Romane/Serien · Nachdenkliches

Von:    Tintentod      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 9. Januar 2011
Bei Webstories eingestellt: 9. Januar 2011
Anzahl gesehen: 2736
Seiten: 15

Diese Story ist Teil einer Reihe.

Verfügbarkeit:    Die Einzelteile der Reihe werden nach und nach bei Webstories veröffentlicht.

   Teil einer Reihe


Ein "Klappentext", ein Inhaltsverzeichnis mit Verknüpfungen zu allen Einzelteilen, sowie weitere interessante Informationen zur Reihe befinden sich in der "Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht":

  Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht      Was ist das?


2

Obwohl eine Menge Leute, Insulaner und auch Sophies Eltern, der Überzeugung gewesen waren, sie würden es keinen zweiten Winter auf der Insel aushalten, und erst recht nicht in diesem alten Strandhaus, blieben sie.

Rick besorgte nicht nur die inseltypischen und schon lächerlich anmutenden Strohballen, um das Haus zu isolieren, er nagelte Styroporbahnen an und verkleidete diese mit weiteren Holzbrettern. Obwohl sie sich keine großen Sprünge erlauben konnten, immer irgendwo Schulden hatten, kamen sie doch über die Runden, denn irgendwo gab es für Rick immer etwas zu reparieren und zu erledigen. Es gab nur wenige Arbeiten, die Rick nicht übernahm, und weil er sowieso ständig an der Tankstelle herumhing, war es nur logisch, dass er immer öfters dort arbeitete. Zunächst vertrat er Joseph, wenn dieser krank war, dann über die Feiertage, dann übernahm er die Tankstelle für ein paar Monate. Josephs Rheuma und ein paar andere Altersbeschwerden machten ihm zu schaffen und im Herbst, als er sich vor Schmerzen kaum noch rühren konnte, unterschrieb Rick den Pachtvertrag für die Tankstelle.

Obwohl er keinen blassen Schimmer hatte, was er sich damit aufhalste, war es die beste Lösung für ihn. Er konnte den Platz hinter der Tankstelle für diverse Autoreparaturen nutzen, außerdem konnte er Ben mitnehmen, wenn Sophie etwas zu erledigen hatte.

Auf Monhegan änderte sich nur sehr selten etwas, oder die Veränderung kam so langsam dahergeschlichen, dass sie niemandem auffielen. Die einzigen beständigen Veränderungen waren die Jahreszeiten und dieser Wechsel schien für lange Zeit das Einzige zu sein, woran Rick die Zeit messen konnte. Ben feierte seinen Dritten, dann seinen vierten Geburtstag, er wuchs so schnell, dass Sophie meinte, sie könne sich an seine Babyzeit kaum noch erinnern. Jede Phase hatte ihre eigenen wundervollen Momente und Katastrophen. Ben lernte ganz nebenbei schwimmen, ertrank nicht in der starken Strömung, fiel auch nicht von einer der Klippen, wenn Rick für einen Moment nicht achtgab. Er überstand die ersten Zähne, die sich durch sein Zahnfleisch bohrten, die üblichen Kinderkrankheiten und unzählige blaue Flecke und Schrammen. Meist genügten ein Pflaster und ein Kuss darauf, um ihn zu beruhigen, nur einmal schlug er sich bei einem Sturz so übel den Kopf an, als er im Winter hinfiel, dass die Wunde genäht werden musste.
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Er schrie die ganze Zeit, aber mehr aus Wut und Empörung als vor Angst. Da war er bereits vier Jahre alt.

Rick und Ben verband etwas Besonderes, was sich schon gezeigt hatte, als Ben noch ein Baby gewesen war. Die beiden waren wie ein eingespieltes Team, verstanden sich ohne viele Worte und es schien, dass Ben ein gewisses Gespür dafür entwickelt hatte, in welcher Stimmung sein Vater gerade war.

Sophie dachte, dass so etwas ganz normal sei in einer kleinen Familie, wo sie zumal auf einer isolierten Insel lebten und Ben mit sehr wenigen anderen Kindern aufwuchs.

Sie liebte und hasste das Strandhaus. Es war irgendwann so eingerichtet, wie sie es sich vorgestellt hatte, es war ein kleines Familienhaus geworden, aber sobald die kalte Jahreszeit einzog, die Wasserleitungen einfroren und mit Brennern aufgetaut werden mussten, die Türen sich nicht mehr schließen oder öffnen ließen, und es in allen Räumen außer der Küche furchtbar kalt wurde, sehnte sie sich nach Blue Hill zurück, oder auch nur in ihre kleine Wohnung in Brooklyn. Sie wagte es nicht, immer wieder ihre Durchhalteparolen zu wiederholen, weil sie nichts bewirkten. Im Winter hoffte sie mit jedem Tag, dass der Frühling bald kommen würde.

Es war gut, dass es Ben gab, den sie zu den Gardeners brachte, damit er mit ihren Zwillingen spielen konnte. Sie war unterwegs, sie war beschäftigt und war jeden Tag dankbar, dass Ben ein so einfaches Kind war.

Einmal im Jahr kam Curtis zu Besuch, blieb für ein oder zwei Tage und brachte immer einen Haufen Geschenke mit. Dom schrieb und rief an, er verbrachte viel Zeit in Kalifornien, er hatte dort ein neues Leben für sich entdeckt.

Und Rick gab sich noch immer Mühe, als würde er ihr etwas beweisen müssen. Manchmal dachte sie, sie müsse ihn daran erinnern, dass sie sich schon vor Jahren für ihn entschieden hatte, dass er die auferlegte Prüfung bestanden hatte, aber dann befürchtete sie, sein altes Ich könne bei dieser Erinnerung wieder durchbrechen. Er könnte wieder auf Monate verschwinden und hinterher behaupten, er sei nur irgendwo in Atlantic City gewesen.

Aber Sophies Befürchtungen verschwanden, wenn sie sah, wie Rick mit seinem Sohn umging, wie er sich voller Fürsorge, Liebe und Aufmerksamkeit um ihn kümmerte, als sei es für ihn das Selbstverständlichste auf der Welt.
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Und für ihn war es das vermutlich auch.





3

Ben war wie immer als Erster auf den Beinen, hatte mit Carlos das Haus verlassen und war mit ihm am Strand unterwegs. Für gewöhnlich suchte er die Wasserlinie nach interessantem Treibgut ab, warf Stöckchen für Carlos und trug seltsam geformtes Holz oder andere Dinge ins Haus zurück. Einmal hatte er ein Nummernschild gefunden und sich tagelang wilde Geschichten dazu ausgedacht. Ein Gangster auf der Flucht hatte seinen Wagen in den Hafen gefahren und alle dachten, er sei ertrunken, aber er hatte sich auf Monhegan an Land gerettet. Ein Superspion hatte seinen Unterwasser-Cadillac gegen einen Felsen gefahren und dabei das Nummernschild verloren. Viele seiner Schätze hatte er auf Drängen seiner Mutter in den Schuppen ausgelagert, wo er sie an die Holzwände genagelt hatte. Gemeinsam mit seinem Dad hatte er die Wände des Schuppens ausgebessert und verstärkt, weil das altersschwache Ding sonst schon vor Jahren in sich zusammengefallen wäre.

Als Ben das Ende des Strandabschnittes erreichte, drehte er um, pfiff nach Carlos und schlenderte zurück. Er war froh, dass er an den Wochenenden, wenn keine Schule war, tun und machen konnte, was er wollte. Bald waren Ferien und er würde viel Zeit mit den Gardener-Zwillingen verbringen, wenn die beiden auch die meiste Zeit gezwungen waren, langweilige Dinge mit ihren Eltern zu unternehmen. Kenny und Charlie lebten in einem großen schönen Haus in der Mitte von Monhegan, aber Ben beneidete sie darum nicht. Ihre Mutter war immer nervös und hektisch, und obwohl Ben kaum sieben Jahre alt war, ahnte er, dass das nicht richtig sein konnte. Sie war eine Mutter, die immer versuchte, nett zu sein, wenn er die Zwillinge besuchte, aber sie tat nur so. Sie fürchtete immer, Ben könne ihre Jungs zu etwas überreden, worin sie sich verletzen könnten oder Schlimmeres. Das konnte Ben so deutlich in ihrem Verhalten lesen, dass ihm jede Begegnung mit der Mutter unangenehm war. Allerdings sprach er darüber zu niemandem. Seine Eltern merkten zwar, dass er sich im Beisein von Helena Gardener anders benahm, aber sie nahmen wohl an, dass er nur schüchtern war.

Es war Samstagmorgen, das Wetter war vielversprechend, es sah nicht nach Regen aus, und er hatte geplant, den Tag im Hafen zu verbringen.
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Ben hatte eine Schwäche für die alten rostzerfressenen Hummerkutter.

Er rannte die letzten Meter zum Haus, Carlos neben ihm hüpfend und kläffend, stürmte durch die Vordertür herein und stoppte erst, als er in der Küche ankam.

„Ben“, sagte Rick, ohne ihn anzusehen. Seine Stimme bewies, dass er noch nicht ganz wach war und gerne noch eine Weile in diesem Zustand geblieben wäre.

„Hände waschen“, rief Sophie von nebenan, Ben verdrehte die Augen und lief trampelnd ins Badezimmer. Als er zurückkam, die nassen Hände an seinem T-Shirt rieb, sich neben seine kleine Schwester an den Tisch setzte, hatte Rick ihm seine Schüssel mit Weetabix an den Platz geschoben und Ben musste sich nur noch seine Milch darüber gießen. Yassi bekam ihren Kinderbrei hineingelöffelt, aber sie war quengelig und drehte ständig den Kopf zur Seite, wenn Sophie mit dem Löffel in ihre Richtung kam.

Rick ignorierte alles, was um ihn herum in der Küche geschah. Er hatte seine zweite Tasse Kaffee vor sich stehen, neben ihm lag ein zerfleddertes Notizbuch, in dem er Dinge notierte, an die er sonst nicht denken würde. Wem er Geld schuldete, wer ihm Geld schuldete, wann er was erledigen musste, wichtige Telefonnummern und Adressen. Ab und zu warf er einen Blick auf die Uhr, versuchte abzuschätzen, ob er noch Zeit fand, bei Alex vorbeizufahren, bevor er die Tankstelle aufmachte. Auf seiner schwarzen Kaffeetasse stand in roten Druckbuchstaben ICH BIN DER BOSS, die hatte Ben ihn zum Geburtstag in Port Clyde gekauft.

Sophie flüsterte mit Yassi, den Löffel mit Babybrei vor dem Gesicht des Babys, die sie mit großen Augen und fest geschlossenem Mund ansah.

„Keine Chance“, sagte sie schließlich, „ich weiß nicht, was dieses Kind die ganze Nacht isst, wenn sie morgens nie Hunger hat. Ben, wenn du fertig bist, machst du in deinem Zimmer klar Schiff, bevor du verschwindest. Kommst du nicht zu spät an die Tankstelle, Rick?“

Sophie hatte es sich angewöhnt, ihre ganze Familie in einem Atemzug anzusprechen und hatte ein besonderes Gehör dafür entwickelt, wenn sie zur gleichen Zeit antworteten. Diesmal murrte Ben unwillig, Rick gab einen ähnlichen Ton von sich und trank langsam seinen Kaffee.
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„Ich muss auf die Benzinlieferung warten“, sagte Rick, „und der Kerl ist nie pünktlich.“

„Du bist der Boss“, erwiderte Sophie und Rick sah sie mit einem Grinsen an.

Es war Wochenende. Ben würde den ganzen Tag auf der Insel unterwegs sein, Yassi im Garten spielen und Rick würde die Tankstelle nur am Vormittag öffnen. Sie hätten Zeit für sich, wenn nicht wieder irgendeine Katastrophe über sie hereinbrach.



Als Rick sich endlich erhob, immer ein wenig steifbeinig und die ersten paar Schritte humpelnd, ging er hinter ihrem Stuhl vorbei und berührte wie nebensächlich ihren Nacken mit seinen Fingerspitzen. Minuten später röhrte der Motor der Shadow und entfernte sich stotternd und hustend, als er zur Tankstelle fuhr.

Ben löffelte den Rest der aufgelösten Weetabix aus der Schüssel und startete einen Versuch, um das Aufräumen herumzukommen.

„Mom“, sagte er gedehnt, „kann ich nicht heute Abend aufräumen? Versprochen, ich räume alles heute Abend auf, auch die Sachen von Yassi.“

Seine kleine Schwester schlief bei ihm im Zimmer und sie verteilte ihre Spielsachen, die aus Stofftieren und Puppen bestanden, mit Begeisterung.

Sophie zeigte nur mit einem Finger in Richtung Kinderzimmer und Ben verzog sich schmollend. Sie sah ihm einen Moment hinterher, hob dann Yassi aus dem Kindersitz und trug sie hinüber ins Wohnzimmer.

„Wollen wir mal sehen, was wir hier Schönes haben“, murmelte sie und ließ eine der Stoffpuppen, die das meiste Haar aus Wolle bereits verloren hatte, vor Yassis Gesicht herumtanzen und mit piepsender Stimme erzählen, wie wichtig es war, morgens ordentlich den Brei zu essen, damit man groß und kräftig wurde und das Haar wieder nachwuchs.

Yassi war ihr kleiner Verkehrsunfall, aber sie hatte es mit keiner Sekunde bereut. Sie war genau zum rechten Moment schwanger geworden, als Ben groß genug war, nicht mehr ständig bemuttert zu werden und sie es so sehr vermisst hatte, sich um ein Baby zu kümmern. Jetzt war es endlich soweit, dass Bens unglaubliche Energie durch die Schule kanalisiert wurde, und sie hatte Yassi bei sich im Haus, wenn er in der Schule und Rick an der Tankstelle war.

Yassi war von Anfang an ein ganz anderes Baby gewesen als Ben, und die ganze Verwandtschaft hatte es bestätigt.
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Wo Ben ruhig und zufrieden gewesen war, zeigte Yassi sich als kleine Prinzessin, die nur zufrieden war, wenn alles nach ihrem Willen ging.

Ben räumte in Windeseile und sehr energiesparend sein Zimmer auf. Er öffnete eine der Truhen und stopfte alles, was herumlag, umsortiert hinein, obwohl diese Truhen nur für bestimmte Spielsachen gedacht waren. Um ein paar Pluspunkte zu sammeln, kroch er auch unter sein Bett und zog dort alte Socken, ein T-Shirt und Bauklötze hervor, die Yassi durch die Gegend geworfen hatte. Er stopfte alles in seine Truhe, dekorierte sie mit Yassis Bären und Puppen, stellte die verbliebenen Bilder- und Taschenbücher ins Regal über seinem Bett zurück und sah sich um. Für seine Begriffe sah es aufgeräumt aus und er hatte nicht einmal zwanzig Minuten dafür gebraucht.

„Ich bin fertig“, rief er ins Wohnzimmer hinüber, „kann ich gehen?“

„Was ist mit deinen Kaninchen?“

„Die hab ich schon gefüttert.“ Um seine beiden Kaninchenmädchen kümmerte er sich immer zuerst und er fühlte sich beleidigt, wenn seine Mutter ihn zu oft daran erinnerte. Er hatte sie noch nie vergessen.

Die Kaninchen lebten in einem Stall hinter dem Haus. Der Stall war ein Geschenk von Großvater Sidney gewesen, ebenso das vergitterte Außengehege. Ohne den Hühnerdraht hätten die beiden wohl keine Stunde außerhalb des Stalles überlebt. Manchmal erwischte Ben den alten Kater, der lauernd vor dem Stall hockte und die Kaninchen fixierte, aber sie waren beide nicht von der schlauen Sorte und begriffen nicht, in welcher Gefahr sie schwebten, sollte der Kater einen Weg in ihren Käfig finden. Carlos liebte sie auch ganz besonders, aber er wollte sie nicht fressen. Einmal, als Ben beim Spielen nicht aufgepasst hatte, war ihm eines der Kaninchen vom Arm gesprungen und Carlos hatte es sich geschnappt und ins Haus getragen. Er hatte es wohl als Spielzeug behalten wollen und hatte nicht verstanden, dass das panische Kaninchen vor ihm davongelaufen war.

„Okay“, rief Sophie, „wann bist du wieder zurück?“

„Zum Mittag“, rief Ben, bereits die Hand an der Türklinke.

„Woran erkennst du, dass es Mittag ist?“

„Na, an der Glocke.
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“ Bens Stimme wurde quengelig.

Da er die Insel nicht verlassen konnte (er hatte es einmal allein versucht und Willy Burton hatte ihn nicht mitgenommen), würde er das alberne Glockenspiel, das Linda Anderson jeden Tag um zwölf Uhr über ihrem Laden abspielte, nicht verpassen. Das Ding hatte eine Zeitschaltung und war zuverlässig wie eine Atomuhr.

„Viel Spaß“, rief Sophie und Ben war bereits verschwunden.

Sophie steckte Yassi in ihr Kinderbett, begutachtete das aufgeräumte Kinderzimmer und versuchte, den Rest des Hauses in einen annähernd ähnlichen Zustand zu bringen.



Rick hatte die Shadow neben der Tankstelle abgestellt, den Laden aufgeschlossen und wartete auf den Tankwagen. Die Tankaktion war immer sehr umständlich, weil ein großer Tankwagen nicht auf die Fähre passte und so der Wagen im Hafen auf das Tankschiff warten und zur Tankstelle fahren musste. Rick hätte es selber machen können, aber das war eine Arbeit, mit der Wooley sich etwas nebenbei verdiente. Und wie Rick vermutet hatte, war Wooley nicht pünktlich und er hatte genug Zeit, sich um den schrottreifen Wagen hinter der Tankstelle zu kümmern.

An der Tankstelle warf er immer zuerst die Pumpen für die Zapfsäulen an, dann die Kaffeemaschine. Joseph hatte seinen dünnen Kaffee immer mit Hand gebrüht und das Kaffeepulver so oft durchlaufen lassen, bis es wie Tümpelwasser aussah und schmeckte. Das war das erste, was Rick angeschafft hatte – eine Kaffeemaschine.



Er schraubte an dem Wagen herum, bis er Wooley von der Straße hupen hörte.

„Hast du eine Ahnung, wie viele Kunden ich wegschicken musste, weil du deinen dicken Hintern nicht schneller bewegen kannst?“, rief Rick, als Wooley aus dem Führerhaus des Tankwagens stieg. Er bewegte sich langsam und bedächtig, als habe er alle Zeit der Welt. Sein massiger Körper steckte wie immer in einer Latzhose, was den Vorteil hatte, dass ihm der Hintern nicht über den Hosenbund hängen konnte. Er grinste über das ganze Gesicht und antwortete mit dem ausgestreckten Mittelfinger in Ricks Richtung.

Sie quatschten die ganze Zeit, während die Pumpen liefen, tauschten ein paar Gerüchte und Neuigkeiten aus und Rick behauptete, er habe Alex mit einem riesigen Hummerfang im Hafen einlaufen sehen, als habe er bislang unbekannte Hummergründe aufgetan.
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„Das hätte ich mitgekriegt“, sagte Wooley, „so groß ist unser Hafen nicht.“

„Wenn du mir einen Gefallen tun willst, erzähl Alex davon.“

„Hä?“ machte Wooley. Er verstand nicht, worauf Rick hinauswollte.

Rick schraubte den Schlauch zum Benzintank ab und setzte den Verschluss wieder auf, zog die dicken Lederhandschuhe aus, die er bei solchen Arbeiten immer trug, seit er sich übel an einer rostigen Schraube die Hand aufgerissen hatte.

„Erzähl ihm einfach, was ich rumerzähle. Dass er viele Hummer fängt und sie gut verkauft. Sag ihm das.“

„Hä?“, machte Wooley erneut.

„Ganz einfach“, sagte Rick, „bezahlst du, wenn du bei mir tankst?“

„Ja, klar.“ Wooley machte ein Gesicht, als sei er noch immer nicht dahinter gestiegen.

„Alex bezahlt das Benzin. Ab und zu. Er verspricht jedes Mal, die Reparaturen zu bezahlen, aber er vergisst es immer wieder. Und ich bin nicht der Einzige, bei dem er Schulden hat. Wenn jetzt das Gerücht umgeht, dass er doch nicht so abgebrannt ist, wie er immer tut, wird ihm das Feuer unterm Hintern machen.“

„Ich glaube nicht, dass das funktionieren wird.“

Es wird besser funktionieren, als ihm Mahnungen zu schicken, die er ebenso ignoriert, dachte Rick. Er grinste über Wooleys Gesichtsausdruck.



Rick verbrachte die üblichen ruhigen Stunden an der Tankstelle, bis Ben auftauchte und fragte, ob er sich etwas von den Schokoriegeln nehmen dürfe.

„Nichts los am Hafen?“, fragte Rick. Ben zog eine Grimasse und murmelte eine undeutliche Antwort. Er hatte die Zwillinge getroffen und obwohl sie geplant hatten, ein paar ihrer Lieblingsplätze im Hafen unsicher zu machen, war ihre Mutter damit nicht einverstanden gewesen. Sie können zu Hause spielen und Ben gerne dazu einladen, aber es stünde völlig außer Frage im Hafen zu spielen, wo sie sich an rostigen Hummerkäfigen den Wundstarrkrampf holen würden.

Ben erzählte das seinem Vater nur sehr zögernd und nannte es „Wunderkrampf“.

„Du weißt, wie sie ist“, sagte Rick, „mach dir keine Gedanken deswegen.“

Ben nahm sich einen Hersheys und hockte sich auf die Shadow, seine Arme waren noch zu kurz, um an den Lenker zu reichen, er musste dazu auf den Tank vorrutschen.
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Er liebte das Motorrad. Manchmal nahm Rick ihn auf der Shadow mit, er klammerte sich dann so fest wie er nur konnte an seinem Vater fest und schrie in den Fahrtwind, er solle schneller fahren, immer schneller. Die Straßen auf Monhegan gaben das allerdings nur teilweise her und häufig wurden sie von Edward, dem Inselpolizisten gestoppt und Rick wurde zum wiederholten Male ermahnt, nicht so schnell zu fahren.

Davon wusste Sophie nichts, da es sich noch nicht zu ihr herumgesprochen hatte. Das lag allerdings nur daran, dass Edward ihn bislang nur an einsamen Straßen angehalten hatte; sobald einer der Insulaner es auch nur aus der Ferne sehen würde, würde Sophie es etwa sechs Minuten später erfahren. Rick nahm sich vor, etwas vorsichtiger zu sein, aber manchmal ging es noch immer mit ihm durch.

Rick goss sich einen Kaffee nach und behielt Ben im Auge, der auf der Shadow hockte und mit offenen Augen träumte. Es war ihm anzusehen; in seiner Vorstellung fuhr er gerade den Highway 66 herunter, hatte langes offenes Haar und trug eine dunkle Sonnebrille.

Es fuhren ab und zu Autos vorbei, die Insulaner hoben die grüßende Hand durchs Fenster und fuhren weiter, manche blieben auf ein kurzes Gespräch stehen, kauften eine Kleinigkeit und erkundigten sich, wie es liefe. Rick hatte sich dieses Plaudern mühsam beibringen müssen, denn es hatte in seiner Jugend und in seinen frühen Jahren keine solche Tradition gegeben. Reden? Nur das nötigste, um Informationen auszutauschen. Mascot hatte lieber nichts gesagt, als sich heiße Luft durch die Kehle strömen zu lassen. Hollis hatte immer dazu geneigt, bei Nervosität loszuquatschen, aber bei seiner Quatscherei hatten sie sofort abgeschaltet und waren nie darauf eingegangen.

Zusammen mit Sophie in der normalen Welt hatte er erst lernen müssen, dass damit kein Angriff gegen ihn gemeint war, wenn jemand zu ihm sagte: Ich habe gestern zwei Stunden Golf gespielt. Damit meinte sein Gegenüber nicht: Ich kann es mir leisten Golf zu spielen, du weißer Abschaum, und du? Es brauchte einige Zeit und Erfahrung, bis Rick begriff: Das ist nur die Aufforderung zu einem belanglosen Gespräch. Ich habe gestern Golf gespielt, und du? Wie war dein Wochenende? Erzähl mal.
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Nur manchmal musste er sich daran erinnern, dass auf dieser Insel niemand etwas von seiner Vergangenheit wusste, nicht einmal Edward, und dass er sich hüten sollte, Bemerkungen als versteckten Hinweis zu sehen, dass sie alle wussten, was er früher getan hatte. Es geschah nur noch selten, dass er in diese Falle tappte.

„Ben“, rief er aus der Tankstelle heraus, „sag mir bescheid, wenn Kundschaft kommt. Ich arbeite an dem Schrotthaufen deiner Mutter weiter.“

Ben tauchte aus seiner Highway 66 Welt auf und winkte zu ihm hinüber.



Sophie hätte zum Einkaufen ihren Nova nehmen können, aber den hatte Rick hinter die Tankstelle gefahren, um ihn zu reparieren. Inzwischen nannte er das geliebte Ding nur noch „den Schrotthaufen“, womit er nicht unrecht hatte, obwohl es unfair blieb. Der Nova hatte schon seit Jahren seine beste Zeit hinter sich und gab sich trotz allem noch immer Mühe. Sie waren dazu übergegangen, ihn im Winter einzumotten, um wenigstens im Frühjahr und Sommer fahren zu können. Ein zweites Auto konnten sie sich nicht leisten und so war Sophie darauf angewiesen, mit einer Freundin zu fahren oder Rick zu bitten, die Besorgungen mit der Honda zu erledigen. Manchmal allerdings nahm die den Buggy, setzte Yassi hinein und marschierte los ins Dorf.

Sie hatte das Haus in Ordnung bringen wollen, aber meist versuchte sie es und gab auf. Rick verbreitete noch immer überall Chaos, als versuche er, mit den Kindern gleichzuziehen und selbst, wenn sie Besuch erwarteten, räumte sie nur das wichtigste auf. Sophie achtete immer darauf, dass Küche und Bad in Ordnung waren. Die Kinderzimmer waren die Heimat der Unordnung, das Wohnzimmer war erträglich und im Schlafzimmer hatte niemand etwas zu suchen.

Weil sie noch bei Linda vorbeisehen wollte, und weil es so aussah, als würde der Tag warm und freundlich werden, zog sie sich eine saubere Khakihose über, suchte den zweiten ihrer Trekkingsandalen und stopfte ihr Portemonnaie in ihre große Einkaufstasche.

„Yassi“, rief sie, „begleitest du Mommy zum Einkaufen?“

Yassi wollte lieber mit ihren Stofftieren spielen. Sie hatte sie wie zu einer ernsthaften Diskussionsrunde um sich verteilt und begann zu jammern, als Sophie sie hochnahm. Sie begann zu schreien, als sie den Buggy sah. Sie wollte mitkommen, aber sie wollte laufen, obwohl sie nach kaum zweihundert Metern dazu auch keine Lust mehr haben würde.
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Der Buggy war praktisch, aber sie hasste es, in das Ding hineingewurstet zu werden.

Sophie überhörte ihr Geschrei, stopfte sie hinein und schob ihn vor das Haus.

Als sie damals eingezogen waren, hatte der Strand direkt an der Haustür begonnen, aber nachdem Rick einmal versucht hatte, Bens Buggy durch den Sand zu schieben, hatte er aussortierte Laufstege aus Hartholz besorgt und sie bis zur befestigten Straße ausgelegt. Sie wurden vom Sand zugeweht, aber der Wind fegte sie ebenso wieder frei.

Als Yassi sich beruhigt hatte, erst schmollend, dann fröhlich in ihrem Buggy hockte, hatte Sophie bereits den halben Weg ins Dorf hinter sich gebracht.

Sie begegneten einigen Wanderern, die von Yassi fröhlich mit winke winke begrüßt wurden. Yassi zeigte ihre gute Laune gerne her, wenn sie unterwegs waren.

Sophie kaufte ein paar Lebensmittel, hängte die Plastiktüten an die Griffe des Buggys und schob Yassi ein Stück Richtung Hafen, um zu sehen, ob sie Ben fand. Für gewöhnlich hockte er auf der Mole bei den Fischkuttern, oder wenn ihm das zu langweilig wurde, wanderte er allein oder in Begleitung der Zwillinge hinüber zum Museum. Sophie vermutete, dass sie in dem einsamen Gelände hinter dem Museum (und vermutlich an tausend anderen Stellen auf der Insel) Geheimverstecke hatten.

Ben war nirgends zu sehen, also holte Sophie die vorbestellten restlichen Lebensmittel bei Linda ab und schob Yassi wieder nach Hause. Inzwischen war Yassi in dem Buggy eingeschlafen, ihr blonder kleiner Kopf war zur Seite gerutscht und sie war im Buggy weit nach unten gerutscht, ihre halb geschlossenen Fäuste lagen rechts und links neben ihrem Kopf.

Immer auf Abwehr, hätte Rick gesagt, wie eine kleine Boxerin.

Es war kurz vor elf, als Sophie das Strandhaus erreichte, Yassi aus dem Buggy hob und sie ins Bett legte, wo sie noch etwa eine Stunde weiterschlafen würde.

Sophie packte die Einkäufe aus, schaltete den kleinen transportablen Fernseher ein und das einzige Programm, was sie ohne Rauschen und Schnee verfolgen konnte, war der Verkaufskanal. Mit einem Auge und einem Ohr verfolgte sie dieses enthusiastische Anpreisen von Plastikbehältern und Pfannen, in denen nichts anbrannte, schaltete nach einer Weile wieder ab.
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Sie setzte sich auf die Veranda, las in einem alten Taschenbuch und genoss die kühle Brise, die vom Meer kam. Obwohl Ben versprochen hatte, pünktlich nach Hause zu kommen, tauchte er nicht auf, aber als Rick von der Tankstelle kam, sah sie, dass er Ben mitbrachte. Rick hatte ihn vor sich sitzen und Ben winkte mit beiden Händen, als sie oben an der Straße anhielten. Rick ließ ihn herunterklettern und stellte die Shadow dort oben an der befestigten Straße ab.

Rick machte die Tankstelle an den Wochenenden früher zu, obwohl Joseph ihm immer gesagt hatte, dass das keine gute Idee sei. Er müsse als Dienstleister die Kunden ernst nehmen, worauf Rick allerdings erwidert hatte, dass die Kunden auf der Insel sich ruhig an Öffnungszeiten gewöhnen könnten. Außerdem hatte er das Benzinmonopol, was sollte ihm also passieren.

„Hey!“, rief Sophie von der Veranda, „haben meine Männer Hunger mitgebracht?“



Den Nachmittag verbrachten sie gemeinsam am Strand, Yassi trug einen großen Strohhut und grub sich langsam im Sand ein, Ben spielte mit Carlos, jagte mit ihm in der Brandung herum, und Sophie und Rick teilten sich ein großes blaues Strandlaken.

Sophie murmelte, sie fühle sich wie eine Frühlingsrolle in diesem alten Badeanzug. Sie lag auf dem Bauch, hatte das Gesicht auf ihre verschränkten Hände gelegt und hielt die Augen geschlossen. Manchmal verfiel sie in kleine Tagträume, in denen sie nicht auf Monhegan Island am Strand lag, der immer ein wenig fischig roch, sondern an einem großen Privatstrand, der nahtlos an ein elegantes Sommerhaus anschloss, zu ihrer rechten ein Wagen mit gekühlten Getränken, zu ihrer Linken ein britischer Diener, der auf ein Fingerschnipsen reagierte und ihr etwas zu Knabbern reichte. Am Strand waren mindestens zwei Nannys mit den Kindern beschäftigt und Rick… Sie blinzelte. Rick war der einzige, der nicht in ihren Tagtraum passte.

Ich könnte ihn als erotisches Geplänkel mit dem Gärtner einschieben, dachte sie, und versuchte sich Rick als Kerl fürs Grobe mit grünen Gummistiefeln vorzustellen.

Wieder blinzelte sie und kicherte.

„Was ist?“, fragte Rick. Er hatte sich eines ihrer Bücher von John Updike gegriffen und darin herumgeblättert, steckte es aufrecht in den Sand und sah Sophie neugierig an.
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„Über was kicherst du, Frühlingsrolle?“

Sophie blinzelte zu ihm hinüber, strich ihm eine verirrte Strähne aus der Stirn und hätte ihm fast die Wahrheit über ihren kleinen Tagtraum erzählt, aber ein Gefühl sagte ihr, dass er beleidigt und verletzt reagieren würde. Deshalb änderte sie es zu seinen Gunsten ab.

Sie flüsterte zu ihm hinüber, dass sie sich ab und zu vorstellte, vom Herrn der Insel gekidnappt zu werden.

„Was ist los?“, erwiderte Rick. Er stützte seinen Kopf in die Handfläche, bohrte den Ellenbogen in den Sand unter dem Strandlaken und sah sie fast misstrauisch an.

Gut, dass ich den Gärtner ausgelassen habe, dachte sie, fuhr fort, mit flüsternder Stimme: „Hast du niemals Tagträume, Herrgott noch mal? Das kannst du mir nicht erzählen. Ich schweife gern ab und zu in die Untiefen von Kitschromanen ab. In eine Welt, in der ich keine Schwangerschaftsstreifen habe, in der ich weite Röcke und enge Mieder trage und eine Hochsteckfrisur. Wo Frauen im Sturm erobert werden von geheimnisvollen Fremden. Früher habe ich diese Bücher gelesen, heimlich natürlich, und ich hätte es niemals zugegeben. Offiziell habe ich die Bücher von den Top Ten Verkaufslisten gelesen.“

„Das ist eine ziemlich schräge Seite von dir“, sagte Rick. Er wusste einen Moment nicht, ob er darüber lachen oder weinen sollte. „Und glaub nicht, dass ich dir jetzt meine sexuellen Tagträume erzählen werde.“

Ben kam aus dem Wasser gerannt, warf sich zwischen sie und kicherte darüber, als Sophie sich über die kalten Wasserspritzer beschwerte.

„Ich hab Hunger“, sagte er und Yassi rief aus ihrem Sandloch: „Auch!“

Während Sophie ein paar Sandwiches aus dem Haus holte, die sie vorbereitet hatte, dachte Rick über Tagträume nach. Er war sich sicher, dass er so was nicht hatte. Er träumte sich niemals in andere Welten.

Der Bewohner der anderen Welt kam zu ihm.



Rick fuhr am späten Nachmittag noch einmal zur Tankstelle, um am Nova zu arbeiten. Sophie war im letzten Herbst mit ihm gegen einen Baum gerutscht und hatte den rechten Kotflügel eingedellt.
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Nach dem langen Winter hatte sich der Rost weitergefressen und mittlerweile ließ sich das halbe Auto zwischen den Fingerspitzen zerbröseln. Rick versuchte sein Bestes, kittete die rostigen Teile zusammen und übersprühte alles mit Farbe. Es sah stabil aus, war es allerdings nicht. Der Nova würde vermutlich nach dem nächsten Winter in sich zusammenbrechen.

Ich könnte einfach einen klauen, dachte Rick und grinste in sich hinein.

Es kamen ein paar Insulaner vorbei, die froh waren, ihn an der Tankstelle zu erwischen und tankten, unterhielten sich mit ihm, fragten, ob er sich das Spiel am Abend ansehen würde. Rick machte sich nichts aus Sport im Fernsehen, aber manchmal ging er für ein Spiel in die lokale Bar, um es sich mit Freunden bei einem Bier anzusehen.



Rick fuhr den Nova zum Haus zurück, war nicht wirklich zufrieden mit seiner Arbeit, aber es würde fürs Erste genügen.

Sophie war mit Yassi im Garten, sie pflückten Gänseblümchen und machten Ketten daraus. Als er sich zu den Beiden setzte, sagte er: „Dein Nova steht wieder zur Verfügung, so gut wie neu.“

„Das ist übertrieben“, sagte sie, „aber solange er läuft, ist es in Ordnung.“ Sie hängte Yassi eine weitere Blumenkette um und sagte: „Meine kleine Blumenprinzessin.“

„Wo steckt Ben?“

„Er ist rüber zu den Zwillingen. Sie wollten irgendein neues Fantasyspiel ausprobieren.“

Es blieb unausgesprochen zwischen den beiden, dass Rick rüberfahren und ihn abholen würde, sollten die Kinder beim Spielen die Zeit vergessen. Die Gardeners würden anrufen und bescheid sagen, dass Ben nach Hause wolle und den Weg nicht laufen solle, sie würden ihn nur im Notfall ins eigene Auto setzen und die kurze Strecke fahren. Sophie wusste, weshalb, weil Helena Gardener es vermied, zu den Strandhäusern zu fahren. Sie hatte es einer der Verkäuferinnen im Supermarkt erzählt und Sophie hatte es von ihr erfahren. Die Gardeners hatten ein kleines Fotolabor in Port Clyde und es war Sophie absolut schleierhaft, weshalb sie auf der Insel lebten und selbst während des harten Winters blieben. Irgendwann hatte sie es verstanden. Die Insel bedeutete für die Gardeners, dass sie weniger Angst um ihre Jungs haben mussten. Sie konnten sie nicht vollständig von der bösen Welt abschirmen, aber sie taten ihr Bestes.
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Und die Gardeners hassten die Sommerhäuser am Strand, weil in ihnen die Touristen wohnten, die zwar Geld aber auch Unsicherheit und eine potenzielle Bedrohung auf die Insel brachten. Sie taten alles, um nicht in die Nähe der Häuser zu kommen.

„Kannst du dich daran erinnern, als du mir gesagt hast, dass du wieder schwanger bist?“, fragte Rick. Sie beide beobachteten, wie Yassi im Gras sitzend mit den Blumenketten spielte, so tief in ihrer Welt versunken, in der sie eine kleine Prinzessin war, dass sie das Gespräch ihrer Eltern nicht mitbekam.

Es war nicht das übliche Gespräch zwischen zwei Erwachsenen gewesen, erst recht kein normales Gespräch über eine weitere Schwangerschaft. Sie hatten sich gestritten, und nachdem ein wütendes Wort das andere gegeben hatte, hatte Sophie eine der Blechtassen nach ihm geworfen. Sie benutzte diese Tassen in der Küche, um das Hundefutter zu portionieren, war gerade damit beschäftigt gewesen, als der Streit begonnen hatte. Rick hatte sich gebückt, war der Tasse ausgewichen und hatte sie angeschrien: „So, wie du dich in letzter Zeit benimmst, könnte ich glatt annehmen, du wärst wieder schwanger, verdammte Scheiße.“

„Ich benehme mich nicht anders als sonst“, hatte sie zurückgeschrien, „und außerdem ist es erst drei Wochen her. Das hat noch gar nichts zu sagen.“

Aber es hatte doch etwas zu sagen. Ihre Periode hatte sich nicht nur kurz in den Kurzurlaub verabschiedet, sie war schwanger, und nachdem der zweite Schwangerschaftstest ebenfalls positiv war, fuhr sie nach Blue Hill, um einen Termin bei ihrer Ärztin zu machen und ihre Eltern zu besuchen.

Sie grinsten sich an und Sophie machte ein fast entsetztes Gesicht, als Rick sagte: „Du machst das aber nicht noch ein drittes Mal mit mir, oder?“

Wenn es nach Sophie gegangen wäre, hätte sie alle zwei Jahre wieder ein Kind bekommen, bis das Haus so voll war, dass sie die Kinder bis unter die Decke staplen müsste. Aber das sagte sie ihm nicht. Sie wusste nur zu gut, dass selbst zwei Kinder unter ihren Bedingungen schon zu viel waren
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  Ich habe mir jetzt auch diesen Teil durchgelesen. Alles sehr lebensecht. Und ich werde mich gleich auf den neuen Teil stürzen.  
   Petra  -  13.06.11 09:54

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  ...habe das auch mit Freude gelesen, die Spannung ist ein wenig verlorengegangen, aber die vielen kleinen Dinge , über die du da schreibst, sind unterhaltsam genug...kommt mir vor als ob du ein Epos schreiben willst, oder...beste Grüße...  
   Jürgen Hellweg  -  16.01.11 12:25

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  Sie sind nicht gerade die Reichsten, aber sie haben das Herz auf dem rechten Fleck und sie verstehen es, mit dem Wenigen, was sie bekommen können, sich das Leben so schön zu machen, wie es eben nur geht. Ein Kapitel, das mir Rick und seine kleine Familie noch ein ganzes Stückchen näher gebracht hat.  
   Jochen  -  10.01.11 21:43

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Kommentar von "Homo Faber" zu "Die Taube auf dem Dach"

Hallo, besonders die letzte strophe gefällt mir. Wäre das leben nur schön und man hätte alles, wäre man auch nicht glücklich. lg Holger

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