Kurzgeschichten · Schauriges

Von:    AndreaSam15      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 19. Dezember 2019
Bei Webstories eingestellt: 19. Dezember 2019
Anzahl gesehen: 2334
Seiten: 2

Bald ist wieder Weihnachten und sofort fällt mir diese grauenhafte Begebenheit ein.

Meine beste Freundin wohnt knapp zehn Kilometer von mir entfernt. Trotzdem fahre ich, wenn ich zu ihr möchte, einen Umweg von über 30 Kilometer. Selbst bei Tageslicht. Das mag sich sehr albern anhören, aber ich kann diesen Weg, durch den Wald, nicht mehr fahren. Nie wieder.

Warum das so ist, möchte ich euch kurz erzählen.



Es war der 21. Dezember 2018, ein Freitag. Wir waren verabredet und wollten die Feiertage, gemeinsam, in einem kleinen Ferienhäuschen in Norwegen verbringen. In Anbetracht der weiten Strecke beschlossen wir, zeitig aufzubrechen.

Ich lud schon am Vorabend meine zwei Koffer und eine Reisetasche in meinen Kombi und machte mich kurz vor sechs Uhr auf den Weg. Die letzten fünf Kilometer führte die Straße geradewegs durch den Wald, ehe sie kurz vor dem Dorf, in dem meine Freundin wohnt, steil abfallend, in eine breitere Straße mündet.

Im Autoradio dudelte Weihnachtsmusik und ich war gut gelaunt. Es war leicht nebelig und stockfinster. Weder Mond noch Sterne waren zu sehen. Die Straße ist so schmal, dass es alle paar hundert Meter, rechts und links, unbefestigte Ausweichstellen gibt. Obwohl ich auf der kurvenreichen Straße sehr langsam fuhr, war ich viel zu zeitig. Es war genau elf Minuten nach Sechs, als ich beschloss anzuhalten, um eine Zigarette zu rauchen. Ich wusste, dass meine Freundin keine Minute vor halb Sieben auf mein Klingeln reagieren würde. Wenn sie im Bad ist, könnte die Welt untergehen, ohne dass sie es merkt.

Ich fuhr also zwei Kilometer vor meinem Ziel rechts in eine Ausweichstelle und hielt drei bis vier Meter vor einem großen Baum. Ich kramte in meiner Handtasche, die auf dem Beifahrersitz lag und dann fiel mir ein, dass ich die Zigaretten in die Seitentasche der Reisetasche gesteckt hatte.

Der Kofferraum ließ sich mal wieder nicht öffnen, die elektrische Verrieglung spinnt ab und zu.

Ich zog den Zündschlüssel ab, das Radio verstummte. Ich lief um den Wagen. Mit dem Schlüssel ließ sich der Kofferraum problemlos öffnen.

Dann stand ich, mit dem Rücken am Heck des Wagens angelehnt, in der kalten Morgenluft und rauchte.

Ich stieg wieder in meinen Kombi, zog die Tür zu und zehn Sekunden später wurde die Innenbeleuchtung herunter gedimmt und erlosch. Im selben Augenblick sah ich etwas Helles vor dem Baum, vor dem ich parkte.
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Ich drehte den Schalter auf Standlicht und ein unglaublicher Schreck fuhr mir durch alle Glieder. Mit dem Gesicht zum Baum gewandt, stand eine Gestalt, keine zwei Meter vor meinem Wagen. Ich schrie kurz auf. Mein ganzer Körper verkrampfte sich. Die Gestalt war höchstens 150 Zentimeter groß und trug einen langen, grün-braunen Parka mit Kapuze. Unten schauten Gummistiefel heraus.

Wie eine Irre stach ich mit dem Zündschlüssel auf das Zündschloss ein und es kam mir unendlich lang vor, ehe der Schlüssel den Weg ins Schloss fand. Ich zitterte wie noch nie im Leben, ich fror fürchterlich und mir war unglaublich schlecht.

Ich startete den Motor, legte den Rückwärtsgang ein. Die Reifen drehten durch und wirbelten Kiessteine in Richtung des Baumes.

Jetzt erst sah ich, dass die Gestalt einen Strick in der Hand hielt. Genau genommen sah ich gar nicht die Hand, der Ärmel des Parkas war zu lang und verdeckte die Hand.

Die Gestalt drehte sich nicht um, vielleicht war es gerade dass, was mich in diese Angst versetzte.

Ich hatte Todesangst. Dabei war vordergründig gar nicht die Angst, diese Gestalt könnte mich umbringen, sondern vielmehr die Angst ich könnte einen Herzinfarkt erleiden. Denn ich spürte mehrfach, schmerzhafte Stiche im Herz und ich bekam kaum Luft. Mein rechtes Bein fühlte sich eigenartig taub an.

Am Strick hing ein Blecheimer. Die Gestalt lief langsam quer über die Straße und zog den Blecheimer hinter sich her und verschwand im Wald. Jetzt war es nur noch blankes Entsetzen, was mich packte. Ich fuhr rückwärts einen Begrenzungspfeiler um, legte den Vorwärtsgang ein. Der Wagen schleuderte mehrmals nach rechts und links und ich weiß bis heute nicht, wie ich es schaffte, den Wagen auf die Straße zu bringen. Ich weiß auch nicht wie ich es schaffte, ohne einen Unfall zu bauen, bis zu meiner Freundin fahren konnte. Ich fuhr wie eine gesengte Sau, in jeder Kurve schlingerte der Wagen und die Kontrollleuchte für das ESP leuchtete auf. Ich konnte mich nicht mehr beruhigen. Das Zittern wurde immer schlimmer und meine Brust fühlte sich an, als ob ein Elefant darauf sitzen würde.

Das Atmen fiel mir so schwer, dass ich bei meiner Freundin kein Wort herausbrachte. Sie rief den Notarzt und ich kam ins Krankenhaus. Es wurden viele Tests gemacht, es war kein Herzinfarkt, es wurde lediglich eine starke Übersäuerung festgestellt und nach zwei Tagen konnte ich das Krankenhaus verlassen.
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Den Urlaub haben wir verschoben.

Ich weiß bis heute nicht, wer oder was es war, was mir im Wald solche Angst machte.
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Interessante Kommentare

Kommentar von "Sebastian Krebs" zu "Ein Wort zum Valentinstag"

Durchaus nette Geschichte, die einen wohl wahren Kern behandelt. Fünf Punkte und ein Trullala!

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