Aktuelles und Alltägliches · Kurzgeschichten

Von:    Wolfgang scrittore      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 4. April 2010
Bei Webstories eingestellt: 4. April 2010
Anzahl gesehen: 2739
Seiten: 2

"Eleonore, sie legt Wert darauf so angesprochen zu werden und hasst jede

Verkürzung ihres Vornamens, ist etwa einmetersiebzig groß, hat grüne Augen,

deren Farbe je nach Laune mehr oder weniger changiert. Sie ist korpulent,

vollschlank hört sie lieber, besonders ihr Oberkörper mit ihrem voluminösen

Busen beeindruckt. Ihre dunklen Haare trägt sie zu einem Knoten

zusammengebunden. Eleonore Manteuffel, die Manteuffel, ist eine

weithin bekannte Sopranistin. Sie bevorzugt langwallende Gewänder. Sie trinkt

mehr als ihrer Stimme gut tut, mag das aber nicht wahrhaben. Schon lange hat

sie kein wirklich herausragendes Engagement mehr gehabt. Trotzdem träumt sie

davon, noch einmal an einem renommierten Haus aufzutreten. Sie lebt von

ihrem Namen. Ihre Lieblingsbeschäftigung ist die fein gesponnene Intrige, mit

der sie schon eine Reihe junger viel versprechender Künstlerinnen weg gebissen

hat. Eleonore lebt mit der Nervenärztin Dr. Lina Braschke zusammen. Die

Presse hat bisher keinen Wind davon bekommen."

Neugierig blickte er von seinem Text auf, tupfte sich die Schweißperlen von

der Stirn, nahm einen Zug aus seinem Weizenglas, wischte den Schaum von der

Oberlippe und schaute erwartungsvoll.

"Du hast sie sehr gut beschrieben. Ich kann Eleonore direkt vor mir sehen.

So eine Art Walkürentyp. Aber...." lachte sein Gegenüber, winkte dem Wirt,

deutete auf die beiden beinahe leeren Gläser und schmunzelte.

"Was aber? Sag mir, was ich ändern muss. Passt dir nicht, dass sie lesbisch

ist?" ereiferte sich der Hagere und stieß seinen Stift in die verräucherte

Luft der Gaststube.

"Nein, nein, das ist alles gut. Hmm, nur, eine Nervenärztin, die Lina

Braschke heißt. Ich weiß nicht. Das klingt nach Ohnsorgtheater, wenn sie

dann noch ausschaut wie Heidi Kabel...." kichernd verschluckte sich der

etwas rundliche ältere Herr und fuhr mit der Hand durch sein bis auf die

Schultern wallendes graues, strähniges Haar.

"Mach einen Vorschlag." forderte der Jüngere und nahm wieder einen großen

Zug aus seinem frischgefüllten Bierglas.
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"Was hältst du von Frau Dr. Wilpert-Wondraschek, oder von

Hornstein-Bilgenroth. Der Name sollte ein wenig überspitzt, etwas

hochgestochen klingen. Das beherzige ich selbst in meinen Novellen.

Müller-Wittgenstein denkt übrigens über eine Neuauflage meiner

Kurzgeschichten nach" legte der Dicke nach und lehnte sich behaglich

grinsend im Stuhl zurück.

"Nicht schlecht. Aber hör mal, wie gefällt dir Frau Dr. Meyer-Zumstein?"

trumpfte sein Gesprächspartner mit erhobener Stimme und hieb die flache Hand

auf die Tischplatte, dass die Gläser erzitterten.

"Ne, geht nicht." fuhr der Andere auf und flüsterte, während die Farbe aus

seinem normalerweise rosigen Gesicht wich "Die gibt’s wirklich. So heißt ja

meine Therapeutin."

"Was sind das denn für komische Heilige?" beugte sich der Gast an der Theke

zum Wirt hinüber.

"Ach die, " grinsend brachte der Wirt seine sonst so volltönende Stimme auf

ein flüstern "Die beiden Schreiberlinge da drüben. Keine Angst, die sind

harmlos. Der Lange werkelt seit fünf Jahren an seinem Roman, soll der große

Renner werden, behauptet er. Und der Dicke da, der schreibt jedes Jahr eine

längere Geschichte und lässt sie veröffentlichen. Geht ganz schön ins Geld

sein Hobby."

"Wieso, verdient man als Autor nicht recht ordentlich?" wollte der Gast

neugierig wissen.

"Natürlich, wenn man schreiben kann und bei einem guten Verlag herauskommt.

Er aber zahlt jedes Mal für die Ehre, ein eigenes Werk in den Händen zu

halten, ein paar Tausender" grinste der Wirt schlau.

"Das versteh ich nicht" raunte der Gast und leerte das Glas, das der Wirt

ihm unaufgefordert herüber geschoben hatte.

"Na für Druckkosten, fürs Papier, für den Vertrieb, die Werbung usw., und

natürlich mein Honorar dazu, nicht zu vergessen“ kicherte der Wirt.
Seite 2 von 3       


"Wieso??" staunte der Gast.

"Ich bin sein Agent, hab ihn Müller-Wittgenstein vermittelt" prustete der

Wirt heraus.

"Müller-Wittgenstein, der vom Müller-Wittgenstein Verlag? Kenn ich!

<Sie haben das Talent - Wir verlegen Ihr ganz persönliches Buch. Das

Geschenk für den Gabentisch?>" lachte der Gast

"Ach, köstlich. Zwei Bier für die beiden, Herr Wirt" sagte der Gast und wandte

sich den beiden eifrig disputierenden Künstlern zu.

ENDE
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Punktestand der Geschichte:   41
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Kommentare zur Story:

  Kommt mir bekannt vor, hehe!  
   doska  -  05.04.10 22:30

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  Leider gibt es solche Halsabschneider und man kann verstehen, dass der Schreibende endlich mal seinen Text gedruckt sehen und verkauft haben will. Man will nicht immer "für umsonst" arbeiten, liebe Petra! :(
Doch dann zahlt man plötzlich auch noch drauf.
Ein sehr authentisches Thema humorvoll erzählt.  
   Jochen  -  05.04.10 21:57

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  Tja, da wäre er wohl besser gefahren, hätte er seine Geschichten nur auf WebStories veröffentlicht und hätte ersteinmal abgewartet :-)  
   Petra  -  05.04.10 21:03

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  Anwesende sind natürlich ausgenommen, ;-))  
   Wolfgang scrittore  -  04.04.10 19:26

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

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