Eine kurze Feen-Geschichte   131

Kurzgeschichten · Nachdenkliches

Von:    Dr. Ell      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 31. Oktober 2015
Bei Webstories eingestellt: 31. Oktober 2015
Anzahl gesehen: 2207
Seiten: 6

Eine kurze Feen-Geschichte





Man sagt, alles begann, als ein gewisser Hein B. Löeth aus dem Sauerland an einem schönen sommersonnigen Juli-Sonntag bei der Gartenarbeit in einer Blume eine Fee entdeckt hatte, die ihm dann aufgrund dieses enorm seltenen Privilegs drei Wünsche erfüllte.



Jedenfalls, der Hein soll sich als erstes gewünscht haben, das jeder Mensch weltweit, der irgendwo irgendwie die Umwelt verschmutzt, anorganischen, chemischen oder giftigen Abfall in die Botanik schmeisst oder anderweitig für anfallende Umweltverpestung verantwortlich ist, zuerst für zehn Minuten von heftigen Gewissensbissen geplagt werden soll, um die Chance zu bekommen, es rückgängig zu machen, und falls das nicht passierte, sollte sich die Person in Luft auflösen.



Das war wohl, weil ihm, kurz bevor er die Fee fand, irgend ein Schnösel unabsichtlich einen glimmenden Kippenstummel absichtlich über den Gartenzaun in sein Gesicht geschnippt hatte. Vielleicht hätte sich der Hein sonst Geld, Gold und ein langes Leben gewünscht, aber es kam halt anders.

Angeblich soll der Verursacher ein reicher Bugatti fahrender Immobilien-Makler gewesen sein, der dem erbosten Hein auch noch den Mittelfinger gezeigt haben und grinsend in seinen Sportwagen gestiegen sein soll, um, nicht ohne etwas Gummiabrieb auf der Straße vor Heins Grundstück zu hinterlassen, von dannen zu brausen. Ob das stimmt, kann aber keiner mehr sagen – ist halt nur so ein Gerücht.



Heins zweiter Wunsch soll gewesen sein, das sich dann der weggeworfene Müll eine Sekunde nach Auflösung der Person auch auflöst. Und als dritten Wunsch soll sich der Hartz 4 beziehende Hein gewünscht haben, das all die, die so viel Geld hatten wie dieser grinsende Immobilien-Schnösel und mehr als 50.000 Euro im Jahr verdienten, anstatt Hummer und Kaviar doch lieber Ihr Geld fressen und daran verrecken sollten.





Was jetzt zuerst passierte, wissen wir nicht, aber gewiss ist, das sich an diesem Sonntag Nachmittag im Juli die Ereignisse überschlugen. Zuerst traf es Leute, die auf Befehl hin die Umwelt verschmutzten. Zum Beispiel Soldaten, die überall auf der Welt rumballerten und überall Patronenhülsen und Bombensplitter hinterließen, teils sogar radioaktive Uranmunition und chemische Waffen.



Ein paar Soldaten sollen noch auf dem Schlachtfeld versucht haben, die Munition, Granaten- und Bombensplitter wieder einzusammeln, nachdem sich das Gewissen meldete, aber einige wurden dann von Ihren Kameraden auf Befehl hin wegen Befehlsverweigerung erschossen, nachdem sie verschossene Munition wieder aufgesammelt hatten und sich weigerten, weitere zu verschießen, andere wiederum wurden während des Aufsammelns vom Feind erledigt und wieder andere verstarben dann etwas später, aber doch recht zügig an der eingesammelten Munition, denn diese war entweder hochgradig radioaktiv oder chemisch bzw.
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biologisch tödlich, und, was noch viel übler war, man konnte sie im Kriegsgebiet nirgendwo entsorgen. Und da man sie nicht entsorgen konnte, lösten sich die armen Soldaten über kurz oder lang dennoch in Luft auf, sobald sie länger als zehn Minuten vom gesammelten Müll entfernt waren. Und das kam schon mal vor, wenn man die Leute wegbrachte, um sie einsperren zu wollen, weil sie den anderen „nicht ganz dicht“ vorkamen.



Andere Soldaten schossen einfach die heftigen Gewissensbisse ignorierend weiter, wahrscheinlich des Jobs, also des Geldes wegen, vielleicht auch nur aufgrund reiner Pflichterfüllung, aber auch diese heldenhaften Patrioten lösten sich dann nach kurzer Zeit einfach in Luft auf.



Übel traf es auch Kampfjet-Piloten, die sich alle samt und sonders in Luft auflösten, sobald sie nur eine einzige Bombe abgeworfen hatten, die irgendwo detonierte und ihre Reste zur Umweltbelastung wurden, falls sie sich nicht schon vorher wegen des Abgasausstoßes in Luft auflösten. Das Blöde war, das dann die Jets einfach zu Boden fielen und somit sofort Schrott waren, was zur Folge hatte, das sich die Leute, die den Jet und auch die Bomben an Bord komplettiert hatten, in Luft auflösten.



Das Gute war, das sämtliche Kriege weltweit nach nur wenigen Stunden beendet waren, da sich so gut wie alle Soldaten und viele Hersteller von Kriegsmaschinerie einfach in Luft auflösten.



Nun gut, zuerst traf es nicht diejenigen, die das ganze Geld einsackten, das man mit dem Verkauf der Kriegsmaschinen und dem Tod, Leid und Elend von vielen Menschen verdient hatte, sondern diejenigen, die als Arbeitnehmer für eher schmales Geld diese Tötungsmaschinerie zusammengebaut hatten und keinerlei Chance bekamen, Ihr Gewissen zu bereinigen, aber so war das nun mal.



Dasselbe galt auch für Angestellte der Fahrzeugindustrie.
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Wenn jetzt jemand allein unterwegs gewesen war und seinen Müll zum Fenster rausgeworfen hatte und nicht in der Lage gewesen war, ihn wieder aufzusammeln oder die Gewissensbisse einfach zu ignorieren versuchte und sich daher bei voller Fahrt in Luft auflöste, stand das oftmals verunfallte Fahrzeug einfach in der Gegend herum und war nach Definition nichts anderes als belastender, herrenloser Müll, woraufhin sich diejenigen, die dieses Fahrzeug zusammengebaut hatten, nach wenigen Minuten unter heftigsten Gewissensbissen einfach in Luft auflösten.

Bei LKWs war es am schlimmsten. Verunfallte einer und wurde die Ware darin, sofern sie nicht organisch war, zu Müll, so lösten sich die Leute, die diese Waren hergestellt hatten, ebenfalls einfach in Luft auf, ohne wirklich was dafür zu können. Aber so war auch das nun mal.

Immerhin löste sich dann auch der verunfallte Schrott in Luft auf und brauchte nicht mehr entsorgt werden. Das aber hatte zur Folge, das sich auch wertvolle Ressourcen einfach in Luft auflösten.



Und natürlich traf es auch einfache Leute wie Dich, die, wie eben schon erwähnt, zum Beispiel ihre McDonalds oder BurgerKing Verpackungen nach dem Verzehr bei voller Fahrt auf der Autobahn, Schnell- oder auch Landstraße achtlos und willentlich aus dem Auto warfen und dann einfach nicht mehr die Gelegenheit hatten, alles wieder einzusammeln, bis die Zeit abgelaufen war und sie sich in Luft auflösten.

Aber es mussten nicht mal Verpackungen sein, ein einziger zum Fenster rausgeworfener Zigarettenfilter reichte schon aus, und wenn man den nicht rechtzeitig wiederfand, war man nur noch Luft.



Auch Leute, die irgendwelche Atom- oder Dioxinfässer oder anderen Dreck von Schiffen aus ins Meer verklappten, um für Ihre Bosse teure Entsorgungskosten zu sparen, lösten sich in Luft auf, denn eine Chance, nach dem Abwurf und dem Einstellen der Gewissensbisse diesen Vorgang rückgängig zu machen gab es nicht.



Es traf auch Leute in der Landwirtschaft. Leute, die zum Beispiel Pestizide, Herbizide, Fungizide und sonstige Gifte versprühten.



Aber auch bei einem Unfall griff der Wunsch. Was Schrott war, war schrott, und ein jeder, der irgendwie damit verknüpft war, löste sich in Luft auf, sogar Schwerverletzte, die nun wirklich keine Chance hatten, Ihren Müll zu beseitigen, den sie ja nicht mal absichtlich in die Botanik geworfen hatten.
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Es reichte, das sie es „getan“ hatten. Es waren katastrophale Zustände, denn gerufene Krankenwagen waren aufgrund des Abgasausstoßes nach zehn Minuten ohne Fahrer.



Man kann gar nicht mehr sagen, wer sich alles in Luft auflöste, sogar Kinder waren dabei, die zum Beispiel irgendwelchen Verpackungsmüll oder auch nur den Stiel eines Lollys in Gullys anstatt in Mülleimer gestopft hatten und dann nicht rechtzeitig den Deckel aufbekamen, bevor sie sich auflösten.

Das Üble war ja auch, das niemand wirklich mitbekam was abging, die Leute glotzten ja nur noch auf Ihre Handys, Tablets und Laptops und waren nur noch egoistisch unterwegs, und wo sich doch alles einfach in Luft auflöste, war es ja auch dem Spruch gemäß „Aus den Augen, aus dem Sinn“ aus den Augen, aus dem Sinn! Und wirklich niemand verspürte Gewissensbisse, solange er nicht irgend einen Müll achtlos in die Umwelt „entsorgt“ hatte – und dann war es oftmals schon zu spät.





Nach nicht einmal vierundzwanzig Stunden waren drei viertel der Weltbevölkerung verschwunden und die Erde nahezu menschenleer, denn irgendwie hatte wirklich fast jeder etwas mit Umweltverschmutzung zu tun. Meistens waren es nur Kleinigkeiten, wie der schon erwähnte Zigarettenstummel oder das Bonbonpapier, oder es hatte etwas mit dem Job der Person zu tun, aber wie dem auch sei:

Es kam zu einem totalen Zusammenbruch in der westlichen, sogenannten zivilisierten Welt.



Sämtliche Milliardäre, Großindustrielle, Banker, Aktienhalter, Kredithaie, Schauspieler, Fußballer und alle wohlhabenderen Menschen fingen außerdem unverzüglich an, Ihr Geld zu verspeisen und da kann man sich ja denken, das nach nur 48 Stunden insgesamt nur noch weniger als 10 Prozent der Weltbevölkerung übrig waren. Die Reichen der Welt hatten sich einfach an Ihrem Geld zu Tode gefressen. Einige hatten es wie Wasser in sich reingeschüttet, andere hatten es sogar zu schnupfen versucht und waren daran krepiert. Es war einfach erbärmlich.



Tja, und auch Hein B. Löeth blieb nicht verschont. Er hatte sein Auto Montag morgens angeschmissen um zur Arbeit zu fahren und nach einer Minute plagten ihn Gewissensbisse – die umweltbelastenden Abgase! Aber da war es schon zu spät, die Rußpartikel seiner alten Diesel-Schleuder hatten sich bereits verteilt, und nur zehn Minuten später gab es Hein nicht mehr.
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Der Wunsch von Hein war einfach Scheisse gewesen, er hatte ihn viel zu ungenau definiert.

Und das kennt man ja wohl aus jedem Märchen, das Feen, Kobolde, Dschinnies und sonstige Wunschgeister beinhaltet, das man sich genauestens überlegen sollte, was man sich wünscht!





Wie dem auch sei, seit Heins Wünschen sind nun 10 Jahre vergangen. Deutschland hat sich, auf die Rasse Mensch bezogen, wieder etwas erholt, es mag, Babys dazugezählt, insgesamt wieder gut 2.000 Menschen geben.

In ganz Deutschland waren wohl nur so um die 200 Leute übrig geblieben, die Kettenreaktion der Umweltbelastung hatte fast jeden dahingerafft, nur die ärmsten und einige Hippies und absolute Ökofreaks blieben übrig.



Und in anderen Ländern sieht es ganz ähnlich aus. Tiere und Natur haben sich den Lebensraum zurückerobert, und es gibt keine Wirtschaft mehr, die ewig wachsen soll. Alles wird mit Bedacht und Sorgfalt für sehr lange Zeiträume produziert und wird von der Gemeinschaft gemeinsam durch Arbeitskraft zum Wohle aller hergestellt.



Die sogenannten unzivilisierten Völker waren die Gewinner, einen Großteil der Weltbevölkerung bilden heute indigene Völker wie Inuit, Pygmäen oder Aborigines.

Und auch Deutschland ist heute wieder unzivilisiert, alle Länder sind wieder unzivilisiert, wir haben wieder Kutschen anstatt Autos und alles ist viel entspannter. Man lebt wieder im Einklang mit der Natur, denn auch der Mensch ist nichts weiter als nur ein Teil der Natur.

Das hatten wir alle vergessen, wir dachten, wir könnten nur noch durch Geld und Wirtschaftswachstum überleben und sahen nicht die Geschenke von Mutter Natur, denn es war üblich, das einem alles gehörte und alle vom einen kaufen mussten.

Wir wollten ins Paradies und hatten nicht gesehen, das wir das Paradies bereits hatten und dieses zerstörten zugunsten eines falschen Konsum-Paradieses, das uns eh nur die ewigliche Schufterei und den Wunsch nach ganz falschen Werten brachte.

Doch das ist jetzt anders. Heute wächst und gedeiht es überall ohne GEN-Technik, Monsanto brauchte kein Schwein mehr, ebenso Hartz 4 oder irgendwelche anderen Zwänge von Staats wegen, alles ist frei und im Übermaß verfügbar, und auch wenn man einiges missen muss, wie zum Beispiel immer neuere Modelle des Iphones oder irgendwelche Verpackungen oder auch teuere Bugattis.
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Alles hat sich zum besseren gewendet. Nicht mal mehr Geld gibt es.



Und all das dank dem blöden Hein, den wir letztes Jahr übrigens heilig sprachen. Und wir haben jetzt jedes 2. Wochenende im Juli das Feen-Fest und Luft und Umwelt sind ganz einfach sauber.



Ein paar Dinge gibt es noch aus der alten Zeit, zum Beispiel Funkgeräte, mit denen wir über weitere Strecken kommunizieren oder Elektroloks, die auch heute noch fahren, allerdings computergesteuert, nur für den Fall der Fälle.

Wir haben Strom, mit Wind- Sonnen- und Wasserkraft produziert und frei für jeden verfügbar. Auf den Feldern arbeiten entweder Pferdefuhrwerke oder elektrische Maschinen oder Dampfmaschinen, denn diese stoßen nichts anorganisches aus.

Uns geht es gut, wir haben uns arrangiert, denn wir haben beschlossen, uns als intelligenter Mensch und Krone der Schöpfung nicht in Luft aufzulösen und aus den Geschichtsbüchern zu löschen, daran ist nun wirklich niemand interessiert ... oder?



ENDE
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Kommentare zur Story:

  Und wieder eine tolle fantastische Story mit Hintergedanken von dir. Schaurig schön und amüsant.  
   Marco Polo  -  03.11.15 15:48

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Kommentar von "Unbekannt" zu "Violett"

schöö :-)

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