Lena ist da (Unser italienischer Sommer Teil 22)   364

Romane/Serien · Romantisches

Von:    Wolfgang scrittore      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 15. März 2012
Bei Webstories eingestellt: 15. März 2012
Anzahl gesehen: 2811
Seiten: 12

Lena ist da



Tante Maria würde bis nach Lenas Geburt bei uns bleiben. Josefa hatte ihr daher noch einige Sachen zusammengepackt und mit der Paketpost geschickt. Nachdem Pino, unser Postbote, mir die Benachrichtigung in die Hände gedrückt hatte, war ich nach Casole gefahren und hatte die drei Pakete abgeholt. Die Schätze hatte ich Tante Maria aufs Zimmer gestellt. Jetzt saß sie auf dem Bett und sortierte Pullover. Etliche Kleider hingen zum aushängen am Schrank. Blusen und Hosen waren schon fein säuberlich sortiert.

„Hast du genug Platz? Sonst häng doch ein paar Kleider nebenan ins andere Gästezimmer.“

Sie schüttelte den Kopf und lächelte.

„Was macht Eva? Soll ich ihr unten ein wenig Gesellschaft leisten?“

„Sie sitzt auf dem Sofa und spielt mit den Katzen.“



Wir hatten bis jetzt keinen Nachtfrost mehr gehabt. Und es war schon Ende Februar. Blumen blühten überall und tagsüber hatte die Sonne schon viel mehr Kraft, als noch vor ein paar Wochen. Giancarlo und ich hatten die letzten Reben beschnitten und waren endlich fertig mit dieser den Rücken belastenden Arbeit. Zum Ausgleich lief ich täglich meine Runde. Am Wochenende waren Paola und Bruno zu Besuch. Sie hatten endlich Erfolg gehabt und einen kleinen Jungen adoptieren können. Guido war ein Vierteljahr alt, ruhig und lieb. Seine braunen Augen schauten neugierig in die Welt. Paola war nicht wieder zu erkennen, das Glück strahlte aus ihren Augen. Sie hatte sich noch einmal bei uns entschuldigt. Unsere Freundschaft war jetzt fester als zuvor. Bruno und sie hielten beim letzten Besuch beinahe ständig ihre Hände. So wie es aussah, hatte der Kleine auch ihrer gegenseitigen Liebe gut getan.



Eva war jetzt im achten Monat und hatte schwer an Lena zu schleppen.

Dottor Faletti hatte uns die kleine Privatklinik, im Westen Sienas in einer Villengegend gelegen, empfohlen. Nur knappe 25 km von unserer Haustür aus entfernt.

Letzte Woche hatten wir uns die Klinik, eine alte Villa, angeschaut. Dottoressa Fellini, die Chefärztin hatte uns empfangen, mit uns geplaudert und dann wurden wir herumgeführt. Die Zimmer waren großzügig ausgestattet, sogar Platz für die Väter war vorgesehen. Ich konnte also nach der Entbindung in Evas Zimmer mit übernachten.
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Evas Tasche für die Klinik war fertig gepackt und stand griffbereit im Flur. Die letzte Untersuchung bei Dottor Faletti war gut verlaufen, mit Lena und Eva war alles in bester Ordnung.

In unmittelbarer Nähe lag ein Hotel, die Villa Elda, dort hatten wir ein Zimmer vorbestellt, um nicht immer wieder bei Fehlalarm nach Hause fahren zu müssen. Das Hotel warb sogar mit diesem Service. Langsam wurde es ernst, Eva war zwar tapfer, aber ich sah, dass sie kämpfen musste, um ihre gute Laune zu behalten. Jeder Gang wurde beschwerlich. Ich litt mit meiner Liebsten. Tante Maria umsorgte Eva auch ganz rührend.

„Im Prinzip werde ich ja immerhin Oma. Deine Eva, unsere Eva, ist immer wie ein eigenes Kind für mich gewesen. Hoffentlich geht alles gut.“

„Mir geht’s gut, habt ihr das gehört?“ Eva kam etwas schwerfällig die Treppe herauf.

„Macht euch doch nicht verrückt. Ich bekomme ein Kind, na und. Ich bin nicht die Erste und nicht die einzige Frau auf der Welt.“

Eva setzte sich vorsichtig auf die Bettkante. Strega und Leone waren ihr gefolgt und hockten jetzt einträchtig auf Tante Marias weichen, flauschigen Pullovern. Strega hielt ihr Köpfchen schief und schaute uns an. Leone stolzierte auf dem Bett herum und suchte sich ein gemütliches Plätzchen.

„Wollt ihr wohl von meinem Bett herunter gehen?“ Tante Maria wurde energisch. Strega putzte sich gelangweilt und Leone setzte die Suche weiter fort.

„Ist das denn zu fassen, die Beiden ignorieren mich“, Tante Maria schaute uns mit großen Augen an.

Ich schnappte Strega am Kragen und hob sie hoch, dann setzte ich sie auf den Fußboden. Eva langte sich Leone und schimpfte ihn aus. Der Kater lauschte interessiert Evas Stimme und maunzte dann kurz.

„Ich sehe, wir haben uns verstanden. Das Bett ist für euch Katzen tabu.“

Jetzt schlug Strega nach dem Saum eines der Kleider.

„Ihr seid wohl nicht ganz bei Troste?“ Wieder hob ich Strega an und setzte sie auf dem Flur auf den Boden. Sie schien kapiert zu haben und hopste die Treppe herunter. Leone versuchte schon wieder aufs Bett zu springen.

„Es reicht Herrschaften.“ Auch Leone sah sich vor die Tür befördert und folgte seiner Schwester über die Treppe.

„Ich schaue mal, ob unten die Küchentür zu ist.
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“ Ich eilte die Treppe herunter, wo waren die Zwei? Sie saßen einträchtig unter unserem großen Esstisch und schauten mich an, als ich mich bückte.

„So kommt mal her, ihr Hübschen. Es gibt jetzt was zu essen und anschließend dürft ihr nach draußen gehen, einverstanden?“

Ich ging in die Küche und klopfte mit dem Löffel an die Futternäpfchen. Zwei Katzen schauten um die Türecke, dann schlenderten sie betont langsam zu ihren Futternäpfen. Etwas gelangweilt schnupperten sie daran. Es schien zu schmecken, jetzt verschwand das Futter im Handumdrehen in ihren Mäulchen. Noch etwas Wasser geschlabbert, was nun Mensch? Die Zwei schauten mich an. Ich nahm beide am Kragen und ging zur Haustür. Draußen setzte ich das Pärchen ab.

„Waidmannsheil ihr Beiden, sucht euch ein paar Mäuschen.“



Eva und Tante Maria kamen langsam die Treppe herab.

„Wie wär’s mit einem kleinen Spaziergang, ich brauche dringend frische Luft?“

Gehen wir bis zum Waldrand, da kann ich mich auf die Bank setzen und etwas ausruhen. Lena ist so unruhig und zappelig. Ich habe bestimmt schon blaue Flecke innen.“ Tante Maria schmunzelte. „Man sagt ja, Mädchen hätten es immer eilig. Es wird bald soweit sein. Ich bin schon ganz aufgeregt.“

„Nun macht nur keine Panik ihr Zwei. Ihr habt keinen Grund dafür. Es reicht wenn ich bald Panik kriege. Stellt euch vor Lena kommt unterwegs im Auto auf die Welt. Wisst ihr überhaupt, was ihr dann machen müsst?“

„Liebes ich hab alles studiert, was ich darüber finden konnte. Notfalls schaffen Tante Maria und ich das schon.“

„Tante Maria vielleicht, aber du Peterl kippst bestimmt um. Ich mag gar nicht daran denken.“

Ich nahm meinen Liebling in den Arm und strich ihr beruhigend über den Kopf.

„Peterl, ich habe Angst, grauenhafte Angst. Du musst immer bei mir bleiben, bis Lena da ist.“ Eva atmete schwer und hielt sich den Bauch. Ihre Stirn war feucht.

„Wir gehen wieder zurück. Hast du getankt? Ich habe so ein komisches Gefühl im Bauch.“ Ich half Eva von der Bank hoch und stützte sie gemeinsam mit Tante Maria.

Unterwegs krümmte sich Eva plötzlich vor Schmerz.
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Aber es ging schnell wieder vorüber.

„Das könnte der Beginn der Wehen sein“, meinte Tante Maria.

Zuhause machte Eva es sich auf dem Sofa bequem, wir wollten noch etwas Fernsehen. Wieder verzog Eva schmerzverzerrt ihr Gesicht. Ich war besorgt, sollten wir schon fahren? Zwanzig Minuten später kam der nächste Schub.

„Lass uns fahren, ich habe so ein Drücken im Bauch, im Kreuz zieht es“, flüsterte Eva „Ich glaube es ist soweit.“

„Ich helfe Eva in die Jacke, hol du das Auto Peter.“

Eva setzte sich nach hinten und legte die Beine hoch, Tante Maria drehte sich auf dem Beifahrersitz, um Eva im Blick zu behalten.“

Die Wehen kamen jetzt alle Viertelstunde, Tante Maria behielt die Uhr im Auge.

Die Straße war bis kurz vor Siena recht frei. Eva stöhnte von Zeit zu Zeit. Wir erreichten den Stadtrand von Siena. Ich unterquerte die Westtangente und kam dann auf die lange Gerade der Strada di Pescaia, dann die scharfe Kurve den Hügel hinauf auf die Via Cesare Battisti, die ein paar hundert Meter weiter auf die Via 24 Maggio überging. Am Tor der Klinik bog ich mit quietschenden Reifen ein und hielt vor dem Hauteingang.

Zwei Schwestern kamen heraus und nahmen Eva in Empfang. Tante Maria und ich wurden in einen Warteraum komplimentiert.

„Prega attendere qui, bitte warten sie hier.” Ich hatte keine Ruhe und lief auf und ab. Plötzlich erinnerte ich mich an die Witze über ruhelose Väter in der Klinik.

Tante Maria legte mir die Hand auf den Arm.

Eine Schwester kam herein „Sono la levatrice, ich bin die Hebamme. Sie sind der Vater?“ Ich nickte. „Dann kommen sie bitte mit mir, allora ti aspettiamo.“

Tante Maria nickte mir zu. Ich folgte der Hebamme über einen langen Gang in einen Vorraum. Hier bekam ich einen Kittel, einen Mundschutz und eine Haube verpasst.

Dann durfte ich ihr folgen. Im Kreißsaal war gedämpftes Licht, nur über der Liege brannte eine OP Lampe. Eva war schon vorbereitet, sie schaute mich mit schmerzverzerrten Gesicht an und griff nach meiner Hand „Mein Peterl.“ Ich streichelte sie und wischte den Schweiß von der Stirn. Mir war etwas mulmig. Dottor Faletti und Dottoressa Fellini standen etwas abseits und ließen die Schwestern die Vorbereitungen durchführen.
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„Alles bestens“, meinte die Hebamme „Das Baby liegt gut. Es ist soweit.“

Dann kam Dottor Faletti und begrüßte uns. Er tätschelte Eva den Arm „Ragazza coraggiosa, tapferes Mädchen.“

Die Wehen erfolgten jetzt schnell aufeinander und Eva folgte den Anweisungen der Hebamme, atmete und presste im richtigen Rhythmus. Eva schrie auf, ich wischte ihre Stirn und redete sanft auf sie ein.

„Ja, ja, gut machen sie das, das Köpfchen kommt. Gleich haben sie es überstanden.“ Eva wimmerte und ihre Hand krampfte sich in meine.

„Ja, ganz ruhig atmen, ja, ja, gut so.“ Eva schrie noch einmal, dann seufzte sie erleichtert auf. Ich hörte leises Babyschreien. Lena, unsere Lena war da.

Die Hebamme hielt Lena hoch. Sie strampelte energisch und kräftigte ihre Lungen.



Wir waren in unserem Zimmer. Eva lag im Bett.

Eva schaute mich glücklich an und schloss erschöpft ihre Augen. Die Hebamme hatte Lena gesäubert, kam herein und legte Eva unser Lenchen in den Arm.

Ich bat sie doch Tante Maria zu verständigen und sie herein zu bitten.

„Du hast es geschafft meine Liebste. Ich bin so stolz auf dich und unser Mädchen.“

Tante Maria liefen nur so die Tränen über die Wangen.

„Ich werde drei Tage bleiben müssen, hat Dr. Faletti gesagt. So jung und gesund wie ich bin, hat er gesagt.“

„Ich bringe Tante Maria zum Hotel und komm dann gleich wieder Liebes.“

Eva stillte Lena, was für ein süßes Bild.

Ich streichelte mein Lenchen. Sie umfasste mit ihrer winzigen Hand meinen Zeigefinger.

Lena war 50 cm groß und wog 3,7 kg. Ein zartes Persönchen. Wie klein unser Baby war, ein rotes Gesichtchen, ein schwarzer Schopf und eine kräftige Stimme hatte sie. Es war der 7. März, Lenas Geburtstag.

Tante Maria brach in Tränen aus, als sie Eva mit Lena im Arm sah.

„Ich freu ich ja so meine Eva.“ „Willst du Lena mal halten Tante Maria?“



Ich hatte das kleine Körbchen mitgebracht, das wir für Lena vorbereitet hatten. Ich nahm die Kleine vorsichtig und legte sie in ihr Bettchen. Lena schlief, ob sie schon träumen konnte?

Eva saß im Bett und strahlte uns an.
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„Na ihr Beiden, habt ihr euch wieder erholt? Ich habe die ganze Zeit Angst gehabt, ob Peterl das durchsteht. Du warst ganz schön blass mein Schatz.“

Ich schüttelte den Kopf „Ich habe mir nicht vorstellen können, wie sehr du dich quälen musstest. Wenn wir Männer die Babys auf die Welt bringen müssten.....“

„Wäre die Menschheit schon längst ausgestorben“, ergänzte Tante Maria.

„Es hat ganz schön weh getan. Ich habe mich nicht getraut so laut zu schreien, wie ich gekonnt hätte. Die Hebamme sagte, ich war tapfer und Lena hat auch alles richtig gemacht. Deine beiden Weiber haben das im Teamwork geschafft.“

Wir küssten uns und ich streichelte meine Liebste.

„Hast du schon allerwärts angerufen Peterl?“

„Ein guter Vorschlag, das hätte ich glatt vergessen.“



Wir waren wieder daheim. Ein strahlender Vorfrühlingstag empfing uns. Francesca und Laura hatten eine Girlande gebastelt und Gianfranco hatte sie über unserer Tür befestigt. - Lena benvenuti a casa –

Wir hatten vor Weihnachten in Poggibonsi in der Viale Marconi einen Kinderwagen gekauft. Dort legten wir Lena jetzt hinein. Sie ließ sich im Schlaf nicht stören.

„Lauf ruhig deine Runde Peterl, dann kannst du ja unten im Dorf alle informieren.“

Francesca und Laura kamen mit einem großen Korb den Weg herauf. Sie wollten bestimmt das neue Baby anschauen.

Ich überließ den Frauen das Feld und zog mich um. Dann lief ich los. Nach ein paar Tagen Pause musste ich erst wieder meinen Rhythmus finden. Es wurde wärmer, bald konnte ich die kurze Laufhose anziehen. Heute lief ich über unsere Wiese zum Waldrand und dann auf Waldwegen weiter. Oberhalb von Donatellas und Darios Hof verließ ich den Wald, lief an ihrem Weinberg entlang zur Straße. Ich musste ein paar Autos passieren lassen und trabte dann Richtung Dorf. Vor Matteos Bar wurde ich mit Hallo begrüßt. Es hatte sich schon herumgesprochen und jeder wollte mir gratulieren. Marta umarmte mich, dann nutzte auch Valeria die Gelegenheit, mir einen Kuss aufzudrücken, und mir dabei den Hintern zu tätscheln. Matteo lachte, „Lass deine Finger von Peter, der junge Papa kann jetzt keinen Ärger brauchen.“

Matteo umarmte mich und trug mir auf „Grüß die junge Mama und die kleine Lena von uns.
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Wir wünschen ihnen alles Gute.“ Dann lief ich wieder los, bog in unsere Auffahrt ein und lief mit Tempo den Hügel hinauf.

Laura hielt die friedlich schlummernde Lena im Arm und Francesca, Tante Maria und Eva standen drum herum und unterhielten sich.

Als ich ihre Hand berührte, öffnete Lena die Augen, zog meinen Finger zum Mund und versuchte zu saugen. Sie strengte sich vergeblich an. Dann verzog Lena ihr Gesicht und protestierte. Unser Mädchen hatte eine kräftige Stimme.

„Hast du wohl Hunger mein Engel?“ Tante Maria lächelte.

Eva nahm Laura die Kleine ab und legte sie sich an die Brust. Schlagartig verstummte Lenas jammern und sie saugte mit aller Kraft.

„Peterl hol mal eine Windel, ich glaube unser Schatz hat eine gute Verdauung.“

Eva reichte mir feuchte Tücher, während ich unser Mäuschen vorsichtig säuberte. Es kam mir alles so winzig und zerbrechlich vor. Glücklicherweise hielt Lenchen während der Prozedur, die mir den Schweiß auf die Stirn trieb, still. Jetzt noch ein wenig Babycreme auf die wunden Stellen verteilt und unser Mädchen war mit neuer Windel wieder stadtfein.

„Stai facendo molto bene, du machst das wirklich gut“, lobte Francesca mich.

„Jetzt darfst du dich duschen und umziehen Peterl. Ich braue dir auch einen guten Kaffee. Mögt ihr auch einen?“

Eva und Francesca unterhielten sich beim Kaffeetrinken, wie schnell sich das Gewicht wieder normalisieren würde. Francesca meinte, das könne ein gutes halbes Jahr dauern. „Wenn du Lena stillst, verbraucht dein Körper mehr Kalorien und es geht zügig. Du musst nur richtig essen und nicht so viel naschen. Dann bist du bald wieder rank und schlank wie vorher. Bei mir hat es nach Laura über ein halbes Jahr gedauert, bis ich wieder meine alte Figur hatte. Durch die Geburt hast du ja schon bestimmt zehn Kilo wieder verloren, oder?“

Eva nickte „Ich fange auch bald mit einer Beckenbodengymnastik an. Gott sei Dank bin ich nicht mehr so schwerfällig wie die letzten Wochen.“

„Schau nur Peterl, was Francesca und Laura mitgebracht haben. Schau dir diesen süßen Strampelanzug an und das kleine Mützchen.“



Francesca und Laura verabschiedeten sich wieder und Eva telefonierte lange mit ihrer Schwester Josefa.
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Meine Mutter, mein Vater, sowie Maria und Hannes hatten ganz liebe Glückwunschkarten geschickt. Mein Vater und Laura wollten nächste Woche endgültig herüberkommen. Sie hatten ihre Ankunft um ein paar Wochen verschoben, weil das Haus erst jetzt fertig renoviert worden war. Mein Vater hatte aber geschrieben, wir bräuchten sie nicht abzuholen, da er sich einen Leihwagen am Flughafen reserviert habe. Wir schauen dann bei euch vorbei, schrieb er noch.

Meine Mutter kündete auch ihr Kommen für die nächste Woche an. Versucht nicht mich davon abzuhalten, mein Enkelkind zu sehen, stand als letzter Satz da. Ich musste lachen, ja energisch war meine Mutter schon immer.



Benedetta hatte noch angerufen und uns vorgewarnt.

„Am Sonntag ist großes Babytreffen. Kümmert euch um nichts, Bruno bringt vom Tre Archi alles nötige mit. Unsere Kleinen müssen sich doch mal beschnuppern und kennen lernen.

Tabea und Tommaso hatten vor ein paar Tagen ihren ersten Geburtstag gehabt, Guido, der Kleine von Paola und Bruno, war ein knappes viertel Jahr alt und unsere Lena war das Nesthäkchen.



Am Samstag hatte ich mich freiwillig für den Hausputz gemeldet, die Fenster im Erdgeschoss geputzt und die Bodenfliesen gewischt.

Gianfranco hatte mich die Woche noch von der Arbeit im Weinkeller freigestellt und selbst täglich die Daten geprüft. Die Gärung in den Fässern und Tanks war zur Ruhe gekommen. An den Weinstöcken zeigten sich die ersten Knospen. An den zuletzt geschnittenen Reben, traten winzige Tröpfchen aus, ein Zeichen, dass der Saft in die Pflanze stieg.

Jetzt brauchen wir nur noch reichlich Sonne, dann würden die Knospen bald aufbrechen und die Weinfelder ergrünen lassen.



Während Lena und Guido in ihren Körbchen schliefen, durften Tabea und Tommaso auf dem Fußboden herumkrabbeln. Sie hatten reichlich Spielzeug dabei. Alle waren abgefüttert worden und Tabea und Tommaso brauchten heute keinen Mittagsschlaf zu halten.

„Dann geben sie heute abend eher Ruhe“, hatte Benedetta gemeint. Paola war gelöst und glücklich wie ich sie noch nie gesehen hatte. Sie schaute immer wieder nach ihrem Kleinen.
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Bruno griff nach ihrer Hand.

Benedetta winkte Paola, die sofort aufstand und mit ihr in die Küche ging. Eva und Tante Maria folgten.

Bruno und ich alberten mit den Kleinen herum. Wir mussten Pferdchen spielen und Mario setzte Tabea und Tommaso auf unseren Rücken. Tabea zog mich an den Ohren und gluckste wieder vor Freude. Ich krabbelte vorsichtig ein paar Schritte, was sie zu begeisterten Kommentaren animierte. Leider konnte ich noch nichts verstehen. Mario hielt seine Zwei an den Schultern, während Bruno und ich brav auf dem Boden krabbelten.

Ich bekam einen Klaps auf den Hintern. „Hü Pferdchen lauf schneller.“ Eva, Paola, Benedetta und Tante Maria hielten sich die Bäuche vor Lachen.

„So ihr Pferdchen habt euch jetzt euer Futter verdient. Mario nimm die Zwillinge herunter und lass sie noch ein wenig spielen.“ Benedetta prustete immer noch. Tabea protestierte schimpfend und Tommaso fiel mit ein in den schwesterlichen Protest. Aber die Spielsachen ließen sie schnell wieder verstummen.



Mario und Bruno trugen die Platten aus der Küche herüber, während Tante Maria den Tisch deckte. Giancarlo hatte wieder eine große Auswahl an kleinen Köstlichkeiten zusammengestellt. Uns lief das Wasser im Munde zusammen.

Ich stieg in den Keller und suchte zwei Flaschen Wein heraus. Unser Chianti von 1985 war ein exzellenter Jahrgang mit reifer Frucht und ausgewogenen Tanninen. Ein idealer Tropfen für unsere Feier. Eva winkte ab,

„ich muss Lena noch stillen, hinterher vielleicht ein Gläschen.“

Lena und Guido hatten einen gesunden Schlaf, beide nuckelten am Däumchen und schliefen brav.



Lena besaß ein kräftiges Stimmchen und hielt uns manche Nacht auf Trab. Mittlerweile bekam ich Routine im Windelwechseln und übergab Eva eine sauber geputzte Maus zum Stillen.



Ich hatte den ganzen Vormittag mit unserem kleinen Traktor den Boden zwischen den Rebreihen aufgelockert. Es war eine Arbeit, die ziemlich viel Aufmerksamkeit erforderte, denn unser Traktor hatte eine ziemlich direkte Lenkung und ich wollte nicht unbedingt in Alfieros Fußstapfen treten. Mittags fuhr ich den Traktor in die Garage und ging ins Haus um mich frisch zu machen. Vor dem Haus parkte ein kompakter Daimler.



„Na Opa, wie fühlst du dich?“ Mein Vater hatte Lena auf dem Arm und unterhielt sich mit ihr.
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Die Unterhaltung war allerdings ziemlich einseitig.

„Das ist wirklich ein einmaliges Gefühl mein Sohn. Es ist ja schon lange her, dass ich dich spazieren getragen habe.“

Lauras Augen leuchteten von innen heraus. Eva hatte wohl doch recht gehabt.

„Und?“ ich schaute demonstrativ auf Lauras Bauch. Sie wurde rot im Gesicht, dann lächelte sie, fasste meinen Vater an der Hand und nickte. „Ich bin schwanger, im vierten Monat. Hat euch Leo noch nichts erzählt?“

„Ich habe eisern geschwiegen. Aber die Zwei sind wohl jetzt sensibilisiert für das Thema.“

„Och, ich hab es schon gewusst, oder geahnt, als du mich in Trenton zu deinem Gynäkologen mitgenommen hattest.“ Eva lächelte.

„Herzlichen Glückwunsch ihr Zwei. Das ist aber schön.“ Wir fielen uns in die Arme.



„Wir haben einen guten Flug gehabt. Wir fahren auch gleich wieder zu unserem Haus. Dann fallen wir ins Bett und schlafen einmal rund um die Uhr.“

„Wir wohnen am Stadtrand nicht weit von der Autobahn. Ein schönes Häuschen im Grünen am Ende einer ruhigen Sackgasse. Nur drei Kilometer zur Firma. Wir haben es auf zwei Jahre gemietet. Zur Einweihung seid ihr eingeladen. Dann lernst du auch deine künftigen Kollegen gleich kennen Eva.“



Kaum waren die Beiden wieder weg, Eva stillte gerade Lena, kam die Oma auf den Hof gefahren.

„Herzlichen Glückwunsch Oma Amelia.“ Ich umarmte meine Mutter, die bei der Anrede Oma doch etwas zusammengezuckt war.

„Keine Angst mein Sohn, ich bleibe nur eine Woche. Wer weiß, was Rodrigo sonst anstellt.“ Ich nahm ihre beiden Koffer und wir gingen ins Haus. Die Koffer stellte ich in der Diele ab. Die Katzen hatten sich wohl vor dem Trubel, dem ständigen hin und her heute, zurück gezogen.

Meine Mutter umarmte Eva und drückte sie fest an ihre Brust. „Wie schön mein Liebes, alles liebe von mir und von Rodrigo. So jetzt zeigt mir mal meine Enkelin.“ Tante Maria wurde auch geherzt und dann durfte meine Mutter Lena halten. Der schien der Trubel nichts auszumachen. Sie blinzelte kurz, dann fielen die Äuglein wieder zu.

„Oh was bist du nur für ein liebes Kind.
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Dein Papa hatte auch immer die Ruhe weg, als er so klein war, weißt du?“

„Warte nur, bis sie heute Nacht schreit, weil sie Hunger bekommt.“

„Pass auf, dass dein schöner Anzug nicht nass wird.“ Meine Mutter trug einen eleganten grauen Hosenanzug und hatte sich eine modische Kurzhaarfrisur zugelegt.

Sie zuckte nur die Schultern. „Egal, ich wollte mich sowieso in Florenz oder in Siena umsehen. Ich habe nichts gescheites mehr zum anziehen. Manchmal stehe ich richtig verloren vor meinem Kleiderschrank. Wisst ihr ich werde mir für hier zwei oder drei Jeans kaufen, das ist am bequemsten. Und ich kann es mir doch leisten, oder?“ Sie drehte sich im Kreis.

„Pass auf, dass Lena nicht seekrank wird Mutter.“

„Maria, kannst du mich morgen begleiten und beraten?“

Tante Maria schaute verblüfft „Aber gerne Amelie, wenn wir Zwei zurecht kommen. Ich spreche kein italienisch.“

Meine Mutter tat den Einwand mit einem Schulterzucken ab.

„Wenn sie uns etwas verkaufen wollen, werden sie schon deutsch oder englisch verstehen, meinst du nicht?“

Meine Mutter hielt sich nicht lange mit solchen Belanglosigkeiten, wie sie das nannte, auf.

„So jetzt muss Lena aber schlafen gehen, gestillt habe ich sie und die Windel ist auch noch trocken. Wir lassen die Tür zum Schlafzimmer auf, dann höre ich sie, wenn sie unruhig wird.“

„Komm Peterl, bring Mutters Koffer nach oben. Ich schaue ob das Zimmer fertig ist und nehme Lena mit. Tante Maria, willst du mitkommen?“





Nachts musste ich zweimal hoch. Lena hatte Hunger, vorher bekam sie aber noch eine frische Windel. Dann stillte Eva die Kleine. Sie legte Lena wieder in ihr Bettchen und wir kuschelten uns eng aneinander. Dottor Faletti hatte gemeint, wir könnten uns ohne weiteres lieben, Eva hatte ja keine Verletzungen durch die Geburt erlitten. Seien sie nur nicht allzu akrobatisch, hatte er lachend hinzugefügt.

Lena lag nur tagsüber im Kinderzimmer, nachts schlief sie im Körbchen neben unserem Bett.



Leone und Strega hatten sich kurz blicken lassen um ihr Futter einzufordern, dann waren sie freiwillig wieder nach draußen gewetzt.



Meine Mutter und Tante Maria waren nach dem Frühstück los gefahren.
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„Wir machen uns einen gemütlichen Tag zum bummeln und shoppen. Maria du bist natürlich eingeladen heute Mittag.“



Eva hatte Lena warm angezogen, ihr ein Mützchen auf den Kopf gesetzt und dann waren wir mit dem Kinderwagen losgefahren. Die Sonne lachte und das Thermometer zeigte schon 15°C an. „Du darfst fahren Peterl.“ Eva hängte sich bei mir ein und wir spazierten los. Ich war ganz schön stolz als Kinderwagenpilot.

Wir erregten Aufsehen und verursachten einen Auflauf vor Matteos Bar.

Alle wollten Lena sehen. Marta, Marisa und Gina konnten sich nicht mehr einkriegen, so begeistert waren sie. Lena ließ sich aber nicht stören und machte ein Schläfchen. Don Fulvio hatte uns von der Kirchentür aus entdeckt und kam mit raumgreifenden Schritten zu uns herüber.

„Wann wollt ihr das kleine Menschenkind denn taufen lassen. Habt ihr schon an einen Termin gedacht? Kommt doch die Tage mal herüber ins Pfarrhaus.“ Dann segnete er Lena und uns, verabschiedete sich, und war auch schon um die Ecke herum verschwunden.

„Unser Seelenfänger hat es wieder eilig. Oh entschuldigt, ich wollte keinem zu nahe treten.“ Matteo spöttelte.

„Wollt ihr ein Gläschen Prosecco trinken?“ Ich schaute Eva an, sie schüttelte den Kopf. „Ich muss doch Lena noch stillen.“ Jetzt kam auch der bullige Carlo, Marisas Bruder herüber. Er drückte seiner Marta einen Kuss auf die Wange.







Fritatta di verdure - Gemüsefrittata



200 g Möhren

400 g Zucchini

3 Schalotten

1 EL Olivenöl

1 Knoblauchzehe

1 EL Rosmarin

4 Eier

3 EL Sahne

2 EL geriebener Parmesan

Salz, Pfeffer, gehobelter Parmesan nach Belieben

Fett für die Form



Möhren, Zucchini und Schalotten schälen und raspeln und in dem Olivenöl 2 min andünsten. Knoblauchzehe schälen und dazu drücken und den Rosmarin unterrühren. Alles etwa 1 min schmoren



Backofen auf 200°C vorheizen. Die Eier mit der Sahne und dem Parmesan verrühren und mit Salz und Pfeffer würzen. Das Gemüse in eine gefettete, runde Auflaufform geben und mit der Ei-Sahne begießen.
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Etwa 20 min backen.

Zum servieren in Stücke schneiden und mit Parmesan bestreuen.
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Kommentare zur Story:

  Tante Maria ist ja ein echtes "Goldstück". Sie umsorgt die hochschwangere Eva und steht ihr auch nach der Geburt zur Seite. Ich bewundere auch Peter wie er sogar nachts aufstehen kann, um seiner Eva und dem Baby zur Seite zu stehen. Du beschreibst die Familie und auch die Umgebung so plastisch als befände man sich mittendrin. Hat sich wieder sehr schön gelesen.  
   doska  -  17.03.12 21:55

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  Sehr echt, als ob du es erlebt hättest. Schön, dass es so viele Kinder in der Familie gibt. Da wird es Lena später nicht an Spielkameraden mangeln. Und wieder ein leckeres Rezept, prima.  
   Jochen  -  16.03.12 22:47

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  Endlich ist es soweit, Eva un Peter sind zu dritt. Lena ist da ihr kleines Mädchen  
   Wolfgang scrittore  -  15.03.12 15:27

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Kommentar von "Sabine Müller" zu "verkaufte Seele"

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