Aktuelles und Alltägliches · Kurzgeschichten · Sommer/Urlaub/Reise

Von:    Philippe Gehrig      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 5. März 2001
Bei Webstories eingestellt: 5. März 2001
Anzahl gesehen: 2826
Seiten: 4

Der Ursprung des Ganzen, befand sich in einem

Überraschungsei.



An einem stressigen Arbeitstag, nachmittags, endlos zu-

gelabert von unzufriedenen Telefonkunden, beschließe ich,

mal wieder etwas Nervennahrung zu mir zu nehmen. Ich

verspeise die Schokolade, öffne das gelbe Plastikei und

fördere einen Bausatz zu Tage, der sich zusammengebaut als

Mini-Katamaran entpuppt. Mein Herz schlägt sofort höher.



Vor meinem geistigen Auge, segele ich mit dem Boot

in der Karibik von Insel zu Insel, wo überall leicht bekleidete,

kaffeebraune Schönheiten darauf warten, mir, dem

Skipper, eisgekühlte Kokosmilch zu servieren. Ich prahle mit

meiner seemännischen Erfahrung und gebe die eine oder andere Abenteuergeschichte zum besten, kurz gesagt : Provinzmacho

auf den Pfaden des jungen Gunter Sachs - bereit die

höheren Weihen zu empfangen.



Das nächste Telefonat bringt mich wieder auf den Boden der

Tatsachen zurück, aber die Urlaubsidee ist geboren.

Zuhause angekommen, berichte ich meiner besseren Hälfte von

meiner Idee, die sie auch mit überschwänglicher Begeisterung

aufnimmt. Der Grund dieser Begeisterung wird mir klar,

als ich an unser letztes Urlaubsziel-Gespräch denke. Zwei

völlig verschiedene Vorstellungen von Urlaub kamen zu

Tage : Während ich einen Motorrad-Urlaub favorisierte, hart,

männlich in Leder, schwebte meiner Freundin eher Sonne,

Strand und Baden im Meer vor.











Wir hätten ja beides verbinden können, bloß hätte sie, auf

Ihre obligatorischen Kultgegenstände verzichten müssen. Es

sei denn, ich gewänne kurzfristig im Lotto und würde noch

einen Beiwagen plus Anhänger an mein Motorrad schrauben.

Kampfstern Galactica in der Südsee.



Da ich mein Motorrad aber schlecht auf eine karibische Insel

mitnehmen kann und somit die Gepäckfrage nicht mehr im

Vordergrund steht, akzeptiert sie meine Urlaubsidee ohne

Vorbehalte.
Seite 1 von 4       
Die Planung des Ganzen ist relativ einfach, da

eine ihrer Schwestern schon einmal auf einem karibischen

Eiland war und selbst zwei Jahre danach, noch feuchte Augen

bekommt, wenn sie davon erzählt. Eben diese Schwester ar-

beitet praktischerweise in einem Reisebüro, so das wir uns

das nervige, anpreisende Gelaber des durchschnittlichen

Tourismusexperten ersparen können.



Soweit, so gut. Der Reisetermin rückt immer näher, und

leichte Nervosität macht sich breit. Um unsere Dankbarkeit

gegenüber ihrer Familie zu signalisieren, fragen wir bei

einem gemütlichen Treffen, ob denn jemand von dort etwas

mitgebracht haben will. Die einstimmige Antwort ist JA!

Karibischer Kaffee! Also notieren wir: Ein Päckchen für

Schwester-Nummer Eins, ein Päckchen für Schwester-Nummer

Zwei, eins für die Mutter, eins für den Vater. Der Hund

hätte auch eins mitbekommen, aber er trinkt so gut wie

keinen Kaffee.











Vier Wochen später landen wir auf St. Lucia, dem Über-

raschungsei Paradies. Zu meinem Erstaunen ist die Insel

genauso, wie sie in den Reiseprospekten dargestellt wird:

Ein Traum aus weißem Sandstrand, Palmen und kristall-

klarem Wasser. Die Bacardi - Werbung hat nicht gelogen.



Die Insulaner, zu 90 Prozent Nachfahren schwarzer Sklaven

aus Afrika, haben keine Angst mehr vor bleichen Gestalten,

zumal diese in Bermuda-Shorts irgendwie mehr nach Opfer

als nach Herr und Gebieter aussehen. Schon beim Verlassen

des Flughafengebäudes wird mir klar, wer hier heutzutage

das Opfer ist. Ca. 20 schwarze Taxi- und Kleinbusfahrer

stürmen, diverse Fremdsprachen redend, auf uns zu, begleitet

von beschwörenden Gesten. Jeder will uns das Gepäck aus den

Händen reißen, als ob es kein Morgen mehr gäbe.



Da ich seit sieben Stunden keine Zigarette mehr geraucht

habe, bin ich in etwa so ausgeglichen wie Clint Eastwood in

dem Film "Der Texaner".
Seite 2 von 4       
Es gelingt mir trotzdem, eine offi-

ziell aussehende, schwarze Frau mit Notizblock davon zu

überzeugen, das wir den Transfer zu unserem Hotel schon ge-

bucht haben und jetzt einfach nur ohne weitere Preis- und

Bakschisch Verhandlungen genau dorthin wollen.



Im weiteren Verlauf unseres Aufenthaltes wird uns klar, das

der Großteil der einheimischen Bevölkerung in uns eine Art

störrigen, aber dennoch ergiebigen Geldesel sieht. Sobald

wir das Hotel verlassen, werden wir von irgendwelchen Typen

angequatscht, die uns entweder die Gegend zeigen, oder immer

den gleichen, natürlich selbst hergestellten (!), Schmuck

verkaufen wollen.









Was den Schmuck angeht, haben Sie den alten Kolonialisten-

Trick mit den Glasperlen einfach umgedreht.



Gegen Ende des Urlaubes wird die Sache mit dem Kaffee als

Mitbringsel immer prekärer. Es muss ja genau dieselbe Marke

sein, die meiner Lebensgefährtin, Schwester vor zwei Jahren

mitgebracht hat. Wir kämmen einen Laden nach dem anderen

durch, finden jede Menge Kaffee, aber nicht die besondere

Marke. Jedes Mal, wenn wir auch nur zwei Sekunden un-

schlüssig auf einem Platz herumstehen, kommt unweigerlich

ein Insulaner auf uns zu gesprungen. Gegen diese Männer

haben wir einfach keine Chance, da sie so lange neben uns

herlaufen und auf uns einreden, bis wir ihnen einfach Geld

geben, nur um sie los zu sein. Das wieder rum hat zur Folge,

das die Suche nach dem magischen Kaffee nicht nur extrem

nervig, sondern auch kostenintensiv wird. Nach dem dritten

Anlauf habe ich die Schnauze voll, aber meine Freundin lässt

nicht locker. Ich kann Sie aber schlecht solo ziehen lassen,

da sie, als leicht bekleidete, weiße Frau alleine, ein

besonders appetitliches Geldeselchen darstellt. Wir finden

sogar einem Laden, in dem nur Einheimische einkaufen,

hinter den sieben Bergen, bei den sieben Zwergen gelegen,

aber selbst dort gibt es den gesuchten Kaffee nicht, was

unseren Führer nicht daran hindert, uns ordentlich zu

schröpfen.
Seite 3 von 4       




Einen Tag vor der Abreise kauft meine Freundin einfach sechs

Pfund irgendeiner Marke und kommentiert das mit den Worten:

„Jetzt ist aber Schluss mit lustig“.











Zunächst hat sie vor, den Kaffee am deutschen Zoll nicht

weiter anzugeben, woraufhin ich ihr beipflichte, das die

Zellen am Frankfurter Flughafen für ihren Komfort inter-

national geschätzt werden. Das überzeugt sie schlussendlich,

den Kaffee zu verzollen.



Zuvor wäre meine Überzeugungsarbeit fast noch von einem

bayerischen Oberzollinspektor im Urlaub torpediert worden,

der sich eine sündhaft teure Uhr in einem Duty free Laden

der Insel zugelegt hatte und im Traum nicht daran dachte,

diese seinen Kollegen Preis zu geben.



Zwei Wochen nach unserer Rückkehr, sind wir bei ihren Eltern

zum Grillen eingeladen, dem Kaffee-Übergabetag. Nervös zieht

sie den ersten Kaffee-Beutel aus dem Rucksack und überreicht

ihn Ihrer Mutter, die diesen misstrauisch beäugt.

„Das ist aber nicht der, den ich wollte“,

sagt die Mutter mit leichter Entrüstung in der Stimme. Nach

näherer Begutachtung des Beutels:

„Das ist ja Dritte Welt Kaffee, so etwas trinken wir hier

nicht! Den kriege ich in der Stadt an jeder Ecke“.



Meine bessere Hälfte sitzt, wie vom Donner gerührt, bleich

auf ihrem Campingstuhl, während ich vor Lachen aus meinem

falle.

„Hallo Frau Kaiser“,

pruste ich los und werde von messerscharfen Blicken erdolcht.



Copyright Philippe Gehrig 2000


Seite 4 von 4       
Punktestand der Geschichte:   32
Dir hat die Geschichte gefallen? Unterstütze diese Story auf Webstories:      Wozu?
  Weitere Optionen stehen dir hier als angemeldeter Benutzer zur Verfügung.
Ich möchte diese Geschichte auf anderen Netzwerken bekannt machen (Social Bookmark's):
      Was ist das alles?

Kommentare zur Story:

  Ich muss nun gestehen, ich habe diese
Geschichte mit Genuss gelesen und möchte auch einen respektiven Kommentar abgeben. Falls andere hier ein *Auf die Schnauze hau* Forum eröffnen wollen. Ich nicht.
Erstens: Sorry Phil, aber die Story ist für meinen Geschmack etwas zu abgehackt. Ausschmückungen hätten mir persönlich gefehlt, auch Überleitungen zu den einzelnen Szenerien hätte ich ausgebaut, aber wie heisst es: Jedem das seine...
Zweitens: Die Thematik fand ich sehr interessant! Auf eine Art sarkastischer Natur hast du die Touristikwelt der Karibik genau getroffen! Hörte sich fast wie mein Besuch auf San Andres an, aber orginal das Gleiche! Kicher... man merkt doch, wie Tourismus auf diverse Einheimische Einfluss nimmt... und zur *Krönung* (brüllwech!!! hihihi!) des Ganzen: Der Kaffee, das Mitbringsel... *ich brüh nur die *Krönung* auf!* Lachweg!
Super Story-Idee! Danke!  
SabineB  -  29.06.01 15:32

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  Dieser Kommentar richtet sich an Moidrams Mollands: Solche Kommentare hab ich im letzten Forum, in dem ich zu Gast sein durfte auch erlebt und ich finde es einfach unfair dem Verfasser gegenüber. Dieser Ton muss doch nicht sein. Wenn ein Autor etwas schreibt, das Dir persönlich nicht zusagt, dann steht es Dir auch offen, es nicht zu lesen. Es ist einfach keine Art, einen "Kollegen" derart zu beschimpfen. Vielleicht denkt manch ein Leser auch so über Deine Werke, die ich bisher noch nicht gelesen habe, so dass ich mir kein Urteil erlauben kann. Meine Bitte wäre einfach: Keep cool and stay fair. Diese Kommentare stören einfach mehr als Geschichten, die vielleicht für manche Leser uninteressant sind. Denk bitte darüber nach. Gruss, bignose  
bignose  -  07.06.01 22:45

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  Kannst du deine Urlaubserlebnisse nicht irgendeinem Freund erzählen? Uns hier damit zu belästigen finde ich ziemlich aufdringlich. Es interessiert mich einen feuchten Dreck was du mittelstandsbürgerlicher Karibikurlauber deinen Verwandten und Bekannten für drittklassige Trophäen mitbringst. Noch weniger interessiert mich, was du von der Bevölkerung von St.Lucia hältst, denn ich bin mir sicher, dass dort höchstens mit ein paar Verkäufern und Taxifahrern ein paar Worte mehr gestottert als gewechselt hast...   
Moidrams Mollands  -  21.03.01 09:19

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

Stories finden

   Hörbücher  

   Stichworte suchen:

Freunde Online

Leider noch in Arbeit.

Hier siehst du demnächst, wenn Freunde von dir Online sind.

Interessante Kommentare

Kommentar von "SCvLzH" zu "Am Meer"

... melancholisch aber schön ...

Zur Story  

Aktuell gelesen

  In Arbeit

Funktion zur Zeit noch inaktiv. Über ein Konzept zur sicheren und möglichst Bandbreite schonenden Speicherung von aktuell gelesenen Geschichten und Bewertungen, etc. machen die Entwickler sich zur Zeit noch Gedanken.

Tag Cloud

  In Arbeit

Funktion zur Zeit noch inaktiv. In der Tag Cloud wollen wir verschiedene Suchbegriffe, Kategorien und ähnliches vereinen, die euch dann direkt auf eine Geschichte Rubrik, etc. von Webstories weiterleiten.

Dein Webstories

Noch nicht registriert?

Jetzt Registrieren  

Webstories zu Gast

Du kannst unsere Profile bei Google+ und Facebook bewerten:

Letzte Kommentare

Kommentar von "Evi Apfel" zu "Baum am Wasser "

Wunderbar. Genießen wir noch die Restsommersonne in den Blättern der Bäume.

Zur Story  

Letzte Forenbeiträge

Beitrag von "Redaktion" im Thread "Winterrubrik"

ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest. Genießt auch die übrigen Festtage und macht es euch schön wir möglich. Trübsal blasen könnt ihr auch ein andermal. Also frohes Fest Eure Redaktion

Zum Beitrag