Return to Home - Es beginnt (Part II)   296

Romane/Serien · Spannendes

Von:    Alexander      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 12. Juni 2010
Bei Webstories eingestellt: 12. Juni 2010
Anzahl gesehen: 2412
Seiten: 38

-Beginn-



Einmal mehr wunderte sich Commodore Nils Navarro, als er den Plot vom Taktik Display begutachtete, die verschiedenen ID Signaturen zusehen, von denen einige eigentlich als Feinde der Union galten. Zusammen mit Flotteneinheiten der Bruderschaft von Crja in einem Verband zudienen hatte immer noch was befremdliches. Er hätte es sich in seinen kühnsten Träumen nicht einmal annährend vorstellen können, geschweige den das Einheiten vom Königreich Aquian mit ihren Erzfeind, der Bruderschaft, Seite an Seite standen.

Vieles hatte er sich nicht vorstellen können, gestand sich Navarro ein. Dazu gehörte eine Allianz, deren Ziel es war die Galaxie vor den Gmah zuschützen. Die Gmah, eine Sternenrasse, die vor 7000 Jahren in diesen Teil des Universums einfielen und erst in letzter Sekunde aufgehalten werden konnten. Dazu beigetragen hatte ein Schiff der Vereinten Flotte, das in die Vergangenheit geschleudert wurde ohne Aussicht auf Rückkehr. Wie hätte er unter den Umständen reagiert?

Das ließ sich nicht mit Bestimmtheit sagen, worüber er nicht unglücklich war. Hatte Captain Luciò, Kommandant der VF Orion, überhaupt eine Wahl!? Navarro kannte den Mann. Er hatte als EO an Bord eines Schweren Kreuzers gedient, der zu einem Geschwader gehörte das dem Flottenverband zugeteilt war auf dessen Flaggschiff Navarro als EO diente. Das Kommando über den Schlachtkreuzer VF Babylon und den gesamten Verband hatte Admiral Vic’torja.

Bei einem Gespräch sagte Sie ihm mal, sie halte viel von Luciò. So was kam einem Ritterschlag gleich. Anscheinend hatte der damalige Commander das Glück gehabt sie als Gastdozentin für Aufklärung & Taktik an der Flottenschule zuhaben.

Später hörte er das Luciò zur Testabteilung der Vereinten Flotte ging, statt ein reguläres Raumkommando auszuüben. Wieso dem so war, konnte er bis heute nicht in Erfahrung bringen. Es gab nur wenige aktive Raumoffiziere, die ein Kommando abgaben (wenn Sie nicht mussten) oder ablehnten und stattdessen einen Abteilungsjob annahmen. Ein Raumkommando war das A und O für einen Flottenheini. Jeder musste sich im Laufe seiner Karriere entscheiden.

Was Luciò auch immer dazu bewogen hatte, war seine Sache und er hatte jedes Recht zur Testabteilung der VF zu wechseln.
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Dennoch fragte er sich insgeheim ob Admiral Vic’torja davon wusste. Sie gehörte zu jenen Leuten die immer auf dem Laufenden von Personen blieb, die sie positiv wie negativ in Erinnerung hatte. Ob Sie wusste was ich zur Zeit mache!?

Die Antwort darauf war schwierig. Denn die Allianz war so geheim das selbst die politischen Führer nicht Bescheid wussten. Der wissende Personenkreis war so klein gehalten wie irgendmöglich. Nirgendwo fanden sich Unterlagen über die Allianz oder die abgestellten Einheiten. Der Verband war ein Geist in den Mühlen der Bürokratie.

Was notwendig schien für das wozu man sie zusammenstellte; Unternehmen Ikarus.

„Sir. Eine Meldung vom Flaggschiff.“, teilte der diensthabende Crewmen an der Com-Station mit, als die entsprechende Tonmelodie verstummte. „Unternehmen Ikarus startet in T-Minus 75 Stunden.“

Es war soweit. Unternehmen Ikarus hatte Grünes Licht. „Com. An das Geschwader. Alarmbereitschaft Orange. An alle Station, Statusanfrage.“

„Aye, Commodore.“ Die Finger vom Crewmen huschten wieselflink übers Touchscreen seines Stationsterminals.



***

Die ersten Stunden schien die Zeit zu schleichen. Jetzt raste Sie förmlich zur Null hin. Erschien die Null auf der Zeitanzeige, würde Unternehmen Ikarus beginnen. Der Verband, der zu diesem Zweck zusammengestellt worden war, würde abrücken und in den Hyperraum springen. Das Zielsystem lag tief im Hinterland des Feindes. Was Sie erwartete wusste man nicht genau.

Der Verband verfügte über unzureichende Informationen. Die Feindstärke, Aufteilung und Kampfkraft blieb unklar. Was die Frauen und Männer wussten, war das Sie in ein System mit sensorischer Dunkelheit sprangen. Sie würden blind ins System kommen. Ein Punkt, der keinem der Schiffskommandeure schmeckte. Bei den Menschen gab es dafür ein Sprichwort: Sie wurden ins kalte Wasser geworfen. Ohne Schwimmflügel! Wohlbemerkt.

Dann lief die letzte Minute. Alle Vorbereitungen waren abgeschlossen. Die Schiffsstationen bemannt. Jeder kannte seine Aufgabe, seine Pflicht und was auf dem Spiel stand. Die Freiheit der Galaxie. Das verteidigten alle die dem Verband angehörten. Dazu war Unternehmen Ikarus aus der Taufe gehoben worden. Für nichts anderes.

Die synchronisierte Zeitanzeige sprang auf allen Schiffen zur gleichen Zeit von 1 auf 0.
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Augenblicklich erhielten alle Schiffe den Freigabecode zum Sprung in den Hyperraum. Der Verband, von dessen Existenz kein Regierungsoberhaupt wusste, löste den Sprungcountdown aus. Die Hyperraumgeneratoren öffneten ein Übergangsfenster, diejenigen am Steuer der Großkampfschiffe manövrierten die Raumschiffe hinein, flogen über den Ereignishorizont zwischen Hyperraum und Normalraum.

Keine 30 Sekunden später lösten sich die Hyperraumfenster auf. Zurück blieb ein leeres Sternensystem, dass zuvor eine der kampfstärksten Flottenverbände der Galaxie beherbergte. Ob Sie je zurückkehrten, stand in den Sternen.



***

„Das gefällt mir überhaupt nicht.“, murrte Senior Lieutenant Qantas ungehalten.

„Da sind wir schon zwei.“, warf der Mann hinter dem Schreibtisch ein und trank einen Schluck.

Qantas, Gvaner und EO der VF Julius, grunzte abfällig. Er stand vor dem Modell der Korvette, ihrem Schiff bei dem Unternehmen Ikarus. Auf allen Schiffen der Vereinten Flotte befand sich im Raum des Kommandanten ein Modell des Schiffs auf dem die Frauen und Männer Dienst taten. Es handelte sich um eine alte Tradition, als das erste Raumschiff der Flotte vom Stapel lief.

Der Angriffsplan hatte klaffende Lücken. Womit man möglicherweise noch klar gekommen wäre, aber nicht dass Sie praktisch blind in feindliches Sternensystem sprangen, ohne auch nur den Hauch einer Ahnung zuhaben, was Sie erwartete.

Andererseits, so Shako, genau zu diesem Zweck hatten Sie die undankbarste Aufgabe im Flottenverband bekommen. Spionieren.

Eigentlich führte die VTGF keine Korvetten mehr. Die VF Julius war die streng geheime Ausnahme, von der es in der Datenbank der Flotte keine Spur gab. Auch hatte das Raumschiff nur noch entfernt etwas mit einer Korvette, einem Angriffsboot, zutun. Es war komplett überholt worden. Vorher lag es auf dem Flottenfriedhof, zwischen all den ausrangierten Schiffen, die einst im Dienst der VTGF standen. Die Julius war ein Prototyp, dessen Feuertaufe Unternehmen Ikarus darstellte.

Man statte das Raumschiff mit der neusten, modernsten Technik aus die der Allianz zur Verfügung stand. Panzerung. Schilde. Waffen. Antrieb. Sensoren. Feuerleitsystem. Abwehr. Energiesystem.
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Damit mutierte die kampfschwache Korvette zu einem kampfstarken Monster, das es locker mit allen Großkampfschiffen aufnehmen konnte. Vor allem im Nahbereichskampf, konnte sich kein Schiff mit ihr Messen. Zumindest jene, die zum Verband gehörten.

Die Gefechtsübungen hatten gezeigt zu was die VF Julius im Stande war, wenn es hart auf hart kam. Shako fühlte sich nicht wohl ihren Verbündeten(!!!), allen voran den Crjanern, zuzeigen, was ihr Baby konnte. Mit ihnen Seite an Seite zu kämpfen war irgendwie… seltsam. Vor allem, wenn man vor Jahren noch gegen die Bruderschaft ins Feld gezogen war und Tausende ihr Leben verloren, auf beiden Seiten. Eine Antipathie wie die Aquianer verspürte er wiederum nicht.

-Der Feind meines Feindes, ist mein Freund-

Der Plan vom alliierten Kommandostab sah vor dass die Julius sich ins Zielsystem schlich, den Grenzstreifen passierte, der von der Primusgarde überwacht wurde, Sensorbojen und Störsender aussetzen um so viele Daten wie möglich zusammeln. Anschließend sollte man sich solange bedeckt halten bis der Angriff erfolgte.

Der 70 Stunden nach ihrem Sprung aus dem Hyperraum stattfand.

Mithilfe der Bojen erhoffte sich der Kommandostab einen besseren Überblick über das System und die befindlichen Feindeinheiten. Wurde die Julius entdeckt, sollten sie ein Signal senden, was den Angriff vorverlegte. Der Verband würde im Hyperraum warten bis die 70 Stunden abliefen oder das Signal kam. Je nachdem was zuerst eintraf. Zur Not würde man in den Hyperraum springen, um sich wenig später wieder ins Kampfgeschehen zu stürzen.

„Uns bleibt wohl keine Wahl.“

Sein EO wandte sich vom Modell ihres Schiffs ab. „Wir könnten das Weite suchen!

Uns in der Liga mit Piraterie die Zeit vertreiben und die mächtigsten Piraten aller Zeiten werden. Wer soll uns schon aufhalten!“

Der Gvaner hatte einen merkwürdigen Sarkasmus. Man konnte glatt glauben er meinte Ernst was er sagte. So verlockend die Aussicht auch war als Piraten in Saus und Braus zuleben, würde es nicht so weit kommen.

Sie hatten eine Pflicht zu erfüllen.



***

Ein Nadelöhr blähte sich auf, wie eine Knospe zur Blütezeit. Eine farbenfrohe Materie. Energieschleier. Regenbogenfarbener Dunst.
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Für viele war es ein wunderschöner und faszinierender Anblick. Aus dem Zentrum der Hyperraumknospe drang ein Gebilde von Lebewesen gebaut, um die Sterne zu bereisen, verließ den Ereignishorizont vom Hyperraum und flog hinaus in den Normalraum. Eingepackt in den Schleier- und Dunstrückständen, hatte es etwas Mythisches.

Hinter dem Raumschiff schloss sich das Hyperraumfenster, verschwand als wäre es niemals da gewesen. Zurück blieb einzig und allein die VF Julius. Die Korvette schien regungslos im Vakuum des Weltraums zu liegen.

„Kontakte?“ Commander Shako`s dunkelbraune Augen fixierten den Plot vom Taktik Display. Außer der Sonne, im Systemzentrum und dem Doppelasteroidengürtel, lag nichts im System das eine Bedrohung für das Kampfschiff der Alliierten Flotten darstellte.

„Nein, Sir. Kurz- und Langstrecke sind sauber.“

Durch die Bedeutung des Nachbarsystems lag die Vermutung nahe das in den Nachbarsystemen Wachverbände lagen, die im Falle eines Angriffs als Verstärkung fungierten. Dass dem nicht so war, machte Shako nichts aus. Sie würden noch genug Überraschungen erleben, sobald der Angriff stattfand. Um diese so gering wie möglich zuhalten, waren Sie hier.

Der Plot blieb auch Sekunden nach der Meldung unverändert. Keine vermehrten Echos oder plötzlich aufleuchtende Energiesignaturen, die von zuvor getarnten Schiffen herrührten. Das System schien nicht nur sauber, sondern war es auch. Erleichterung machte sich bei ihm breit. So weit so gut.

„Steuer. Bringen Sie uns rein.“

„Jawohl, Commander. Bringe uns rein.“ Wiederholte die Steuerfrau seinen Befehl, führte eine Wende durch.

Er nickte seinem EO zu. Qantas aktivierte das Schiffscom. „An alle. Wir gehen auf Schleichfahrt.“ Sofort wurden die entsprechenden Maßnahmen ergriffen, die Stunden zuvor vorbereitet worden waren und nun durchgeführt wurden, um maximale Emissionsstille zu erreichen.

Dafür wurde unter anderem der Hauptfusionsreaktor, der das Schiff mit Energie versorgte, runtergefahren. Bei der Grenzüberquerung wäre er soweit abgekühlt, dass die Abstrahlung gegen Null tendierte. Bis dahin übernahmen die zuvor geladenen Fusionsspeicher und Energiezellen die Energieversorgung des Schiffs. Die Hauptsysteme wurden runtergefahren, die Nebensysteme ganz abgeschaltet.
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Mit einer Eingabe ließen sich die wichtigsten Systeme innerhalb von nicht mal 2 Sekunden hochfahren, sollte es notwendig werden. Auf den bemannten Stationen der VF Julius arbeitete ausschließlich das Lebenserhaltungssystem. Andernorts gab es weder Lebenserhaltung noch Schwerkraft. Die betreffenden Decks waren abgeschottet worden.

Shako schaltete den Rufkanal vom Interkom frei, der ihn mit dem Hauptmaschinenraum verband. Auf dem Display erschien ein Comfenster, indem das Gesicht einer Menschenfrau erschien. „Wie sieht es aus, Michelle?“

Hinter der Chefingenieurin der VF Julius sah man ihre Mannschaft an den zugeteilten Terminalstationen sitzen (oder stehen). Sie waren eingespielt, kannten ihre Aufgabenbereiche und waren stets hoch konzentriert.

„Wir haben einen Emissionswert von Null Punkt Drei Fünf erreicht.“

Eine Braue hob sich überrascht. Anvisiert war ein Wert von Null Punkt Fünf (0.5), was schon bemerkenswert war. Bei allen Übungen hatten sie eine Emissionsstille von 0.5 gehabt und waren unauffindbar gewesen. Großkampfschiffe besaßen in Regel einen Emissionswert zwischen Null Punkt Acht Fünf bis Eins Punkt Drei. Standardwerte. Mit Null Punkt Drei Fünf war das Raumschiff nahezu unsichtbar.

„Ich konnte noch was rauskitzeln.“

„Freut mich zuhören, Lieutenant.

Shako Ende.“

Ihr Gesicht verschwand augenblicklich vom Display. Über eine Eingabe baute sich ein Seitenfenster im Plot auf. Zahlenreihen erschienen. Zufrieden über das, was er sah, schloss Shako es, lehnte sich im Sessel zurück.

Jetzt hieß es warten.

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-Eins-



60:29:22 zeigte der Chronometer den Countdown an.

Das Leben ging weiter. Die Tag- und Nachtschicht wechselte. Die Crews verrichteten ihre Arbeiten, gingen neue Datenströme durch, überwachten die Systeme, schulten sich in Simulationen. Letztlich wartete jeder darauf, dass das Signal -Bereit machen zum Gefecht- durchs Schiff halte.

Da erging es Navarro nicht anders. Mit jeder Sekunde, die verstrich, umso nervöser wurde er. Was auf seinen, ohne hin schon, sensiblen Magen schlug. Zur Beruhigung trank er in der Regel einen Highlander Whiskey oder Scotch.
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Auf jeder Fahrt hatte er einen kleinen Vorrat dabei auf den er zurückgreifen konnte.

Er musste seine Lust und den Durst zügeln.

Also lenkte er sich mit anderen Gedanken ab.

Die Allianz, so musste Navarro sich eingestehen, war ein Geniestreich. Das Bündnis versammelte Feinde, Freunde und Verbündete. Alle einte das gleiche Ziel. Der Sieg über die Gmah. Eine Rasse, die Älter als Alle war. Nomaden, die von Galaxie zu Galaxie zogen. Rastlos. Heimatlos. Verschlagen.

Sie suchten sich Verbündete, unterstützten sie. Mit dem Ziel den übrigen Völkern ein Ziel zugeben, auf das man sich einschießen konnte. Während die Gmah seelenruhig zusahen, wie sich die Völker gegenseitig massakrierten. Bis der Zeitpunkt gekommen war zurückzukehren und die Herrschaft über die Galaxie zu übernehmen. So wie sie es schon vor 7000 Jahren versuchten, aber am Sternenbund und der Orion gescheitert waren.

Für diese Schmach wollten sie sich rächen. Vordringlich an den Menschen, jenem Sternenvolk, dessen Ursprung in einer anderen Galaxie lag.

Wie hätte sich die Lage entwickelt, wären die Menschen nicht in dieser Galaxie gestrandet, sondern woanders!? Eine Frage, die sich wohl nie beantworten ließ. Was manche Leute nicht davon abhielt Theorien, Thesen oder ganze Abhandlungen zu dem Thema zu verfassen. Vieles davon war Schwachsinn.

Die Menschen, ihre Vorfahren, hatten ihre Heimat verloren. Wohin sollten sie also gehen bzw. fliegen!? Überall und Nirgendwo. Bis sie einen Planeten fanden, auf dem sie von vorne anfangen konnten, mit dem Ziel eines Tages nach Hause zurückzukehren. In jener Zeit machten sie die Bekanntschaft mit einer weiteren Sternenrasse, die wie sie ihre Heimat zurückließ, in der Hoffnung neu anzufangen. Die Gvaner.

Aus den Völkern wurde eine Gemeinschaft. Eine Familie.

Was wenn ihnen der Sieg über die Gmah gelang? Wenn Unternehmen Ikarus ein Erfolg wurde? Davon abgesehen, dass es so kommen musste, andernfalls konnte man die Gmah nicht aufhalten. Brach die Allianz auseinander! Kämpfte dann wieder jeder für sich und seine Interessen! Diesen Dingen wegen hegte Navarro bedenken an dem großzügigen Austausch der Alliierten von Technologie und Informationen. Man konnte es später gegen die Bündnispartner verwenden.
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Sicherlich öffnete man den Bündnispartnern nicht die Schatzkammer. So töricht, blauäugig und dumm war keine Sternennation. Ein Großteil der Technologie über die man verfügte blieb verborgen. Ein Bündnis wie das ihre hatte ihren Preis. Genau wie die Unterstützung der Gmah gegenüber ihren angeblichen Verbündeten.

Die Com Melodie ließ ihn seine Grübelei beiseiteschieben. Vorerst.

Er berührte die Schaltfläche. „Ja.“

„Captain. Entschuldigen Sie die Störung, Sir. Wir haben gerade eine Nachricht von Admiral Benjo erhalten.“ Dabei handelte es sich um den Flottenbefehlshaber vom Unternehmen Ikarus. Jedes Schiff des Verbandes stand unter seinen Befehl. Egal welcher Sternennation oder Flotte es angehörte.

„Ja, Crewmen.“

Der junge Mann der Stationswache fuhr sofort fort. „Admiral Benjo hat eine Lagebesprechung für Morgen Neun Uhr Standardzeit angesetzt.“

Irgendwie mussten sie die noch ausbleibenden Stunden totschlagen. Er schaute auf die altmodische Standuhr in seinem Brückenbüro. „Verstanden, Crewmen. Senden sie eine Bestätigung zum Erhalt der Nachricht an das Flaggschiff. Unterrichten sie den EO.“ Möglicherweise war er noch wach. „Ich setze für Zwölf Uhr eine Stabsbesprechung an.“

„Jawohl, Sir. Ich informiere den EO und schicke eine Rundmail bezüglich der Stabsbesprechung aus.“

„Tun sie das, Crewmen. Das wäre soweit alles. Navarro Ende.“ Er schloss den Comkanal, lehnte sich in seinen Sitz zurück. Wieder kehrte die Sehnsucht nach einem Glas Highlander Whiskey oder Scotch zurück. Mist!



***

„Überqueren Systemgrenze.“ Die Anspannung war unter der Professionalität der Steuerfrau zuhören.

Kein Wunder bei dem, was ihnen bevorstand, sagte sich Shako. Seine Augen blieben auf dem Sensorplot gerichtet. Eine Grenzüberquerung war relativ unspektakulär. Es geschah nichts. Man überflog die Systemgrenze und damit hatte es sich. Der einzige Unterschied zu sonstigen Grenzüberquerungen war der, dass die Sensoren kein Abbild des Systems zeigten, das in ihrem Erfassungsbereich lag. Abgesehen vom Grenzstreifen, dem äußeren Bereich des Sternensystems. Dahinter hingegen lag sensorische Dunkelheit.
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Ein großes schwarzes Loch.

Auf dem Sensorplot war ein patrouilliertes Trio der Primusgarde zusehen, das unter Impuls von ihnen wegflog. Den Daten nach Schwere Kreuzer. Des weiteren sah man ein installiertes Netz aus Sensorplattformen, Bojen und signalschwachen Echos. Den Signaturen nach handelte es sich um Schiffe unter Emissionsstille.

Das Netz war eng gefächert, durchaus fortschrittlich für das Sternenreich und darauf ausgelegt jeden Eindringling aufzuspüren. Damit hatte man gerechnet. Es würde mit dem Teufel zugehen wenn die Ocleaner sie beim hindurchschlüpfen aufspürten. Unter den gegebenen Umständen konnte selbst das Systemabwehrnetz von Terra-Gvan Stern sie nicht aufspüren. Oder SubSeven Stern.

Trotzdem hieß das nicht das es nicht passieren konnte. Die Gmah hatten die Ocleaner mit modernsten Technologiegerät ausgestattet. Wodurch sie in der Lage waren eine Flotte aufzubauen die schlagkräftig genug war um einen Krieg gegen die Union zuführen. Ein Krieg, so Shako, der nach Unternehmen Ikarus nicht mehr aufzuhalten war. Ganz egal wie geheim die Allianz auch war, sobald die Flotte ins System sprang, befand man sich mit dem Sternenreich in einem offenen Krieg. Einer der bis dahin im Verborgenen stattfand.

Wenn das Zeitfenster geschlossen war, würden die Vertreter der Allianz ihre jeweiligen Regierungen über das Bündnis, seinen Zweck und Unternehmen Ikarus informieren. Wie wohl die Präsidentin darauf reagierte! Der Gedanke verlor sich im Getriebe seiner Aufgabe.

„Also gut.“, flüsterte Shako mehr zu sich selbst. „Steuer.“

„Ja, Sir.“

„Bringen Sie uns rein.“

„Aye, bringe uns rein.“, wiederholte die Steuerfrau seinen Befehl.



***

Ein Partikelmeer aus Licht, geformt zu einem Zylinder, schwebte als holografische Darstellung über dem Konferenztisch. Jedes Fenster auf der Zylinderoberfläche zeigte einen Schiffskommandanten der alliierten Flotte. Alleine durch die Größe der Flotte waren Besprechungen an Bord des Flaggschiffs unmöglich, da kein Großkampfschiff über einen solch großen Besprechungsraum verfügte. Selbst wenn man nur die Geschwaderführer einlud, war der größte Raum noch zu klein. Davon abgesehen, dass die Flotte im Hyperraum flog, was ein übersetzen zum Flaggschiff zwar nicht unmöglich machte, aber unter den gegebenen operativen Umständen nicht in Betracht kam.
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Also wurde eine Konferenzschaltung initialisiert an der dann auch alle Schiffkommandanten teilnehmen konnten. Das hatte Flottenadmiral Benjo gleich am ersten Tag seines Amtsantritts eingeführt. Der Beniener wollte, dass jeder seiner Kommandanten zu Wort kam.

Auf Navarro wirkte der Mann eher wie ein Politiker, als ein ranghoher Flottenoffizier. Als Flottenadmiral musste man auch Politiker sein, schließlich musste man sich mit allerlei Schwierigkeiten auseinandersetzen. Da erging es Admiral Benjo nicht anders.

Niemand hatte mehr was zu sagen. So wurde die Flottenbesprechung für beendet erklärt. Der holografische Zylinder sprang in Millionen Lichtteilchen und verglühten. Drei Stunden hatte die Konferenz gedauert. Allerlei Themen waren angesprochen worden. Angriffspläne aktualisiert. Technische Probleme und Lösungen besprochen. Aufgaben aufgeteilt. Formationen erstellt. Informationen ausgetauscht. Statusbericht wiedergegeben.

Ein Update von alldem, was bereits vor dem Auslaufen besprochen wurde. Trotz der holografischen Konferenzschaltung konnte man die Nervosität, Furcht und Angst in der Luft spüren. Auch Navarro fühlte sich leicht beklommen. Niemand konnte so recht sagen, was sie erwartete. Sie würden in die Dunkelheit eines Sonnensystems springen, dass die Gmah auserwählten, um in aller Ruhe ihrem Treiben nachzugehen, ohne das jemand etwas davon mitbekam. Insgeheim rechnete jeder damit in ein Hornissennest zu springen. Ob dann ein koordinierter Angriff funktionierte! Navarro bezweifelte es.

Die Daten, über die die alliierte Flotte verfügte, verhießen jedenfalls nichts Gutes. Sobald man ins System gesprungen war, hieß es aus allen Rohren feuern, so viele Feinde wie möglich vernichten und heil wieder rauskommen. Das, was in dem System stattfinden würde, wäre erst der Anfang.

Ein frösteln überkam ihn.

Er schaute zu seinem EO. Das grimmige Gesicht des Gvaner`s verhieß nichts Gutes.

Bei solchen Operationen war die Aufklärung das Zünglein an der Waage.



***

Meine Güte!!, formte sich der Gedanke beim Anblick des Taktikplots.
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Die Echos sprenkelten den Plot wie Fieberpusteln. Kaum merkbar verschwand eins, dafür tauchten woanders weitere auf, verschwanden wieder und kehrten andernorts zurück. Je tiefer sie ins System vordrangen, desto deutlicher wurden die Echos, blinkten und transformierten sich zu einem Kontakticon.

Inzwischen hatte man 97 bestätigte Kontakte. Nichts kleiner als ein Zerstörer. Der Computer spuckte mehr und mehr Großkampfschiffe in der Größe und Gewichtsklasse von Schlachtkreuzern, Schlachtschiffen, Megaträgern und Kampfkreuzern aus. Eine Armada.

„Weiterer Kontakt.“, meldete jemand aus der Sensormannschaft, die alle Hände voll zu tun hatten.

Auf dem Taktikplot erschien ein neues Kontakticon auf, umrahmt von einem Erfassungsquadrat. Ein Fenster öffnete sich. Signaturinformationen erschienen. Ein weiterer Schlachtkreuzer.

Shako schloss für einen Moment die Augen, atmete tief ein und hielt die Luft an. Eins… Zwei… Drei… Nicht nur seine Nerven waren bis auf äußerste gespannt.

„Kontakt.“

„Hyperraumabdruck!“

Er riss die Augen auf. War der Angriff vorverlegt worden! Vor seinem Augen spielte sich das kommende Desaster ab. So viele unbestätigte Kontakte schwirrten im System umher. Echos, die alles und nichts sein konnten. 104 registrierte Kontakte, gestaffelte Formation, hinter einem Schirm von Störbojen, Sensorschatten- und Blenderplattformen verborgen, der nur mühsam durchbrochen werden konnte.

Die Mühe lohnte sich, den so hatten sie wenigstens einen ersten Überblick über das, was ihnen gegenüberstand.

Niemand hortete eine solche Flotte zu Friedenszwecken in einem abgelegenen Sternensystem. Die Formation ließ darauf schließen, dass sie etwas bewachten und oder beschützten. Etwas mit einer Energieabstrahlung das selbst auf die momentane Entfernung von den Sensoren aufgefangen wurde.

Hinter genau diesem Verteidigungsschirm öffnete sich ein Hyperraumfenster. Was hinaus kam, konnte nicht festgestellt werden. Lediglich ein Echo, dessen Signaturwerte zu verzerrt waren, um es zu identifizieren. Das Hyperraumfenster schloss sich wieder.

Um herauszufinden, worum es sich bei dem Echo handelte, mussten sie tiefer ins Systeminnere vordringen. Was das Risiko einer Entdeckung erhöhte.
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Ein Risiko, das sie eingehen mussten. Die Staffelung der feindlichen Armada ließ auf einen weiteren Verteidigungsring um die mysteriöse Energiesignatur schließen. Genau dahinter war das neue Echo gesprungen.

„Steuer.“

„Ja, Sir.“

„Ich will mir das Ganze aus der Nähe ansehen.“ Jemand auf der Brücke zog scharf die Luft an. „Bringen Sie uns an den Gasriesen heran.“

„Aye, Captain. Berechne Kurs zum Gasriesen.“ Die Steuerfrau tippte flink die Anfrage in die Konsole ein, eliminierte Vektoren und ließ eine Kursberechnung vornehmen. „Kurs liegt an.“

Qantas überprüfte den Kurs über seine Konsole. „Er ist sauber, Captain.“

Shako nickte nur, tippte die Energiesignatur auf dem Plot an und ein Infofenster öffnete sich am Rand. Ein Wirrwarr aus Datenblöcken erschien. Nichts davon ergab wirklich einen Sinn.

„Setzen sie Kurs, Steuer.“, sagte der EO.

„Kurs gesetzt, Sir.“

„Ausführen.“

„Aye. Ausführen.“

Was bist du!?



***

29:46:01 stand auf der Chronoanzeige, als Shako hinschaute. Sie hatten 147 bestätigte Kontakte. Davon waren 17 unidentifiziert, weil es in der Datenbank keinerlei Vergleichsabbilder gab. Die Abbilder in der Datenbank stammten aus dem Speicher der Orion. Jedes Schiff der Allianz besaß den kompletten Datensatz in ihrer Datenbank.

Die Werte der 9 Kontakte widersprachen sich. Bisher konnten sie sich keinen Reim darauf machen. Ein neuer Schiffstyp, der vor 7000 Jahren noch nicht existierte, war die einzige plausible Erklärung.

Etwas Besseres fiel auch ihm nicht ein, gestand Shako sich selbst.

Die Energiesignatur besaß inzwischen zwar ein sauberes Abbild aber keineswegs so klar das man sagen konnte, um was es sich handelte. Es waren mehrere Energiesignaturen, die zueinander angeordnet waren. Inwiefern das zusammenhing, vermochte Shako nicht zu sagen. In 17 Stunden erreichten sie den Gasriesen, von seiner Rotation würde man sich mitziehen lassen und ins Herz der sensorischen Dunkelheit blicken. Dann erfuhren sie auch, um was es sich bei dem neuen Echo handelte.

Er wälzte sich unruhig im Bett herum.

Ihm wollte die Energiesignatur nicht aus dem Kopf gehen.
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-Zwei-



„Morgen, Captain. Was kann ich ihnen bringen?“ Ein jugendlicher Steward hatte ihn angesprochen. Das Casino vom Schiff war Tag und Nacht offen, außer es kam zu einem Gefecht. Hier konnte die Crew ihre Pausen und Freizeit verbringen. Ränge spielten keine Rolle. Theoretisch jedenfalls. Als Schiffskommandant hatte man gewisse Privilegien.

„Einen Kaffee, Ralf. Schwarz wie die Nacht, mit einem Schuss Honig.“

„Wie sie wünschen, Sir.“ Ralf, einer der wenigen Frischlinge an Bord, der den Kasinodienst gerne machte. Was nicht daran lag, über welche Fähigkeiten er verfügte.

Als Shako darüber nachdachte, fiel ihm ein das sich Ralf Moritz freiwillig zum Kasinodienst meldete und bereitwillig jeden Dienst von anderen Frischlingen übernahm.

Zu seiner Frischlingszeit konnte er nicht sagen den Dienst im Casino gerne gemacht zuhaben. Dummerweise gab es unter den damaligen Frischlingen keinen Ralf, der einem die Dienste abnahm.

Da kehrte der Matrose mit einem Tablett zurück, auf dem eine dampfende Tasse Kaffee stand. Er stellte die Tasse vor ihm ab. „Ihr Kaffee, Sir.“

„Einen Augenblick, Ralf.“

Der junge Mensch wollte gerade wieder gehen, blieb stehen und schaute den Schiffskommandanten vorsichtig an. „Ja, Sir!“

„Setzen Sie sich.“ Es war als Bitte formuliert, aber aus seinem Mund kam alles einer Aufforderung nach. Was an seinem Rang lag.

Verblüfft und ein wenig eingeschüchtert zog Ralf einen der Stühle am Tisch zurück und setzte sich. Das Tablett legte er ab, saß unruhig auf dem Stuhl.

War er so Furcht einflößend!! „Darf ich ihnen eine Frage stellen, Matrose?“ Überrascht das er die Frage stellte blickte ihn der junge Mann an. Ein Kommandant fragte einen Frischling nicht, ob er ihm eine Frage stellen durfte, er stellte sie einfach.

Sein Nicken war nervös. Anscheinend wusste er nicht, was der Kommandant von ihm wollte. Wahrscheinlich fragte er sich in diesem Moment ein Dutzend Fragen, was er wohl falsch gemacht hatte.

„Sie gehören zu den fünf Jahrgangsbesten der Flottenschule, haben Empfehlungsschreiben für jeden Kommandoposten, von denen ich zu meiner Frischlingszeit nicht zu hoffen wagte.
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“ Ein Schmunzeln erschien auf seinem Gesicht. Trotzdem hatte er es irgendwie geschafft ein Raumkommando zu bekommen. Den einen oder anderen Fachleiter hätte oder hatte der Schlag getroffen als sie erfuhren das Shako ein Kommando anvertraut bekam. „Ihnen stehen alle Türen offen.“, versicherte er dem jungen Mann aufrichtig. Entscheidend war die Entwicklung, die man nahm. „Jemand anderes an ihrer Stelle würde den Kasinodienst bei jeder sich bietenden Gelegenheit abgeben und so viel Zeit, wie möglich auf den Kommandostationen verbringen.“ Er hob beschwichtigend die Hände, da Shako die Sorgen in den Augen sehen konnte. „Sie nicht. Das ist nicht schlimm und ihre Leistungsberichte und Beurteilungen sind 1A. Mich interessiert es einfach nur.“

Erleichtert schaute Ralf auf seine Hände. „Ich…“ Er hatte Hemmungen. Verständlich, schließlich saß der Kommandant am Tisch.

„Sie können offen sprechen. Es bleibt unter uns.“

Als der junge Mann aufsah, wirkte er immer noch unsicher. Nicht aus Scham oder Furcht, sondern weil es ihm unangenehm war. „Hier kann ich die Leute studieren. Ihr Verhalten. Ihr Auftreten.“ Er sah kurz weg. „Ich möchte irgendwann ein Raumkommando haben.“ Gute 90 Prozent der Frischlinge wollten ein Raumkommando. Daran war nichts Schlimmes. Nur bekam nicht jeder eins. Aus mehreren Gründen, die sich im Verlaufe der Flottenkarriere ergaben. „Das Casino ist der beste Ort um sich mit den unterschiedlichsten Charakteren zu befassen.“

„Verhaltensstudie.“, fasste Shako zusammen. Ralf nickte verlegen. Er lehnte sich zurück, nahm einen Schluck von seinem Kaffee. „Interessant.“, gestand er nach Sekunden des Schweigens. „Sie piken sich die Rosinen raus.“ Ein schiefes Grinsen erschien auf dem Gesicht des Matrosen. „Dann hoffe ich mal ich bin ihnen ein gutes Vorbild.“

„Das sind sie, Sir.“, erwiderte Ralf weder schleimig und heuchlerisch. „Vor allem während der Pokerrunden.“

Jetzt war es an Shako überrascht drein zu blicken. „Tatsächlich!“ Während der Vorbereitungszeit bzw. der Aufstellung der alliierten Flotte veranstaltete man eine abendliche Pokerrunde. Obgleich jegliche Art von Glücksspiel an Bord von Schiffen der Unioner Flotte verboten war. Somit konnte jeder Teilnehmer vor ein Militärgericht kommen.
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„Dabei habe ich die letzten vier Partien verloren.“, erinnerte er Ralf.

Der Matrose schmunzelte. Einer der Gründe, warum er soviel Kasinodienste wie möglich übernahm, ohne seine dienstlichen Verpflichtungen zu vernachlässigen, waren die nächtlichen Pokerrunden. „So sieht es zumindest für ihre Gegner aus.“

Shako hob eine Augenbraue. „Unterstellen Sie mir etwa ich hätte die Partien mit Absicht verloren und mein sauer verdienten Sold verspielt?“

Seine Mundwinkel zuckten. „Natürlich nicht, Sir.“

Der Junge hatte ihn durchschaut. Ralf hatte recht gehabt. Man musste die Beute füttern, bevor man sie ausnehmen konnte. So machte er während seiner Flottenschulzeit am entscheidenden Abend in der Innenstadt von Vega Stadt ein kleines Vermögen, in dem er die Teilnehmer bis auf den letzten Cent ausnahm. Ohne Rücksicht.

„Gut.“, meinte Shako mit dem nötigen Ernst in der Stimme. Er nahm einen Schluck Kaffee. „Und sollten sie ihren Gedanken diesbezüglich je wieder äußern, Matrose“ Es fehlte ihm an Härte. „sorge ich dafür das Sie das Cleaning an Bord meines Schiffes alleine bewerkstelligen .“ Sein Gesprächspartner konnte sich ein Grinsen einfach nicht verkneifen. „Das ist mein Ernst.“ Natürlich nicht.

„Selbstverständlich, Captain. Ich werde schweigen wie ein Grab.“

„Das will ich hoffen, Ralf. Das will ich hoffen.“



***

Die Frage war bloß, wie viele der Pokerteilnehmer die kommende Schlacht überlebten. Der Gedanke kam Shako beiläufig, als er den Wachbericht durchging. Weitere 47 Kontakte waren registriert worden. Dadurch erhöhte sich die Feindzahl auf 211 Stück. Eine beachtliche Zahl für eine Armada die sich alleine auf die Systemverteidigung orientierte. Ein solches Kontingent an Schiffen verschwendete man nicht an die Systemverteidigung, sondern benutzte es zum Angriff.

Das Bild, das sie von Sekunde zu Sekunde, vom System bekamen besserte sich. Zwar lag noch einiges im dunklen, doch die Verteidigungsverbände und das Zubehör waren registriert und gespeichert. Sobald die alliierte Flotte ins System sprang, würde sie ihnen die Daten senden. Damit war zwar das Risiko einer Entdeckung behaftet, aber damit konnte Shako leben.
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Wenn es los ging, wollte er wieso nicht zuschauen. Dafür war die Julius nicht in Dienst gestellt worden.

Bis zum Beginn von Unternehmen Ikarus hatte die Aufklärung Vorrang. Insofern man sie also nicht entdeckte hatte er nicht vor an den Befehlen etwas zu ändern. Was wieso Wahnsinn gewesen wäre, wenn man den Feind angriff. Selbst gegen eins der Wachgeschwader konnte die Julius nicht ewig bestehen. Sie würden ohne Zweifel das eine oder andere Schiff zu Wracks schießen, aber das wäre nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Kaum von Bedeutung.

Hinzu würde so ein Alleingang Unternehmen Ikarus nur gefährden, den der Feind wäre alarmiert und die alliierte Flotte ihnen direkt in die Arme laufen. Damit wäre das Unternehmen zum Scheitern verurteilt. Einen viel besseren Grund um die Füße still zuhalten, konnte es nicht geben.

Die Com Melodie eines einkommenden Rufs erklang.

„Ja.“

„Captain, das sollten sie sich ansehen.“ Qantas Stimme klang düster.

„Bin auf dem Weg, EO. Shako Ende.“

Er markierte die Stelle im Wachbericht, deaktivierte das Pad, zog sich die Uniformjacke an, knöpfte sie zu, verließ den Arbeitsraum in seinem Quartier und machte sich auf den Weg zu den Lifts.



***

„Sie sind sich sicher?“, hackte Shako mit kaum hörbarer Verblüffung nach.

Lieutenant Nazàr, erster Sensoroffizier, schaute abwechselt den EO und Kommandanten an. Die Mischlingsfrau blickte grimmig drein. „Absolut, Captain. Ich hab die Sache mehrmals eigenhändig überprüft, als der Computer die ID ausspuckte. Immer dasselbe Ergebnis.“

„Wie ist das möglich?“, murmelte Qantas. Der Gvaner konnte es nicht glauben. Da war er nicht der Einzige. Mit so was hatten sie nicht gerechnet. Wie auch!

Schweigen machte sich an der Sensorhauptstation breit. Hinter Nazàr war ihr Sensorteam beschäftigt alles im Auge zubehalten. Keiner schaute zu ihnen.

Shako stellte einige Gedankenspiele an. Keins davon gefiel ihm. Sie konnten es nicht ändern. „Markieren sie es.“

Die Mischlingsfrau nickte knapp. „Status?“

Der Kommandant dachte einen Moment nach. „Feindlich.“

Sein EO zuckte zusammen, als hätte er eine Ohrfeige bekommen.
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Er war in seinen eigenen Gedanken versunken gewesen.

„Jawohl, Sir.“ Nazàr tippte was ins Terminal ein. Auf ihrem Taktikplot sprang ein blaues Icon auf Rot um. Von Freund zu Feind.

EO und Kommandant verließen die Sensorstation und kehrten zu ihren Plätzen zurück. Auf der Brücke wurde wenig gesprochen. Je näher man dem Countdown kam, desto schweigsamer wurde es. Die Anspannung nahm zu. Trotz der bevorstehenden Schlacht und der Gefahr sein Leben zu verlieren, behielten sie die Nerven, machten ihre Arbeit und konnten auf eine gute Ausbildung zurückgreifen.

Die Mannschaft hatte sich eingespielt, war zu einer Einheit geworden deren Aufgabe es war einen Feind anzugreifen um Millionen, nein Milliarden, ja Billionen von Unschuldigen zuschützen, so wie es der Eid von ihnen verlangte. Einige würden ihr Leben verlieren, das konnte selbst die modernste Panzerung nicht verhindern. Man rettete dafür weitaus mehr das Leben.

Ruhm und Ehre gab es in Holofilmen und Serien.

Zurück in seinem Kommandositz, blickte Shako auf das Icon das vor 30 Sekunden noch Blau gewesen war. Er tippte es an. Ein Fenster öffnete sich auf dem Nebenschirm vom Taktikplot. Ein Abbild von Kontakt 217 erschien.

WS Hancock.



***

Die Anzeige sprang auf 00:59:59 um. Eine Minute noch. Seine Hände schwitzten. Sein Puls erklomm ungeahnte Höhen. Das flaue Gefühl im Magen zog sich durch seine Eingeweide wie dichter Frühnebel in der Bakara Ebene. Navarro trommelte nervös mit den Fingern auf der Armlehne seines Sitzes.

Die Signalmelodie hallte durch die Brücke, wie bei einem Rockkonzert. Seine Finger stoppten kurz, setzten die Trommelei aber eigenständig fort, losgelöst von seinem Bewusstsein.

„Flaggschiff erbittet Geschwaderstatus!“, tönte die weibliche Stimme wie bei einer Durchsage in einem Raumhafenterminal.

Navarro schaute zum Nebenplot, wo der Geschwaderstatus angezeigt wurde. Jedes Schiff sendete ein grünes Signal. „Geschwaderstatus ist Grün.“

„Aye, Sir.“

Er konnte förmlich hören, wie sie die Mitteilung in ihr Terminal eingab und dann ans Flaggschiff sendete.

00:47:01

Die Prozedur wiederholte sich bei den restlichen Geschwaders des Flottenverbandes.
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Seit ihrer Abreise mussten lediglich zwei Schiffe den Verband verlassen und umkehren. An der Kampfkraft änderte sich kaum was. Auf Ersatz konnten sie nicht warten. Die Aufgaben der Schiffe wurden aufgeteilt. Ihre Geschwader neu strukturiert.

Für den Bruchteil einer Millisekunde wollte Navarro, dass sein Schiff unter den Rückkehrern weilte. Alle seine Leute würden am Leben bleiben. Doch für wie lange? Sobald sie ins System sprangen, spielte es wieso keine Rolle mehr. Die Galaxis befand sich im Krieg. Die Allianz auf der einen Seite, die Gmah und ihre Verbündeten auf der anderen. Das, was bis dahin, im Verborgenen stattfand, wurde nun offen ausgetragen. Der Kampf ums Überleben aller galaktischen Völker.

00:17:33

Sie machten den ersten Schritt, gingen zum Angriff über, führten den Krieg an die Oberfläche. Ein Präventivschlag. Navarro konnte sich den Protestaufschrei der Ocleaner ausmalen. Die Allianz hätte einen Standardtag vor dem Angriff dem Sternenreich eine Kriegserklärung machen müssen. So sah es das interstellare Recht der Galaktischen Förderation vor. Ihr Tun, so würden die ocleanischen Vertreter argumentieren, verstieße dagegen.

Wie die Erwiderung der Alliierten ausfiel, war selbst für einen nicht Diplomaten und Anwalt einfach zu konstruieren. Man würde Argumentieren dass das Sternensystem, welches die Ocleaner den Gmah laut Vereinbarung übergaben, nicht mehr deren Hoheitsraum darstellte. Demzufolge hatten die Alliierten nicht gegen insterstellares Recht verstoßen, da das Sternensystem eine Enklave der Gmah war. Mit denen sich die Völker der Galaxie seit 7000 Jahren im Krieg befanden.

00:07:47

Daraus konnte man eine Folge der Holoserie Justice machen, dachte Navarro über seine Überlegungen. Damit es so kam, mussten die Gmah besiegt werden. Nicht nur bei Unternehmen Ikarus, sondern auch danach. Wie lange würde der Krieg wohl dauern? Den Daten zufolge die die Allianz besaß hatte die Auseinandersetzung des Sternenbundes und den Gmah knappe 50 Standardjahre gedauert und den Sternenbund an den Rand der Niederlage gebracht. Stand ihnen das auch bevor? Die Antwort lag sprichwörtlich in den Sternen. Ein Sieg wäre sicherlich hilfreich!

00:06:36

„Initialisierung der Sprungsequenz in Fünf…“ Qantas sprach ruhig.
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Seine Stimme hallte durchs gesamte Schiff. „Vier…“ Der Finger der Steuerfrau ruhte über dem Eingabefeld. Manche hielten den Atem an. „Drei…“ Navarro hatte das Fingertrommel unbewusst eingestellt. „Zwei…“ Er atmete tief ein. Seine Augen blieben auf dem Taktikplot haften. „Eins…“ Es war soweit. Heute, hier und jetzt entschied sich eine Schlacht eines 7000 Jahre währenden Kriegs. Sie standen an der Front, bereit zu kämpfen und wenn nötig zu sterben. „Sprung.“



***

Während die alliierte Flotte in das von sensorischer Dunkelheit gehüllte Sternensystem sprang, informierten in dem Augenblick die Vertreter des alliierten Kommandorats die Regierungsoberhäupter ihrer jeweiligen Sternennationen über den Angriff, die Allianz und den Zweck des geheimen Bündnisses. Sie legten sozusagen die Karten auf den Tisch. Mehr oder weniger.

Felix Essien war Mitglied des Kommandorats. Genau in dem Moment wo er über Schwelle des Amtszimmers, dem President Room im President House trat, begann der eingestellte Timer zu piepen. Unternehmen Ikarus wurde just ausgeführt, als er eintrat.

Einen Termin bei der Präsidentin zu bekommen war keine Selbstverständlichkeit. Auch nicht wenn man einer der Auserwählten war die eine der höchsten Sicherheitsfreigaben in der Union besaß. Außerdem war Essien nicht das erste Mal im Amts- und Wohnsitz des höchsten Amtsträgers der Union. Er ging zwar nicht ein und aus, wie manch anderer. Worüber der Mann auch ganz froh war.

An ruhigen Abenden fragte er sich manchmal, wie er bloß in die Sache hineingeraten konnte. Sein Leben wäre soviel Einfacherer gewesen. Er hätte seinen Ruhestand genossen. Zumindest redete Felix es sich ein.

Seit dem Tag, als er zusammen mit seiner Einheit vom Expeditionscorp des VTGMC das Wrack eines unbekannten Raumschiffs aus dem Ewigen Eis vom Planeten Tuson barg, gehörte Felix dazu. Dieser Tag veränderte sein Leben mehr als alles andere.

Das unbekannte Raumschiff, das wussten sie heute, gehörte zu einem Verband des Sternenbundes, der in einer Schlacht gegen die Gmah vernichtet wurde. Das Wrack, ein Kreuzer, stürzte auf dem Planeten ab und bohrte sich ins Ewige Eis. 7000 Jahre lang lag es unter dem Eispanzer verborgen.
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Ein Satellit der Weltraumagentur zur Systembesiedlung fand durch Zufall das Raumschiff. Seine Einheit sicherte die Fundstelle. Das war vor gut 25 Jahren gewesen. Fortan war er ein Geheimnisträger.

Daran hatte sich bis heute nichts geändert.

„Major General Essien.“ Die Präsidentin klang aufrichtig erfreut, kam um ihren Schreibtisch und reichte dem Mann die Hand.

Vor 8 Jahren schied Essien aus dem Militärdienst aus. Damals betrat er das Amtszimmer des Präsidenten mit seinem Rückzugsgesuch. Präsidentin Hard`s Vorgänger unterzeichnete bereitwillig. Man mochte sich nicht besonders. Ein Grund war die Rüstungspolitik des Präsidenten.

Seit dessen Abwahl war Essien öfters im President House gewesen. Als Generalinspektor der Streitkräfte hatte er bei der Präsidentin zum Rapport gemusst. Sie hatte ihm die Aufgabe angeboten, kurz nach ihrer Vereidigung zur Präsidentin der Terra-Gvan Union. Zu diesem Zeitpunkt gehörte er bereits dem Kommandorat der Allianz an.

Der Generalinspektor der Streitkräfte war eine zivile Stelle. Somit besaß er keinen militärischen Rang. Trotzdem sprachen ihn die Leute mit Major General an. Den Rang hatte er bis zu seinem Rückzugsgesuch inne.

Er gab Präsidentin Hard die Hand. „Madame, Präsident.“ Essien wandte sich der zweiten Person im Raum zu. „Mr. Hoffmann.“ Stabchef und Generalinspektor gaben sich die Hand. Ein kurzer fester Händedruck.

Mit einer Geste bat die Präsidentin ihm auf der Couch platz zunehmen. Die Sitzgarnitur war auch als der Campingplatz bekannt. Dort sollte Präsident Serda mit seinen beiden Jungs die Camping Ausflüge geplant haben. Vor fast 45 Jahren. Dadurch bekam die Nische innerhalb vom President House ihren Spitznamen.

„Möchten Sie was Trinken oder einen Snack?“, bot Hard gastfreundlich an. Jemand den Sie weniger mochte bekam die Frage nicht zuhören. Man musste eben Prioritäten setzen.

Auf dem Glastisch standen eine Karaffe mit Quellwasser und Gläser.

„Im Moment nicht, Frau Präsident.“

„Na gut. Was verschafft mir die Ehre ihres Besuchs?“ Sie lehnte sich in den Sessel zurück. In der Regel war das bei Besprechungen am Campingplatz ihr Platz.

„Madame Präsident“ Seine beibehaltende Förmlichkeit ließ Hard und Hoffmann aufhorchen.
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„ich informiere Sie hiermit, dass ein Flottenverband eines geheimen Allianzbündnisses in diesem Augenblick in ein von den Gmah genutztes Sternensystem innerhalb des Sternenreich Oclean springt.“ Er klang kalt und tonlos. Dafür war die Angelegenheit zu ernst. Sollte er bei der Mitteilung fröhlich klingen, während Frauen und Männer der Alliierten starben!

Ungläubig schaute ihn die Präsidentin an. Sie saß einfach da. Ihre Augen ruhten auf ihm. Ihre Gesichtszüge schienen eingefroren. „Das ist nicht witzig, Felix.“ Leichter Groll schwang in ihrer Stimme mit. Sie wusste, dass der Mann keinen Scherz machte, als er die Bombe platzen ließ.

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-Drei-



„Hyperraumabdrücke!“, kam die Meldung von einem Mitglied der Sensormannschaft als der Countdown auf Null sprang. Pünktlich auf die Sekunde!

Auf dem Taktikplot tauchten die Hyperraumfenster wie kleine Murmeln auf. Echos schoben sich in den Normalraum. Innerhalb von Millisekunden wechselten die erfassten weißen Icons die Farbe in Grün und Blau. Der alliierte Flottenverband war soeben in das Sternensystem gesprungen. Die Sprungzone lag im äußeren Systemgebiet, weit genug weg von den Patrouillen der Primusgarde und allen Einheiten der Gmah. Sie mussten ins kalte trübe Wasser springen. Da Sprungzone Alpha sicher war, hatte Shako keinen Grund gesehen den Flottenverband vor dem Sprung zu warnen. So blieb die Julius weiterhin im Verborgenen.

„Com. Senden sie das Paket.“

„Aye, Sir. Sende Paket.“ Über eine Eingabe schickte die Julius alle gesammelten Daten über ausgesetzte Sonden zum Flottenverband.

Wie an einer Perlenkette lagen die Sonden unter Emissionsstille und Inaktivität im Weltraum. Vor dem Aussetzen waren die Daten in den Speicher der Sonden geladen worden. Es bedurfte daher nur das Kommando Senden von der Julius um das Paket zu verschicken. Das Signal ließ sich kaum zurückverfolgen. Anders wäre es wenn man die Daten erst zu den Sonden senden musste. Den Leitstrahl konnten selbst altersschwache Sensorsysteme lokalisieren. Worüber die Gmah keinesfalls verfügten.

Die Hyperraumfenster verschwanden wieder.
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Zurück blieb der Flottenverband, der sich formierte und in Marsch setzte. Knapp eine Minute nach dem massiven Sprung, regte sich bei den Gmah nichts. Entweder sie waren geschockt oder man empfand den anrückenden Verband nicht als Bedrohung. Was schwer vorstellbar war.

Da bemerkte Shako etwas auf dem Nebenplot, wo er das geheimnisvolle Gebilde geladen hatte. Eine Energiespitze. Er tippte auf die Displayoberfläche, zoomte es heran. Als ihm klar war was die Energiespitze auslöste gefror ihm das Blut in den Adern.

Mein Gott!



***

Flottenadmiral Benjo saß aufrecht in seinem Kommandosessel, schaute ruhig aber angespannt auf das Taktikdisplay. Das Sensorbild wurde von roten Icons gesprenkelt. Wo auch immer die Julius steckte, sie hatte ihre Aufgabe mehr als erfüllt.

Sein Verband flog tiefer ins System. Noch war kein Schuss gefallen.

Lange würde es dabei nicht bleiben.

Der Inhalt des Pakets, dass die Julius ihnen schickte, ohne ihre Position zu verraten, verschaffte ihnen vielleicht den Vorteil, den sie brauchten, um als Sieger das Schlachtfeld zu verlassen. Natürlich spielten auch andere Faktoren eine Rolle, dessen war sich Benjo bewusst. Doch eine gute Aufklärung konnte viele Unzulänglichkeiten der eigenen Truppe ausmerzen, da man wusste, wo der Hebel anzusetzen war.

Über eine Befehlseingabe ließ der Admiral das Wiederholungsdisplay an seinem Kommandostuhl ausfahren. Dort lud er das Sensorbild der Julius. Er tippte auf das Icon, das Shako hervorgehoben hatte. Die Sensordaten scrollten in einem Fenster herunter.

So etwas hatte er in seiner bisherigen Laufbahn noch nicht gesehen. Den Daten zufolge befand sich in jedem Block des Gebildes ein Fusionskraftwerk. Was alleine durch die Abmessungen der Blöcke unmöglich schien. Hochleistungskraftwerke, wie die in Großkampfschiffen besaßen die Größe einer Fähre oder eines Landungstransporters. Die Blöcke hingegen hatten gerade mal ein Drittel der Größe.

Die Abstrahlung und Energiemessung sprachen eine andere Sprache. Demzufolge war es den Gmah gelungen Fusionskraftwerke zu verkleinern ohne irgendwelchen Leistungsabfall. Eine unglaubliche Ingenieursleistung.

Trotzdem löste es nicht die Frage, welchen Zweck sie dienten.
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Ein Forschungsprojekt? Was nicht ganz von der Hand zu weisen war. Die Gmah mussten ihre Technologie in den 7000 Jahren weiterentwickelt haben. Das ging wiederum nur über Forschung und Entwicklung.

Fürs Erste blieb es ein Rätsel. Ein sehr gut bewachtes Rätsel.

Das Gebilde war von zwei Verteidigungsverbänden umgeben. Dazu allerlei technischer Einrichtungen. Ein Wall aus Großkampfschiffen, wie Schlachtkreuzern, Schlachtschiffen oder Megaträgern sowie unbekannte Schiffsklassentypen und technischem Spielzeug, das schattig verzerrtes Bild lieferte. Blender. Störbojen. Schattenplattformen.

Im Gegenzug hatten die Alliierten gleich nach dem Sprung Sensorlangstreckenplattformen, Sonden und Bojen ausgesetzt. Dadurch erreichten sie ein vergrößerten sensorischen Sichtbereich. Als wenn man bei einem Flugauto die Scheinwerfer am Abend an machte.

Die Alliierten konnten trotz des Einsatzes ihrer technischen Spielereien nicht weit genug sehen. Alleine das Sensorbild der Julius konnten ihnen einen Eindruck vermitteln was in der sensorischen Dunkelheit auf sie wartete. Unter anderem das merkwürdige Gebilde.

So gerne Benjo das Rätsel darum lösen wollte, hatte es keine Priorität. Alles, was zählte, war dass die Bedrohung, die von den Gmah ausging, hier und jetzt beseitigt wurde. Auf die eine oder andere Weise. Unternehmen Ikarus war der erste Schritt im Kampf ums Überleben der galaktischen Völker. Den die Gmah waren wie Läuse im Fell eines Haushundes. Überall und Nirgendwo.

„Senden sie Angriffbefehl Sierra-Tango.“ Sein Kommando wurde in nicht mal einer Sekunde an alle Schiffe gesendet.



***

„Gute Jagd.“ Admiral Bauer blickte zuversichtlich vom Comschirm. In ihren Augen blitzte etwas Raubtierhaftes auf.

Navarro nickte ihr zu. Genau wie die anderen Kommandeure der Unioner Division, die dem alliierten Verband angehörten. Den Divisionsbefehl hatte Admiral Bauer, eine smarte und aufrechte Persönlichkeit. So zumindest war sein Eindruck.

Jede Division der Flotte besaß einen Befehlshaber. Sollte das Flaggschiff der Flotte im Kampf vernichtet werden, gab es eine klare Befehlsstruktur. Starb Admiral Benjo, ging das Flottenkommando an den Nächsten über. Die Rangfolge war ein intensiver Streitpunkt im Kommandorat gewesen.
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Der Grund war die Feindschaft zwischen Crja und Aquian.

Er wandte sich vom Comschirm ab. „Sie haben die Lady gehört.“, sagte er für alle hörbar auf der Brücke. „Gehen wir es an.“



***

Eine der massivsten Raketensalven der Geschichte feuerte die alliierte Flotte in einer Weltraumschlacht ab. Mehr als Fünfzigtausend. Die zweite Salve folgte der Ersten nach 17 Sekunden. Das modernste Raketenkriegsgerät flog dem Verteidigungswall der Gmah entgegen. Eine unfassbare Zerstörungskapazität rollte, wie ein Megatonnen schwerer Güterzug, auf den Feind zu.

Nach der zweiten Salve lösten sich die Flankengeschwader, formierten sich zu einem eigenen Verband und feuerten eine gefächerte Raketensalve in die Flanke des Walls. Sie schossen gut Sechstausendstück. Die schnelle Schussrate der Doppelwerfer machte es möglich innerhalb von 9 Sekunden eine weitere Salve zu feuern.

Divisionen im Hauptverband fielen zurück, vereinten sich, nahmen eine überlappende Gefechtsformation ein und jagten hinter dem Hauptverband her.

Da erreichte die Zerstörungswut der Fünfzigtausend Raketen ihre Angriffentfernung. Die Zielcomputer markierten zu Dutzenden die vorhandenen Zielsignaturen, aktivierten die letzte Antriebsstufe, spulten das Angriffsprogramm in Millisekunden ab.

Die Gmah wehrten sich mit Antiraketen in Mengen, deren Gesamtpreis das Bruttoinlandsprodukt einer Sternennation weit überstieg. In dieser Schlacht wurden Trilliarden, Unsummen, verpulvert wie niemals zuvor. Das Handelsvolumen einer Großmacht wie der Union ging in Rauch auf, als die Erste Angriffswelle über die Gmah herfiel wie ein Schwarm Heuschrecken über die Ernte.

Tausende Röntgen- und Laserblitze detonierten. Multiphasen Sprengköpfe spuckten zerstörerische Energiecluster aus, die von Schilden abprallten und ins nichts des Weltraums zerstoben. Andere fraßen sich durchs Schildgitter, schlugen wie ein Schmied auf die Panzerung ein. Selbst die härteste Panzerung konnte dem Dauerbeschuss nicht ewig standhalten. Panzerplatten riss es auseinander, als sich die Laserstrahlen hineinbohrten, wie sich ein Fresskäfer durch die Baumrinde fraß. Unnachgiebig und uneinsichtig verrichteten die Kriegswaffen ihre erbaute Bestimmung. Jenen Tod und Zerstörung zu bringen, gegen die ihre Erbauer sie einsetzten.
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Die Computer hatten kein Gewissen, empfanden beim gigantischen Ausmaß keine Schuld, Scham oder Furcht vor dem, was noch kommen möge.

Keine Minute nach dem sich die Erste Angriffwelle ausgetobt hatte, erreichte die zweite Salve die festgelegte Angriffsentfernung und spulte die dazugehörige Programmierung ab. Schwärme aus Antiraketen, Clustergranaten, Blenderbomben und Flakfeuer dezimierte die zweite Salve zu Tausenden, doch selbst das modernste Defensivsystem war gegen diese Anzahl feindlicher Raketen überlastet.

Jede andere Raumflotte wäre dem Untergang geweiht. Die Großkampfschiffe der Gmah waren nicht unbesiegbar, wie die Vergangenheit zeigte, doch sie waren hart im nehmen. In der zweiten massiven Raketensalve vergingen gerademal ein Dutzend Großkampfschiffe. Eine weitere Handvoll waren nur noch Wracks, Kolosse aus Panzerstahl, treibende Friedhöfe.

Nun waren die Gmah dran.

Sie holten zum Gegenschlag aus.



***

„Meine Güte!“, japste jemand erschrocken auf der Brücke.

Shako konnte es der Person nicht verdenken. Wohl keiner hätte sich ausmalen können, was zur Zeit in diesem Sternensystem stattfand. Es stellte alle bisherigen Raumschlachten in den Schatten, ließ sie winzig erscheinen. Nichts war damit vergleichbar.

Seinen Taktikplot beachtete der Kommandeur der VF Julius nicht. Seine Aufmerksamkeit lag alleine auf dem Nebenplot, wo er weiterhin das Gebilde beobachtete. Die Mühlen seines Hirns zermarterten sich den Hirnschmalz.

„Sie sind sich sicher?“

Die Frau auf dem Comschirm sah zur Seite, tippte was in das Eingabefeld vor ihr. Hinter ihr verfolgte ihre Mannschaft die Weltraumschlacht. „Soweit ich das beurteilen kann! Ja.

Sobald der letzte Block in den Ring platziert wird, ist das Energiegitter komplett.“ Der Ring, den Senior Lieutenant Anna, Chefingenieurin der VF Julius, erwähnte stand drei Blöcke vor der Vollendung. Jedes Mal wenn ein Block platziert wurde, stieg das Energiegitterlevel an. Die Energiespitze! „Ich bin mir bloß nicht sicher, was die Verwendung angeht.“ Die Menschenfrau sah zur Seite, sagte etwas zu jemanden außerhalb des Erfassungsbereichs, blickte nach oben. „Das ist unmöglich!“ Ihr Gesicht zeigte einen unfassbaren Ausdruck.
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„Was?“, hackte Shako nach einem Moment nach.

„Sir! Dieser Ring!“ Sie stoppte, sah weg und konnte den Schreck nicht aus ihrem Gesicht und der Stimme verschwinden lassen. „Das ist einfach unmöglich!“ Wiederholte sie murmelnd.

„Lieutenant!“ Seine Geduld hing an einem seidenen Faden.

Ihr Kopf ruckte wieder in den Erfassungsbereich. „Ich…“ Sie stockte und brauchte Sekunden um die Fassung wiederzuerlangen. „Der Ring…“ Ein Hilfe suchender Blick. „es ist ein Sternentor.“

Shako`s Blut gefror zur Polareis.

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-Vier-



„Was tun wir jetzt?“, nuschelte Qantas ohne von seinem Taktikplot zusehen. Er verfolgte die Schlacht mit grimmiger Miene. Seine Augen funkelten längst nicht mehr.

In seinem Kopf hämmerte es. Als würde ein kleines Männchen drinnen mit einem Vorschlaghammer hantieren. Shako rieb sich die Schläfen. Konnte das des Rätsels Lösung sein! So sehr er sich auch anstrengte, ihm wollte einfach keine andere Erklärung einfallen. Ein Sternentor! Bei Gott.

Der vorletzte Block war in dem Ring platziert worden. Eine Energiespitze folgte. Das Energiegitter hatte Zuwachs bekommen. Sie waren die Einzigen, die auf das Gebilde einen Blick werfen konnten. Die Flotte war viel zu sehr damit beschäftigt anzugreifen und sich zu verteidigen, als auf die Energiesignatur zu achten. Wahrscheinlich konnten Sie sie nicht mal sehen.

Wenn Anna auch nur im Ansatz recht hatte, konnte das Sternentor nur zu einem Zweck dienen.

Ihm blieb keine andere Wahl. „Steuer.“

„Ja, Sir.“

„Setzen sie einen Kurs zu Ziel Alpha.“

Die Steuerfrau schaute auf, blickte ihren Kommandeur, dann den EO an. Bei Ziel Alpha handelte es sich um den Ring, das Gebilde, das Sternentor.

„Sie haben den Commander gehört, Jen.“, erklärte Qantas brummig.

„Aye, setze Kurs zu Ziel Alpha.“ Sie wandte sich ihrer Steuerkonsole zu. Ihre Finger flogen über das Eingabefeld. „Kurs eingespeist.“

Eigentlich überließen Kommandanten ihrem EO die Kursprüfung, doch dieses eine Mal prüfte Shako ihn selbst. Er grübelte einige Sekunden. Wog das Für und wieder ab.
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Für den Bruchteil einer Sekunde hoffte er das sei alles nur ein Albtraum, und sobald er die Eingabe bestätigte, wachte er schweißgebadet auf. Die Hoffnung zerstob, als nichts dergleichen geschah, als Shako den Kurs bestätigte.

Das Leben war eben kein Wunschkonzert. Eine Weisheit seiner Mutter.

„Gefechtsalarm.“

„Aye, Commander.“ Qantas nickte entschlossen. Ohne Widerspruch löste der EO den schiffsweiten Gefechtsalarm aus.



***

Shako hatte recht. Kein Schiff der alliierten Flotte konnte hinter den Wall der Gmah sehen. Daher wusste niemand außer der Mannschaft der Julius, was dahinter vor sich ging. Andererseits hatten die Frauen und Männer an Bord der Großkampfschiffe alle Hände voll zu tun. Die Gmah kämpften verbittert um jeden Zentimeter, schlossen ihren löchrigen Wall, setzen ihr Arsenal ein um zu verhindern dass der Feind durchbrach.

Auf beiden Seiten detonierten Raketen, fauchten Lasercluster umher, brachen durch Schilde und Panzerung. Sprengköpfe bohrten sich in die Schiffsrümpfe, explodierten und spuckten eine Orgie der Zerstörung aus. Klaffende Krater. Schiffsinnere Explosionen. Weggesprengte Panzerplatten. Unversehrte tote Körper. Entweichende Atemluft.

Keine von beiden Parteien hatte die Absicht als Verlierer vom Schlachtfeld zugehen. Unerbittlich warfen sie sich Tod und Zerstörung entgegen, versuchten Welle um Welle die Verluste so gering wie möglich zuhalten. Doch bei solch einer Schlacht war jeder geringe Verlust gewaltig. Die Opferzahlen erreichten ein nie zuvor da gewesenes Level. Das Ausmaß würde nach dieser Schlacht unerreicht bleiben.

So zumindest die Hoffnung derer die noch lebten und den Luxus hatten einen Moment nachzudenken. Was nicht vielen vergönnt war.

Alliierte Schiffe die zu angeschlagen waren um der Schlacht weiterhin beizuwohnen wurden aufgegeben, die Besatzungen evakuiert und die Großkampfschiffe gesprengt. Die Überlebenden, die nicht von Blindgängern, Querschlägern oder Trümmern getötet wurden, wurden von Rettungsschiffen aufgelesen. Jene Schiffe, die Extra dafür konzipiert waren, erreichten bereits in den Anfangsminuten ihre Aufnahmekapazitäten.

So makaber es klang, es überlebten einfach zu viele.
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***

Fürs Erste, den nur die Julius wusste was die Gmah so verbittert verteidigen, obgleich die Alliierten über eine stärkere Kampfkraft verfügten. Das alleine war nicht ausschlaggebend das Schlachtfeld als Sieger zu verlassen. Dessen waren sich die Frauen und Männer an Bord der alliierten Großkampfschiffe bewusst.

Na ja, im Unterbewusstsein.

Shako krallte sich förmlich in die Lehnen seines Kommandositzes. Die Julius ruckte und bockte wie ein ungezähmtes Wildpferd. Alarmtöne spielten ein unmissverständliches Konzert auf der Brücke. Ungeachtet der Aufmerksamkeit durch die Gmah und deren Versuche die Julius zu vernichten, flog das Schiff der Vereinten Terra-Gvan Flotte weiter, schoss nach allen Seiten, rollte sich wie ein Hund das vom Herrchen gegrault werden wollte und mähte sich durch die feindlichen Reihen.

Jäger und Plattformen standen der Julius im Weg. Die Großkampfschiffe versuchten aufzuschließen. Den Raketenbeschuss hatten sie eingestellt. Dafür wollten sie auf Nahbereichswaffen rankommen. Sie keilten die Julius ein. Zerstörer und Kreuzer. Nichts was dem Kampfschiff von Shako und seinen Leuten ernsthaft gefährlich werden konnte.

Unter dem Beschuss der Gefechtstürme platzte eine weitere Geschützplattform der Gmah auseinander. Stationäre Raketengondeln verglühten. Jäger riss es in zwei, als die Jagdbewaffnung der Julius feuerte und traf.

Wie ein wild gewordener Stier pflügte das Raumschiff durchs Weltall, hinterließ eine Schneise der Verwüstung.

Sie kamen zu spät.

Der Block wurde von den Schleppdrohnen in den letzten freien Ringplatz gebracht. Das Sternentor war komplett. Als hätte man die Weihnachtsbeleuchtung an einem Tannenbaum angeschaltet, erstrahlte der Ring aus Blöcken von der Größe einer Fluglimousine. Wie eine kleine Sonne.

Die Sensoren registrierten eine Energiespitze nach der Anderen. Man initialisierte die Startsequenz. Wie bei einem Wurmloch öffnete sich im Ringinneren eine Anomalie, eine Raum-Zeit-Brücke. Die gewaltige Energiemenge wurde von den Blöcken absorbiert, wie ein Schwamm der das Wasser aufsog.

Verdammt! Hätte Shako sich nicht festhalten müssen, hätte er auf die Lehne geschlagen.
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Sein Schiff wurde hin und her geworfen. Die Anomalie erreichte ein stabiles Fundament.

Da fassten die Sensoren einen Signalstrahl auf. Er kam von der Hancock. Das verschollene Wissenschaftsschiff behielt seine Position bei, als die Julius seine Emissionsstille aufgab und Kurs auf sie nahm. Die Kreuzer an ihrer Seite rührten sich genauso wenig. Sie feuerten auch nicht auf das Angriffboot.

Der Signalstrahl durchdrang den Ereignishorizont der Anomalie. Shako Augen verengten sich. Die Hancock hatte ein Signal geschickt. Besser gesagt einen umfangreichen Datensatz. Ein Teil der Codierung war Unioner Ursprungs. Ihnen war es gelungen das Signal anzuzapfen. Der Sonde sei Dank, die er in Position bringen ließ.

„Sensor. Schicken sie die Sonde durch.“

Sein Befehl wurde von einem Mitglied der Sensormannschaft wiederholte und unverzüglich ausgeführt. Die Sonde änderte Sekunden später die Richtung und raste auf den Ring zu. Das Energielevel des Sternentors fiel ab. Sie schlossen die Raum-Zeit-Brücke.

Gerade noch rechtzeitig flog die Sonde durch den Ereignishorizont. Die Verbindung brach just in dem Moment ab. Dann fiel die Anomalie in sich zusammen, wie ein Kartenhaus.

Wenn es nach Shako ging, bliebe es auch so, doch für eine saubere Zielerfassung waren sie zu weit weg. Außerdem hatte er nicht vor eine Raketensalve an das Sternentor zu vergeuden. Die Gefechtstürme sollten den Ring mit Laserbolzen bekannt machen. Dazu mussten sie aber näher herankommen. Zu Not würde er den Ring rammen. Doch das war die allerletzte Option. Er hatte vor seine Leute und das Schiff in einem Stück aus dem Schlamassel zu führen.

„Commander.“, rief jemand.

In einer unglaublichen Energiekaskade kehrte die Anomalie zurück. Doch diesmal hatten nicht die Gmah sie aktiviert.

Oh Gott! Der Gedanke hätte ihn wohl gelähmt, wenn das Adrenalin nicht gewesen wäre. Das Sternentor war von der anderen Seite geöffnet worden. Dann hatte jemand das Signal empfangen.

Sein Kopf ruckte zur Sensorstation. „Haben wir ein Signal.“

Nazàr sah nicht auf. Sie schüttelte den Kopf. „Noch nicht.“

„Empfange Signal.“

„Unseres?“



***

Die Augenbraue vom Signaloffizier zuckte.
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„Nein.“ Topic klang nicht sicher. Seine Augen formten sich zu schlitzen, die Augenbrauen zogen sich zusammen.

„Aufzeichnen.“, befahl Qantas schneller als sein Kommandeur.

„Zeichnen auf.“, erklärte einer aus Topic Mannschaft.

In seinem Kopf wütete ein Gedankenorkan. Das er nicht den Verstand verlor grenzte schon an ein Wunder. Doch Shako fehlte einfach die Zeit sich mit allen zu beschäftigen. Eine Schlacht, die seines gleichen suchte, tobte. Sein Schiff wurde vom Feind in die Zange genommen und bald darauf ins Kreuzfeuer.

Wenn das Sternentor von der anderen Seite geöffnet wurde, diente die Raum-Zeit-Brücke nur einem Zweck. Invasion!! Einen anderen Grund konnte er bei besten Willen nicht erkennen. Wieso sonst sollten die Gmah ein solches Sternentor bauen? Abgeschieden, in einem Sternensystem im Hinterland von einem ihrer Vasallenstaaten. Abgeschirmt vor aller Augen. So etwas tat man nicht aus Nächstenliebe.

„Waffen. Erfassen Sie die Hancock. Volle Breitseite.“ Sein Befehl ließ den Waffenoffizier aufsehen. Ihre Blicke trafen sich. Die Entschlossenheit in den Augen seines Vorgesetzten ließ den Menschen erkennen, das es ihm ernst war.

„Zu Befehl, Sir.“ Er wandte sich seiner Terminalstation zu und begann den Befehl auszuführen.

„Steuer. Wann sind wir in Geschützreichweite?“

Die Steuerfrau hatte alle Hände voll zu tun das Schiff unter Kontrolle zu behalten. „30 Sekunden.“

Die Julius preschte weiter vor, unbeeindruckt von den bisherigen Versuchen sie aufzuhalten. Die Jagdbewaffnung feuerte in alle Richtungen. Eine Jägerstaffel nach der anderen wurde ins Jenseits befördert. Raketengondeln und Geschütztürme vergingen in Explosionsrosen, als die Nahbereichsgranaten auf sie einhämmerten. Kurzstreckenraketen vernichteten jene Einrichtungen die außerhalb der Reichweite der Granaten lagen. Schilde und Panzerung hielten dem Feindbeschuss stand. Das Abwehrsystem trug einen entscheidenden Teil dazu bei.

Was nicht verwunderte, den die Julius war für den Nahkampf konzipiert worden.

„Empfangen weiteres Signal.“, rief ein Crewmen der Com Mannschaft.

Shako hielt den Blick auf sein Taktikplot gerichtet.

„Unseres?“, hörte er Qantas bellen.

„Ja, Sir.
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“, stieß er Crewmen freudig heraus.

„Aufzeichnen.“

Am liebsten hätte er es sich angesehen, was die Sonde von der anderen Seite sendete. Doch dafür hatte Shako keine Zeit. Was lag jenseits des Ereignishorizonts? Er schob den Gedanken beiseite. Sie konnten nicht abwarten. Hier und jetzt begann es.

„Sensor. Aktivieren Sie die Selbstzerstörungssequenz der Sonde.“ Irgendjemand war dort. Schließlich konnte sich das reinkommende Signal nicht selbst verfasst und abgeschickt haben. Wer mit den Gmah kommunizierte, konnte kein Freund sein. Sie konnten nicht länger warten.

„Aye. Sequenz initialisiert.“

„Waffen. Feuer frei.“

Als das Kommando ausgesprochen wurde, rollte sich die Julius. Der Computer setzte die festgelegte Schusssequenz ein. Alle Raketenwerfer, die während der Rolle zur Hancock zeigten, spuckten Ladungen aus. Die Geschütztürme wiederum die zum Sternentor zeigten feuerten die Doppelbolzen auf die einprogrammierten Ziele. Obgleich die Fusionskraftwerke eine Art Energieblase um den jeweiligen Block bildete, reichte es nicht aus den Block vor dem Beschuss der Doppelbolzen zuschützen. Die Geschosse schnitten durch die Energieblase, wie ein heißes Messer durch kalte Butter. Sie zerschmetterten das Ziel. Fusionskraftwerke explodierten in mehrfarbigen Feuerbällen.

Mit der Vernichtung begann das Energiegitter vom Sternentor, das die Raum-Zeit-Brücke offen hielt, seine Stabilität zu verlieren. Eine Streuungskaskade überlastete es und löste eine vernichtende Kettenreaktion aus. Energieblitze zuckten umher, sprengten die Blöcke auseinander. Die Anomalie brach zusammen, löste sich auf und verging wie eine Sternenschnuppe am Himmel.



***

Unterdessen schoben sich die Kreuzer vor die Hancock, feuerten Wellen von Antiraketen und setzen Störbojen aus. Als die Überlebenden Raketen der Julius hindurch stießen, eröffneten die Kreuzer die Nahbereichsabwehr. Lasercluster. Flakgranaten. Blender. Störer. Eine Handvoll blieb am Leben. Sie richteten aber keinen nennenswerten Schaden an.

Das Manöver der Kreuzer machte eins deutlich. Sie beschützten die Hancock, ein Unioner Raumschiff, das als verschollen galt und ihre Besatzung für Tod gehalten wurde.

„Die Hancock dreht ab.
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Sie fahren die Hyperraumemitter hoch.“

Die Meldung von der Sensorstation beobachtete Shako auf seinem Taktikplot. So was tat man nur, wenn man verschwinden wollte. Was nicht verwunderte, den die Hancock war kein Kampfschiff. Zumindest nicht, als es die Unioner Werft verließ.

„Hyperraumfenster öffnet sich.“

Der Fleck tauchte unverzüglich im Taktikplot auf. Die Hancock flog hinein und verschwand. Shako überlegte für einen Moment die Verfolgung aufzunehmen. Er gab keinen entsprechenden Befehl. Sie konnten fliehen und sich verstecken. Die Frage war bloß wie lange?

Shako wollte gerade weitere Kommandos erteilen, als sich mehrere Hyperraumflecken auf dem Display bildeten. Es waren Dutzende.

„Weitere Hyperraumfenster öffnen sich.“

Innerhalb von 40 Sekunden sprangen alle Schiffe der Gmah, die sprungfähig waren, in den Hyperraum. Das Sternensystem, in dem zuvor eine Weltraumschlacht epischen Ausmaßes stattfand, war wie leer gefegt. Als hätte jemand mit dem Staubsauger alle Gmah aufgesaugt. Bis auf die Wracks. Jene, die noch intakt waren, explodierten. Die Gmah hatte die Selbstzerstörung der zurückgelassenen Schiffe aktiviert.

Verdutzt schauten die lebenden alliierten Kommandanten auf ihre Displays. Vom Feind fehlte trotz intensiver Betrachtung der Taktikplots jede Spur.

Einfach weg.

________________________________________



-Epilog-



„Also ist es wahr?“, nuschelte Kräuselkopf. Sein echter Name war Simon. Er gehörte zur Unioner Delegation im Allianzrat.

Schweigen senkte sich über die Dreier Runde. Sie saßen oder standen im Zimmer. Im Kamin züngelte ein Feuer. Der Kahlköpfige warf ein Holzscheitel hinein, nahm einen Schluck und beobachtete das Feuer.

Die Aufzeichnungen der VF Julius waren Sprengstoff, eine Atombombe wenn man so wollte. Als man ihn davon unterrichtete war es unfassbar gewesen. Inzwischen hatte sich der Schock gelegt aber die Umstände blieben.

Essien dachte über die Unterredung nach, bei der er der Präsidentin eröffnete das es eine Allianz von Sternennationen ohne Wissen der jeweiligen Regierungen gab, die einen geheimen Krieg gegen die Gmah führten. Dieser Tag hatte alles verändert.
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Sprichwörtlich.

Wenn er ihr nun von der neusten Entwicklung berichtete, veränderte sich alles aufs neue. Die Geschehnisse waren höchst brisant, von fundamentaler Bedeutung. Für die Menschheit. Die Gvaner. Die Galaxie.

Sein Blick ging zum Flachbildschirm, der in der Wandvertäfelung eingelassen war. Dort war ein Standbild zusehen. Es zeigte einen Planeten, mit blauen Meeren, Landmassen. Polkappen im Norden und Süden. Weiße, unschuldig wirkende, Wolkenflecken. Man mochte meinen ein Planet wie jeder andere, doch dem war nicht so. Dieser Planet war in vielerlei Hinsicht etwas besonderes. Auf ihm hatte die Menschheit ihren Ursprung. Die Erde.

Mit einem Tastendruck veränderte er das Standbild. Es glitt ein wenig zur Seite. Zum Vorschein kam etwas das einem das Blut gefrieren ließ, wenn man es zum ersten Mal sah. Ein Raumschiff. Nicht irgendeins, sondern ein Schlachtkreuzer der Gmah.

Das Signal einer reinkommenden Meldung ertönte. Er ging zum Schreibtisch, drückte eine Tastenkombination, las die eingetroffene Nachricht. Sein Ausdruck blieb versteinert. „Das Sternenreich hat Silaa und E’an Stern angegriffen.“ Simon oder Samba japsten. War das die Reaktion auf den alliierten Angriff! Damit war zurechnen gewesen. Nicht erst durch den alliierten Angriff. Essien scrollte weiter nach unten. „Die Präsidentin hat eine Dringlichkeitssitzung des Generalstabs einberufen. Danach bin ich zu einem Vier Augen Gespräch bestellt.“

„Wirst du es der Präsidentin erzählen?“ Samba, der kahlköpfige Gvaner, stellte die Frage ohne das Kaminfeuer aus den Augen zulassen.

Essien nippte an seinem Trink und schaute zum Bildschirm.

Das Schweigen fand eine Fortsetzung.



***

Als man sie weckte, um ihr mitzuteilen dass das Sternenreich der Union den Krieg erklärte und im Zuge dessen mit aufgerüsteten Einheiten der Familiäros Silaa und E’an Stern angriff, hatte Sharon einen unruhigen Schlaf gehabt. Die Schuld daran schob sie Essien und seiner Beichte in die Schuhe. Wie sollte man da ruhig schlafen können!!

Doch was war das kleinere Übel. Der Angriff der Allianz auf die Gmah innerhalb der ocleanischen Grenzen oder die Kriegserklärung mit dem einhergehenden Angriff auf zwei souveräne Sternennationen, deren Schutz die Union garantierte.
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Manchmal, an Tagen wie diesen, wünschte Sie sich inständig die Bitte des Parteichefs der Vereinten Demokraten für das Amt des Präsidenten zu kandidieren abzulehnen und ein ruhigeres und normales Leben zuführen. Sie war der Bitte nachgekommen, ohne ernsthaft in Betracht zuziehen tatsächlich zu gewinnen. Ihr Wahlkampfleiter hatte in der Konzertpause ihr vor lauter Aufregung mitgeteilt Sie habe gewonnen. Der Mann stand kurz vor einem Zusammenbruch.

Jetzt war sie in Amt und Würden, besaß einen Beliebtheitswert den kein Präsident oder Präsidentin vor ihr erreichte und versuchte den Schlamassel ihres Vorgängers zu beseitigen. Allen voran die Flottenpolitik. Das Vereinte Terra-Gvan Marine Corp war von dem Modernisierungsprogramm der Vorgängerregierung nicht so gebeutelt wie die Flotte. Um die Streitkräfte wieder verteidigungsfähig, einhergehend mit den Verpflichtungen der Union, zumachen hatte Sharon den Posten des Generalinspektors der Vereinten Streitkräfte geschaffen.

Genau der Mann hatte ihr von einer geheimen Allianz erzählt die wiederum einen geheimen Krieg gegen die Gmah führten. Eine Sternenrasse dessen Existenz manche für ein Armenmärchen hielten. Eine bloße Erfindung um den Militäretat zu rechtfertigen.

Die Gmah waren alles andere als eine Fantasiegestalt. Sie waren einst durch ihre Galaxie gestreift, hatten Planeten ausgebeutet, Völker versklavt und anderen ihrer Heimat beraubt. Die Odyssee, der Neuss II hingegen war keine Erfindung. Ebenso wenig die der Adria, jenem Raumschiff auf dem die Gvaner ihre Heimatwelt verließen, in der Hoffnung anderswo eine neue Heimat zu finden. Das taten sie, genau wie die Menschen. Beide Völker fanden sie im Terra-Gvan System. In einer ihnen unbekannten Galaxie. Mit der Hoffnung das Sie weit genug weg lagen vor den Gmah.

Diese Hoffnung bestätigte sich nicht. Wohl bemerkt erst Generationen später. Die Gmah waren in dieser Galaxie genauso gestrandet, wie die Menschen und Gvaner. Sie hatten sich versteckt, gewartet und vorbereitet für ihre Rückkehr.

Genau zu der Zeit als Sharon Hard das Amt der Präsidentin der Union bekleidete. Ein beschissenes Timing.



***

Sie schaute dem Mann von ihrem Platz hinterm Schreibtisch an. Generalinspektor Essien kantige Züge waren wie bei einer Statur aus Stein modelliert.
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Der Mann hatte einen wachen Blick, eine schwarze Haut, Altersfalten im Gesicht, grüngraue Augen und die Statur eines gealterten Ringers. Sharon fand ihn eigentlich recht sympathisch. Trotz seiner Offenbarung hatte sich daran nichts Wesentliches geändert. Ein paar Punkte hatte er aber eingebüßt.

„Ich nehme mal an, Herr Generalinspektor, sie können sich denken, wieso ich sie herbestellt habe.“, eröffnete Sharon das Gespräch schroff. Vielleicht hätte sie versöhnlicher geklungen, wenn das Treffen mit dem Generalstab nicht so frustrierend verlaufen wäre.

Essien nickte schlicht. Die Stimmung war gereizt. Er wusste um die Lage der Streitkräfte, auch wenn er nicht bei der Besprechung mit dem Generalstab dabei gewesen war. Als Generalinspektor besaß er uneingeschränkten Zugriff.

„Die Lage ist ernst, vor allem wenn die Gmah ihre Finger mit im Spiel haben.“ Ihre Feststellung wurde mit einem Nicken bestätigt. „So sehr ich die Geheimniskrämerei der Allianzführung missbillige, habe ich jedoch Verständnis.“ Dieses Zugeständnis war wohl überlegt und wahr. Gewisse Geheimnisse durften einfach nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Manche wollten die schmutzigen Geheimnisse gar nicht wissen. Andere wiederum zogen ihren Nutzen daraus. „Doch das ist nicht unerschöpflich, Herr Generalinspektor.“

Seine Miene blieb, außer einem kurzen Zucken der Augenbraue, bewegungslos. Man hätte meinen können teilnahmslos, doch das stimmte nicht. Er suchte einen Ansatz, wo er anfangen konnte, sie ins Bild zusetzen.

„Was wissen Sie über die Hancock Expedition?“, fragte Essien geradeheraus. Sorgen, das ihr Gespräch belauscht wurde, hatte er nicht. Mehrmals am Tag wurden die Sicherheitssysteme überprüft und aktualisiert. Zudem wurde das President House bzw. die Räumlichkeiten auf versteckte Abhörvorrichtungen durchsucht.

Die Frage überraschte Sharon, da ihr der Zusammenhang nicht klar war. Sie lehnte sich in ihren Drehstuhl zurück, schaute dem Mann eindringlich an. „Ich kenne die Medienberichte und die Unterlagen der Untersuchung.“ Wenn nötig konnte Sie sie aus dem Archiv holen lassen. Der Untersuchungsbericht hatte eine niedrige Sicherheitsklassifizierung.
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Eigentlich konnte jeder, nach einer Sicherheitsprüfung, die Unterlagen einsehen. Zumindest die Kopien.

Mit der Antwort hatte Essien gerechnet. Vielleicht eine Handvoll Leute in der Union kannten die wahre Geschichte hinter der Hancock Expedition. Gewisse Details tauchten nirgendwo auf, ohne Verdacht zu erregen das möglicherweise was fehlte.

Er zog ein Datenpad aus seiner Aktentasche heraus, schaltete es ein und gab den Inhalt mit seinem biometrischen Abdruck frei. Essien reichte es ihr über den Schreibtisch hinweg. Die Präsidentin nahm es. Auf dem Touchschirm war das Gruppenfoto der Expeditionsmannschaft zusehen, das in den Printmedien veröffentlich wurde.

„Eine der Hauptaufgaben der Expeditionsgruppe war es den Planeten Hancock I zu vermessen und die Bodenzusammensetzung zu analysieren.“ Das fiel in den Aufgabenbereich der Abteilung für Planetare Wissenschaften, dem Hauptträger der Expedition. Die Präsidentin nickte. Essien fuhr fort. Mit einer Geste gab er zu verstehen die nächste Datei auf dem Pad anzuklicken. „Das Basiscamp befand sich in einer Ebene im Mittelwesten des Kontinents Alpha.“ Auf dem Padschirm sah sie eine hochauflösende Luftaufnahme der Ebene. „Am vierten Tag suchte ein Team vor einem Sturm Schutz und fanden“ Er stoppte, schaute kurz zur Seite auf einen Imaginären Punkt und wandte sich wieder der Präsidentin zu. „ein Basisschiff der Gmah.“ Sharon Augen weiten sich. „Anfangs hielten Sie es für eine Ruinenstätte.“

Sie hob die Hand. „Woher wissen sie das?“

„Benutzen Sie das Pad, Madame President.“

Sie sah ihn für einen Moment scharf an, kam der unterschwelligen Aufforderung jedoch nach. Die nächste Datei war ein HD-Videoclip. Er startete automatisch. Das Gesicht vom Expeditionsleiter Tony Job erschien.

„Zeitindex. Wir haben den 24.05.1933 nach der Landung.

Cho und sein Team sind während dem gestrigen Sturms auf etwas gestoßen, dessen Entdeckung in die Geschichte eingehen wird.

Unsere erste Annahme das es sich um eine Ruinenstätte einer möglichen untergegangen Kultur handelt haben sich nicht bestätigt.“ Man konnte die Euphorie und Aufregung aus der Aufzeichnung heraushören. „Stattdessen glauben wir inzwischen das es sich um ein verschollenes Raumschiff handelt. Möglicherweise ein Kolonialschiff.
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Jedenfalls ist eine umfassendere Untersuchung notwendig. Ich empfehle daher ein Team zusammenzustellen. Expeditionsleiter Tony Job Ende.“ Das Bild gefror. Dann erschien: Aufzeichnung beendet.



***

Von der Aufzeichnung war weder in den Medienberichten noch in den Unterlagen der Untersuchungskommission die Rede. Nicht mit einem Satz oder Wort wurde es erwähnt. Verblüfft schaute Sharon Essien an.

Die letzte offizielle Com Nachricht trug den Zeitindex des 23.05.1933. In dem Report wurde das Kontrollzentrum der Hancock Mission von Tony Job über den anstehenden Sturm und die bisherigen Untersuchungsergebnisse informiert. Kein Wort von einem verschollenen Raumschiff. Trotz des Sturms sollte Cho’s Team aufbrechen. Eine der Bodensonden war ausgefallen.

Als nach sechs Tagen keine weitere Com Nachrichten im Kontrollzentrum auf Gvan eintrafen, beschloss der Direktor der Abteilung für Planetare Wissenschaften ein Amtshilfegesuch an die Vereinte Flotte zu schicken. Vom Vereinten Flottenkommando wurde ein Schiff in Marsch gesetzt, das nach den Rechten sehen sollte. Es traf am 02.06. im Hancock System ein. Vom Wissenschaftsschiff, der Crew sowie dem Basiscamp und dem Expeditionsteam fehlte jede Spur. Die daraufhin ausgeführte Suche blieb erfolglos.

„Woher haben sie die Aufzeichnung?“

„Von der Kuriersonde der Hancock.“

Verwundert über die Aussage hob Sharon die Augenbrauen. Die Nachrichten (Missionsberichte) der Expedition wurde via unbemannter Kuriersonde ans Kontrollzentrum geschickt. Die Flugzeit betrug fünf Tage. Sonden waren schneller als Kurierboote oder ein Postschiff. Davon abgesehen das Letzteres das Hancock System gar nicht anflogen.

„Sie haben es abgefangen?“

Essien nickte. „Als wir die Mitteilung sahen, wurde eine in der Nähe befindliche Einheit der Special Forces entsendet, um das Raumschiff zu sichern und wenn möglich zu identifizieren.“, fuhr er fort. „Beim Eintreffen der Einheit fehlte bereits jede Spur der Expedition.“ Ein entscheidendes Detail ließ er weg. Die Sensoren der Landefähre der Special Force Einheit entdeckte Restspuren eines Hyperraumsprungs. Der Zerfallrate nach fand der Sprung 12 Stunden vor ihrem Eintreffen statt. „Wir zogen Sie wieder ab, als das Flottenkommando aufgrund des Amtshilfegesuchs ein Schiff schickte.
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Ihre Stimme gewann wieder an Schärfe mit einer Portion Ärger. „Hat die Einheit etwas gefunden?“ Seine Hoffnung sie würde die Frage nicht stellen erfüllten sich nicht.

Augenblicke später nickte er. „Restspuren eines Hyperraumsprungs, der 12 Stunden zuvor stattfand.“

Jetzt funkelte sie ihn wütend an. „Das ist nicht ihr ernst!“, entfuhr es Sharon. Sie behielt die Fassung. So schnell fuhr sie nicht aus der Haut. Eigentlich! „Sie haben bei der Suche vorsätzlich Informationen zurückgehalten, Herr Generalinspektor.“, erinnerte sie ihn energisch. „Und das Komitee für Sondereinsätze der Streitkräfte wurde über den Einsatz der Special Forces Einheit nicht unterrichtet.“

„Das ist korrekt, Madame President.“

Schweigen senkte sich über den President Room. Technisch gesehen hatte er sich eben einer Straftat schuldig gemacht, die bis zu 5 Jahren Haft bedeutete. Ganz zu schweigen vom Zurückhalten der Informationen. Beide Gesetzesbrüche konnten vor einem zivilen Strafgerichtshof verhandelt werden. Ersteres sogar vor einem Militärgericht.

„Ich nehme mal an sie haben eine gute Erklärung, warum ich nicht den Justizminister anrufen sollte und ein Strafverwahren gegen sie beantragen soll?“ Die Frage war ernst gemeint und keine leere Drohung.

Essien schaute sie unverblüht an. „Tun sie was sie für richtig halten, Madame President.“

„Verdammt noch mal, Felix.“, polterte Sharon los und schlug auf ihren Schreibtisch ein. Sie stand kurz davor zu explodieren. Um dem vorzubeugen, erhob sie sich aus ihrem Stuhl, trat vor das Panoramafenster und schaute auf den President Garden hinaus.



***

Minuten des Schweigens brachen an.

Sie gewann wieder ihre gewohnte Ruhe. „In einer Stunde ist die Pressekonferenz“, teilte Sharon dem Mann mit, obgleich sie sich sicher war, dass er davon wusste. „Was hat die Hancock Expedition mit den Gmah zutun?“

„Das ist nicht so einfach, Madame President.“

Sie drehte sich herum, schaute ihn an und blieb hinter ihrem Schreibtisch stehen. „Dann machen sie es einfach.“, forderte die Präsidentin resignierend. Wahrscheinlich konnte die Sache noch Stunden so gehen. Soviel Zeit hatte sie aber nicht.
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Jedenfalls im Moment und in absehbarer Zeit.

Essien ging seine Optionen einer verkürzten Fassung durch. „Wenn Sie das Pad zur Hand nehmen, Frau Präsident, werden sie sehen das Drei der Sieben Mitglieder der Expedition vor Drei Jahren von den Toten auferstanden sind und mit falschen ID Karten unterwegs sind.“

Langsam begann sich ihr Bewusstsein zu drehen, vor lauter Wendungen in dieser Geschichte. So etwas konnte sich selbst ein Bestsellerautor nicht ohne bleibenden Schaden ausdenken.

Unfassbar aber wahr, stellte Sharon fest. In den Fenstern auf dem Padschirm waren Standbilder von Überwachungssystemen zusehen. Sie hatten beinahe HD-Qualität. Nur eins war etwas grobkörniger. Die Bilder zeigten tatsächlich drei der sieben Expeditionsmitglieder zu verschiedenen Tagen und Zeiten. Laut den Zeitstempeln in den unteren Ecken der Fotoreihe.

Als sie sich die Bilder ein zweites Mal ansah, machte sie zweierlei Entdeckungen. Sie hob ihren Kopf, schaute Essien an um sich zu vergewissern, dass sie sich nicht täuschte. Ein Blick verriet ihr genug, um ihr eine Gänsehaut zu verpassen. Alle Drei waren Menschen. Kein Mischling oder Gvaner.

„Wie ist das möglich?“, fragte Sharon mit einer Vorsicht, die deutlich machte, dass sie am liebsten nicht gefragt hätte.

Darauf konnte Essien nur eine hypothetische Antwort liefern. Weil niemand so recht die Antwort wissen wollte. Selbst im Allianzrat nicht. „Eine Theorie ist, dass die Gmah ihnen eine Gehirnwäsche verpasst haben.“ Was wirklich eine Theorie war ohne jegliche Art von Beweisen oder Fakten.

„Woher wissen Sie das sie für die Gmah“ Sharon stoppte. Bei dem Gedanken schüttelte es sie. „tätig sind?“

„Auf ihren Reisen in verschiedene Sternennationen sind Sie an Entscheidungsträger in hohen Regierungspositionen herangetreten und haben ihnen Offerten gemacht.“

Die Pause nutzte die Präsidentin sofort aus. „Offerten?“

Er nickte. „Sie haben den Entscheidungsträgern Nichtsangriffspakte angeboten.“

„Meine Güte.“, hauchte Sharon erschüttert. „Wem genau?“, hackte sie nach.

„Jedem damaligen Regierungsoberhaupt der Allianz und einer Vielzahl weiterer Sternennationen.“

Der Schock ließ ihr kaum genug Luft zum Atmen.
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Sie fühlte sich mit einmal so unglaublich Müde. Dass das Gespräch so einen Verlauf nahm, damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet. Beim ersten Gespräch hatte Essien ihr gesagt, wer alles Mitglied in der Allianz ist. Da fiel ihr etwas an seiner Wortwahl auf. Unmöglich!

„Heißt das...“ Ihr versagte die Stimme bei dem ausgesprochenen Gedanken.

Sein folgendes Schweigen war Antwort genug. Nichts war unmöglich. Das Zitat ihres Vaters schoss ihr durch den Kopf. Meine Güte! Alleine die Vorstellung ließ sie wie Estenlaub zittern.

Seine folgenden Worte waren ein Tiefschlag, bei dem sie nach Luft japste.

Man konnte ihr die Erschütterung deutlich ansehen. Eine schiere Angst überkam sie beim nächsten Gedanken. „Wie lautete seine Antwort?“ Dabei lag es auf der Hand, schließlich war die Union Mitglied der Allianz. Direkt oder Indirekt? Die Furcht vor der Antwort brachte sie an den Rand eines Schlaganfalls.

Essien schaute die Präsidentin mit fester Miene an.

________________________________________



-Ende-

© by Alexander Döbber
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