Imhotep, der Junge aus Heliopolis - Kapitel 30   401

Romane/Serien · Spannendes

Von:    Francis Dille      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 5. September 2021
Bei Webstories eingestellt: 5. September 2021
Anzahl gesehen: 2099
Seiten: 15

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Ein "Klappentext", ein Inhaltsverzeichnis mit Verknüpfungen zu allen Einzelteilen, sowie weitere interessante Informationen zur Reihe befinden sich in der "Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht":

  Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht      Was ist das?


Kapitel 30 – Epilog





Nachdem Tutanchamuns Gruft verschlossen und versiegelt wurde, bestieg am selben Tag Pharao Eje II den Horusthron. Pharao Eje war aber altersbedingt nicht mehr fähig, das ägyptische Reich gewissenhaft zu regieren und ernannte seinen engsten Vertrauten zu seinem Mitregent. Ein Mitregent war meistens zugleich der Thronanwärter, weil er in die Regierungsgeschäfte und in das Mysterium der Götter eingeweiht wurde. Der zweiundvierzigjährige Haremhab hatte das Schwert beiseitegelegt und hatte wiederum seinen Vertrauten Ramses die Führung des Militärs überlassen. Pharao Eje hatte zwar genügend Söhne und Enkelsöhne, die er zum Mitregent hätte ernennen können, aber keiner von ihnen wäre imstande und würdig gewesen, nach seinem Ableben zum Pharao gekrönt zu werden. Jedoch waren diese Männer anderer Meinung gewesen, obwohl sie sich nicht im Geringsten vorstellen konnten was es bedeutet, die Verantwortung für ein ganzes Volk auf sich zu nehmen. Ejes Söhne und Enkelsöhne sahen nur die überirdische Macht, die ihnen zugeteilt werden würde, sobald einer von ihnen auf dem Horusthron säße.

Doch die Pschent-Krone forderte von Eje einen hohen Tribut.

Die erholsame Ruhe, die der alte Mann nach über sechzig Jahren Dienstzeit angestrebt und auch sichtlich benötigt hatte, war ihm nun aufgrund seines göttlichen Amtes verwehrt. Zudem hatte Pharao Ejes unwiderruflicher Beschluss, dass er Haremhab offiziell zum Thronfolger ernannt hatte, seine sonst harmonische Großfamilie und sein persönliches Glück zerstört. Jeder seine Söhne und auch die Enkelsöhne waren sich sicher gewesen, dass er einen von ihnen die Doppelkrone vermachen würde. Seine Familie war seitdem untereinander zerstritten und bis aufs Blut verfeindet. Missmut, Neid, Hass und Mordgedanken hatte den Familienclan überschattet und gespalten. Zudem hatten sie ihren Vater sowie Großvater abgrundtief verachtet und privat gemieden, obwohl Eje seine Familie über alles liebte und ihnen Einfluss, Wohlstand und Bildung ermöglicht hatte. Nur falls es unabdingbar war, wenn beispielsweise ein Staatsbesuch empfangen wurde oder das alljährliche Opet-Fest traditionell vom großen Balkon des Königspalastes ausgerufen wurde, sah man den Familienclan zwangsweise vereint, die dem Volk und Staatsleuten eine Harmonie nur vorgegaukelt hatten.
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Nur seine dreißig Jahre jüngere Gemahlin Tij stand wie immer konsequent hinter seinen Entscheidungen und hatte ihn immerzu unterstützt.

Aufgrund des Waffenstillstandes mit dem Hethiter Reich mussten neue Verhandlungen bezüglich die Herrschaft von Wüstenterritorien, verbündeten Länder und insbesondere über die bedeutsame Stadt Kadesch in Syrien getroffen werden, um eine erneute Kriegserklärung zu verhindern. Täglich überreichten Eilboten dem Königshaus bürokratische Schriftrollen, die vom Pharao ausgearbeitet und unterzeichnet werden mussten; tagtäglich überlieferten Brieftauben von ägyptischen Spionen aus der hethitischen Hauptstadt Hattuscha entsandt, beunruhigende Nachrichten, dass ihre Streitmacht emsig aufrüstete und Vergeltungsschläge an ägyptischen Provinzen planten, um sie rechtswidrig einzunehmen. Die heimtückische Ermordung des Arnuwanda I wollten die nachtragenden Hethiter einfach nicht auf sich beruhen lassen, so wie es eigentlich insgeheim mit Haremhab vereinbart wurde. Die Hethiter bedrohten Ägypten weiterhin und provozierten immerzu einen Krieg.

Eje hatte sich bis zu seinem Lebensende eine erholsame Zeit erhofft, diese er gemeinsam mit seiner Königsgemahlin Tij und seinem Familienclan verbringen wollte, doch stattdessen starb er eines Nachts einsam bei Kerzenschein hinter seinem Schreibtisch, umgeben von unzähligen Schriftrollen. Als der Pharao am nächsten Morgen leblos im Audienzsaal aufgefunden wurde, hielt seine Hand immer noch die Schreibfeder fest.

Pharao Eje II verstarb im vierten Jahr seiner Regierungszeit und wurde in Tutanchamuns ursprünglich vorgesehenem Grabmal im Tal der Könige bestattet. Seine Gruft wurde lange vor Christi Geburt geplündert und seine Mumie blieb bis heute verschwunden. Selbst die Wandbemalungen in seiner Grabkammer, die das Leben eines ägyptischen Königs dokumentieren, ergeben keinerlei Hinweise darüber, was mit Königin Anchesenamun geschehen war, weil Königin Tij als die Große königliche Gemahlin abgebildet wurde. Lediglich ein goldener Ring, der in den Ruinen von Memphis einst gefunden wurde und darauf Anchesenamuns sowie Ejes Name graviert waren bezeugt, dass sie einst vermählt wurden. Ob diese Ehe einvernehmlich vollzogen wurde, bleibt bislang fraglich.
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In der türkischen Provinz Çorum hatten Archäologen in den Ruinen von Hattuscha, die längst vergangene Hauptstadt des riesigen Hethiter Reichs, Fragmente einer Tontafel gefunden, darauf die Anfrage von Königin Anchesenamun geschrieben stand, dass sie um ein Asyl bat, weil sie sich in ihrem eigenen Land bedroht fühlte. Als Gegenleistung wäre die Königin von Ägypten bereit, sich mit einem hetitischen Prinzen zu vermählen, hatten Ägyptologen übersetzt. Dies ist das letzte geschichtliche Zeugnis von ihr, das letzte Lebenszeichen von Königin Anchesenamun.



Bevor Haremhab zum Pharao gekrönt wurde, verweigerte er die Eheschließung mit Prinzessin Meritaton, stattdessen heiratete er die adelige Mutnedjemet aus Mitanni, die höchstwahrscheinlich eine jüngere Schwester der Nofretete gewesen war. Mit dieser Verehelichung wurde eine direkte Verwandtschaft des Familienclans der 18. Dynastie unterbrochen, zugleich war ein Bündnis mit dem Großkönigtum Mitanni beschlossen worden.

Pharao Haremhab regierte das ägyptische Reich über siebenundzwanzig Jahre lang erfolgreich. Er förderte weiterhin den Amun-Re-Kult, woraufhin Ägyptens konjunktureller Aufschwung endgültig gefestigt wurde. Kurz nachdem Pharao Haremhab den Horusthron bestiegen hatte, usurpierte er Tutanchamuns Bauwerke und tilgte überall, auf jeder Steintafel und auf jedem Obelisken die Namen des Tutanchamun, Echnaton und die des Pharao Eje. Sein Bestreben war vermutlich, diese Könige vollständig aus der Historie zu tilgen, um die geschichtliche Zeitspanne seiner eigentlichen Herrschaft zu verlängern.

Haremhab, in dessen Adern keinerlei königliches Blut floss, der einst ein unbedeutender Bursche wie jeder andere gewesen war und als ein Waisenkind in der gefährlichen Gosse des oberägyptischen Städtchens Hut-nesu hart um sein Überleben kämpfen musste, zum angesehenen Krieger bis zum General der ägyptischen Streitmacht sich hochgearbeitet hatte, wurde letztendlich ein König von Ägypten und gilt für die Ägyptologen als der letzte Pharao der 18. Dynastie.

Pharao Haremhab handelte besonders akribisch, um die Identität des verfemten Pharao Echnaton völlig auszulöschen. Genauso bleibt die wahre Identität des Semenchkare weiterhin im Dunkeln.
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Ägyptologen gehen davon aus, dass er ein König und der Mitregent von Echnaton war. Möglicherweise könnte Semenchkare sein Halbbruder gewesen sein und fungierte vor Tutanchamun gar wenige Jahre als ein Pharao. Es existieren weder Bauwerke noch irgendwelche Abbildungen des Königs. Semenchkare verschwand ebenfalls spurlos aus der ägyptischen Historie, sowie auch Königin Nofretete.

Es waren nicht nur Haremhabs persönliche Beweggründe, welche ihn dazu veranlasst hatten, seine Vorgänger aus der Weltgeschichte auszulöschen, vielmehr beabsichtigte er wahrscheinlich der Nachwelt vorzuenthalten, welche Schande und zugleich Niederlage einst sein geliebtes Land heimgesucht hatte, dass dem Volk regelrecht aufgezwungen wurde, dass es nur einen einzigen Gott geben würde, weil diese Ideologie die Kultur des ägyptischen Reichs zerstört hätte.

Während seiner Amtszeit als Oberbefehlshaber der ägyptischen Streitmacht hatte Haremhab in der Nekropole Sakkara eine beachtliche Grabstätte errichten lassen, darin aber niemand bestattet wurde. Dieses Grabmal hatte er wahrscheinlich noch in einer Zeit in Auftrag gegeben, als er es sich nicht erträumen konnte, dass er eines Tages Pharao werden würde.

Pharao Haremhab wurde im Tal der Könige beigesetzt, sein Grabmal ist eine der besterhaltene Gruft auf dem Friedhof der Pharaonen, jedoch wurde sie ebenfalls bereits in der späten Antike aufgebrochen und vollständig geplündert worden. Diese Gruft gleicht, wie die des Ramses IV, wie ein unterirdischer Palast. Seine Mumie ist ebenfalls bis zum heutigen Tag verschollen geblieben.

Die Zeit verging und Pharao Haremhab hatte trotz alledem nicht gründlich gehandelt.

Die Stadt Achetaton wurde von den nachfolgenden Pharaonen ausgeschlachtet und abgetragen worden. Die instand gehaltenen Steinblöcke dienten entweder neuen Bauprojekten oder wurden für reparierbedürftige Gebäude verwertet. Auf einigen Steinblöcken waren aber die Namen von Echnaton, Nofretete und Semenchkare immer noch erkennbar, so erfuhr die Nachwelt letztendlich doch von der Existenz der altägyptischen Könige und der Königin sowie Hinweise dafür, dass Tutanchamun einst gelebt hatte und in Achetaton geboren wurde.

Die archäologische Fundstätte von Achetaton, davon lediglich Umrisse von Steinblöcken vorhanden sind, heißt heute Tell-el Amarna, dort wurde überdies am 6.
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Dezember 1912 die berühmte und exzellent erhaltene Büste der Nofretete gefunden, direkt im Wüstenboden unter der Werkstatt des Bildhauers Thutmosis. Es wird davon ausgegangen, dass das Antlitz dieser Büste kein Kunstbild ist und dem Gesicht der Nofretete tatsächlich entspricht. Jedoch wurde ihre Büste anscheinend absichtlich nur mit einem Auge, nur mit einer Iris angefertigt aber weshalb, bleibt wohl für immer ein Rätsel, so wie vieles aus dem vergangenen ägyptischen Reich ein Mysterium bleibt.

Die Büste der Nofretete ist das berühmteste und wertvollste Ausstellungsstück des ägyptischen Museums in Berlin. Noch heutzutage, über 3000 Jahre später, wird der Name Nofretete mit einer wunderschönen Frau assoziiert. Jeder Autor, der über die Amarna Zeit geschrieben hatte, wurde inspiriert und interpretierte diesbezüglich seine eigene Version. In Kapitel 16 – Der Traum des Echnaton, schilderte ich meine Version, weshalb das linke Auge der wunderschönen Nofretete nicht angebracht wurde.

Das alte Ägypten verbirgt bis zum heutigen Tag möglicherweise immer noch unsagbare Schätze und Geheimnisse im Wüstensand, die wahrscheinlich nie geborgen und gelüftet werden können. Im Jahre 2017 beispielsweise wurde in Dahschur, in der Nähe der berühmten Knickpyramide, Umrisse eines Bauwerks mit einem unterirdischen Abgang entdeckt, was darauf hindeutete, dass es sich um eine kleine Pyramide gehandelt hatte. Der Abstieg war mit einem tonnenschweren Steinblock verriegelt worden – niemand war zuvor dort hinein gegangen –, woraufhin sich die Archäologen, wie damals beim Grabmal des Tutanchamun, unsägliche Schätze und weitere Erkenntnisse über das Alte Reich erhofft hatten. Jedoch wurden sie bitter enttäuscht. In dem tiefen Hohlraum hatten sie nur Geröll und eine leere Kiste vorgefunden, die möglicherweise als Sarkophag eines Königs gedient hatte und seitlich auf herabgefallene Steinblöcke lag. Der erste Eindruck war, dass Grabräuber dort gewütet und den Sarkophag auf die herabgestürzten Steinblöcke geschoben hatten. Aber die Frage stellte sich, wie sollten sie in eine unterirdische Höhle eingestiegen sein, die von einem tonnenschweren Steinblock verschlossen war und selbst ein technischer Kran seine Last hatte, diesen anzuheben? Einen anderen Zugang zu dieser geheimnisvollen Gruft wurde bislang nicht entdeckt.
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Eine Pyramide wurde sicherlich nicht erbaut, um eine leere Kiste auf herabgefallene Steinblöcke zu platzieren. Es bleibt bislang rätselhaft, was sich damals vor tausenden Jahren in dieser versiegelten Gruft zugetragen hatte.



Die frühe Antike war eine fremde Welt, wie ein Leben auf einem anderen Planet. Die Menschen von damals glaubten und dachten anders, als wir es heute tun; sie benötigten keine Elektrizität sowie auch keine Atomkraftwerke, und das Wagenrad wurde erst am Anfang des Mittleren Reichs erfunden, weil Schlitten und rundgeschnittene Holzbalken ihren Zweck erfüllten. Aber ihre Baukünste, mathematische Berechnungen und Innenarchitekturen sind beispiellos. Die erste Pyramide, die Stufenpyramide von Sakkara, ist fast 5000 Jahre alt und steht immer noch wie ein unerschütterlicher Felsen mitten in der Wüste, so wie die meisten Pyramiden. Selbst die bekanntesten Wissenschaftler und Architekten sind immer wieder erstaunt und grübeln heute noch darüber, wie die alten Ägypter solche monumentale Bauwerke hatten errichten können.

Im Totentempel von Abydos, einst erbaut von Pharao Sethos I (19. Dynastie), befindet sich die berühmte Königsliste, die alle Kartuschen der bedeutenden Pharaonen vor seiner Regierungszeit seit dem Alten Reich darlegt. Tutanchamuns Kartusche sowie Echnatons und die des Eje fehlen. Als direkter Nachfolger von Amenophis III wird Haremhab erwähnt, weshalb selbst über tausend Jahre später Königin Kleopatra davon ausgehen musste, dass Pharao Haremhab über fünfzig Jahre lang das ägyptische Reich regiert hatte.

Möglicherweise ordnete Pharao Sethos absichtlich an diese Könige aus der Geschichte zu tilgen, obwohl er von der Existenz der Pharaonen gewusst hatte, weil sein Vater, Pharao Ramses I, die Ketzerei des Echnaton leibhaft miterlebt hatte. Die Pharaonen waren immer darauf bedacht, dass das ägyptische Reich siegreich und unbescholten der Nachwelt in Erinnerung behalten werden sollte, denn die Ewigkeit war ihnen äußerst wichtig gewesen, genauso auch das Weiterleben im Jenseits.

Die Ehe des Haremhab blieb kinderlos, weshalb er sich rechtzeitig dazu entschlossen hatte, seinem Mitregenten Ramses das ägyptische Reich zu vererben.
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Pharao Ramses I gründete die 19. Dynastie und eine neue Ära der Pharaonen begann. Ramses war somit der zweite Pharao, der einst dem Militär gedient hatte. Zahlreiche Könige nach ihm nannten sich ebenfalls Ramses (Der von Gott geborene) aber nur einer von ihnen, sein Enkelsohn, sollte der berühmteste und mächtigste Pharao aller Zeiten werden – Ramses II, eher bekannt als: Ramses der Große.

Ramses der Große ist bislang der am längsten amtierenden Staatsoberhäupter der Welt. Er hatte die meisten Bauwerke und Statuen im antiken Ägypten erschaffen; sein berühmtestes und gewaltigstes Bauwerk ist der Felsentempel von Abu Simbel, gelegen an der Grenze von Nubien.

Ramses der Große hatte sogar einen Krieg gegen die Hethiter geführt und versucht, die wertvolle Stadt Kadesch einzunehmen, weil man von dort aus unbeschwert über das Mittelmeer Handel in die weite Welt hinaus betreiben konnte. Archäologen konnten zwar darlegen, dass Ramses die berühmte Schlacht um Kadesch verloren hatte, (eher gesagt nicht gewonnen hatte, jedoch war es ihm gelungen, die Hethiter aufzuhalten und sie zurückzudrängen), aber selbst im heiligen Felsentempel von Abu Simbel wurde diese Schlacht anhand von Zeichnungen und Hieroglyphen als einen Sieg Ägyptens dargestellt. Kemet sollte für die Nachwelt stets als siegreich, als das mächtigste Land in Erinnerung bleiben.

Genauso wie für Pharao Echnaton seine Gemahlin Königin Nofretete äußerst wichtig war, stellte Ramses der Große seine königliche Gemahlin Nefertari mit sich gleich, was für die damaligen ägyptischen Könige sehr ungewöhnlich gewesen war.

Ramses der Große führte in seinen jungen Jahren die ägyptische Streitmacht stets an und kämpfte in jeder Schlacht persönlich mit. Der Pharao wurde steinalt aber vermutlich auch sehr krank, und überlebte zahlreiche Söhne und sogar einige seiner Enkelsöhne. Als seine Mumie 1976 aufgrund einer Ausstellung nach Paris eingeflogen wurde, hatte man Ramses II wie ein würdiges Staatsoberhaupt empfangen. Mehrere französische Kompanien hatten in Reihe und Glied gestanden und hatten vor Ramses` Sarkophag salutiert, als der altägyptische Pharao über das Rollfeld abtransportiert wurde.
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Nichtsdestotrotz konnte Pharao Echnatons Ideologie, dass es nur einen einzigen Gott gibt, nicht vollständig ausgelöscht werden. Etwa fünfzig oder vielleicht sogar siebzig Jahre später, als der junge Ramses II bereits über Ägypten geherrscht hatte, gab es immer noch genügend Menschen in Ägypten und in anderen Ländern, die über Generationen hinweg von Echnaton damals überzeugt wurden, dass Aton der wahre Gott wäre, dass es nur einen einzigen Gott auf der Welt gibt. Vielleicht hatten sogar die alten Ägypter, also Pharao Echnaton, das Christentum hervorgerufen, dass es nur einen einzigen wahren Gott gibt. Denn eines Tages, laut der heiligen Bibel, hatte das ägyptische Königshaus ein hebräisches Findelkind auf dem Nil treibend aufgenommen und es aufgezogen. Sie nannten ihn Mose und er wurde ein ägyptischer Prinz, und der damalige herrschende Pharao konnte eigentlich nur Sethos gewesen sein. Und wenn dem so war, mussten Moses und Ramses gleichaltrig gewesen und wie Brüder aufgewachsen sein. Aber Mose hatte irgendwann seine wahre Identität und Schicksal erfahren und wer weiß es schon so genau; vielleicht wurde Moses damals sogar von Echnatons Ideologie überzeugt und wurde daraufhin von Visionen bereichert, weil er der Auserwählter Gottes war.

Es existieren zwar keinerlei Beweise dafür, keinerlei Innschriften oder Aufzeichnungen auf Obelisken oder Steintafeln, weil wie schon erwähnt die Ägypter niemals eine Niederlage dokumentiert hatten; denn abermals behauptete ein Mann, dass es nur einen einzigen Gott gibt, aber diesmal wurde der Götterglaube der mächtigen Ägypter massiv infrage gestellt und bedroht. Die Götterglauben jedes Landes wurde seitdem infrage gestellt! Aber falls sich der Exodus der Israeliten aus Ägypten unter der Führung von Moses tatsächlich ereignet hatte, so wie es in der Bibel geschrieben steht, dann musste es Ramses der Große gewesen sein, der die Faust des einzigen und wahren Gottes zu spüren bekam.



Der berühmte Fluch des Pharao wird Tutanchamun nachgesagt, obwohl dafür keinerlei offizielle Hinweise in seiner Gruft nachgewiesen wurden. Jedoch hatte Howard Carter angeblich eine Tontafel gefunden, darauf eine lebensbedrohliche Warnung geschrieben stand, wie einige seiner Arbeiter es damals bezeugt hatten.
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Um eine Grabschändung und Plünderung zu verhindern, war es im altägyptischen Reich nicht unüblich, die Königsgräber mit Flüchen und dementsprechenden Ritualen zu beschützen.

– Die Schwingen des Todes sollen jeden erschlagen, der die Totenruhe des Pharao stört –, soll darauf eingemeißelt worden sein.

Diese Tontafel hatte Howard Carter, falls sie je existiert hatte, vorsorglich verschwinden lassen, um die abergläubischen Mitarbeiter nicht zu verängstigen. Beweise dafür gibt es aber nicht, nur Zeugenaussagen die beharrlich behaupteten, dass es solch eine Verwünschung gegeben hatte.

Die Presse im Jahre 1923 war es gewesen, die einen Fluch des Pharao publik machte, als Lord Carnarvon wenigen Wochen, nachdem er Tutanchamuns Gruft gemeinsam mit seiner Tochter und Howard Carter als Erster bestiegen hatte, an einem harmlosen Mückenstich, diesen er sich beim Rasieren aufgeschnitten hatte, gestorben war. Ein geheimnisvolles Fieber hatte den Lord niedergestreckt. Zudem war zugleich in ganz Kairo der Strom ausgefallen. Alle Lichter in der Metropole waren ganz plötzlich ausgegangen. Überdies wurde berichtet, dass Carnavons Hund in England beinahe zeitgleich aufgeheult, stumm umgefallen und ebenfalls gestorben wäre, dies sogar sein betagter Enkelsohn in den achtziger Jahren in einem Interview bezeugt hatte.

Doch die Aufregung nahm kein Ende, denn der Fluch des Pharao hatte erst begonnen!

Schon seitdem Howard Carters Kanarienvogel am Tag der Graböffnung von einer Kobra gefressen wurde, hatten ihn seine ägyptischen Diener vor einem Fluch gewarnt. Fakt ist, dass zahlreiche Personen, die jüngst die Gruft des Tutanchamun betreten hatten auf mysteriöser Weise gestorben waren. Entweder erlagen sie einer plötzlichen Krankheit oder wurden depressiv und begannen Selbstjustiz, wobei sie in ihren Abschiedsbriefen stets betont hatten, dass sie der Meinung waren, vom Fluch des Pharaos heimgesucht wurden und dies nicht mehr länger ertragen könnten. Ebenfalls sorgten tödliche Unfälle dazu, die sich im Zusammenhang mit der Graböffnung des Tutanchamun ereignet hatten, dass der Fluch des Pharao weiterhin verbreitet wurde.

Ein Fluch ängstigte die Menschen seit den zwanziger Jahren; sie nahmen Flüche plötzlich ernst und sie fürchten sich davor, weil sich die Todesmeldungen im Zusammenhang mit der Gruft des Tutanchamun häuften.
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Möglich, dass diese Geschehnisse reiner Zufall waren, aber trotzdem flößte seitdem ein antiker Fluch bei unzähligen Menschen Angst ein. Denn wer weiß schon, was vor tausenden Jahren vor sich ging, welche Naturgesetze und übernatürliche Mächte vor dem Alten Testament die Welt beherrscht hatten. Heutzutage erklären wir alles wissenschaftlich, doch sehr viele Menschen hatten auch schon mal etwas Unnatürliches erlebt, was man sich einfach nicht erklären konnte. Und diesbezüglich waren uns insbesondre die alten Ägypter weit voraus; zwar hatten sie keine Elektrizität, Atomkraftwerke und anderweitige Techniken erfunden, dies wir als völlig normal halten, dafür aber besaßen sie über supranaturalistische Kenntnisse und konnten diese wahrscheinlich genauso anwenden, wie wir einfach ein Handy oder Computer benutzen. Hexerei, Götterbeschwörungen oder Flüche, was wir heute für Humbug und Aberglaube halten, war vor tausenden Jahren üblich, genauso wie wir heute ganz normal in ein Flugzeug steigen oder ein Auto fahren können, und musste damals tatsächlich irgendwie funktioniert haben. Selbst die Menschen damals im Mittelalter hätten es genauso für unmöglich gehalten und es als Humbug abgetan, wenn man ihnen erklärt hätte, dass Menschen irgendwann zum Mond fliegen können.



Die Filmfabrik Hollywood sowie etliche Schriftsteller wurden vom Fluch des Pharao inspiriert. Tutanchamun erlangte, was alle Pharaonen angestrebt hatten: Unsterblichen Ruhm. Fakt aber ist, dass seitdem seine Gruft betreten worden war, tatsächlich zahlreiche mysteriöse Todesfälle geschahen! Das Grab des Tutanchamun war wie die Büchse der Pandora. Die Gruft wurde geöffnet und tödliche Todes- und Unglücksfälle, die mit der Öffnung oder sogar nur eines Touristenbesuches des Grabes KV62 in Verbindung standen, können bis zur Jahrhundertwende nachgewiesen werden. Es gab auch Touristen, die die bemalten Wände angefasst hatten, obwohl dies strikt verboten ist und sind vermutlich aufgrund Pilzsporen, anderweitigen Krankheiten oder reines Zufalls gestorben. Dies wäre zwar eine logische Erklärung, aber genau diese Todesursachen könnten auch ursprünglich das Resultat des Fluches sein.
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Ob man nun an einen Fluch glaubt oder nicht, trotzdem sind und bleiben diese mysteriösen Ereignisse denkwürdig.

Wikipedia veröffentlichte, dass ein Filmteam der BBC im Jahre 1992 während eines Dokumentarfilmes über Tutanchamun im Tal der Könige merkwürdige Unfälle meldete. Und im Jahre 2005 transportierten einige Wissenschaftler die Mumie des Tutanchamun nachts aus seiner Gruft, um sie mittels eines Computertomographie-Gerätes wiedermal zu untersuchen. Dabei wurde das Team plötzlich von einem Sandsturm und heftigem Regenschauer überrascht, obwohl derartige Unwetter in dieser Region selten vorkommen. Überdies streikte aus unerklärlichen Gründen die Technik und der Lieferwagen mit der Computertomographie entging nur haarscharf einem Autounfall. Vielleicht waren all diese zahlreichen Unglücke und Todesfälle nur purer Zufall gewesen, vielleicht aber benötigt ein Fluch keinerlei Niederschrift. Vielleicht reichten lediglich die Beschwörungen der damaligen Priester völlig aus, um einen Fluch unwiderruflich zu aktivieren, vielleicht sind diese unheimlichen Rituale und Voodoozauberei der afrikanischen Eingeborenen doch kein Humbug und sollten mit einem gewissen Respekt einfach akzeptiert werden. Dies wissen nur die Götter.

Aber selbst der Entdecker des Grabes von Tutanchamun, Howard Carter hatte mal gesagt: „Alle Menschen gesunden Verstandes sollten solche Erfindungen mit Verachtung abweisen.“

Der berühmte ägyptische Ägyptologe Dr. Zahi Hawass unserer Gegenwart hingegen äußerte sich einmal, dass man vor einem Fluch aus dem alten Ägypten nichtsdestotrotz großen Respekt haben sollte, weil er selbst schon seltsame Erfahrungen mit Mumien gemacht hatte. Näher darauf eingehen wollte er bislang jedoch nicht. Die Wahrheit über einen Fluch wird wohl genauso ein unerklärliches Mysterium bleiben, wie das gesamte alte Ägypten oder der Beweis, dass es einen Gott überhaupt gibt.

Lord Carnavons Tochter, Lady Evelyn Beauchamp, die gemeinsam mit ihrem Vater und Mr. Carter zuerst die Gruft bestiegen hatte, starb 1980 mit 78 Jahren eines natürlichen Todes und hatte auch nie über mysteriöse Geschehnisse berichtet. Howard Carter starb zwar 1939 ebenfalls eines natürlichen Todes und erntete sogar weltweite Beachtung, jedoch fiel es ihm damals äußerst schwer, mit diesem plötzlichen Ruhm umzugehen und hatte sich diesbezüglich bis zu seinem Lebensende überfordert gefühlt.
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Zudem wurde seine Arbeit im Tal der Könige umstritten, weil er in vieler Hinsicht nicht rechtens gehandelt und einige Artefakte der ägyptischen Regierung sogar unterschlagen hatte. Letztendlich wurden ihm weitere Lizenzen zur Forschung und Ausgrabungen in Ägypten verweigert, diese Niederlage ihm schwer zugesetzt hatte.

Howard Carter war nie verheiratet gewesen. Er war ein Individualist und hatte sich stets vor der Öffentlichkeit gescheut. Seine ungewollte Berühmtheit hatte ihn seitdem eher belastet, anstatt er darüber erfreut gewesen war. Howard Carter verstarb mit nur 64 Jahren, bei seiner Beerdigung waren nur ganz wenige Leute erschienen, darunter Lady Evelyn.

Für einige Menschen mag auch der Ruhm wie ein Fluch sein.





10 Jahre später …





Niut kniete sich nieder und band sich ihre langen, verfilzten Rasta-Zöpfe am Hinterkopf zusammen. Bekleidet war sie mit einem Gewand, welches aus Lumpen und Kartoffelsäcken zusammengeschneidert wurde. Ihr verschmutztes Gesicht blickte überglücklich drein und sie lachte fröhlich, als ein Mädchen und ein Junge ihr entgegenflitzten. Die Kinder hüpften in die ausgebreiteten Arme ihrer großgewachsenen Mutter und warfen sie um. Lachend wälzten sie sich gemeinsam im Wüstensand und kullerten eine Sanddüne hinunter. Als sie unten ausrollten, schauten ihre Kinder sie erwartungsvoll an und hüpften dabei aufgeregt hin und her.

„Nochmal, Mami, nochmal!“, riefen sie zugleich und klatschten dabei freudig in ihre Hände.

Niut stützte sich auf ihre Arme ab und schüttelte keuchend mit dem Kopf.

„Nein, meine Lieben, für heute ist Schluss. Mir ist schon ganz schwindelig.“

„Ach, Mami. Bitte, nur noch ein einziges Mal“, bettelten ihre Kinder.

Als Niut damals bewusstlos mitten in der Wüste von einem Mann aufgefunden wurde, war sie völlig ausgehungert und beinahe verdurstet gewesen. Die Dorfbewohner hatten für sie gesorgt und ihr eine eigene Unterkunft gegeben. Niut hatte sich wochenlang diskret von der Gemeinde ferngehalten und selten ein Wort gesprochen.
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Sie hatte damals ihrem Lebensretter versprechen müssen, dem Hauptmann des Exekutionskommandos, dass sie niemals wieder einen Tempel betreten dürfte, was zugleich bedeutete, dass Niut ihr Priestergewand sowie ihren heiligen Namen Satamun hatte ablegen müssen. Nur einer der Söhne des Dorfältesten, ein bärtiger, überaus geduldiger Mann mit gelocktem Haar war es eines Tages gelungen, ihr Vertrauen zu gewinnen. Auf die anderen Bauerntöchter hatte dieser Mann, aufgrund seiner hünenhaften Statue allerdings unattraktiv gewirkt, obwohl ihm die Gutmütigkeit im Gesicht geschrieben stand und er äußerst tüchtig auf den Feldern arbeitete, sodass er sogar zwei Familien hätte ernähren können. Zum ersten Mal in ihrem Leben war Niut einem Mann begegnet, zu dem sie hinaufblicken musste. Es hatte eine gewisse Zeit benötigt, bis der große, kräftige Kerl ihr Herz erobert hatte und sie endlich liebevoll in seine Arme schließen durfte.

Niut erhob sich langsam, ignorierte das Genörgel ihrer Kinder, hielt sich die Hand vor ihre Stirn und blinzelte in die weite Wüstenlandschaft hinaus. War es nur eine Fata Morgana oder wanderte tatsächlich eine bepackte Eselkarawane auf das Dorf zu? Ihre grünen Augen funkelten freudig, sie lachte herzlich und klatschte aufgeregt in ihre Hände, als der größte Mann aus dem Konvoi ihr entgegenrannte. Endlich war die Erntezeit vorüber. Die Esel waren ausreichend mit Getreide, Flachs und Gerste bepackt. Zudem hatten die Bauer genügend Fische aus dem Nil gefangen und diese zu Trockenfische verarbeitet. Mit ihrer Ernte und Fischbeute konnten sie sogar die umliegenden Dörfer ausreichend beliefern, denn die Götter waren in dieser Saison besonders gütig gewesen.

Nach monatelanger Abstinenz schloss der hünenhafte Mann Niut endlich in seine Arme und schwang sie übermütig in die Höhe, woraufhin sie ihren Ehemann mit einem innigen Kuss belohnte. Während sich die Kinder an die Beine ihrer Eltern klammerten, dankte sie Amun für dieses unbeschreibliche Glück, welches der verborgene Gott, wie man Amun auch bezeichnete, ihr beschert hatte, obwohl sie doch das Priesteramt niedergelegt und ihr heiliges Keuschheitsgelübde gebrochen hatte. Selbst Seth huldigte sie seitdem regelmäßig und verehrte ihn, weil der Wüstengott ihr Leben verschont hatte, obwohl dieser Gott als rachsüchtig galt und die ehemalige Priesterin ihm zuvor nie etwas geopfert hatte.
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Als ihr Ehemann sie wieder behutsam abgesetzt und seine Kinder begrüßt hatte, holte er aus seiner Ledertasche vorsichtig eine Lotosblume heraus, diese er am Nilufer gefunden hatte und überreichte seiner Ehefrau die Seerose, wobei er mit einem Bein vor ihr niederkniete. Niut lächelte, umarmte ihren Ehemann und hielt ihn liebevoll fest. Die ehemalige Priesterin war letztendlich überaus glücklich geworden. Sie liebte ihre kleine Familie über alles auf der Welt und würde sie niemals mehr missen wollen. Niut hatte die Tätowierung unterhalb ihres Handgelenkes, die Hieroglyphe des Amun, mit einem breiten Lederarmband verdeckt, um ihre Vergangenheit zu verbergen und um zu vergessen, dass sie einst Satamun gewesen war.

Mitten in der trostlosen Wüstenlandschaft hatten Reichtum und Macht sowie die Ernennung eines Vertrauten keinerlei Bedeutung, ebenso machte es keinen Unterschied, welche Gottheit nun zum Reichsgott erhoben wurde. Allein nur die Gemeinschaft zählte und dass die Götter wohlwollend auf sie herabblickten, damit auch nächstes Jahr die Nilschwemme den Bauern eine üppige Ernte bescheren würde. Über ihren Pharao Tutanchamun sprach Niut nie wieder ein Wort, sondern behielt ihren Pharao und seinen Humor bis an ihr Lebensende tief in ihrem Herzen.



Die Göttin Hathor hatte sich Petu eines Tages erkenntlich gezeigt und den liebestollen Burschen mit einem gleichaltrigen Mädchen zusammengeführt, woraufhin er sich von bereits vermählten Frauen ab sofort ferngehalten hatte. Petu hatte es zwar nie für möglich gehalten, aber er hatte sich in diese junge Frau unsterblich verliebt und sie schließlich geheiratet. Nun hatte auch Petu sein wahres Glück gefunden.

Rechmire und Nefertiri zeugten noch weitere drei Kinder und verließen Memphis, gemeinsam mit Petu und seiner Familie. Viele ihrer Freunde folgten ihnen, um nahe am Nil ein kleines Fischerdorf zu gründen. Rechmires ältester Sohn eiferte seinem Vater nach, und als er die zehnte Nilschwemme erlebt hatte, durfte er die Fischerei erlernen.

Unten am Nilufer wuschen, wie es schon immer gewesen war, Frauen die Wäsche ihrer Familien, wobei sie ihre Töchter in die Pflichten einer Frau eingewiesen hatten.
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Die Knaben flitzten grölend am Nilufer entlang und winkten den Soldaten zu, wenn die Königsbarke des Pharaos mit militärischem Geleit vorbeizog. Manchmal näherte sich ein Papyrusboot dem Nilufer, welches von kecken Jugendlichen gesteuert wurde, um mit den hübschen Mädchen zu schäkern. Dann erhob sich die Dorfälteste, Nefertiri, blickte die jungen Fräuleins streng an, klatschte energisch in die Hände und unterband somit das schamlose Turteln.

„Verschwindet, ihr Lausebengel oder ich werde euren Eltern erzählen, dass ihr anstatt zu arbeiten jungen Dingern nachstellt!“, schimpfte sie verärgert. Die Fischerburschen gehorchten Nefertiri und paddelten zerknirscht davon.

In jeder Neumondnacht feierte das Fischerdorf ein Fest, um allen Göttern für die üppige Fischbeute zu danken. Dann wurde ein gemästetes Schwein geschlachtet, wobei reichlich Bier floss und gesungen und getanzt wurde. Gegen Mitternacht, nachdem ausgiebig gefeiert wurde, versammelte sich die Gemeinde eng beieinander um das knisternde Lagerfeuer herum. Die Kinder schmiegten sich an ihre Eltern und lauschten gespannt, wenn Rechmire und Petu, die erhöht auf einem kleinen Felsen hockten, von ihrem Freund Imhotep erzählten. Die kleine Gemeinde lachte herzhaft auf, als sie die Geschichte hörten, wie Imhotep die Wäsche der Nachbarn angezündet hatte, welche zum Trocknen an den Leinen hing, und wie er immer das Lagerfeuer der Ziegenhirten auspinkelte und sie ihn daraufhin wütend verfolgten, ihn aber nie zu fassen bekommen hatten. Die Kinder raunten aufgebracht und Nefertiris ältester Sohn hielt sich entsetzt die Hand vor dem Mund, als sein Vater Rechmire erzählte, wie sie einst gemeinsam mit Imhotep im Fluss schwammen und plötzlich von Krokodilen gejagt wurden. Aber dann lachte sie herzhaft als Petu weitererzählte, dass sie letztendlich den Krokodilen entkommen waren und ihnen ihre blanken Hintern gezeigt hatten.

Später dann, wenn die Dorfbewohner längst schlafen gegangen waren, der Himmel des nächsten Morgens bereits violett erhellt war und sachter Nebelschleier über dem Nil schwebte, hockten Rechmire und Petu immer noch am Lagerfeuer und blickten hoch hinauf zum Sternbild des Orion, hinauf zum Gott Osiris. Sie schmunzelten.

Seitdem sie Kinder gewesen waren, hatten sie wenigsten einmal das Angesicht ihres Pharaos erhaschen wollen, um mit diesem Erlebnis vor allen Freunden prahlen zu können.
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Besonders wäre Imhotep sicherlich beeindruckt gewesen, hatten sie damals gedacht, dabei war Pharao Tutanchamun all die Jahre ihr bester Freund gewesen.

„Da, schau nur“, raunte Petu und deutete in den frühmorgendlichen Himmel hinauf. „Eine Sternschnuppe, wie beim letzten Mal.“

Rechmire und Petu blickten erstaunt, mit leicht geöffnetem Mund, in den frühmorgendlichen Himmel hinauf. Eine Sternschnuppe in der Morgendämmerung war ein Zeichen von Osiris und bedeutete, dass ein Freund aus dem Jenseits grüßt.



****



©W. Francis Dille





Foto: Statue des Pharao Haremhab gemeinsam mit Horus. Kunsthistorisches Museum, Wien
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Kommentare zur Story:

  Tinkerbell, ich bedanke mich für deinen starken
Kommentar. Hat mich sehr gefreut.

LGF  
   Francis Dille  -  04.10.21 14:18

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  Hallo Francis,
das ist wiedermal ein sehr gelungenes Kapitel und ein würdiges Ende eines tollen und spannenden Romans. Du hast alles so plastisch beschrieben das man sich im alten Ägypten gefühlt hat. Das letzte Kapitel hat mir schon sehr gefallen, weil man etwas von den Schicksalen der Nebencharakteren erfahren konnte. Ich fand es sehr traurig was mit der süssen jungen Zofe und Bürsa passiert ist. Bürsa fand ich sehr sympathisch und ich musste ein Tränchen vergießen, weil sie so mutig war und bis zum Schluss so treu gedient hat. Aber meine absolute Heldin war die Satamun. Ich hatte um sie gebibbert als man sie hinrichten wollte. Umso mehr hat es mich gefreut, dass sie letztendlich ihr Glück fand. Du hast uns mit diesem letzten Kapitel einer sehr dramatischen Geschichte ein Happy End beschert. Es grüßt dich die Tinkerbell.  
   tinkerbell  -  12.09.21 16:55

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