Aktuelles und Alltägliches · Kurzgeschichten · Herbst/Halloween

Von:    Gerald W.      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 22. September 2011
Bei Webstories eingestellt: 22. September 2011
Anzahl gesehen: 2943
Seiten: 2

„Im Herbst ist alles anders!“, sage ich versonnen,

„Ja, natürlich Gerald. Da wird`s kühler.“ Gisela zieht fröstelnd die Schultern hoch. „Der schöne Sommer ist um- na und?“

„Na, riechst du nicht die besondere Luft?“ Ich hebe schmunzelnd den Kopf und schnuppere nach allen Seiten

Gisela tut es mir nach und niest. „Was soll ich denn riechen?“, murrt sie und holt sich ein Taschentuch.

„He, das Muffige!“, sage ich genießerisch.

„Du meinst den Benzingeruch?“, spöttelt sie und ihre Augen blitzen mich an.

„Komm, der ist im Park kaum vorhanden.“, wende ich ein. „Aber riechst du nicht das welke Laub? Wie die Erde ganz allmählich schlafen geht?“ Ich mache ganz kleine behagliche Augen und schlage vor: „Wir sollten mal kurz inne halten, tief durchatmen und uns nach allen Seiten umschauen.“

„Ja“ , murrt sie. „Mache ich doch gerade und sehe, da hinten hat jemand den Mülleimer umgestoßen und hier ...diese alte Parkbank haben Jugendliche mit blöden Buchstaben verziert und ...“

„Naja“ , falle ich ihr ins Wort. „Ich gebe zu, das alles sieht nicht gerade besonders hübsch aus. Hoffen wir, dass die jungen Leute wenigstens genügend Muße hatten, dabei die herrlichen Veränderungen der Natur wahrzunehmen!“

„Das hoffen nicht WIR sondern nur DU!“ , faucht sie. „Und weißt du warum? Weil du, im Gegensatz zu mir, ein verdammter Schönredner bist. Alles ist bei dir heute toll! Hast du was Besonderes genommen?“

„Nein, aber kann man sich nicht einfach so vor sich hin freuen? Lach doch mal! Stell dir vor, man braucht dafür gar nichts zu bezahlen!“

„Mir ist aber nicht zum Grinsen zu Mute. He, ich wette, dass du verrückter Kerl selbst diesem alten Fabrikgebäude dort drüben noch etwas Schönes abluchsen könntest.“

„Könnte ich das? Hm ? Wohl ja. Siehst du die prächtigen jungen Birken zum Beispiel? Ich bewundere diese Bäume wegen ihrer Stärke. Sie leben unter unmöglichsten Bedingungen und strecken dennoch ihre Zweige tapfer in den Himmel, um auch den kleinsten Sonnenstrahl aufzufangen.“

„Hähä, aber jetzt sind diese Birken kahl,“ triumphiert sie. „Und guck dir mal diesen grauen Himmel darüber an.
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Ist das nicht hässlich?“

„Stimmt“, räume ich ein, „ Jetzt haben sich ein paar Wolken vor die Sonne geschoben und es sieht diesig aus. Aber schau dir mal die bunten Blätter am Boden an.“ Ich bücke mich, hebe ein Blatt auf und halte es hoch in das fade Licht. „Dieses Honiggelb, wie das gegen das satte grau des Himmels leuchtet."

„Hm!“ Sie grinst. „ Sieht tatsächlich klasse aus.... auch der rote Ahorn, rechts gegenüber.“ Ihre Stimme wird dabei ganz warm. „Wie der Baum funkelt. He, so langsam bringst du mich auch in Herbststimmung.“

„Dann sammeln wir jetzt Blätter!“, schlage ich vor.

„Bist du völlig bescheuert...?“ Sie lacht und drischt mir auf den Arm, weil ich das wirklich tue. „Wie alt bist du ...?“

„Inzwischen achtunddreißig, wieso?“ Ich vergleiche dabei die Blätter miteinander, halte sie immer wieder in das Licht. Was für schöne Formen!", murmele ich.

„Nein, du bist fünf, na, vielleicht drei Jahre alt. Denn so etwas machen nur kleine Kinder!“

„So? Und warum schlurfst du dann durch das Laub, und zwar so wild, dass die Blätter immer wieder aufwirbeln?“

„Oha, erwischt!“ , sagt sie kleinlaut. „ Man bleibt wohl immer ein Kind. Eins zu null für dich! Mensch Gerald, da hinten liegen sogar Zweige an denen die Blätter noch dran sind. Die stelle ich in eine Vase...hehe, hier wächst ja ein Pilz?", ruft sie mir von weitem zu. "Ist der essbar?“

„Nein, aber lass den stehen.", antworte ich eben so laut. Dann komme ich hinterher und schaue ihn mir aus der Nähe an. Er sieht irgendwie drollig, fast kitschig aus. Beinahe unwirklich, diesen kleinen Waldbewohner mitten in der Stadt anzutreffen.

Später betrachtet Irmgard glücklich ihren bunten Herbststrauß und in dem Moment bricht ein Sonnenstrahl durch die Wolken. Gisela blinzelt hoch und lacht und dann hakt sie sich bei mir unter und wir hüpfen den ganzen Weg zu ihr nach Hause. Ob wir dort mehr tun werden als die Vase mit den Blättern vor den Kamin hinzustellen?
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Kommentare zur Story:

  Hallo Gerald,
an einem Morgen, an dem ich ängstlich oder besser besorgt in den Tag schaue, weil heute Rechte und Linke in Heiligenstadt aufeinander treffen werden und beide Seiten auch gewaltorientierte Spinner in ihren Reihen führen. Die Polizei hat die Schulen veranlst, dass die Kinder bis 13:00 Uhr aus der Inennstadt verschwunden sein sollen, weil ein stark erhöhtes Sicherheitsrisiko angenommen wird. Optimisten bzw. Befürworter, treffen auf Pessimisten und Gegner. So wie in deiner Geschichte, so wunderbar beschrieben, kann die Sichtweise die Dinge so oder so aussehen lassen. Mit einer sanften, doch konsequenten Beharrlichkeit gelingt es Gerald, dann doch seine Gisela aus ihrem Stimmungstief abzuholen und ins fröhliche und dankbare Licht zu führen. Mit großer Freude uns mit Hoffnung weckenden Genuss habe ich deine Kurzgeschichte gelesen und wenn ich jetzt um 2:30 Uhr ins Bett gehe, dann mit etwas mehr Zuversicht und dadurch auch entspannter, was den positiven Effekt der Schmerzreduzierung mit sich bringt. Ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit, wird mich zudecken und bevor ich nun die Augen schließe, möchte ich dir aufrichtig danken, dafür das du da bist und das Talent und die Fähigkeit hast, Freude und Hoffnung zu verstrahlen. Strahlen deren Kraft mir gut tun und mir ein weiches Kissen bilden werden. Dir und deinen Lieben wünsche ich ein schönes Wochenende und einen farbenfrohen und fröhlichen Herbst.
Zu diesem Thema schreibe ich nicht nur Gedichte und Geschichten, sondern als ein Art Eigentherapie gegen meine permanenten Ganzkörperschmerzen habe ich mich auch der Fotografie und Bildgestaltung zugewandt. Die Ergebnisse findest du, wenn du den folgenden Link in deinen Browser kopierst:
http://www.fotocommunity.de/fotograf/rolf-paul-fuetterer/573493
Du bist herzlich zu einem Besuch dieser Seite eingeladen.
Viele Grüße sendet dir Rolf  
   Siehdichfuer  -  25.09.15 02:38

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  Hallo, ihr vier. Hätte nicht gedacht, dass ich so viele Kommentare auf diese kleine Story erhalten werde. Heute ist bei uns besonders gutes Wetter. Ein richtiger goldener Herbsttag.

Liebe Ingrid, das freut mich. Ja, das wollte ich damit sagen.

He Dieter, ja ich glaube, wer die richtige Ahnung von Pilzen hat, dürfte reichlich Ernte machen- denn feucht genug war`s ja.
Stimmt, Tis- Anariel, noch schöner sind solche herbstlichen Betrachtungen natürlich zu zweit.

He, Michael, schön wenn man sich gegenseitig aufbauen kann.

Liebe Grüße und noch einen schönen Sonntag  
   Gerald W.  -  25.09.11 11:34

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  Ein wunderschönes Stimmungsbild hast du von diesem Herbst gezeichnet und gezeigt, dass das Gute letztendlich über das Pessimistische die Oberhand gewonnen hat.
So genießen letztendlich doch beide - sowohl diesen herrlichen goldenenen Herbst, als auch die traute Zweisamkeit.
LG. Michael  
   Michael Brushwood  -  24.09.11 13:01

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  Ja, es kommt ja wirklich auf den Blickwinkel an. Schön das dein Protagonist seine Partnerin damit hat anstecken können, gelingt ja leider nicht immer.
Ein schöner , gelungener Text, der so richtig Herbststimmung bringt..  
   Tis-Anariel  -  24.09.11 05:20

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  Bin gleich heute aufmerksamer spazieren gegangen und habe einen Champignon ähnlichen Pilz entdeckt. Schöne heitere Story.  
   Dieter Halle  -  23.09.11 21:40

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  mensch gerald, jetzt hast du mich richtig in herbststimmung gebracht. man muss es nur von der richtigen seite betrachten. ;-)  
   Ingrid Alias I  -  22.09.11 16:46

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Interessante Kommentare

Kommentar von "Sabine Müller" zu "verkaufte Seele"

Hallo, sehr berührend. Gefällt mir gut, auch wenn es sehr traurig ist. Gruß Sabine

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Kommentar von "rosmarin" zu "Sich fühl'n wie Seifenblasen"

Hahaha, darauf muss man erstmal kommen. Köstlich. Habt alle ein schönes Osterfest. Gruß von

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