Kurzgeschichten · Amüsantes/Satirisches

Von:    René Oberholzer      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 8. Juni 2014
Bei Webstories eingestellt: 8. Juni 2014
Anzahl gesehen: 3039
Seiten: 2

Liebe Doris



Ich bedanke mich in aller Form für Deinen Liebesbrief. Da ich vor Kurzem einen Kurs besucht habe, wie man Liebesbriefe analysieren und beurteilen kann, möchte ich es nicht unterlassen, Dir meine Erkenntnisse, die auf wissenschaftlichen Studien beruhen, weiterzugeben.



1. Deine Anrede: "Mein Herzallerliebster"



Ich habe im Kurs gelernt, dass Menschen mit einer solchen Anrede besitzergreifend seien. Zudem lässt sich in dem Buch, das ich im Kurs gekauft habe, genau nachlesen, dass Menschen mit einer solchen Formulierung extrem gefühlvoll und romantisch veranlagt, aber auch realitätsfern seien. Solche Formulierungen stammten ausschliesslich von Frauen, die im Sozialbereich z.B. als Krankenschwester tätig seien.



2. Deine Formulierung: "Ich komme fast um vor Sehnsucht"



Unser Kursleiter hat uns genau diesen Satz als Beispiel an die Flipchart geschrieben und dann folgendes gesagt: Das seien selbstmordgefährdete Personen mit niedriger Frustrationstoleranz und einem Hang zum Egozentrismus.



3. Deine Formulierung: "Seit ich dich kenne, hat sich mein Leben von Grund auf verändert"



Die Wissenschaft hat auch auf diesen Satz eine fundierte Antwort: Solche Menschen hätten kein oder ein noch sehr wackliges Fundament. Man gebraucht in diesem Zusammenhang auch etwa die Terminologie des "emotionalen Treibsands", bei der später die Gefahr eines plötzlichen Rückfalls in ein anderes Leben nicht auszuschliessen sei. Von solchen Menschen sagt man auch, dass sie noch keine Wurzeln hätten und sich erst später als früher sozialisieren würden. Auch Oberflächlichkeiten werden solchen Persönlichkeiten nachgesagt, die auch den Fängen von Sekten schutzlos ausgeliefert sein könnten.



4. Deine Formulierung: "Deine sich nach Dir verzehrende"



Auch diese Formulierung erfreut sich in der Wissenschaft offenbar grosser Popularität. Menschen, die diese Formulierung gebrauchten, hätten einen Hang zum Übergewicht, der sich erst in späteren Jahren voll entfalten könne, und der Verdacht läge nahe, dass Tischsitten eher eine Bürde als ein Verlangen nach Kultiviertheit seien. Auch eine animalische Neigung, die in ihrer extremsten Ausprägung unter dem Begriff des "Kannibalismus" den Weg in die Wörterbücher gefunden hat, wird solchen Menschen nachgesagt.
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Liebe Doris



Ich habe jetzt nur 4 Deiner unzähligen Liebesformulierungen herausgepflückt und muss jetzt mit Hilfe der Wissenschaft zum Schluss kommen, dass wir einfach nicht zusammen passen. Deshalb löse ich jetzt mit diesem Brief unser Verhältnis per sofort auf. Die oben erwähnten Formulierungen machen es mir schwer, an eine harmonische und konfliktarme Zukunft im Sinne von Thomas Gordon glauben zu können.



Reto
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Kommentare zur Story:

  Hallo Rene',
interessante Analysen, die ich gleich mehrfach unterstreichen kann! Ob die Schreiber dieser Worte dies in jedem Fall so meinen, steht natürlich auf einem anderen Blatt! In den meisten Fällen jedoch, dürfte dies so sein!
LG. Michael  
   Michael Brushwood  -  08.06.14 16:51

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  Eine bemerkenswerte "Analyse". In diesem Zusammenhang auch noch Thomas Gordon aufzuführen, ist die Spitze des Eisbergs.
Lieber René Oberholzer, hier hast du wieder einmal in sehr wenigen Worten ein enorm brreeiites Spektrum aufgezeigt.  
   Michael Kuss  -  08.06.14 11:50

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