Kurzgeschichten · Schauriges

Von:    Christian Dolle      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 6. November 2023
Bei Webstories eingestellt: 6. November 2023
Anzahl gesehen: 1576
Seiten: 5

Als die Nachricht aufploppte, wollte Alex sie zuerst wegklicken. Aus irgendeinem Grund aber weckte sie seine Aufmerksamkeit und er begann, sich die wenigen Zeilen durchzulesen. Scam, natürlich, eine blöde Werbung für was auch immer. Sowas bekam er täglich mehrfach und meist lohnte es sich nicht, auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden.

„Traust du dich, das Spiel zu spielen?“, stand dort, „Du und drei deiner Freunde können teilnehmen und alles gewinnen, was ihr euch wünscht... falls ihr überlebt.“ Darunter ein Button mit der Aufschrift „Play the Game“. Mehr nicht.

Noch einmal sagte Alex sich, dass es besser sei, die Nachricht einfach zu löschen, dann aber klickte er dennoch auf den Button. „Gib die Handynummern drei deiner Freunde ein“, stand dort jetzt, mehr nicht. Mist. Seine Neugier war geweckt und jetzt erst recht, da es keinerlei Hinweis gab, um was es sich bei dem Spiel handelte.

Statt nun doch der Vernunft zu folgen und all das einfach zu vergessen, schickte er die Nachricht an Xenia, Maxim und Felix. Schon seit Alex seinen Twitch- und Youtubekanal „Alex‘ Horrorshow“ betrieb, waren die drei sowas wie sein Squad-Team, sie zockten zusammen „Dead by Daylight“, „Hunt Showdown“, „Call of Duty“ und diverse andere Games und waren im Grunde immer wieder auf der Suche nach etwas Neuem.

Außerdem waren sie ab und zu gemeinsam in Lost Places unterwegs, einmal hatten sie für einen Livestream sogar den Angriff eines Monsters inszeniert, den viele Zuschauer für echt gehalten hatten und der viele Klicks gebracht hatte, weil einige sich wirklich Sorgen um Alex gemacht hatten. Im Nachhinein war die Aktion allerdings gar nicht so gut angekommen, denn viele seiner Stammzuschauer hatten sich zu Recht verarscht gefühlt und waren ihm daraufhin entfolgt. Es war also höchste Zeit, mal wieder etwas ganz Neues zu machen, was dann hoffentlich viral ging.

Xenia war die Erste, die Alex antwortete und mehr über das mysteriöse Spiel wissen wollte. „Kann ich dir auch nicht sagen, ich weiß auch nur, was dort steht“, gestand er ein. Der Nächste, der sich meldete, war Felix und zu Alex‘ Überraschung meinte er sofort: „Also wenn Xenia und Maxim dabei sind, mach ich auch mit.“ Das war der entscheidende Satz, der schließlich auch die anderen überzeugte und so gab Alex schon wenige Stunden später ihre Handynummern in die dafür vorgesehenen Felder ein.
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Er erhielt eine Bestätigung, sonst passierte erst einmal gar nichts. Mist. Vermutlich doch Scam und sie hatten sich jetzt für irgendein Gewinnspiel oder einen nervigen Newsletter oder was auch immer registriert. Da es ja keinerlei weitere Informationen über den Absender gab, konnte er auch nirgendwo nach besagtem Spiel oder was immer dahintersteckte suchen, was ihn ziemlich frustrierte. In den kommenden Tagen würde er sehr genau aufpassen, ob er irgendwelche weiteren seltsamen Nachrichten aufs Smartphone bekam.



In den kommenden drei Tagen geschah nichts, so dass Alex das Spiel schon beinahe wieder vergessen hatte, als er wie jede Woche zum Fußballtraining ging. Er war nicht mal besonders gut, im Zocken definitiv besser als im Sport, es ging ihm auch vor allem darum, Teil eines Teams zu sein, denn vor dem Computer saß er schließlich immer allein.

Nach dem Training quatschte er noch mit einigen Mädchen, die immer am Spielfeldrand herumhingen, flirtete ein wenig, so dass er schließlich einer der Letzten unter der Dusche war und das Vereinsheim als Letzter verließ, als es schon dämmerte. Gerade kramte er in seiner Tasche nach dem Motorradschlüssel, da hörte er auf der Straße einen Lieferwagen, der kaum zwei Meter von ihm entfernt anhielt.

Alex guckte kurz auf, dachte sich aber nicht viel dabei, in dem Moment sprangen zwei Männer aus dem Wagen, groß, kräftig und ziemlich schnell, sie packten ihn von beiden Seiten, einer presste ihm die Hand auf den Mund, der andere hielt seine Arme fest. Nach der ersten Schrecksekunde versuchte Alex sich gegen die beiden zu wehren, doch es war schon zu spät, denn kurz darauf merkte er, wie sich Handschellen um seine Handgelenke legten, er etwas in den Mund gestopft bekam und geknebelt wurde.

Einer der beiden Kerle verpasste ihm einen Schlag in die Magengrube, der ihm kurz die Luft raubte, dann packten die beiden ihn, zerrten ihn zum Lieferwagen und schubsten ihn unsanft ins Innere. Die Türen schlossen sich, Alex prallte hinten gegen die Türen, als das Fahrzeug anfuhr, dann wurde er immer wieder hin- und hergeschüttelt, so dass er sich wohl einige blaue Flecke zuzog.

Nach einer Weile verlor er jedes Zeitgefühl, es kam ihm vor, als dauere die Fahrt ewig. Hinzu kam, dass er sich natürlich fragte, was es mit dieser Entführung auf sich hatte. Waren es enttäuschte Fans von damals, die ihm den Fake mit dem Monster übel nahmen? Ehrlich gesagt glaubte er das nicht.
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Konnte es sein, dass jemand Lösegeld erpressen wollte? Viel war bei ihm nicht zu holen, er war schließlich kein Trymacs oder Gronkh.

Zwischendurch erinnerte er sich an einen Porno, den er kürzlich gesehen hatte und in dem es um Amazonen ging, die Männer entführten, um mit ihnen dann so einiges anzustellen. Die Vorstellung gefiel Alex, doch auch sie war wohl wenig wahrscheinlich. An das Spiel dachte er noch überhaupt nicht, er hätte auch nicht für möglich gehalten, dass es so eskalieren könnte.



Nach etlichen Stunden endlich stoppte der Lieferwagen, die Türen öffneten sich und helles Scheinwerferlicht blendete Alex, so dass er erst einmal die Augen schließen musste und sich nicht gegen seine Entführer wehren konnte. Doch selbst wenn, was hätte er tun sollen, schließlich wusste er nicht mal, wo er sich befand, und war auch nach wie vor mit Handschellen gefesselt und geknebelt.

Hinzu kam, dass die Männer ihm nun einen Sack über den Kopf zogen, so dass er, auch als er sich an das Licht gewöhnt hatte, nichts hätte sehen können. Sie zogen ihn an den gefesselten Armen auf die Füße, schubsten ihn aus dem Wagen und drängten ihn dann vorwärts.

Dabei sprachen sie nicht, Alex tapste blind voran, zudem taten ihm von der langen unsanften Fahrt alle Knochen weh. Noch immer konnte er sich keinen Reim darauf machen, was das alles sollte, in welchen Alptraum er hier geraten war. Die Amazonen waren es wohl leider nicht.

Da er nichts sehen konnte, konzentrierte er sich aufs Hören. Seine Schritte ließen auf einen harten Betonboden oder Ähnliches schließen, der Schall auf lange enge Gänge. So ging es eine Weile weiter, er ließ sich von seinen Bewachern führen, da es ohnehin keine Möglichkeit zur Flucht gab.

Währenddessen kreisten seine Gedanken immer noch um die schlimmsten Möglichkeiten, was diese Typen mit ihm vorhaben könnten. Sein Herz schlug bis zum Hals, er glaubte sogar, es hören zu können, doch es waren nur die Schritte durch diese Gänge, von denen er nicht wusste, nicht wissen wollte, wohin sie führten.

Nach einer ganzen Weile blieben die Männer abrupt stehen, einer von ihnen kramte offenbar einen Schlüssel hervor. Alex konnte das metallische Schaben hören, wie er in ein Schloss gesteckt und umgedreht wurde. Die Tür schwang mit leisem Quietschen auf, der andere Typ schubste Alex, er fiel vornüber und landete unsanft auf dem harten Boden.
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Sofort knallte die Tür ins Schloss, der Schlüssel wurde erneut herumgedreht, Schritte entfernten sich. Alex hörte, dass er nicht allein im Raum war, er hörte Atem, jemand, der zu ihm herüberkam, ihm aufhalf und dann den Sack von seinem Kopf zog. Wieder brauchten seine Augen einen Moment, um sich an das Licht zu gewöhnen.

„Alex!“, hörte er Maxims Stimme. Er sah seinen Freund an, dann entdeckte er auch Xenia und Felix. Die drei anderen waren ebenfalls in Handschellen, hatten aber ihre Knebel lösen können. Genau das versuchten sie jetzt auch bei Alex, indem sich Maxim hinter ihn stellte und sich dann am Knoten an Alex‘ Hinterkopf zu schaffen machte. Zum Glück löste sich das Stück Stoff, das andere spuckte er aus, fühlte sich jetzt schon nicht mehr ganz so hilflos, obwohl dieses Gefühl natürlich trügerisch war.

Sie befanden sich in einem nahezu quadratischen Raum mit nackten Betonwänden ohne Fenster und einer verschlossenen Stahltür. Es war offensichtlich, dass sein Squad ebenso wie er entführt worden waren, vermutlich auf die gleiche Weise. Es musste mit dem Spiel zu tun haben, schoss es Alex jetzt durch den Kopf, noch bevor er seine Gedanken ordnen und irgendetwas sagen konnte.

„Haben sie euch auch in einem Lieferwagen hergebracht?“, fragte er dennoch, wenn es auch ziemlich überflüssig war. Die drei anderen nickten und schilderten kurz, wie ihre Entführungen abgelaufen waren. „Wer die waren, konnten wir nicht erkennen, wo wir hier sind schon gar nicht“, schloss Xenia mit einiger Verzweiflung in der Stimme.

„Es muss mit diesem Spiel zu tun haben, für das du uns neulich angemeldet hast“, vermutete jetzt Maxim, „anders kann ich mir das nicht erklären.“ Umgehend keimten Schuldgefühle in Alex auf und er spürte den Drang, sich verteidigen zu müssen. „Woher hätte ich den wissen sollen, was da passiert? Und außerdem macht das alles überhaupt keinen Sinn.“

„Ist ja schon gut, niemand gibt dir die Schuld“, lenkte Xenia umgehend ein und Alex hoffte, dass sie es auch wirklich so meinte. Nur half das alles ihnen überhaupt nicht weiter. Ob es mit dem Spiel zu tun hatte, wer auch immer diese Leute waren, es änderte nichts daran, dass sie hier in einer ausweglosen Zelle festsaßen und sich wohl oder übel in ihr Schicksal fügen mussten.

Dann plötzlich schob sich eine Luke in der Wand auf, die Alex zuvor noch gar nicht bemerkt hatte.
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Die anderen, die ebenso fassungslos wie er in die Richtung schauten, offenbar auch nicht. Ein Monitor kam zum Vorschein, flackerte kurz auf, es erschien ein Gesicht, eine Art schwarze Maske, in der die Augen und der Mund mit blauen Lichtern markiert waren.

Spätestens jetzt wirkte all das hier völlig surreal und der Eindruck verstärkte sich noch als der Mund sich mit einem Mal bewegte und zu ihnen sprach. „Macht euch bereit für das Spiel!“, forderte eine verzerrte tiefe Stimme, „das einzige, was ihr tun müsst, ist überleben.“





Die Geschichte gibt es auch auf Youtube: https://youtu.be/-0Sw3RLeA_c?si=xhYG-CtKLllXNBIZ
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Punktestand der Geschichte:   339
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Kommentar von "Marie" zu "optimistischer Pessimist"

Mir gefällt es, egal, was andere denken. Auch die berschrift lockt. Gruß marie

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