EINE GENIALE KONSTRUKTION: Herzstück/Obergeschoß/Minitaturpalast...   48

Kurzgeschichten · Fantastisches

Von:    Andreas Tröbs      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 14. Februar 2012
Bei Webstories eingestellt: 14. Februar 2012
Anzahl gesehen: 2094
Seiten: 3

Herzstück

Der Große Thronsaal, der als Herzstück des Sultanats galt, war als kolossaler Rundbau angelegt. Bereits sein Äußeres lag unter einer feinen Schicht zarten Blattgoldes, das mit zahlreichen königsblauen orientalischen Ornamenten kunstvoll durchwoben war. Gefasst von zahllosen Smaragden, Saphiren und Rubinen, wetteiferten unzählige Fenster mit dem pompösen Eingangsportal und der Sonne um die Wette. An allen vier Himmelsrichtungen wachten Soldaten von Rambo El Khan auf schlanken Türmen um die Sicherheit des Sultans und seiner Tochter.

Das Innere des Thronsaales bestand aus einem einzigen Raum, der wie ein großer, flachgedrückter Medizinball wirkte. Was einem Betrachter und Uneingeweihten bei dem ellipsoiden Gebilde nicht sichtbar wurde, war das verborgene, dreistöckige Dienstbotennetz, das unter den Namen „Lakaiensaal“ die gesamte Konstruktion umzog.

Die Gänge im Lakaiensaal waren finstere, von Pechfackeln spärlich erleuchte Röhren, dessen Verläufe sich unsichtbar um den gesamten Thronsaal herum spannten und an zahlreichen Stellen miteinander verbunden waren.



Obergeschoss

Die Lakaien des gehobenen Dienstes, wie beispielsweise Palastärzte, Gelehrte und Philosophen, der Narr, die Amme Aischa, die Traum-deuterin Abida, Rambo El Khan und viele andere bedeutende Persönlich-keiten, bewohnten im oberen Geschoß komfortable Gemächer, die sich großzügig über dem gesamten Areal, praktisch über den Köpfen der Regierenden, erstreckten.



Miniaturpalast

Der Sultan selbst, seine Tochter und sein Harem residierten zwei Steinwürfe vom Thronsaal entfernt in einem verschwenderisch pompösen Miniaturpalast inmitten von mannigfaltigen Grüntönen, zahllosen Singvögeln und einem Meer blühender Blumen. Raffinierte Wasserspiele sorgten in einem lauschigen Park für ein angenehmes Klima und ein Wachschutz für die höchste Sicherheit der Herrscherfamilie. Den Miniaturpalast und den Thronsaal verband ein unterirdischer Tunnel, in dem der Sultan mittels einer Sänfte schnell zu dem gewünschten Ort getragen werden konnte.



Mittelgeschoss

Der mittlere Lakaiensaal war ebenerdig und genau so hoch wie der Thronsaal selbst und galt als direkte Verbindung zwischen Thronsaal, Küchentrakt und anderer Nebengelasse.
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Diese Räumlichkeiten waren so ausgeklügelt, dass das Gesinde für alle eingehenden Befehle schnell bereitstand. Es durften also nicht jene Verzögerungen auftreten, die einer langen Befehlskette zu Eigen sind. Der Lakaiensaal war der Knotenpunkt für alles! Ständig mussten Servicekräfte, wie Küchenpersonal, Tafel-dienstlern, Luftfächlern, Botengängern und Reinigungskräften bereit-stehen, da auf spontane Befehle, auch spontan reagiert werden musste. Bei kurzen Pausen ruhte man in ausgehöhlten Vertiefungen im felsigen Gangwerk oder schlief bei dienstfrei in winzigen Kammern, die mit klobigen Türen notdürftig verschlossen waren. Die Kammern bestachen in ihrer Einfachheit und genügsamen Einrichtung mit ein oder zwei Holzpritschen, einem Schemel nebst grobgezimmertem Tisch und einem irdenen Krug mit Wasser. Andere, mächtigere Vertiefungen und Aushöhlungen im Felsgestein dienten als Wirtschaftsräume der einzelnen Gewerke.

Aber auch die Unterkünfte der Schöngeister, sprich Sängern, Musikanten, Wortkünstler, Schriftgelehrte, Kunstmaler und Zauberer, kurz: die gesamte Kreativkaste lag im Bereich der mittleren Ebene, und befand sich, gleich einem Refugium, direkt hinter dem Thron des Sultans. Die Künstler bewohnten Kammern, die nicht so grobschlächtig, sondern etwas funktioneller und vorteilhafter eingerichtet waren. Dort warteten auch sie auf ihre Verwendung oder bereiteten sich mental oder geschäftig auf ihre Auftritte vor.



Untergeschoss

In der untersten Etage, den sogenannten Katakomben, wohnten und arbeiteten die Vertreter des unteren oder niederen Dienstes. Hier schuf-teten die Wäscherinnen, Fleischer, Bäcker, Kürschner, Spengler, Zimmerer, Maurer oder Sattler und Schneider sowie die Stallknechte, Mägde und viele andere ungenannte Dienerschaften. Auch das Vieh besaß dort unten seinen Platz! Ihm waren jedoch, wegen seiner üblen Ausdünstungen, die vorderen Bereiche des Baues zugewiesen. Die rest-lichen Gewerke mussten sich den verbleibenden Platz untereinander aufteilen. Mächtige Stützpfeiler trugen diesen architektonischen Kollos auf Säulen. So entstanden zahllose Winkel, Ecken und Kabuffe, finstere und stickige Hohlräume also, die mit hölzernen Verschlägen verschlossen waren.
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Diese Orte galten gleichwohl als Heimstatt und Arbeitsort der Handwerker und bildeten das Rückgrat im Lakaiensaal. Unter dem mäch-tigen Rundbau befand sich also ein wahres Labyrinth der Dienst-leistungen, in dem es wie in einem Ameisenstaat wimmelte. Nur die Aufseher und Sklaventreiber kannten das Untergeschoss bis in den kleinsten Winkel. Ihnen oblag die Aufgabe, sämtliche Arbeiten und Abläufe mit scharfen Argusaugen und eiserner Faust zu überwachen.

Unter dem Zentrum des Thronsaales befand sich der sogenannte Feuer-kopf! Ein gewaltiges gusseisernes Gebilde mit mächtigen Blasebälgen, die von verhärmten, hohläugigen Sklaven bedient wurden. Das mächtige Gebilde brannte immerzu auf Sparflamme und wurde von einer stinkenden, zähflüssigen schwarzen Substanz genährt, deren Quelle man unweit des Sultanpalastes zwischen Sand, Geröll und Steinen entdeckt hatte! Der Feuerkopf fauchte und schnaufte tagsüber (wie ein junger Drachen) vor sich hin! Kam jedoch mit den Abend- und Nachtstunden eine gewisse Kühle, genügte ein Befehl, dann verwandelte sich der kleine Drachen rasch in einen Großen und blies, über raffinierte Züge und feuerfesten Wege, den Thronsaal und oder den Miniaturpalast kuschelig warm.



Bewachung

Die einzelnen Etagen waren mit sogenannten schiefen Ebenen verbunden und sorgten für reibungslose Zubringer- und Transportdienste. Ein guter Läufer konnte den gesamten Thronsaal, dessen geschätzter Umfang 700 Mannesschritte betrug, in kürzester Zeit umrunden und ihn, durch eine der zahlreichen Geheimtüren, die jedoch alle sorgsam bewacht waren, schnell und unbemerkt erreichen. Da dies ohnehin allen Sklaven strengstens verboten war, wagte es auch niemand, denn man wusste genau, dass sich aller 50 Schritte die sogenannten Bereitschaftsschächte (von den Sklaven als Falllöcher bezeichnet) mit hölzernen Rutschstangen befanden, an denen die Wachen in Windeseile einfallen konnten, um Aufstände oder Verbotsübertretungen schnell, wirkungsvoll und vor allem abschreckend zu ahnden. Rambo El Khan, einem ebenso waffenstarrenden wie schleimigen Befehlshaber aus dem fernen Reich der Mongolenfürsten, unterlag der Oberbefehl über dieses besondere Kommando und wurde von ihm mit der Kraft eines Bären, der Heimtücke einer Hyäne und der Klugheit eines Fuchses durchgeführt! El Khan war ein Mann, der niemandem Freund war und nur dafür lebte, dem Sultan ein ehrfürchtiger Vasall und seinen Wachen ein wahrhaftiger Teufel zu sein.
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und der Klugheit eines Fuchses durchgeführt! El Khan war ein Mann, der niemandem Freund war und nur dafür lebte, dem Sultan ein ehrfürchtiger Vasall und seinen Wachen ein wahrhaftiger Teufel zu sein.
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Punktestand der Geschichte:   48
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Kommentare zur Story:

  Mann ist das ein toller Palast. da würde ich auch gern drin wohnen. Wirklich prächtig.  
   Else08  -  18.02.12 18:15

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  Ist ja wirklich prächtig ausgebaut und eingerichtet der Palast deines Sultans. Selbst nachts brauchen weder Vater noch Tochter zu frieren. Und wie geht es nun weiter mit dem Wettkampf?  
   Gerald W.  -  15.02.12 21:42

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  Sehr gute Beschreibung des Palastes deines Sultans. Den Palast hast du zum Leben erweckt. Etwas kritisiere ich nur. Das ist etwas zuviel. Raube dem Leser nicht komplett sein Trugbild. Ein Leser hat genügend potenzial an Fantasie, deshalb liest er gerne!
Denke immer an das Sprichwort: Weniger ist manchmal mehr. In dieser Beziehung sollte man sich allererst die Seele vom Leib schreiben und dann Tage später sich herzschmerz vom einen oder anderen Satz verabschieden. Auch wenn`s schwer fällt ;)

Eine kleine Frage, ist mir jetzt schon oft aufgefallen...
Zuerst dachte ich es liegt eventuell an der Formation der Silbentrennung, aber dies scheint mir ungewöhnlich viel zu häufig aufzutreten. Hat das einen Sinn?
LG  
   Francis Dille  -  14.02.12 21:14

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Interessante Kommentare

Kommentar von "Unbekannt" zu "Violett"

schöö :-)

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