Andacht Nr. 86 vom unehrlichen Verwalter   138

Kurzgeschichten · Nachdenkliches

Von:    martin suevia      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 28. September 2018
Bei Webstories eingestellt: 28. September 2018
Anzahl gesehen: 1982
Seiten: 3

Andacht Nr. 86





Vom unehrlichen Verwalter







Ihr Lieben





Preisfrage: Was macht eine Geschichte spannend bzw. attraktiv?

Also für mich persönlich beantworte ich diese Frage so: "Wenn ich mich in einem oder mehreren Charakteren wiederfinde, dieser mich widerspiegelt. Die großen Meister der Schreibzunft und der Erzählkunst beherrschten diese Fähigkeit bis zur schieren Perfektion. Auch die gesammelten Schriften in der Bibel hätten wohl nicht ihren Stellenwert über die Jahrtausende behalten, hätten die Autoren nicht tief in unser aller Seelenleben hineingeblickt und uns, einander, und auch gerade sich selbst immer wieder studiert, beobachtet und reflektiert. Eine dieser, für mich, tollen Leseerlebnisse ist die Geschichte vom unehrlichen Verwalter, welche wir in Lukas 16/1-9 lesen können:



Vom unehrlichen Verwalter

1 Er sprach aber auch zu den Jüngern: Es war ein reicher Mann, der hatte einen Verwalter; der wurde bei ihm beschuldigt, er verschleudere ihm seinen Besitz. 

2 Und er ließ ihn rufen und sprach zu ihm: Was höre ich da von dir? Gib Rechenschaft über deine Verwaltung; denn du kannst hinfort nicht Verwalter sein. 

3 Der Verwalter sprach bei sich selbst: Was soll ich tun? Mein Herr nimmt mir das Amt; graben kann ich nicht, auch schäme ich mich zu betteln. 

4 Ich weiß, was ich tun will, damit sie mich in ihre Häuser aufnehmen, wenn ich von dem Amt abgesetzt werde. 

5 Und er rief zu sich die Schuldner seines Herrn, einen jeden für sich, und fragte den ersten: Wie viel bist du meinem Herrn schuldig? 

6 Er sprach: Hundert Eimer Öl. Und er sprach zu ihm: Nimm deinen Schuldschein, setz dich hin und schreib flugs fünfzig. 

7 Danach fragte er den zweiten: Du aber, wie viel bist du schuldig? Er sprach: Hundert Sack Weizen. Und er sprach zu ihm: Nimm deinen Schuldschein und schreib achtzig.

8 Und der Herr lobte den ungetreuen Verwalter, weil er klug gehandelt hatte; denn die Kinder dieser Welt sind unter ihresgleichen klüger als die Kinder des Lichts.

9 Und ich sage euch: Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit, wenn er zu Ende geht, sie euch aufnehmen in die ewigen Hütten.
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Schauen wir uns einmal gemeinsam diesen Verwalter an und stellen fest: O – oh!

Er hat ganz offensichtlich Mist gebaut. Das Guthaben welches ihm nicht gehörte, hat er verschleudert, es wohl weiß-wem zukommen lassen, es womöglich in nutzlose Projekte investiert und der rechtmäßige Besitzer bekommt nun Wind von dieser unerfreulichen Angelegenheit und tut, was wohl jeder in dieser Situation machen würde, er fordert Rechenschaft von diesem Verwalter und schmeißt ihn raus.

Der geht jetzt her und tut zu allem auch noch etwas, was man „verdrehten Betrug“ nennen könnte. Anstatt nun den Schuldnern seines Ex-Chefs deren Schuldbeträge zu erhöhen, damit so eventuell ein Teil des veruntreuten Vermögens wieder zurück in die Kassen gespült werden könnte und diese für den von ihm verbockten Mist zumindest mitbüßen lässt - so realtiätsfern ist diese Idee nun wirklich nicht – verringert er deren Schulden. Ich sag euch, wenn der an meiner Tür klopfen würde; bei mir gäb ´s dafür bestimmt eine Tasse Kaffee und bevor dieser in der kalten Nacht draußen stünde, auch einen Platz zum Übernachten, dafür, dass er meine Schuld bei meinem Gläubiger, meinem Kreditgeber, verringert hat.

Und ausgerechnet der wohl perfekteste Mensch ging her und lobte diesen Blödmann auch noch mit dem Kommentar:

„Die Kinder dieser Welt seien unter ihresgleichen klüger als die „Kinder des Lichts.“



Es gibt eine interessante Interpretationen nach der mit dem Ausdruck „Kinder des Lichts“ die damalige religiöse Gemeinschaft der „Essener“ gemeint sein könnte. Diese lebten abgesondert von „der Welt“ unter sich und achteten streng untereinander auf die Einhaltung und Befolgung ihrer religiösen, geistlichen Gesetze.



Religiöse, geistlich orientierte Menschen gebrauchen durchaus den Ausdruck: Kinder des Lichts zu sein. Im Epheserbrief 5/8 lesen wir beispielsweise von der Aufforderung Paulus: Lebt als Kinder des Lichts!

Auch bei Matthäus 5, 14 lesen wir: Ihr seid das Licht der Welt»

Leider neigen wir Menschen alle manchmal gesteigert dazu, das Licht „erbarmungslos“ auf den Begriff der „Schuld“ zu lenken, sich und andere ständig mit einer Art Superlupe mit eingebautem Licht zu beleuchten und zu erforschen.



Gerade auch bei strenggläubig immer dem Gesetz entsprechend wollend lebenden Menschen scheint dieser Charakterzug bisweilen verstärkt.
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Jeder Fehler, jede entdeckte Schwachstelle bei sich und auch bei anderen wird zum Thema gemacht, wird seziert, unter dem Mikroskop beobachtet, analysiert und schlussendlich bewertet.

Damit macht man sich verständlicherweise nicht nur Freunde. Das erinnert mich übrigens an einen vor einigen Jahren gesehenen Fernsehbericht (ich glaube es war RTL – eine dieser Vorabendsendungen mit dem Titel „Explosiv“ oder so ähnlich) über einen Bürger dessen gesamter Lebensinhalt darin bestand, auch die kleinsten Vergehen seiner Mitbürger gerichtlich anzuzeigen – mit dem Verweis: Gesetze seien dafür gemacht, eingehalten und bei Nichtbeachtung bestraft zu werden. Er war, trotz oder gerade wegen seiner unerbittlichen Gesetzestreue mutterseelenallein. Keiner im Ort grüßte ihn, keiner gab sich mit ihm ab, man wechselte die Straßenseite wenn man ihn sah und nicht wenige wünschten ihm mindestens den Tod und am besten die Hölle gleich oben drauf. Sogar die Staatsanwaltschaft stöhnte über ihn, musste jedoch seine Anzeigen bearbeiten und verfolgen.



Es gibt das geflügelte Wort: Man begegnet sich immer zweimal im Leben - und dann interessanterweise mit vertauschten Rollen.



Jeder, wirklich jeder Mensch stolpert früher oder später über seine eigenen Schwachstellen, seine eigenen Fehler, seinen eigenen „Bockmist“ ,braucht Hilfe von anderen und es tut dann gut, Hilfe, Anteilnahme und Aufnahme zu erfahren – und wem helfen wir lieber, wem öffnen wir bereitwilliger die Tür? Sind es nicht jene, die, als wir sie brauchten, uns halfen, ohne die Schuldfrage groß zu thematisieren und abzuwägen?

Wie gesagt, ich liebe diese Geschichte, sie ist allerdings auch eine geistliche Herausforderung.

Mein, unser aller Stolz, unser aller Rechtempfinden wird herausgefordert.



Ich wünsche euch für die nächste Woche Gottes Schutz und Segen!
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Punktestand der Geschichte:   138
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Hallo, sehr schöne, wahre Gedankengänge! 5 Punkte von mir. lg Sabine

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