Aktuelles und Alltägliches · Kurzgeschichten

Von:    ThaGoob      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 1. Mai 2002
Bei Webstories eingestellt: 1. Mai 2002
Anzahl gesehen: 2229
Seiten: 2

Kühlschränke sind wunderbare Erfindungen. Aus Erfahrung gut bewahren sie unsere Lebensmittel und deren kongeniale Phosphat-Zusätze vor dem vorzeitigen Ablaufen und machen die wagen Mindesthaltbarkeitsdaten zu ansatzweise prophetischen Weissagungen.

Damit nicht genug, denn ein Kühlschrank bietet oftmals mehr Spannung als Fernsehen und bessere Unterhaltung als Radio und Internet zusammen. Die elementare Frage hierbei: Was passiert nach dem "mindestens haltbar bis...", sobald der Stichtag überschritten wurde? Sind meine Erbanlagen in Gefahr, weil kein Wissenschaftler bisher die Wirkung von schimmeligen, gentechnisch veränderten Zusatzstoffen getestet hat? Sind der bärtige Käse dort hinten in der Ecke und die zartweisse Leberwurst etwa Paarungsrivalen, die sich pfauengleich mit bunten Häarchen und merkwürdigen Reviermarkierungsdüften auszustechen versuchen, während sie um die Gunst der frischen Mortadella buhlen? Was passiert, wenn ich die Leberwurst näher an die Mortadella lege? Wird der Käse eifersüchtig und greift mit Hilfe der rechtdrehenden Bakterienkulturen seines Kumpels Almighurt an?

Ist die Luft da drin wirklich so schlecht? Eigentlich hatte ich ja rote Äpfel gekauft, aber nach zwei Tagen liefen diese schon grün an. Übelkeit bei Obst? Vielleicht sind sie auch nur traurig... ich sollte das mir lieb gewordene Kakerlakenpärchen einfach zu ihnen setzen. So profitieren sicherlich beide voneinander.

Mit Schrecken muss ich an dieser Stelle immer wieder feststellen, wie bescheuert Küchenschaben doch sind. Denn ein Grossteil der Nachkommen von Choko und Pops (ich hab sie nach ihrem Geburtort getauft) fallen aus unerklärlichen Gründen nur allzuoft in die Abtauvorrichtung und versperren mit ihren kleinen Insektenleichen dem Kondenswasser den Weg nach draussen. Anfangs fand ich das schon ziemlich beschissen, doch die Natur lehrte mich, dass sie sich immer zu helfen weiss. So entstand dann in meinem Obstfach, das als Auffangbecken diente, ein wunderbares Feuchtbiotop mit Wasserflöhen und einer gesunden Algenpopulation. Ich hatte sogar schon mal einen Frosch dort angesiedelt, der allerdings mit den Temperaturen nicht so ganz "warm" wurde.



Ihr dürft jetzt nicht denken, ich wäre auf irgendeine Weise unhygienisch oder putzfaul. Sobald ein Stück Schinken oder ein angebrochener Joghurt laut der Genfer Konventionen unter die Einstufung "biologische Waffe" fällt, wird das alles ordnungsgemäss entsorgt.
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Man kennt schliesslich seine Verantwortung.

Es gibt hierfür zwei mögliche Tests, um den Zustand und die Qualität von Lebensmitteln festzustellen.



Die erste von beiden ist sehr einfach durchzuführen: Öffne den Kühlschrank, nimm das betreffende Stück in die Hand. Wenn es sich pelzig und feucht anfühlt, sollten weitere Tests vorgenommen werden (es sei denn, es handelt sich um einen Hamster). Halte das Ding hierfür direkt unter deine Nase. Solltest du spüren, dass sich etwas in dir regt, was man nicht weitläufig als Appetit deuten kann, ist es entweder verdorben oder du leidest unter einer gewissen Perversität (knöpf sofort die Hose wieder zu und leg den Hamster zurück ins Kühlfach).



Die zweite Möglichkeit ist dann schon wissenschaftlicher: Lade deinen Nachbarn ein, der immer auf deinem Parkplatz steht und jede Nacht sturzvoll im Treppenhaus randaliert, weil die geile Schnitte aus dem dritten Stock wieder Kopfschmerzen hatte. Du bietest ihm erst ein paar Bierchen an. Sonst nichts! Wenn er dann nach Chips fragt, verneinst du. Aber schliesslich macht es dir nichts aus, zu kochen, du würdest das sehr gerne für ihn tun. Schliesslich seid ihr Nachbarn.

Du nimmst also alle verdächtigen Lebensmittel und zauberst Kochduell-like ein wundervolles Gericht zusammen. Spare nicht an Curry und Paprika, das verdeckt die optischen Abschrecker wie Schimmel und Fruchtfliegen.

Wichtig: Wenn er fragt, warum du nichts isst: DU HAST KEINEN HUNGER. Komplimente wie "Dein Essen kitzelt so schön auf der Zunge" oder "So ein flauschiges Soufflée hab ich noch nie gegessen" (das ist kein Soufflée, was er da isst) machen erste Ergebnisse deutlich und zeigen einen Trend auf.

Sobald er nach Hause gegangen ist, musst du nur noch ein wenig akustische Wahrnehmungsgabe beweisen. Wenn innerhalb der nächsten zwölf Stunden die Klospülung nebenan alle fünf Minuten betätigt wird, hattest du recht: Die Sachen waren nicht mehr ganz frisch und sollten noch die Woche gegessen werden.
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Punktestand der Geschichte:   40
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Kommentare zur Story:

  sehr schön, die sache. wenn auch nach meinem geschmack sprachlich hier und da nicht mehr ganz frisch (kraftausdrücke(das ist meine ansicht)). trotzdem hat mir die "petrischale kühlschrank" gut gefallen! es ist doch erbaulich von sich sagen zu können, man habe neuem leben platz gegönnt ;)  
Killing Joke  -  11.10.07 07:16

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  *loool*
*krakeel*
Foll kuhl!!!
Alle Fünfe!!!!!  
Stefan Steinmetz  -  11.02.03 22:53

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  Köstlich!!!
warum nur muß ich auch an mein Kühlschrank denken.... :)))))
5 Punkte!  
Heidi StN  -  31.01.03 21:41

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  Anschaubar, Dein kleiner Ausflug in die Kulturgeschichte Deines Kühlschranks, treffsicher die Pointen, reichlich bebildert Deine Satire. Dein Stil ist der ideale und entgegensetzte Kompagnon zu Brehm's Tierleben in Deinem kalten Biotop. Ich hab mich köstlich amüsiert!  
Andre  -  29.10.02 02:08

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  Fünf...*würg, hechel*... Punkte. Habe die Geschichte ausgedruckt und an den Kühlschrank geheftet. *urps* Wird mir sicherlich bei meiner nächsten Diät helfen, so *blubber* appetitlich, wie sie geschrieben ist.
Und wieder Geld gespart...  
Gwenhwyfar  -  05.07.02 11:31

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