrend der erste Teil ausgesprochen witzig ist und auch eine Menge guter Ideen beinhaltet, verliert der zweite Teil meiner Meinung nach ziemlich. Ich moechte niemanden direkt angreifen, aber ich finde diese Sache mit Siegfried & Roy und dem "verpatzten" Karnickelzauber bewegt sich auf Bibi Blocksberg Niveau. Sollte dies beabsichtigt sein, dann ist es natuerlich voellig in Ordnung, aber ich habe daran halt so meine Zweifel.
Aber wie gesagt, dies ist nur meine persoenliche, bescheidene Meinung, und fuer ehrliche Kritik ist Webstories ja da, gelle ? :)  
Ta[k]isis  -  26.05.03 13:08

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  Grüße aus Xantos!!! Grins.
Süße Geschichte, gut, daß ich nicht drin vorkomme. Hi hi
Schö mit Ö  
Luder  -  19.05.03 13:43

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  Lach! Muss schon sagen: Eine gute Geschichte, ok, der Zeitablauf ist zack, zack, zack... zum Nächsten Hilight, aber gut! Ach ja... kleiner Tipp: Es gibt keinen 31.April... AH!! Nicht hauen!! Ich sag ja schon nix mehr...*grins*...aber eine tolle Geschichte!

Sabine  
SabineB  -  09.05.01 18:11

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  eine wirklich witzige und unterhaltsame geschichte! :-)  
Unbekannt  -  13.03.01 12:48

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