Aktuelles und Alltägliches · Kurzgeschichten

Von:    Sascha Gries      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 19. Juni 2010
Bei Webstories eingestellt: 19. Juni 2010
Anzahl gesehen: 2750
Seiten: 4

Der besorgte Nachbar







Hauptpersonen :



Herr Krüger

Herr Sebert



Nebenrolle :



Frau Sebert + Mine



Ort :



Ein Hausgang





Szene :



Herr Krüger erwartet Besuch von seiner Freundin und möchte sie mit einer Flasche Wein zum Mittagessen überraschen. Aus diesem Grund rennt er schnell zum Supermarkt um die Ecke, kauft einen guten Wein und geht zügig zurück, denn in einer Stunde ist er mit seiner Liebsten verabredet und es sind noch einige Vorbereitungen zu treffen. Im Hausgang angekommen, läuft ihm sein langjähriger Nachbar Herr Sebert entgegen, ein kräftiger älterer Mann, der gerade auf dem Weg zum Mülleimer war, um ein paar Kartonagen zu entsorgen.

Laut und überfreundlich, wie es seine Art ist, begrüßt er Herrn Krüger.





Herr Sebert :

Aah, guten Tag, Herr Krüger!!!



Herr Krüger :

Hallo, Herr Sebert, na, wie geht es ihnen ?



Herr Sebert :

Sehr gut, sehr gut, ich kann mich nicht beschweren, danke der Nachfrage. Meine Frau und ich haben sie ja schon ewig nicht mehr gesehen. Wir haben uns schon Gedanken um sie gemacht - ja ja, wir haben uns wirklich schon gefragt, ob mit ihnen alles in Ordnung ist. Geht es ihnen gut, Herr Krüger ?



Herr Krüger( freundlich und gerührt ) :

Oh ja, mir geht es sogar ausgezeichnet, ich genieße nämlich gerade meinen Urlaub, wissen sie. Ich gehe viel spazieren, lese, mache Sport und gehe oft mit meiner Freundin aus.



Herr Sebert :

Ach ja - Mine, so war doch der Name, richtig ? Geht es ihr auch gut- sie war ja schon eine Weile nicht mehr bei ihnen, nicht wahr ?



Herr Krüger ( hebt verdutzt den Kopf ) :

Da irren sie sich aber, Herr Sebert, Mine ist nämlich so gut wie jeden Tag bei mir, seit ich Urlaub habe.



Herr Sebert ( lächelnd, nach wie vor übetrieben freundlich ) :

Aber ich sehe sie doch nie, zumindest seit einigen Wochen nicht mehr.



Herr Krüger ( freundlich, aber bestimmt ) :

Naja, sie können ja auch nicht alles mitbekommen, was in diesem Haus geschieht - Herr Sebert, ich muss jetzt aber weiter, mein Badewasser wartet nämlich auf mich.
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Herr Sebert ( verwirrt ) :

Sie baden ? Am Vormitag ?



Herr Krüger ( hebt Augenbraue ) :

Ja.



Herr Sebert (nachdenklich, die Hand am Kinn reibend):

Hm, geht es ihnen auch wirklich gut , Herr Krüger ?



Herr Krüger ( stirnrunzelnd ) :

Ja, Herr Sebert, mir geht es gut. Wieso fragen sie so komisch ?



Herr Sebert :

Ich mache mir nur Sorgen um ihre Gesundheit - sie sehen auch irgendwie blass aus .



Herr Krüger :

Das glaube ich kaum- so Herr Sebert,ich muss jetzt...



Herr Sebert ( zeigt mit Finger auf Herrn Krüger´s Stirn ):

Und sie schwitzen ja - das ist doch nicht normal. Haben sie vielleicht Fieber ? Ist ihnen heiß ? Sie haben ja mehr Schweißperlen im Gesicht, als ich Haare auf dem Kopf ! ! !



Herr Krüger (sichtlich leicht erregt, dennoch bemüht ruhig und freundlich zu bleiben):

Das ist ja wohl auch nicht schwer, sie haben ja schließlich eine Glatze. Und ich schwitze nur, weil ich es vorhin im Supermarkt so eilig hatte.



Herr Sebert :

Ja, ja, mir ist nicht entgangen , dass sie neuerdings ein sehr hektischer Mensch sind. Sie sollten ruhiger werden, Herr Krüger. Ich meine es nur gut. Sie haben doch Urlaub - moment ! Haben sie wirklich Urlaub - oder sind sie beurlaubt worden? Gar krankgeschrieben?



Herr Krüger ( nachdrücklich, mit fester Stimme ):

Nein !



Herr Sebert ( unbeirrt ) :

Wissen sie, meine Frau sagt ja auch immer, sie sehen sehr krank aus - und abgenommen haben sie auch.



Herr Krüger :

Ich mache ja auch Sport -deshalb auch eine spezielle Ernährung. Ausserdem, Herr Sebert, sie sagten doch vorhin selbst, dass wir uns eine ganze Weile nicht gesehen haben. Wie kommen sie und ihre Frau dann zu solchen Schlüssen ?



Herr Sebert :

Aber verehrter Nachbar, wir haben doch Fenster.
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Herr Krüger (verärgert):

Wohinter sie wahrscheinlich die meiste Zeit ihres Lebens verbringen.



Herr Sebert :

Aber Herr Krüger, seien sie doch nicht so gereizt, ich meine es ja nur gut mit ihnen. Haben sie irgendwelche Probleme ?



Herr Krüger :

Nein, bei mir ist zur Zeit alles wunderbar, Herr Sebert !



Herr Krüger : ( sanft ) :

Wirklich ? Ich bin mir da nicht so sicher. Kommen sie, Herr Krüger, sie gehen jetzt mit zu mir, wo wir gemütlich eine Tasse Kaffee trinken werden. Dabei plaudern wir ein bisschen, denn reden hilft immer.



Herr Krüger ( kopfschüttelnd ) :

Also ehrlich, Herr Sebert, sie übertreiben jetzt . . .



Herr Sebert :

Ich kann ihnen auch ein kühles Bierchen anbieten.



Herr Krüger :

Nein, Herr Sebert, ich möchte jetzt kein Bierchen trinken - ich möchte auch nicht mit ihnen reden, ich will einfach nur in meine Badewanne. Ich habe nämlich eine Verabredung.



Herr Sebert :

Mit ihrem Arzt ?



Herr Krüger :

Mit Mine - meiner Freundin !



Herr Sebert :

Aha. Kommt sie hier her ?



Herr Krüger ( seufzend ) :

Es geht sie zwar nichts an, aber ja ! Ja, sie kommt her. Und jetzt . . .



Herr Sebert :

Ihre Stimme - sie klingt so verzerrt, sind sie erkältet ?



Herr Krüger ( sehr gereizt, Stimme leicht anhebend ) :

Nein, Herr Sebert, ich sagte ihnen doch bereits : MIR GEHT ES GUT ! Und ich habe auch sonst keine Probleme !



Herr Sebert ( sanft ) :

Nun machen sie mir doch nichts vor, Herr Krüger. Schließlich wohnen wir doch schon seit Jahren Tür an Tür, daher sehe ich ihnen inzwischen an, wenn etwas nicht stimmt.



Herr Krüger (atmet tief durch,um ruhig zu bleiben):

Jetzt hören sie mal zu, Herr Sebert,zum letzten mal: mir geht es so gut wie nie, und nur, weil sie, oder ihre neugierige Frau nicht immer alles mitbekommen, was ich in meiner Freizeit mache, heißt das nicht, dass ihre Hirngespinnste unbedingt wahr sein müssen.
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Ist das jetzt klar ?



Unbeirrt bemerkt Herr Sebert die Weinflasche in Herrn Krüger´s Hand :

Trinken sie ?



Herr Krüger entsetzt :

Bitte ?



Herr Sebert :

Oder Drogen ? Egal, was sie auch dazu veranlasst, das ist nicht der richtige Weg. Lassen sie sich doch helfen, ehe sie zu Grunde gehen.



Herr Krüger ( fassungslos den Kopf schüttelnd )

Ok, das reicht jetzt aber entgültig für heute; ich wünsche ihnen noch einen schönen Tag, Herr Sebert. Und grüßen sie ihre Frau.



Herr Sebert zuckt mit den Achseln :

Wie sie meinen, Herr Krüger, ich möchte mich ja ihnen nicht aufdrängen. Ich werde meiner Frau den Gruß ausrichten. Und falls sie doch mal reden möchten, dann klingeln sie ganz einfach bei uns.Wir sind jederzeit für sie da.



Herr Krüger ( entschieden streng ) :

Ich werde mich hüten, das zu tun. Ich will meine Ruhe - wegen ihnen ist es nun vorbei mit meiner guten Laune. Durch ihr Gequatsche bin ich nun total gereizt!



Herr Sebert stemmt entrüstet die Fäuste in seine Hüfte:

Ach - so ist das also, das haben wir ja gerne. Nicht mit sich selbst zurecht kommen und die Schuld dann noch auf andere schieben, das ist ja wohl die Höhe !



Herr Krüger winkt ab und verschwindet in seiner Wohnung.

Herr Sebert sieht ihm nach und schüttelt fassungslos den Kopf.

Und dabei war er so ein netter Mensch, der Herr Krüger. Es erwischt halt immer die Besten.





Herr Sebert geht achselzuckend in den Hof und entsorgt den Müll.











Der besorgte Nachbar

Idee + Text : Sascha Gries / Happy End
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Kommentare zur Story:

  Oh je, da wäre ich aber auch ärgerlich geworden. Aber so ist es manchmal wirklich und es werden einem Sachen angedichtet, die gehen auf keine Kuhhaut.
Hat mir gut gefallen.

Liebe Grüße  
   Tis-Anariel  -  19.06.10 16:53

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