Aktuelles und Alltägliches · Kurzgeschichten

Von:    Robert Zobel      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 22. September 2009
Bei Webstories eingestellt: 22. September 2009
Anzahl gesehen: 3275
Seiten: 2

Die Miete bezahle ich ja nun auch nicht einfach nur so, weil ich hier gerade zufällig wohne. Sondern weil ich mit diesem Haus eine metaphysische Ehe eingegangen bin und es mit meiner Kohle indirekt erhalte. Wie mit einer Ehefrau eben. Da ist es dann nur direkter.

Auf jeden Fall hat keiner was in meine Hausehe reinzufunken. Da lass ich auch gar nicht mit mir reden. Ich bin ein korrekter Bürger und gehe freundlich meine Wege, aber irgendwo hört der Spaß auf. Auf der Türschwelle von Bürgersteig zum Hausflur um genau zu sein.

Toleranz ist das Eine Heimstolz aber das Andere und davon ist meine Brust voll und gefüllt. Für kein anderes Haus könnte ich so ein Heimatgefühl aufbringen. Hier gehöre ich her und nirgendwo anders hin und jeder, der versucht mir meine Wohnung wegzumieten wird bekämpft.

Und auch die anderen Wohnungen lass ich doch nicht an irgendwelches Gesocks vermieten! Das wäre ja noch schöner. Das muss schon irgendwie passen und am liebsten wären mir Leute im gleichen Alter die in dieser Stadt geboren sind und nicht aus dem Ausland oder noch schlimmer aus der früheren DDR.

Ich teile doch mein Haus nicht mit Menschen, die eigentlich eine Höhle bewohnen sollten. Also mal rein vom Aussehen her. Ich pack da Niemanden in eine Schublade. Schon gar nicht in eine die zu einem Möbelstück gehört, das in meiner Wohnung steht. Wäre ja noch schöner. Ich bin gegen so MischmaschMietungen.

Das sollte alles schon richtig passen und im Moment sieht die Sachlage so aus, dass der Herr Vermieter in der Zeitung die leerstehende Wohnung nebenan inseriert hat und etlichen Halunken die Wohnung zeigt. Ich schau mir die vom Fenster ganz genau an. Ich hab dem Herrn Kluhsen meine Mithilfe bei der Auswahl angeboten, aber der hat freundlich abgedankt und mich stehen lassen. Ein Arschloch hoch zehn. Wahrscheinlich hängt der mit dem Haus am Ende der Straße auch zusammen. Da wohnen nur Asoziale und Ausländer. Ich trau mich schon gar nicht mehr raus.

Zur Sicherheit hab ich nun stets ein Handy in der Hosentasche auf dessen Ruftaste mein Daumen ruht. Im Hausflur gebe ich vorher die 110 ein. Obwohl das im Notfall natürlich auch nicht hilft. Die Polizei schützt das Gesindel ja auch noch. Bei uns hier im Keller hat ein Junge die Luft aus meinen Rädern gelassen. Ich hab ihn erwischt, mit ein paar Hieben zur Strecke gebracht und musste nachher als Angeklagter vor Gericht herhalten.
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Mittlerweile ist dieser Junge mit seinen Leuten ausgezogen und genau diese Wohnung steht jetzt zur Vermietung. Blöd ist, dass diese Wohnung so voluminös ist und GroßFamilien anzieht und solche Familien sind immer geschädigt. Meistens ist die Mutter arbeitslos, raucht den ganzen Tag um irgendein Hobby zu haben und vergisst bei all den Kindern irgendeinen mit Ihrer Aufmerksamkeit zu umsorgen. Der wird dann psychisch gestört und überträgt Lärm und innere Fäulnis.

Ich hab keine Lust auf innere Fäulnis, ich hab ja schon innere Wut wenn ich durch den Türspion die Wohnungsbesichtiger sehe. Ich hör unten die Tür klappen, springe auf, egal was ich grad mache und klappe die Metallabdeckung nach oben. Schon in diesem Moment nehme ich die Aura dieser Schmarotzer wahr. Bisher war nur ein normaler Mensch da um sich die Wohnung anzuschauen und hat sie dann wohl nicht genommen weil er den Siff der Vorgängerfamilie gespürt hat. Oh ja, die waren versifft. Mein lieber Herr Gesangsverein. Wenn die mal Müll unten in die Tonne gesteckt haben hat man immer gedacht, dass da tote Giraffen drin liegen. Hab ich mich natürlich auch beschwert und ein paar Mal so im Vorbeigehen gegen die Tür gebollert. Hat aber nichts gebracht.

Ich hoffe inständig, dass da eine bessere Mietpartei einzieht. Hätte ich genug Geld würde ich die Räume einfach mieten, aber die Arbeitslosen nehmen einem ja die ganzen Arbeitsplätze weg.

So kann das ja auch nicht weitergehen. Was draußen auf der Straße passiert ist mir weitgehend schnuppe aber was hier im Haus passiert hat mich etwas anzugehen. Man sagt, man soll immer vor seiner eigenen Tür kehren. Ich kehre sogar dahinter. Ich könnt mich echt schon wieder aufregen. So, ich muss zur Tür. Der Vermieter kommt. Scheiße, da sind Kinder mit bei. Wahrscheinlich kichern die weil die alle auf Drogen sind. Ich muss mal gucken gehen.
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Kommentare zur Story:

  Auch grün von mir. Oh Gott, und jeder kennt diese Art von Nachbar, jeder hat so einen neben sich wohnen, aber man ist es nie selbst... ;0)
Liebe Grüße Dubliner Tinte  
   Pia Dublin  -  23.09.09 22:41

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  Eine wirklich gute Satire.  
   Gerald W.  -  23.09.09 21:42

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  Huch, du hast ja plötzlich rot dafür bekommen? Kann ich gar nicht verstehen, denn ich habe so grinsen müssen. Dafür bin ICH dir richtig grün.  
   Petra  -  23.09.09 20:09

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  Ist dir wirklich geglückt. Ich habe schallend gelacht, weil das so treffend geschildert ist und die missmutigen Blicke deines Spießbürgers im Nacken gespürt, köstlich.  
   doska  -  23.09.09 19:24

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Interessante Kommentare

Kommentar von "darkangel" zu "Vor dem Fenster"

hm... rollstuhl glaube ich nicht, denn das hätte das andere kind bemerkt und außerdem entscheidet sie sich am ende um. das daachte ich aber auch zuerst. jetzt stelle ich mir die frage: was ...

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Kommentar von "Evi Apfel" zu "Herrlich nass!"

Das passt.Besonders wenn man, so wie ich, ans Meer verreist ist. Tolles Bild und dazu ein heiterer Reim. Einfach wonnig.

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