Die Kinder von Brühl 18/Teil 2/Essensmarken und Stoppelfelder/Episode 14/Zippi und Zappi und die neuen Namen   0

Romane/Serien · Erinnerungen

Von:    rosmarin      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 9. Februar 2022
Bei Webstories eingestellt: 9. Februar 2022
Anzahl gesehen: 2169
Kapitel: 0, Seiten: 0

Diese Story ist die Beschreibung und Inhaltsverzeichnis einer Reihe.

Verfügbarkeit:    Die Einzelteile der Reihe werden nach und nach bei Webstories veröffentlicht.

Episode 14



Zippi und Zappi und die neuen Namen



In Brühl 18 war das Leben vollends erwacht. Das Eis war geschmolzen. Das Plumpsklo geleert. Auf dem Mist tummelten sich die ersten Fliegen. Überall krabbelten kleine Käfer herum. Und auf dem frischen Grün unter dem Zwetschgenbaum blühten schon die ersten Gänseblümchen. Die Hühner mit ihrem Hahn hatten noch keine Zeit gehabt, sie wegzuscharren. Sie tummelten sich wieder auf ihrem Mist. Laut gackernd suchten sie die versteckten Würmer und Larven. Und der Hahn krähte mit heiserer Stimme auf der höchsten Stelle des Mists. Nur war diese noch nicht sehr hoch. Es gab ja noch so gut wie keine Abfälle. Aber Zippi und Zappi gab es noch. Sie waren sehr gewachsen. Sie hatten immer Hunger. Ihr Futter war fast aufgebraucht. Und neues konnten die Kinder noch nicht von den Wiesen holen. Die Gräser waren noch zu kurz.

„Aber ausführen könnt ihr die Ziegen schon“, sagte Else. „Sie können sich ihr Futter ja selbst suchen.“

„Oh, ja“, freute sich Rosi, „das mache ich.“

Rosi stellte sich vor, wie sie Zippi und Zappi an einer Wäscheleine ausführen würde. Am nächsten waren ja die Wiesenfleckchen vor den Gärten am AltenTeich. Oder unten am Gänsebach. Der war auch nicht allzuweit entfernt. Sie könnte ja immer nach der Schule hinwandern. Da hätte sie dann wenigstens ihre Ruhe. Allein mit Zippi und Zappi. Das wäre doch was.

„Ich will sie ausführen“, meldete sich da Karlchen.

„Ich auch“, sagte Jutta.

„Das geht nicht Kinder.“ Else erhob sich von der Bank unter dem Zwetschgenbaum. Es kann nur einer. Die anderen brauche ich hier. Ich schaffe die Arbeit nicht allein.“



Am Abend saß die ganze Familie an dem großen ovalen Tisch beim Abendessen. Die blaue Lampe mit den gelben Blumen schwankte sacht hin und her. Denn an ihr baumelte schon wieder so ein schrecklicher Fliegenfänger. Und die ersten Fliegen zappelten auch schon daran.

„Wir müssen beraten, wie es jetzt weitergehen soll“, eröffnete Else das Gespräch. „Die Lebensmittelkarten sind rar bemessen“, sagte sie. „Und die Bezugsscheine auch. Deshalb müssen wir alles ganz genau einteilen. Eier haben wir ja bald genug. Die Ziegen können auch bald gedeckt werden.
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Dann bekommen sie kleine Zicklein und geben Milch. Für Käse und Quark.“ Als die Kinder nichts erwiderten, fuhr sie fort: „Obst können wir ja von Ziegelroda holen. Da wir ja wieder willkommen sind. Und die Großeltern mir nicht mehr gram sind. Wegen der Scheidung.“



So einfach war das. Else schien ja froh zu sein, dass sie geschieden war. An sie dachte sie wohl gar nicht, dachte Rosi. Und an Jutta. Karlchen. Bertraud Johanna. Hauptsache, Else hatte den Richard. Aber der war kein Ersatz.

Die Kinder konnten nichts mit Richard anfangen. Es gab keinen Draht. Kein Gespräch. Kein Gefühl. Es gab einfach nichts.

Nur Karlchen unterhielt sich manchmal mit ihm. Oder er mit ihm. Er war ja auch ein Junge.



„Ich möchte die Ziegen hüten“, kam Rosi auf das vorherige Gespräch zurück. „Die anderen Arbeiten kann ich ja danach erledigen.“

„Gut“, war Else einverstanden. „Aber einmal in der Woche wechselt ihr euch ab. Dann sind Jutta und Karlchen dran.“

„Ja“, Karlchen warf sich stolz in die Brust. Mutwillig verwuschelte er seine blonden Haare und sagte: „Ich bin dann der Ziegenhirte. Aber da brauche ich auch einen Hut.“

„Ja, ja“, neckte Else, „am besten noch mit einer schönen bunten Feder.“

„Von unserem Hahn“, schlug Jutta vor. „Dem fallen sowieso immer einige raus.“

„Hahaha“, lachte Rosi, „der Ziegenhirte mit der Hahnenfeder. Wenn das nichts ist.“

„Und nun noch etwas anderes“, beendete Else die Neckereien der Kinder. Sie sah die Kinder der Reihe nach streng an. „Bevor ihr euch jetzt wascht und betet und ins Bett geht“, sagte sie dann, „möchte ich eure Namen vereinfachen.“

„Wie soll denn das gehen?“, wunderte sich Jutta. „Die sind doch schon alle so kurz.“

„Die Länge meine ich ja nicht“, sagte Else, „sondern der Einfachheit halber sollen alle Namen mit i enden.“

„Meiner endet ja schon mit i“, sagte Rosi, „ Also dann Jutti, Karli, Berti, Gitti“, lachte sie.

„Du hast es erfasst“, war Else zufrieden. „Und noch etwas.“ Else machte ein geheimnisvolles Gesicht. Das bedeutete nicht immer etwas Gutes. Und so war es auch diesmal. „Richard will ab sofort von euch Papi genannt werden“, sagte sie in ihrem Keine Widerrede Ton.
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‚Das fehlte noch‘, dachte Rosi erschrocken.

Aus Onkel Richard sollte Papi werden? So plötzlich? So aus heiterem Himmel? Nie und nimmer. Richard war nicht ihr Vater. Ihr Vater war Karl. Auch wenn er verschwunden war. Und kam und ging, wie er wollte, wie Else sagte.

„Da mache ich nicht mit.“ Rosi setzte sich gerade auf ihren Stuhl. Sie verschränkte bockig ihre Arme über der Brust. Wütend sah sie Else mit ihrem berühmten Wennblicketötenkönntenblick an. Doch der half diesmal auch nicht.

„Guck nicht wieder so böse“, sagte Else ärgerlich. „Du musst aber auch immer aus der Reihe tanzen. Widerspenstiges Ding. Du“, setzte sie noch eins drauf.

„Aber ich habe einen Vater“, empörte sich Rosi. „Richard ist nur Richard.“

„Aber mein Mann“, wurde Else sehr ungehalten. „Und Papi ist ja auch nicht Vater. Basta“, beendete sie das Gespräch.



Richard, der ja jetzt Papi genannt werden wollte, saß unbeteiligt auf der Couch. Er vergrub seinen Kopf immer tiefer in der Zeitung. So, als ginge ihn das Gerangel um Onkel Richard oder Papi überhaupt nichts an.

Ganz abgesehen davon, dass Richard Papi sich fast nie an den Gesprächen der Familie beteiligte, könnte er ja jetzt auch mal ein Wort dazu sagen. Schließlich ging es ja um ihn.

„Und was sagst du dazu? Richard Papi“, provozierte Rosi Richard.

Endlich blickte Richard von seiner Zeitung auf. Bedächtig legte er eine schwarze Haarsträhne von links nach rechts über die kahle Stelle auf seinem Kopf. Wie vordem Else schaute er die Kinder der Reihe nach an. Dann ruhte sein Blick auf Else. Als diese nichts erwiderte, sagte er: „Wenn Elsi das sagt, wird es wohl richtig sein. Stimmt‘s Elsi?“

„Aber klar doch Ricki“, stimmte Else zu. „So soll es sein.“

„Papi, Papi!“ Wie ein Wirbelwind hüpfte Bertraud Johanna, nein Berti, von Elses Schoß. Aufgeregt lief sie zu Richard, der sich wieder hinter seinem Thüringer Wochenblatt versteckt hatte. Mit ihren kleinen Händchen patschte sie lustig auf Richards Thüringer Wochenblatt. „Du heißt Papi“, kreischte sie vergnügt. „Und ich Berti.“

Ritsch, ratsch.
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Die Zeitung riss mittendurch. Richards Kopf steckte dazwischen. Die schwarze Haarsträhne wippte auf seiner Nase.

„Ein Bild für die Götter“, prustete Rosi los. Die anderen fielen ein. Berti zupfte an Richards schwarzer Strähne.

„Elsi“, sagte Richard, „sag doch auch mal was. Nimm das Kind da weg.“

Klar sagte Elsi mal was. Und zwar: „Berti! Lass den Papi in Ruhe. Komm sofort her.“ Und zu den anderen Kindern gewandt: „Und ihr lacht nicht so schadenfroh. Denkt daran, was ich gesagt habe.“

„Ich will aber nicht Karli heißen“, wehrte sich Karlchen. „Das ist doch ein blöder Name.“

„Gut“, sagte Else, „dann heißt du halt Heinzi.“





***



Fortsetzung folgt
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