Trauriges · Poetisches

Von:    Michael Brushwood      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 2. September 2013
Bei Webstories eingestellt: 2. September 2013
Anzahl gesehen: 2593
Seiten: 2

Das Blut des Bösen nur noch gnadenlos in ihr pikierte

Verfangen im herzlosen Eis einer endlosen Lebensnacht

Im Herzen des Gatten ein stummer Schrei triumphierte

Verhallt im prasselnden Feuer dieser teuflischen Macht



Die sie gefangen nahm in ihrem abscheulichem Glaube

Der ihre Sinne in den Schlund der schwarzen Hölle trieb

Mit Demut, die sein letztes Körnchen Hoffnung raubte

Bis Gott ihn erlöste und sie erzürnt noch verblieb



Im Himmel genießt er befreit das Licht des ewig' Leben

Von dem er in brennenden Fesseln so lang schon geträumt

Der Vulkan in ihr entfachte noch ein allerletzte Beben

Sie schlief ein am Mark zum Guten, das sie bald umsäumt



In jenem Reich wo Himmel und Hölle sich begegnen

Fragt keiner mehr ob sie mal arm war'n oder reich

Finden sie vereint den lichten Weg zu Gottes Segen

In einer Welt wo alle Menschen leben endlich gleich





Meine Anmerkungen:

Dieses zutiefst traurig stimmende Gedicht ist eine Hommage an meine vor kurzem erst verstorbene Mutter, die ihren 89. Geburtstag nur knapp verfehlte, die morgen in die Erde gebettet wird. Acht Monate zuvor ist mein fast gleichaltriger Vater in Gottes Reich aufgestiegen. Was meine Mutter ihm zuvor noch zugesetzt hatte, war an Brutalität und Grausamkeit kaum noch zu überbieten. So hatte sie ihm die Bratpfanne gegen die Stirn gestoßen, die eine schwere Platzwunde bei ihm hinterlassen hatte. Mit dem Stock hatte sie ihm die Beine gestellt, damit er die Treppen hinunterstürzen sollte. In buchstäblich letzter Sekunde war es ihm noch gelungen, diesen Sturz am Geländer abzufangen. Sie hatte ihn ständig mit Schlägen drangsaliert, die zahllose Wunden an seinem ohnehin schon schwachem Leib, der wie ein dünner Strich in der Landschaft wirkte, hinterließen. Selbst einen Stuhl hatte sie sogar gegen sein lädiertes Bein mit weit herausgetretenen Adern gestoßen. Kräftige Hiebe mit dem Ellenbogen verpasste sie ihm in steter Regelmäßigkeit. Die Kraft sich zu wehren, war ihm schon längst abhanden gekommen.



Vier Wochen vor ihrem Tode wurde meine Mutter endlich in die geschlossene Abteilung einer Psychiatrischen Klinik zwangseingewiesen, nachdem sie zwei andere Familien verbal bedroht und eine sehr gutherzige Mieterin des Hauses sogar geschlagen hatte.
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Beim Vollzug der Zwangseinweisung waren insgesamt neun Personen zugegen, darunter waren zwei Polizisten, zwei Richter des zuständigen Amtsgerichtes, eine vom Gericht bestellte gesetzliche Betreuerin, eine Mitarbeiterin des Diakonischen Werkes, sowie medizinisches Fachpersonal. Sogar ein Polizeihubschrauber war mit von der Partie, obwohl diese von allen guten Geistern verlassene Frau, die schon viel zu lange nicht mehr Herr ihrer Sinne war, mit ihren stark angeschwollenen Beinen, die dem Wasser in ihrer Lunge geschuldet waren, nur noch extrem schwer imstande war, sich fortzubewegen.

Ich empfinde den Tod meiner Mutter auch für mich selbst als eine Erlösung. Bei meinem gepeinigten Vater habe ich tiefste Trauer empfunden, da ich ihn wegen seiner Gutmütigkeit schon immer sehr mochte.

Gott bestraft menschliche Sünden, er vergibt aber auch den Sünden, ist aus der Bibel zu entnehmen. Richtig! Denn kein Mensch ist völlig frei von Sünden. Ich hingegen bin, nach all den zahllosen Grausamkeiten, nicht mehr bereit ihren Sünden zu vergeben. An der morgigen Beisetzung werde ich zwar teilnehmen, allerdings nur des Anstandes wegen. Wirkliche Gefühle des Trauerns kommen in mir nicht auf. Einige Menschen dürften mir das sicher übelnehmen, aber ich fühle mich imstande, damit um zugehen. Natürlich spielten auch Altersdemenz und das diagnostizierte Krankheitsbild Schizophrenie eine gewichtige Rolle. Den Stachel der Aggression und der dominierende Irrglaube, stets im Recht zu sein, schien sie schon mit der Muttermilch aufgesaugt zu haben. So hatte mein Vater stets nach ihrer Pfeife zu tanzen und er gehorchte brav den Befehlen seines weiblichen „Feldwebels“. Nicht einmal mir selbst war es vergönnt, aus eigenen Augen miterleben zu dürfen, wie und ob meine Eltern sich liebevoll umarmt oder gar geküsst hatten, was normalerweise für ein sich liebendes Paar eine Verständlichkeit sein sollte. Auch an zärtliche Worte kann ich mich nicht erinnern. Dafür hatte sie nicht selten mit ihrem überdimensionalen Organ die Wände zum Vibrieren und dazu noch die freundlichen Nachbarn zur Verzweiflung gebracht.
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Punktestand der Geschichte:   63
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Kommentare zur Story:

  Liebe Doska und Ingrid,
ich danke euch für die einfühlsamen Kommentare, die mir auch sehr zu Herzen gegangen sind!
Doska: Da bin ich derselben Meinung. Nur sie wollte keine Einweisung in die Psychiatrie und gegen den eigenen Willen ist eine Zwangseinweisung nur sehr schwer zu bewerkstelligen. Aus Angst vor meiner Mutter hatte mein Vater seinem Hausarzt gesagt, dass er diese Platzwunde deshalb bekommen hatte, weil er gegen den Küchenschrank gestürzt war. In Wirklichkeit war es der Schlag mit der Pfanne gegen die Stirn. Seine falschen Auskünfte - die seinen unsättlichen Ängsten geschuldet waren, waren auch der Grund, weshalb sein Hausarzt keine gerichtlichen Schritte gegen meine Mutter unternehmen konnte - was ich erst viel später von ihm erfahren habe. Und vor seinem Tod klafften gleich mehrere Wunden aus seiner ohnehin schon von Blutergüssen durchtränkten Haut, deren Ursachen auch in ihren Schlägen begründet lagen.
Ingrid: Da gebe ich dir recht. Es gibt Menschen, die werden wirklich wegen Nichtigkeiten eingewiesen und in schweren Fällen tut sich gar nicht. Ich habe um einer Zwangseinweisung Nachdruck zu verleihen, eine gesetzliche Betreuung für sie beantragt, die erst in zweiter Instanz genehmigt worden ist. Und dieses hat sich ein dreiviertel Jahr lang hingezogen. Als die Betreuerin kurz vor Weihnachten das erste Mal bei ihr zugegen war, sollten nochmals sieben Monate vergehen, bis diese schon längst fällige Zwangseinweisung im Juli endlich vollstreckt worden ist. Das sind Dinge, die mit Rechtsstaat nicht mehr viel zu tun haben. Ich hatte mich auch schon beim "Sozialpsychiatrischen Dienst" beraten lassen, wo mir der freundliche Herr sagte: "wenn noch DDR-Zeiten wären, hätte man schon längst etwas unternehmen können!" Dieses sagt alles! Und nach der neuesten Gesetzeslage sind die Kriterien für Zwangseinweisungen sogar nochmals gelockert worden!
LG. Michael  
   Michael Brushwood  -  05.09.13 09:40

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  Da kann ich Ingrid nur zustimmen. Schade, dass diese Frau nicht beizeiten behandelt worden ist, dann wäre deinem Vater und auch dir gewiss viel Leid erspart geblieben. Auch ich muss sagen, toll, wie du trotzdem deinen eigenen Weg gegangen bist. Ein Text der sehr zu Herzen geht.  
   doska  -  04.09.13 20:35

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  das ist so... traurig und schrecklich zugleich. wenn ich mir so vorstelle, aus was für nichtigen gründen andere menschen "eingewiesen" wurden... doch trotz all dieser belastungen bist du ein wirklich guter und empfindsamer mensch geblieben.
das bewundere ich sehr!  
   Ingrid Alias I  -  03.09.13 15:58

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