Aktuelles und Alltägliches · Kurzgeschichten · Sommer/Urlaub/Reise

Von:    Ingrid Alias I      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 11. Juli 2010
Bei Webstories eingestellt: 11. Juli 2010
Anzahl gesehen: 3365
Seiten: 2

Es gibt gute Orte, und es gibt böse Orte. Zum Beispiel halte ich das Siepental im Essener Süden - es reicht fast bis an die Ruhr - für einen bösen Ort. Dieses Tal ist eigentlich nur eine langgezogene Senke mit etwas erhöhten Seiten. Aber diese haben es in sich...

Wie eine Freundin mir berichtete, versuchte sie nach einem ausgelassenen Biergartenabend die Senke seitlich zu verlassen, statt gemütlich auf dem Talboden hinauszuspazieren. Sie krabbelte stundenlang die Talränder hoch, purzelte immer wieder herunter und musste von vorn anfangen. Bis sie schließlich von Panik ergriffen den normalen Weg wählte. Tja, ist schon unheimlich....

Doch auch ich erlebte dort merkwürdige Geisteszustände. Nach einer durchzechten Nacht suchten wir am nächsten späten Morgen ein Gartenlokal namens "Zum Grünen" im Siepental heim und blieben dort stundenlang saufend sitzen. Als wir uns endlich auf den Heimweg machten, war es seltsamerweise schon bedrohlich dunkel draußen. Und überall sah ich das Böse, hinter jedem Busch schaute es hervor, es lauerte im Gras und grinste von den Bäumen herab. Ich war so aufgebracht darüber, dass ich sogar Leute beschimpfte, böse zu sein (wurde mir später berichtet) und dass ich mehrere Scheibenwischer von mehreren Autos abbrach. Wahrscheinlich war das Böse auch in mich selber gelangt...

Wie auch immer, irgendetwas stimmt mit diesem Tal nicht. Meine Theorie ist: In Wirklichkeit fand HIER die 'Schlacht im Teutoburger Wald' statt, in der Varus' Legionen von einem gewissen Arminius, alias Hermann vernichtet wurden. Wahrscheinlich schlummert unterschwellig soviel Blut in diesem Tal, dass es manche Leute ganz meschugge macht.



Aber es gibt auch gute Orte. Zum Beispiel die XXXXXXterrassen im Grugapark. Warum die XXXXXXe? Weil ich absolut keine Lust habe, diesen herrlichen friedvollen Ort mit zehntausend anderen Leuten zu teilen. Denn dann wäre er nicht mehr so herrlich und friedvoll. Das ist egoistisch gedacht, gelle? Aber ich kann nicht anders.

Ich bin an diesem Ort zu Hause, es ist wie auf dem Lande, wo ich aufgewachsen bin, ich sitze mitten in duftendem Lavendel, ich schaue auf hohes Schilfgras und dahinter fängt der Wald an. Er ist echt, weil ich ihn sehe und ihn fühle. Obwohl er eine Illusion ist, in Wirklichkeit befinde ich mich mitten in der Stadt und hinter mir erhebt sich die gläserne Wand eines Messegebäudes inklusive Kantine.
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Auch der einsame Storch, der jeden Abend vor der Kantine hockt und wie ich in den Wald blickt, ist in dieser Illusion gefangen. Warum auch nicht?

Es ist so still und ich will nicht fort von hier, ich bin so eingehüllt in Frieden und in gute Gedanken, dass ich mich kaum trennen kann. Und ich schiebe die Heimfahrt immer weiter hinaus.

Manchmal sehe ich einen einsamen Jogger, der die Wege entlangschnauft, ohne auf die Natur zu achten. Er benutzt den Weg nur, weil es hier keine Autos gibt, er hat keinen Blick für die untergehende Sonne und für die bizarren Wolken. Er hat keinen Blick für die üppige Vegetation und die vielen Insekten und Vögel. Er läuft einfach nur daher, stumpf und blind für alles. Er spürt nichts.

Aber ich spüre sovieles hier. Und ich habe schon Angst vor dem Herbst und dem Winter, wenn es zu kalt sein wird, um hier zu sitzen, um in den Himmel über den Baumwipfeln zu schauen, um sich am Blau und am Duft des wuchernden Lavendels zu berauschen, um sich von den hohen, im Wind hin und herschwankenden Gräsern in Trance versetzen zu lassen.
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Punktestand der Geschichte:   98
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Kommentare zur Story:

  @ rosmarin
ich jedenfalls liebe erinnerungen, die mir solche illusionen ermöglichen. ich hoffe, am ende meiner tage reicht ein grashalm aus, um mir die gleichen gefühle zu verschaffen. ;) lieben gruß an dich. hier gab es eben einen fürchterlichen sturm und dann regen, alle fenster sind auf, um ein bisschen kühle luft einzufangen.

@ doska
das grausen, das ist leider wahr, ich glaub', da hat mir einer was ins bier getan.. ;) aber der andere ort ist wirklich schön, und falls du mal in essen sein solltest, lade ich dich ein. das bild habe ich dort gemacht, leider ohne schilfgras. danke schön und lieben gruß an dich.  
   Ingrid Alias I  -  12.07.10 12:56

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  hallo, ingrid, dann ist es ja wirklich so, dass wir unseren illusionen und erinnerungen leben, von denen wir geprägt sind. dein einsamer jogger hat nicht deine erinnerungen. deshalb ist der weg für ihn nur seine laufstrecke.
grüß dich  
   rosmarin  -  12.07.10 09:48

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  Mann, ist das himmlisch beschrieben - ich meine jetzt den zweiten Teil deiner Story - der erste ist so schaurig, dass einen das kalte Grausen packen kann - also, da möchte ich mich am Liebsten neben dich setzen und mir ebenfalls diese tolle Landschaft anschauen und die Seele Flügel bekommen lassen und darum passt das Bild mit dem Vogel ganz ausgezeichnet dazu. Huch, ist das ein Bandwurmsatz geworden, aber das musste jetzt sein, hehe!  
   doska  -  11.07.10 23:23

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Interessante Kommentare

Kommentar von "Unbekannt" zu "Violett"

schöö :-)

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