Kurzgeschichten · Amüsantes/Satirisches

Von:    Thomas Schwarz      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 26. September 2016
Bei Webstories eingestellt: 26. September 2016
Anzahl gesehen: 1979
Seiten: 2

Elvira, die Hagebuttenmaus





Elvira lag unter einer Tanne im Park und freute sich über ihren großen Erfolg.

Es geschieht nicht oft im Leben, dass dieser einem buchstäblich vor die Füsse geschmissen wird, noch dazu, wenn man eine unscheinbare, kleine, graue Maus ist.

In der letzten Nacht wurde sie in einem Lebensmittelgeschäft eingeschlossen und suchte überall wonach sie sich am meisten sehnte, nach Hagebutten. Doch nirgendwo gab es welche. In der Obstabteilung gab´s Nüsse, auf dem Boden lagen drei Salatblätter und eine Möhre. In der Käseabteilung hatte die Verkäuferin eine kleine Käseecke liegen lassen, aber weit und breit gab´s keine Hagebutten. In der Kaffeeabteilung schließlich wurde sie fündig; wenigstens hielt sie das Bild auf der Kaffeepackung für eine Hagebutte und machte sich sogleich ans Werk. Die halbe Nacht nagte sie an der Verpackung in stiller Vorfreude. Plötzlich wurde sie von einer Flut herabstürzender Kaffeebohnen mitgerissen und darunter begraben. Ihr war schwarz vor Augen und ein schweres Gewicht lag auf ihr. Aus eigener Kraft konnte sie sich nicht mehr befreien.

Vor Erschöpfung schlief sie ein. Stunden später weckte ein Besen sie unsanft der die Hinterlassenschaft vom Boden wegkehrte. Der Besen gehörte Frau Mayer, der langjährigen Putzfrau des Geschäftes. Jeden Morgen bevor der Laden öffnete, fegte sie die Gänge und wischte anschließend feucht nach. Dreißig Jahre tat sie das nun, Tag für Tag, außer Sonntags, Woche für Woche, Jahr für Jahr. Gern hätte sie einmal ein Lob oder eine anerkennende Bemerkung gehört, aber weder die Kundschaft noch Herr Gandolf, der Ladenbesitzer, konnten und wollten ihr diesen Wunsch erfüllen.

Als sie den Kaffeebohnenhaufen auf die Kehrschaufel schieben wollte, guckte die Spitze von Elviras Schwänzchen heraus. Mit einem gellenden Schrei wich Frau Mayer zurück, ließ Besen und Schaufel fallen und versteckte sich zitternd hinter dem gegenüberstehenden Marmeladenregal. Der Schrei weckte Elvira. Dank Frau Mayers Vorarbeit war der Kaffeebohnenberg kleiner geworden und sie konnte sich jetzt freischaufeln.

Als sie, noch etwas benommen, am Nachbarregal vorbeitrippelte, hörte sie erneut einen Schrei und etwas stürzte mit ohrenbetäubendem Knall und zerberstenden Scherben direkt neben ihr nieder. Eine rote, süsse, herrlich duftende feuchte Masse breitete sich vor ihr aus. Hagebuttenmarmelade! Die gute Frau Mayer hatte versucht, den Eindringling mit dem nächstbesten Gegenstand zu erschlagen.
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Zu ihrem Entsetzen ging der Wurf daneben, mindestens um drei Zentimeter. Voller Panik stürmte sie aus dem Laden und überließ Elvira das Feld. Die schleckte nun soviel von der Marmelade bis sie fast platzte und sich nicht mehr bewegen konnte. An Ort und Stelle schlief sie mitten in der Marmelademasse ein. Herr Gandolf musste Frau Mayer beruhigen, die immer noch, schreiend und zitternd, draußen vor der Tür stand und sich weigerte auch nur einen Fuß in den Laden zu setzen. Sie hätte ihr bestes versucht, dieses ekelhafte Tier zu erledigen, der Wurf sei aber wohl daneben gegangen und nun würde das Untier sicherlich durch den Laden krabbeln und sich an ihr rächen wollen. So ging Herr Gandalf alleine durch den Laden und entdeckte, nach eingehender Wegbeschreibung Frau Mayers, den Ort der Untat. Er fand die Maus in der Marmelade und den Glasscherben regungslos liegen und lobte Frau Mayer jetzt in den höchsten Tönen. Ganz offensichtlich hätte sie doch getroffen. Er schob die Maus in Marmelade auf die Schaufel und warf sie unter eine Tanne, die unweit vom Laden in einem kleinen Park stand. So bescherte der Himmel an diesem Morgen zwei Erdbewohnern deren größte Wünsche.



Ende

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