Und über allem die Engelchen (Walpurgisnacht II)   373

Romane/Serien · Fantastisches · Frühling/Ostern

Von:    Klaus Asbeck      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 13. April 2002
Bei Webstories eingestellt: 13. April 2002
Anzahl gesehen: 3084
Seiten: 8

Nach dieser bebenden, funkensprühenden und wollüstigen Nacht mit dem Teufel ward der Hexe ein Töchterchen geboren. Aber sie wagte es gar nicht dem Vater dieses an sich freudige Ereignis mitzuteilen. Denn irgendwas stimmte nicht. Nichts war mehr an seinem gewohnten Platz, irgendwelche fremden Mächte hatten in das Handwerk der Natur gepfuscht – und zwar kräftig.



Denn als die Hexe ihr Neugeborenes betrachtete, erschrak sie so heftig, daß der Kolkrabe von seiner Sessellehne aufflatterte, und der Uhu auf dem Querbalken in der Hütte neugierig ein verschlafe-nes Auge öffnete, um seinerseits vor lauter Schreck über das Geschehene auch das zweite Auge auftun zu müssen. Denn was er da erblickte, war einfach nicht zu fassen. Die Hexe hielt ein still lächelndes Mädchen mit langem, strohblondem Haar über sich in die Höhe. Es hatte zweifelsohne hellblaue Augen und ein kleines aber kraftvoll geschwungenes rotes Mündchen. Und um die Schönheit dieses Neugeborenen zu vervollständigen, das eher schon den Eindruck eines kleinen Mädchens denn eines Neugeborenen erweckte, hatte es zu allem Überfluß auch noch eine strahlend weiße Haut, die so hell war, daß die eher düstere und verrußte Hütte sonnendurchflutet erschien.



Der Uhu, der wie gesagt, eher phlegmatischer Natur war, mußte mit seinen Augenlidern heftig klimpern, was aber nicht daher rührte, daß er von so viel ungewohntem Licht in der Hütte geblendet war, sondern es hatte sich seiner eine plötzliche Aufregung bemächtigt. Er schaute hilfesuchend zu seinem Freund, dem Kolkraben. Aber dieser hatte nichts besseres zu tun, als seinerseits aufgeregt auf dem Kaminsims rumzuhüpfen, was ihn manchmal hart an den Rand des Absturzes brachte. Doch konnte er dies dann doch noch jedes Mal im allerletzten Augenblick flügelschlagend verhindern.



Die Hexe stieß einen schrillen, zornigen Fluch aus, in dem es nach verfaultem Krötenlaich und Hundepisse klang. Dieser Fluch war ein sehr machtvoller. Hätte er sich beispielsweise gegen jemand Bestimmtes gerichtet, so wäre dieser auf der Stelle verloren, wenn nicht gar völlig vernichtet gewesen. Aber da die Hexe nicht wußte, wen sie für diese Ungeheuerlichkeit verantwortlich machen konnte, verhallte dieser fürchterliche Fluch in der Ferne mit einem kleinen Knall, ohne jedoch Schaden anzurichten.
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Aber das Schlimmste stand ihr noch bevor. Wie sollte sie dem Vater dieser engelhaften Mißgeburt dies plausibel erklären können. Sie nahm in dieser ihrer Ratlosigkeit ein mitteldickes Buch mit dem Titel „Wenn nichts mehr hilft“ vom Regal. Doch fand sie darin den Begriff „Mißgeburt“ oder ähn-liches dazu nicht verzeichnet. Mal wieder ließ sie dieses Buch im Stich. Aber was konnte man auch von einem neumodischen Paperback erwarten. Die Hexe klappte das Buch angewidert zu und beendete dessen Dasein als Ratgeber, indem sie es in hohem Bogen ins Kaminfeuer schleuderte.



Sie war so sehr mit ihrer bebenden Wut und ihren ohnmächtigen Verwünschungen beschäftigt, daß sie gar nicht, wie ansonsten üblich, über ihre feinen Schwingungen gewahr nahm, daß sich just über ihrem Haus auf einer großen plüschigen Wolke ein paar Engel niedergelassen hatten, die mit ihren vorgestreckten Händen die Hütte und das Neugeborene lächelnd und wissend segneten.



Als ein paar Tage verstrichen waren, und sich die Hexe an den Anblick ihres Töchterchens fast gewöhnt hatte, das lachend und immer fröhlich in allen Ecken der Hütte herumkrabbelte und sich mit allen Tieren darin angefreundet hatte – auch mit dem Mäusepaar, das mittlerweile ebenfalls Nachwuchs bekommen hatte – als also alles fast wieder seinen gewohnten Verlauf nahm, da entschied sich die Hexe, dem Teufel, ihrem Boss, eine gedanklich gesteuerte Mail über die Geburt seiner Tochter zukommen zu lassen – komme, was da wolle. Sie hatte ihn seit besagter gemeinsamer Nacht nicht mehr gesehen. Doch hatte sie vernommen, daß die Verletzungen, die er sich in dieser Nacht mit ihr zugezogen hatte, noch nicht verheilt waren, und er immer noch krankgeschrieben war.



So humpelte dann der Teufel, von einem Stock gestützt, eines Tages in ihre Hütte. Seinen Anblick fand selbst der phlegmatische Uhu als erbarmungswürdig, trug doch der Teufel beide Schwänze dick in Verbandszeug eingepackt und von zwei stützenden Hängeschlaufen gehalten. Sein hinterer Schwanz schien sogar eingegipst, weil er so unbeweglich und steif nach oben ragte. Und nur das kleine Haarbüschel lugte am Ende heraus.
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Er begrüßte die Hexe mit einem knappen „Hallo“ und ließ sich stöhnend in den Ohrensessel nahe beim Kaminfeuer fallen, dabei auf seinen steifen hinteren Schwanz achtgebend. Von seiner alten Galanterie, womit er sich gekonnt schon so manchen wonnenreichen Einlaß verschafft hatte, weit und breit keine Spur mehr. Darüber hinaus schien er auch ziemlich gealtert und verbittert.



Die Hexe zog sich einen Schemel herbei und setzte sich aufreizend breitbeinig vor den Teufel hin. Doch dieser winkte nur müde ab und fragte ohne Umschweife, und zur Sache kommend, nach seiner Tochter.

Diese hatte die Stimme ihres Vaters vernommen und krabbelte aus einer Ecke auf ihn zu. Als der Teufel ihrer ansichtig wurde, hangelte er sich mühsam und laut stöhnend an dem Ohrensessel hoch, und seine Augen versprühten dabei kleine Feuerblitze, die aber nichts mehr mit jenen alles versengenden Flammen gemein hatten, die er mal in grauer Vorzeit von einem feuerspeienden Drachen abgeguckt hatte, so daß er fortan seine Augen als die so an ihm gefürchteten Flammenwerfer einsetzen konnte, wovor sich in den letzten Tagen verständlicherweise auch die Hexe ge-fürchtet hatte. Als diese aber sein nunmehr klägliches Feuerwerk sah, mußte sie geradezu mitfühlend über ihn lächeln, was auch von einer Art Mitleid gespeist wurde.



Der Teufel, der wieder erschöpft in seinen Ohrensessel zurückgesunken war, brüllte die Hexe an, ohne seinen Blick von dem blonden Engelchen zu seinen Füßen abwenden zu können, und wollte wissen, mit wem sie denn diesen höllenfremden Balg gezeugt und somit gegen alle Gesetze der Unterwelt verstoßen habe. Und dabei belegte er die Hexe mit einem solch groben Namen, daß dieser hier nicht wiedergegeben werden kann.



Die Hexe, die sich vor dem angeschlagenen Teufel nicht mehr fürchtete, gab dabei mit einer engelsgleichen Stimme und einem honigsüßen Lächeln, wobei sie zufrieden den schwarzen Rock über ihren prallen Oberschenkeln glatt strich, dies zur Antwort: „Nun, mein Gebieter und mächtiger Herr der Unterwelt, wer könnte denn anderes als Vater in Frage kommen als Ihr. Es ist ja zuzugeben und läßt sich nicht verleugnen, daß dieses Geschöpf zu Euren Füßen wenig Ebenbild unserer Gattung ist.
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Aber wen denn sonst könnte man dafür verantwortlich machen, wenn nicht Euch mit Eurer ehemals stattlichen Ausstattung. Und sollten Euch dennoch Zweifel plagen, dann fragt bei den wissenden Mächten der Finsternis nach. Sie mögen Euch detaillierter erklären, warum nur Ihr und kein anderer als Vater in Betracht kommen könnte.“ So ließ sich die Hexe vernehmen und schenkte ihrem ehemaligen Boss überdies einen verführerischen Augenaufschlag. Doch dann verspürte sie ein unaufschiebbares Bedürfnis und verschwand – hüfteschwingend – nach draußen.



Mittlerweile hatte sich das Mädchen, das immer noch namenlos war, an dem Bein des Teufels aufgerichtet und strahlte diesen mit ihren großen hellblauen Augen an. Der Teufel schaute auf sie herunter und ward von ihren Augen so angezogen, daß er nicht anders konnte, als sie hochzuheben und mehr noch, nämlich sie – wenn auch flüchtig – auf die Wange zu küssen, nicht wissend, wie ihm geschah. Sie stieß dabei ein helles Lachen aus, auch, weil sie die stacheligen Haare des Teufels gekitzelt hatten.



Dieser erhob sich danach mühsam und nun gänzlich verunsichert aus dem Sessel, griff nach seinem Stock, und humpelte langsam aus der Hütte, ohne sich von der Hexe verabschieden zu wollen. Der Kolkrabe flog ihm nach und bemerkte später zu dem Uhu, daß er es nicht völlig ausschließen könnte, feuchte Augen beim Teufel wahrgenommen zu haben.



Vor der Hütte angelangt, fuhr dieser sich über die Augen, sah zum Himmel und nahm über sich die Wolke wahr, die sich seit Stunden nicht vom Fleck bewegt hatte. Er spürte tief in seinem Inneren, daß seine Kraft versiegte, und daß seine Zeit gekom-men war. Die Hexe hatte ihn danach nie mehr gesehen. Und auch die Mächte der Finsternis konnten die Neugierde der Hexe nach seinem Verbleib nicht befriedigen. Der Teufel blieb verschwunden, und somit auch ein Teil des Bösen in dieser Welt.



Als die Kleine ein Jahr alt geworden war, gab ihr die Hexe ohne jegliche Feierlichkeit eines Tages den Namen „Walpurga“, welchen sonst! Doch da Walpurga ein so überaus freundliches und fröh-liches Kind blieb, hegte die Hexe längst Zweifel, ob es jemals ihre Nachfolge antreten würde.
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Und daß diese Zweifel der Hexe nicht unbegründet waren, sollte sich bald herausstellen.



Denn als Walpurga fünf Jahre alt geworden war, beschloß die Hexe, sie in ihre Lehre zu nehmen, zumal sie das zunehmende Alter an ihr baldiges irdisches Ende denken ließ. So mußte ihre Tochter z. B. bändeweise Zaubersprüche und Formeln auswendig lernen. Doch sobald Walpurga diese vor der Hexe aufsagte, verwandelten sich die Kräfte der Sprüche in genau das Gegenteil dessen, was sie eigentlich bewirken sollten. Denn wenn Walpurga diese Sprüche laut formulierte, öffneten die Blumen ihre Blütenkelche und dies sogar im tief-sten Winter. Und die Vögel sangen dann ihre Lieder sogar außerhalb des Frühlings. Kurzum, Walpurga verzauberte somit ihre Umgebung mit Liebe.



Die Hexe war völlig ratlos und nicht selten auch verzweifelt. Auch wenn sie ihre Tochter z. B. in die Geheimnisse der verschiedenen Tinkturen, Salben und Sude im Sinne der schwarzen Magie einweihte, so war bei Walpurga auch hier das Ergeb-nis allen Bemühungen zum Trotz ein genau entgegengesetztes. Denn unter Walpurgas Händen entstanden aus den von der Hexe genau vorgeschriebenen und eingehaltenen Ingredienzen, ob es sich nun um Krötenschleim, Fuchslosung oder aber Spinnenbeine handelte, immer nur Schön-heitswässerchen, Heilsalben oder gar Schwangerschaftsförderndes.



Dies mag dazu beigetragen haben, daß die Hexe nach und nach den Glauben an sich selbst aufgab und begann, langsam doch stetig in Siechtum zu verfallen. Und auch die aufopfernde Pflege durch ihre Tochter vermochte nicht, dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten. Und so nahte schließlich die letzte Stunde der Hexe. Als sich die Schatten der Unterwelt um deren Lagerstatt versammelt hatten, rief sie Walpurga, ihre Tochter, zu sich, die sich kniend und mit Tränen in den Augen neben der sterbenden Hexe niederließ.

„So höre denn, meine Tochter, was ich Dir noch zu sagen habe“, begann die Hexe mit gebrechlicher Stimme und fuhr fort: „Da ich Dich zweifelsfrei zur Welt gebracht habe, und ich auch keine anders lautende Erklärung für Deine Andersartigkeit finde, hast Du als meine Tochter zu gelten. Als solche habe ich vielfältig und unter Aufbietung aller meiner Kräfte versucht, Dich in die Geheimnisse der schwarzen Magie einzuweihen und Dich diese zu lehren.
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Doch bin ich mit meinem Werk gescheitert. Irgendwelche mir unbekannten Kräfte haben sich mir bei meinem Versuch, aus Dir eine respektable schwarze Hexe zu machen, in den Weg gestellt. Ja mehr noch, Du hast mit Deinen mir unbekannten Fähigkeiten meine schwarzen Kräfte in die weißen transformiert. Und dabei hast Du nicht gegen mich aufbegehrt, im Gegenteil, Du hast mich als Deine Mutter allzeit geehrt. Es scheint also so zu sein, daß es mächtigere Kräfte als die der Finsternis gibt. So hast Du letztlich Deinen Vater und mich mit etwas belehrt, was die Menschen „Liebe“ nennen.“

Daraufhin ging ein leichtes Zittern durch den Körper der Hexe, und die Mächte der Finsternis nahmen das mit sich fort, was bei den Menschen „Seele“ genannt wird.



Walpurga bestattete den Leichnam der Hexe, der sich eigentlich hätte auflösen müssen, es aber als der Leichnam ihrer Mutter nicht tat, auf einer nahen Waldlichtung. Dann sagte sie einen Zauberspruch ihrer Mutter auf, worauf alle Vögel in den nahen Zweigen, die der Beerdigung beiwohnen wollten, zu zwitschern begannen. Und auch alle Waldblumen, die den Spruch vernahmen, erblühten in den leuchtendsten Farben, obwohl einige von ihnen längst verblüht waren. Der Kolkrabe und der Uhu, die auf dem tiefsten Zweig des allernächsten Baumes saßen, waren tief betroffen und traurig, hatten sie doch ihre Herrin verloren. Der Kolkrabe kratzte sich unentwegt sein Kopfgefieder, und der Uhu klimperte mit den Augenlidern. Fortan lebten die Drei allein in der Waldhütte. Und die Mutter, Herrin und Hexe fehlte ihnen sehr.



Als Walpurga eines Tages mal wieder im tiefen Wald Holz für den bevorstehenden Winter sammelte, wobei ihr der Kolkrabe und der Uhu von Ast zu Ast folgten, da hörte sie das Geräusch von galoppierenden Pferdehufen. Und wenig später hielt ein wunderschöner Jüngling mit großen, dunklen und erstaunt fragenden Augen auf einem Schimmel neben ihr an. Walpurga verschränkte erschrocken und auch schüchtern ihre Arme über ihren Brüsten und senkte verlegen den Blick. Doch der Jüngling fragte sie unbekümmert, wer sie sei, und wo sie wohne, zumal es ihn doch sehr verwundere, daß sie ihm noch nie begegnet sei, habe er doch als Prinz schon vor längerer Zeit Anweisung gegeben, daß ihm jede schöne Maid dieser Gegend vorgestellt werde.
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Walpurga beantwortete artig seine Fragen, hielt dabei aber weiterhin ihren Blick gesenkt.



Der Kolkrabe und der Uhu hüpften und flatterten aufgeregt in den umstehenden Bäumen umher in der bangen Sorge, ihnen könne wohl das eine oder andere entgehen. Und beide lauschten gespannt den wohlklingenden Worten des Prinzen. Und nach und nach kamen sie völlig unabhängig voneinander zu der übereinstimmenden Ansicht, daß der Prinz nicht nur schön und jung, sondern auch einer der rar gewordenen Gentlemen sei.

Aber Walpurga, inzwischen unübersehbar errötet, stand immer noch so scheu und unbeholfen da und wagte nur ganz verstohlen, einen etwas genaueren Blick auf den jungen Prinzen zu werfen. Da konnte der Kolkrabe schließlich nicht mehr an sich halten und krächzte Walpurga zu, nicht so einfältig rumzustehen und den Prinzen doch wenigstens offenen Blickes anzusehen.



Als Walpurga dieser Aufforderung des Kolkraben schließlich folgte und den Prinzen mit ihren großen hellblauen Augen ansah, ja ihn sogar anlächelte, dabei anmutig ihr fast knielanges, gülden schim-merndes Haar schüttelte und sogar den Blick auf ihre, wenn auch durch das Mieder nur angedeuteten, kleinen jungfräulichen Brüste freigab, da sprang der junge Prinz von seinem Schimmel und kniete vor ihr nieder, wobei er seinen Hut mit der großen Feder in den Händen hielt.



„Mein wundersam schönes Fräulein“, begann er zitternd zu sprechen, „ich suche nun landauf, landab seit langer Zeit eine Braut für die Mutter meiner Kinder.“ - An dieser Stelle dachte der Kolkrabe nur „aha“, ohne es aber auszusprechen. - Der Prinz ließ sich sodann wie folgt weiter vernehmen: „Wie ich von Euch, gnädiges Fräulein, vernommen habe, wohnt Ihr hier im Walde allein und seid wohl auch noch ungebunden. Ich bitte Euch sehnlichst und mit meinem ganzen Herzen, mir auf mein Schloß zu folgen und binnen eines Monats, wenn es wieder Vollmond ist, meine Frau zu werden.“ Als der Kolkrabe die letzten Worte vernommen hatte, dachte er bei sich „aha, wieder also bei Vollmond“, schwieg aber dabei.



Als Walpurga dies vernommen, drohte sie in einer glückseligen Ohnmacht umzufallen.
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Doch der Prinz konnte sie gerade noch rechtzeitig auffangen. Er hob sie vorsichtig vor sich auf sein Pferd, wobei ihr junger Körper seinen bereits glühenden Körper noch stärker aufheizte.



Als der Prinz mit seiner kostbaren Habe vor sich dem Pferd die Sporen gab, verließen die Engel die Wolke über dem Platz, wo sie die letzte Stunde nicht untätig verbracht hatten, und strebten zufrieden mit sich himmelwärts. Der Kolkrabe und der Uhu, dem das Ganze viel zu viel Hektik war, folgten dem Paar, indem sie sich, dicht nebenein-ander fliegend, über das Erlebte wortreich austauschten.



Und wie es der Prinz versprochen hatte, wurde an dem ersten Vollmond, der ihrer Begegnung folgte, Hochzeit gefeiert. Am königlichen Hofe wurde an diesem Tag von morgens bis spät in die Nacht ge-feiert. Es wurde musiziert, getanzt, gespeist und gelacht. Und auch das Gesinde kam trotz der erheblichen Mehrarbeit an diesem Tage voll auf seine Kosten, wie man sich denken kann. Selbst der ansonsten eher mürrische Chefkoch, um nur ein Beispiel herauszugreifen, gab sich an diesem Tag sozial. Am Herd stehend, stellte er einer der zahlreichen umherlaufenden Serviererinnen ein Bein und verkostete diese auf der Stelle mit deren freudiger Zustimmung, sozusagen zwischen Suppe und Hauptgericht. Während der Kolkrabe und der Uhu die diversen Leckereien in der Küche inspizierten und sich ungeniert und ungehindert dasjenige herauspickten, was ihnen am meisten zusagte.



Der alte König und die noch um einiges jüngere Königin verfolgten von ihren erhöhten Thronsesseln aus die tanzenden Paare im Saal und erfreuten sich im besonderen an dem Anblick des verliebt tanzenden Brautpaares. Gerührt ergriff der König die Hand seiner Königin. Und als diese seinen Händedruck erwiderte, da löste sich seine Hand aus diesem, und strich der Königin heimlich unter derem schweren Brokatkleid am Bein aufwärts entlang.



Kurz vor Mitternacht, als der Mond seinen höchsten Stand erreicht hatte, und das Schloß und das Land in sein kaltes, silbriges Licht tauchte, und ein fremder Uhu von Ferne sein langgezogenes Uhuu ertönen ließ, da – wieder in dieser besonderen Nacht – warf sich der junge Prinz seine Braut über die Schulter und stürmte mit ihr die alten Steinstufen hoch – immer zwei auf einmal nehmend – und warf seine hübsche junge Last auf seinem Baldachinbett ab.
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Er befreite sich und seine Braut hastig von allem unnötigen Kleiderzierrat, nahm seine leicht bebende Braut schließlich in die Arme und machte das, worauf er schon so lange hatte warten müssen.



Und in diesem Augenblick durchlief den Körper von Walpurga ein mächtiges Zittern, das weniger seinen Grund in der kraftvollen und ungestümen prinzlichen Beiwohnung hatte, sondern vielmehr seinen Ursprung in einem tiefen Wissen aus längst verstrichener Zeit fand – in dieser besonderen Nacht.


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Punktestand der Geschichte:   373
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Kommentare zur Story:

  Hm...eine Fortsetzung also zu "Walpurgisnacht mal anders".
Nicht schlecht, wie alles bisher gelesene gut schlüssig und einleuchtend, fehlerfrei vorgetragen.
Nur vermisse ich auch hier einen würdigen Abschluß, so daß man sagen könnte, ja, diese Geschichte hat dieses "besondere" Etwas.
Schade eigentlich, sie hat es leider nicht, daher Mittelmaß, 3 Pts  
Unbekannt  -  09.02.04 01:16

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